Straßenbahnen im Exil: Düwag GT8 – Frankfurter N- und O-Wagen

Neben den ab den späten 50ern gebauten “Einheits”-GT6 der Düwag, entwickelte sich auch die achtachsige Version, wahlweise mit oder ohne Tür im Mittelteil, zu einem beliebten und in Deutschland weit verbreiteten Fahrzeugtyp. Frankfurt erhielt in den Jahren 1963 und 1969 insgesamt 38 klassische achtachsige Gelenkwagen der Düwag. Die ab dem Jahr 2000 ausgemusterten Fahrzeuge gelangten in den folgenden Jahren ins polnische Poznań und zu den rumänsichen Betriebe Reșița und Timișoara.


Nachdem sich die in Frankfurt als M-Wagen bezeichneten, ab 1959 beschafften klassischen Düwag Einrichtungs-Sechsachser bewährt hatten, lieferte die Düwag im Jahr 1963 auch 30 Achtachser mit türlosem Mittelteil, welche als N-Wagen bezeichnet wurden und die Nummern 801 bis 830 erhielten. Im Jahr 1969 folgten dieser Serie noch einmal acht als Zweirichtungswagen ausgeführte Achtachser, welche als O-Wagen bezeichnet wurden.
Technisch waren die Fahrzeuge nahezu identisch und als Frankfurter Besonderheit erhielten die Zweirichter auch die ansonsten in der Regel nur für die Einrichtungsfahrzeuge verwendete breite Frontpartie mit schräg gestellter PCC-Frontscheibe.


N-Wagen nach Poznań

Nach der Jahrtausendwende wurden die Hochflurer auf dem Straßenbahnnetz allmählich ausgemustert. Als Erstes abgelöst wurden ab 2000 die N-Wagen. In den Jahren 2000 bis 2002 gelangten insgesamt elf N-Wagen ins polnische Poznań. Dort trafen die Frankfurter auf ihre Verwandten aus Düsseldorf, welche nach der Umlackierung in die Posener Hausfarben grün/gelb, am Einfachsten durch die zusätzliche Tür im Mittelteil und die einfache Spitzenleuchte anstelle der Doppellampe, von den Frankfurter Wagen zu unterscheiden waren. Während die Düsseldorfer Achtachser noch recht lange in großer Zahl in Posen zum Einsatz kamen, wurden die elf Frankfurter Fahrzeugen bereits von 2011 bis 2017 abgebrochen.


Am trüben 20. Oktober 2011 überquert N-Wagen 674 (ehemals 813) den Most Teatralny auf der Linie 9 in Richtung Debiec.


Am Abend desselben Tages ist der mittlerweile verschrottete Tw 678 (ehemals 822) auf dem Rondo Staroleka zu sehen.


N-Wagen nach Reșița und Timișoara

Im Jahr 2005 erhielten anschließend zwei rumänische Straßenbahnbetrieb zwölf N-Wagen aus Frankfurt. Während die vier Fahrzeuge für Timișoara dort zwischen den zahlreichen Kurzgelenkwagen aus Bremen und München eher ein Schattendasein fristeten, übernahmen die 8 nach Reșița abgegebenen N-Wagen dort zusammen mit aus Dortmund übernommenen Düwag Zweirichtungs-GT8, die Hauptlast auf der lediglich einen Linie. Die Frankfurter N-Wagen erlebten dort im Jahr 2011 die Einstellung des kleinen Betriebes, welcher erst im Jahr 1988 eröffnet worden war und während seiner gesamten Betriebszeit nur auf Verschleiß gefahren wurde. Nachdem der Zustand auch für rumänische Verhältnisse untragbar wurde, endete der Betrieb 2011 bereits nach 23 Jahren.
Die vier nach Timișoara abgegebenen Fahrzeuge wurde dort bis Anfang der 10er Jahre ausgemustert und mindestens zwei Fahrzeuge abgebrochen.

Im Jahr 2007 konnte ich bei beiden Betrieben die N-Wagen antreffen, die Straßenbahn von Reșița befand sich bereits zu diesem Zeitpunkt in einem katastrophalen Zustand. Die Frankfurter machten hingegen noch einen recht guten Eindruck, neben den teilweise schon seit 1996 hier weilenden Dortmundern, welche vollkommen heruntergewirtschaftet waren.


Im Jahr 2008 waren die N-Wagen noch recht frisch in der rumänischen Stadt Reșița, welche maßgebend von der dort ansässigen Stahlindustrie geprägt ist. Die neuen Wagennummern wurden, wie bei Wagen 38, kurzerhand in den Linienkasten geklebt – bei nur einer Linie ohnehin eine überflüssige Vorrichtung. Am 21. August 2008 ist der ehemalige Frankfurter N-Wagen 824 noch im original Frankfurter subaru-vista unterwegs.


Tw 35 trägt hingegen schon eine der für jeden Wagen eigens kreierten Neulackierung.


Am 21. August 2007 fährt Tw 825 bereits in den damals schon in der Ablösung befindlichen Hausfarben gelb/creme durch Timișoara.


O-Wagen nach Poznań

Im Jahr 2005 wurden in Frankfurt auch die O-Wagen ausgemustert. Während sich zwei der Fahrzeuge heute im Museumsbestand befinden, gelangten die restlichen O-Wagen, wie zuvor schon einige N-Wagen, ins polnische Poznań. Hier werden die letzten drei Zweirichter noch heute gern auf provisorischen Baustellenlinien ohne Endschleifen eingesetzt.


Noch in den alten Frankfurter Farben ist GT8 906 am 20. Oktober 2011 auf der Baustellenlinie 25 auf dem Rondo Staroleka zu sehen. Unterstützt wurden die O-Wagen im Herbst 2011 von den kurzzeitig in Posen weilenden GT8S aus Düsseldorf, welche anschließend weiter nach Krakau gingen.


Größtenteils kamen die O-Wagen in subaru-vista nach Poznań. Im April 2017 konnten die Fahrzeuge auf der Linie 2 angetroffen werden. Am 21. April befindet sich Tw 901 unweit der Haltestelle “Zamek”, bei für meine Besuche in Poznań typisch trüben Wetter.


O-Wagen 906 konnte im April 2017 in den Posener Hausfarben gelb/grün auf der Linie 2 nahe “Marcinkowskiego” angetroffen werden.

5 thoughts on “Straßenbahnen im Exil: Düwag GT8 – Frankfurter N- und O-Wagen”

  1. Die beste Straßenbahn und U-Bahn Epoche der Welt, die L-P wagen Serie der Düwag. Schade, dass diese geendet ist. Die Lackierungen und Ausstattung war super. Eine Straßenbahn auf die man sich immer gefreut hat, wenn sie an einem vorbei fuhr. Eine Straßenbahn, wo man noch mit dem Fahrer sprechen konnte. Das alles der Moderne und Digitalisierung weichen muss, ist eine kulturelle Schande.

    1. Die Düwag-Wagen der 50er bis 70er Jahre waren mit Sicherheit prägende Fahrzeugtypen des vergangenen Jahrhunderts und konnten eine große Fangemeinde für sich gewinnen. Umso schöner, dass in Frankfurt zahlreiche Fahrzeuge museal erhalten geblieben sind.
      Allerdings sollte man auch so ehrlich sein einzugestehen, dass diese Fahrzeuge – so schöne Erinnerungen man mit ihnen auch verbindet – im 21. Jahrhundert nicht nur hinsichtlich der Barrierefreiheit nicht mehr zeitgemäß sind und eben im Museum bestens aufgehoben. Zu Erleben ist das in Braunschweig noch täglich, wenn Rollatoren und Kinderwagen mühevoll durch die engen Eingänge die Treppe hinauf gewuchtet werden, oder Rollstuhlfahrer gleich ganz stehen gelassen werden…
      Bei der Modernisierung des Fahrzeugparks für eine behindertengerechte und moderne Zukunft des ÖPNV von einer “kulturellen Schande” zu sprechen, ist daher wohl mehr als deplaziert…
      Gruß,
      Tobias

      1. Ist nicht ganz so böse gemeint, wie es geschrieben steht. Natürlich ich ist es wichtig auf Kinder und körperlich beeinträchtigte Menschen Rücksicht zu nehmen, damit sie am Leben mit Teil nehmen können.;)

    1. Danke für die Korrektur. Bei genauem Hinsehen wird die 6 dann auch deutlich, die ich als 8 gedeutet habe 🙈

      Beste Grüße,
      Tobias

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