Auf 760mm durch Österreich IV – Über Mariazell zur Feistritztalbahn

Gestern Abend waren wir noch bis ins Pielachtal gekommen. Von dort aus sollte es heute ohne wirklich spektakuläres Programm an der Mariazellerbahn entlang gehen und von Mariazell am Nachmittag dann die 120km weiter zur Feistritztalbahn, an der dann der morgige Tag geplant ist.

Mittwoch 15.August 2018: Himmelstreppen auf der Mariazellerbahn

Mein letzter Besuch an der Mariazellerbahn lag eigentlich noch nicht wirklich lange zurück. Im Jahr 2014 besuchte ich die Bahn mit ihren damals neuen “Himmelstreppen” von Stadler. Neben diesen konnte ich auch den “Ötscherbär” und den Dampfzug mit der Mh 6 festhalten. Daher gab es für mich hier eigentlich nichts Neues und auch von der Strecke kenne ich inzwischen fast jeden Meter, sodass ich mich heute mit dem Job als Chauffeur abgefunden hatte und nur aus reiner Geselligkeit auch ab und an auf den Auslöser drückte.
Da auch das Wetter erstmals nicht so recht mitspielen wollte und genau umgekehrt zu gestern die Sonne immer gerade weg war wenn der Zug kam, war es für mich ein sehr entspannter Vormittag. Ein paar bildliche Eindrücke soll es aber trotzdem geben. Am Morgen begleiteten wir den Panoramazug bis nach Laubenbachmühle, jenes rücksichtslos mitten ins Nichts gebaute neue Betriebszentrum der Mariazellerbahn. Damit das Bahnhofsbistro nicht völlig beschäftigungslos ist, haben hier einige Züge aus ansonsten gänzlich unersichtlichen Gründen sogar eine Viertelstunde Aufenthalt.
Irgendwie hat diese Bahn gerade beim jetzigen Besuch einen sehr zwiespältigen Eindruck bei mir hinterlassen. Zwar ist es beeindruckend, welche Mittel hier bewegt werden, um eine einstmals aus der Zeit gefallene Schmalspurbahn zukunftssicher zu machen, andererseits ist es auch erschreckend, wie unachtsam beispielsweise beim Modernisieren der Bahnhöfe mit dem einstiegen “Kulturgut” umgegangen wird und wie verschwenderisch Steuermittel in ellenlange S-Bahnsteige investiert werden, an denen nie ein entsprechend langer Zug hält…
Aber jetzt genug der nostalgischen Gedanken, wenn man die “alte” Mariazellerbahn nicht kennen würde, wäre man sicher beeindruckt von dieser modernen und landschaftlich noch immer beeindruckenden Schmalspurbahn…


“Himmelstreppe” ET9 verlässt mit seinen planmäßigen Panoramawagen Laubenbachmühle.


Anlässlich Mariä Himmelfahrt waren einige zusätzliche Leistungen unterwegs. So auch ET2, welcher kurz nach Elf von Laubenbachmühle Richtung Mariazell fuhr. Warum der aus St.Pölten kommende Verstärker eine 15-minütige Pause im Nichts von Laubenbachmühle einlegte, bleibt wohl ein Geheimniss…

Die Bergstrecke wird ab Laubenbachmühle nur im Zweistundentakt bedient. Jeder zweite Zug endet am neuen Betriebsmittelpunkt. Im Sommer pendelt für die zahlreichen Touristen und Wanderer daher zwischen Gösing und Mariazell ein zusätzlicher Triebwagen, welcher im oberen Bereich der Strecke wieder einen Stundentakt herstellt.


ET9 hat als Wandererpendel von Mariazell kommend den Bahnhof Annaberg-Reith erreicht.

In Wienerbruck-Josefsberg war ich zunächst freudig vom gut gefüllten Stausee überrascht, war er doch bislang immer recht ausgetrocknet wenn ich dort war. Dafür wucherten neben den Gleisen jedoch die Büsche und ließen kaum mehr einen vernünftigen Blick auf die Strecke zu. Nur direkt vor der Bahnhofseinfahrt ist noch genügend Strecke für eine Himmelstreppe frei. Dabei eignet sich das neue “Naturparkzentrum Ötscher-Basis” perfekt als Plattform um den Zug zu fotografieren. Ansonsten empfand ich diesen auf “Wildlife-Erlebnis” getrimmten Touristenquatsch eher als abschreckend, aber wenn es Menschen anlockt, und das tat es in großen Zahlen, kann es für die Region und auch die Bahn nicht schlecht sein. Tatsächlich strömten am Bahnhof Wiernerbruck-Josefsberg ungeahnte Massen an Menschen aus den Zügen Richtung Ötscher-Basis.


ET9 fährt neben dem Stausee in den Bahnhof Wienerbruck-Josefsberg ein.

Ein offenes Motiv hatte ich dann aber doch noch. Der Blick von der Straßenbrücke bei Mitterbach wollte in der Vergangenheit einfach nie mit Sonne klappen. Heute funktionierte es dann aber beim zweiten Versuch.


ET7 verlässt Mitterbach in Richtung Mariazell.

Am Nachmittag hatten wir nach einem Besuch im Bahnhof Mariazell und dem obligatorischen Bild dort – man weiß ja nie, wann diesem Bahnhof eine Modernisierung wiederfährt – genug von den Himmelstreppen und gaben dem Navi mal Weiz als Ziel. Das Navi meinte dann sogar, dass die letzte Fahrt des Tages um 17:50 ab Weiz noch zu schaffen wäre. Wir gaben also Fersengeld und erreichten das Feistritztal ohne große Hindernisse – mal abgesehen von einigen fahrenden Gartenbuden mit gelben Kennzeichen – gegen 18:00.
Das Problem war nur, das der Zug aus Weiz dort schon hätte abfahren müssen und sich nahezu die gesamte übrige Strecke schon im Schatten der Hügel befand. Nur der Bahnhof Oberfeistritz lag noch in der Sonne, also stellten wir uns dort auf.
Planmäßgie Abfahrt wäre hier um 18:25, also in fünf Minuten. Die Abfahrtszeit kam und ging, ohne dass der Zug das selbe getan hätte und um 18:40 wurde die zweite Hälfte der Reisegruppe allmählich ungeduldig und wollte den Zug schon abschreiben. Ich blieb jedoch gelassen und wieß auf die frisch auf den Schienen zermalmten Gräser hin: Der wird schon noch kommen.
In der Wartezeit blieb neben der Indizienaufnahme ob hier überhaupt in letzter Zeit was gefahren ist, genügend Zeit, sich den mehr als maroden Oberbau anzuschauen. Schienenköpfe aus deren Oberseite ganze Stücken herausgebrochen waren und Schwellen, welche als Nährboden für erste Bäume dienten hinterließen leider einen recht traurigen Eindruck ob des Zustandes der Strecke.
Achja, was war eigentlich mit dem Zug der noch kommen sollte? Ich kann es kurz machen: Er kam. Zwar kündigte er sich mit lautem Pfeiffen gegen 18:50 fast 25 min zu spät an, aber die Sonne war noch da und das erste Bild der Feistritztalbahn im Kasten.


VL12 erreicht mit rund 25 min Verspätung Oberfeistritz. Tatsächlich hätte man in diesen Überbleibseln von Bahnhof noch zusteigen können, wir verneinten auf die fragende Geste des Lokführers allerdings dankend, denn wir wären ja heute nicht mehr hierher zurückgekommen…

Da der Rest der Strecke ohnehin schon im Dunkeln lag, blieb sogar genügend Zeit noch den Durst des Autos zu stillen, bevor wir den Zug in Birkfeld erwarteten.


In der Abenddämmerung ereicht VL12 den Endbahnhof Birkfeld.

Im Nachbarort fanden wir einen netten Gasthof, auch wenn man uns zunächst scheinbar eine Suite andrehen wollte und nach freundlichem Ablehen unsererseit dann plötzlich doch noch ein viel günstigeres Zimmer frei hatte.

Donnerstag 16.August 2018: Die Feistritztalbahn

Das Frühstück am nächsten Morgen war jedenfalls herausragend und der Kaffee kam frisch aus der Jura-Maschine. So gestärkt konnten wir in den neuen Tag starten, welchen wir im Bahnhof Birkfeld begannen.
Vor dem Zug dieselte bereits die schon gestern eingesetzte und bei Brown-Boveri und ÖMAG gebaute VL12 aus dem Jahr 1965. Bei Tageslicht wurde das ganze Ausmaß des abgestellten Schrotts erst richtig deutlich. Die 1949 bei Duro Dakovic gebaute, aus Bosnien übernommene 83-180, gammelte vor den Schuppentoren vor sich hin. Die Güter-/Manschaftsdraisine X53 war wohl zu schnell auf einen Prellbock oder gebremsten Zug aufgefahren, sodass die Frontpartei an der Stelle wo die Kupplung befestigt ist, ordentlich nach innen eingedrückt war. Dazwischen noch das obligatorische Kleindiesel, ein paar vor sich hin gammelnde Wagen, ein verrostetes Führerhaus einer U und was noch alles Platz in den zahlreichen Abstellgleisen gefunden hat. Alles irgendwie erschreckend verwarlost.


Das einzig vorzeigbare in Birkfeld ist das mustergültig erhaltene Bahnhofsgebäude.

Egal, wir waren ja nicht zur Inventur hier, sondern für ein paar Streckenaufnahmen. Den Dieseltag hatte wir mit voller Absicht ausgewählt. Einerseits gefallen mir die Maschienen VL11-16 von Brown-Boveri ausgesprochen gut, andereseits konnte man so auch beide Fahrtrichtungen uneingeschränkt fotografieren.


Das erste Bild gelang am Haltepunkt Koglhof mit der gleichnamigen Pfarrkirche im Hintergrund.

Leider strotzt die Strecke nicht gerade vor Motiven und lässt sich nur recht schwer in Szene setzen. Kurz vor Anger gelang aber eine weitere Aufnahme. Dabei waren auch die beiden “Graffiti”-Zweiachser im Bild. So ganz verstehe ich nicht warum man diese beiden Wagen nun unbedingt im ohnehin endlos langen und eher mäßig gefüllten Zug mitführen musste, außer es handelte sich bei den Wagen um bewusste “Kunstobjekte”. Wenn man die beiden Wagen allerdings so bereitwillig präsentiert, sehe ich auch kein Problem darin, wenn sie im Bild zu sehen sind.


Die Fuhre erreicht Anger.


Nicht fehlen durfte im Anschlusss natürlich die Aufnahme des Grubviadukts. Ich entschied mich für eine seitliche Perspektive von unterhalb der großen Brücke.

Anschließend ging es nach Weiz. Dort warteten wir geduldig, bis der Lok beim Umsetzten die Gleissperre vor der Regelspurstrecke freigegeben wurde, und sie diese kreuzen und sich vor den Zug setzten konnte. Weitergehen würde es jetzt erst in einer Stunde. Zeit also sich schon einmal ein Mittagessen und Koffeinsüppchen zu besorgen und anschließend am Klassiker hinter Weiz, mit der Basilika im Hintergrund, Stellung zu beziehen.


VL12 wartet in Weiz auf die Rückfahrt.


Etwa eine Stunde später macht sich VL12 auf den Weg zurück nach Birkfeld und passiert zahlreiche Obstplantagen mit der Basilika von Weiz im Hintergrund.


Auch auf der Rückfahrt wurde noch einmal Halt am Grubviadukt gemacht. Die aufkommende Bewölkung war aufgrund des Gegenlichts nicht unbedingt nachteilhaft.


Im Bahnhof von Anger stand die VL16 abgestellt. Heute passiert die VL12 ihre Schwesterlok pünktlich.


In Anger legte der Zug einen kurzen Halt ein und für die Fahrgäste bot sich die Möglichkeit, sich ein wenig umzusehen.

Die meiste Zeit verläuft der obere Teil der Strecke in dichtem Wald und zudem zu dieser Tageszeit noch im Gegenlicht. Um auch diese Umgegbung einmal festzuhalten, positionierten wir uns bei einem Bahnübergang bei Steg, welcher ein wenig freier war. Als dann der Zug kam, drehte die eigentlich verdeckte Sonne voll auf. Allerdings brachte sie damit die violetten Blumen neben der Strecke schön zum Leuchten.


Bei Steg passiert der Zug einige Apfelbäume und strahlend erleuchtete, violette Blumen.

Wir hatten es jetzt irgendwie gesehen. Natürlich hätte man für die nächste Fahrt noch ein, zwei nette Motive suchen können, aber diese sollte erst in fast drei Stunden um 16:00 starten. So lange wollte wir dann nicht ausharren, zudem wäre die Rückfahrt ja wie gestern größtenteils im Dunkeln abgegangen.
Jetzt hatten wir allerdings eine Lücke im Plan. Als nächstes stand der Flascherzug auf dem Zettel. Dieser würde aber erst morgen Nachmittag fahren, sodass wir jetzt im Grunde einen Tag Luft hatten. Wir beschlossen den Nachmittag in Graz zu verbringen und ich machte einen Stadtbummel entlang der Straßenbahn, durch die schmucke Innenstadt der Steiermärkischen Landeshauptstadt.
Gegen Abend ging es dann nach Stainz weiter, wo die Gasthofpreise zur Hauptsaison allerdings so horrend waren, das wir uns stattdessen in einem Privatzimmer bei Oma unterm Dach einquartierten. Der Bauernhof war so abgelegen hinter einem Wäldchen versteckt, das wir beinahe vor Erreichen aufgegeben hätten. Nur ein kleines Schild wies an der Bundesstraße auf die Zimmervermietung hin und an mehreren Kreuzungen der einspurigen Waldstraße musste die richtige Richung erraten werden. Das Zimmer war dementsprechend lange nicht bewohnt worden und die alte Dame einigermaßen überrascht, das an diesem Abend Gäste kamen. Auch wenn alles etwas verwohnt wirkte nahmen wir das Zimmer, hatten wir doch keine Lust, in dieser scheinbar überteuerten Gegend noch weig weiter zu suchen und die 20 Euro pro Kopf waren einfach zu verlockend – wir wollten ja nur einige Stunden schlafen…

Anschließend ging es noch in das nahe gelegene Dorf, für ein ausgiebiges Abendessen. Da der Fleischkonsum in den österreichischen Gasthöfen doch irgendwann unvertretbare Züge annimmt, bestellte ich erneut einen großen Salat, diesmal mit gebackenem Hünchenstreifen. Die “Streifen” stellten sich dann doch fast als halbes Hänchen heraus, doch es schmeckte vorzüglich. Angereichert war der Salat mit dem für die Gegend typische Kürbiskernöl. Zurück auf unserem Hof, genossen wir auf dem Balkon noch für ein Stündchen den Sternenhimmel. Nachdem der Mond untergegangen(!) war, war es nahezu stockduster und unendlich viele Sterne und sogar einige Sternschnuppen und Satelliten waren am dunklen Himmel zu sehen.

Morgen vormittag werden wir uns dann wohl etwas an der GKB rumtreiben, bevor wir uns am Nachmittag der Stainzer Lokalbahn widmen.

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