Finnland & Estland 22 IV: Hinüber nach Tallinn

Heute geht es mit der Fähre hinüber nach Tallinn. Bei noch nicht sehr tollem Wetter bleibt dort dann noch ein wenig Zeit, sich schon mal mit dem Betrieb vertraut zu machen.


Mittwoch, 31. August 2022

Heute hatte ich mal so gar keine Eile. Die Viking XPRS sollte erst um 10:30 vom Katajanokan Terminaali ablegen und richtig Wetter war gerade beim Blick aus dem Fenster auch nicht zu erkennen. Also gemütlich gefrühstückt und noch ausgiebiger als schon die letzten Tage durch das großzügige Frühstücksbuffet gearbeitet. Nach vier Nächten erreichte das Zusammenräumen dann auch keine Bestzeit, umso schneller ging dafür der Check-out, denn gezahlt war alles bereits, sodass nur noch die obligatorische Minibar-Frage zu beantworten blieb.
Kaum aus dem Hotel, jagte auch schon ein Artic durch die Blockschleife, sodass ich nicht einmal die eine Station vom Messeeskus zum Pasilan Asema laufen musste. Dort wechselte ich dann an den Wartepositionen der 7 und 9 auf die nächste 7 und nahm gemütlich in einer der Viererbuchten einen Platz ein. Auf der Aleksanterinkatu wechselte ich auf die Linie 2, um noch bis zum Kauppatori mitzufahren. Die direkt am Anleger der Viking auf Katajanokka endende Linie 5 läuft, wie schon in einem vorherigen Teil erwähnt, nur am Samstag und Sonntag für jeweils etwa zwei Stunden am Vor- und Nachmittag. Die eigentliche Ausweichroute ist die Linie 4, die ebenfalls auf die Insel Katajanokka führt, wo es von der Haltestelle Vyökatu aber doch noch paar hundert Meter zu laufen sind. Vor allem aber sind die Bahnen der Linie 4 entsprechend vollgestopft, wenn eine Viking an- oder ablegt. Daher entschied ich mich vom Kauppatori aus entlang der Anleger zum Katajanokan Terminaali zu laufen. War am Ende etwas weiter als gedacht, aber ich bin schon deutlich Schlimmeres mit Koffer gelaufen. Im Terminal checkte ich erstmal ein, was bei Fußpassagiere bis spätestens 30min vor Ablegen geschehen sein muss. Lief übrigens wie immer voll automatisiert. QR-Code aus der Viking-Mail an den Automaten gehalten und schon kam die Bordkarte heraus. Etwas Zeit blieb nun aber noch, sodass ich noch zur Linie 4 hinüberlief und dort paar Bilder der ankommenden Fährgäste machte.


Eine knappe Stunde vor Ablegen der Viking XPRS nach Tallinn wird das Fahrgastaufkommen an der Linie 4 schon deutlich höher. Allerdings erstmal nur auf die Insel Katajanoka und erst mit Anlegen der Fähre in Gegenrichtung, sodass die Haltestelle Vyökatu der Linie 4 vor Ankunft des Artic 434 noch menschenleer ist. Nach dem Halt sah es freilich anders aus und eine Schlange von Koffern zog hinunter zum Katajanokan Terminaali der Viking.


Vor der Haltestelle Vyökatu verzweigen sich die Linien 4 und 5. Die 5 würde geradeaus direkt zum Katajanokan Terminaali fahren, verkehrt allerdings nur wenige Stunden am Wochenende. Artic 465 biegt stattdessen als Linie 4 Richtung Endschleife Merisotilaantori am Ostende der Insel ab.

Den Massen aus der Linie 4 zog ich dann hinterher zum Terminal. Der Bereich hinter der Ticketkontrolle war nun schon geöffnet und zehn Minuten später ging es auch schon weiter auf das Schiff. Die Aufforderung, doch bitte 30 Minuten vor Abfahrt eingecheckt und am Terminal zu sein, war derweil nicht ganz unbegründet. Die Viking XPRS legte einfach 15 Minuten vor der offiziellen Abfahrtszeit ab. Schon etwas merkwürdig. Fährt man stattdessen langsamer um Sprit zu sparten? Jedenfalls war die Ankunft in Tallinn dann nach Plan. Nur könnte man das dann ja auch entsprechend in den Fahrplänen hinterlegen, anstatt einfach zu früh loszufahren.

Die Ausfahrt aus Helsinki war jedenfalls genial. Die Wahl der Viking lohnt sich schon allein deswegen. Denn die Ausfahrt vom Länsiterminaali mit Eckerö oder Tallink dürfte weit weniger spektakulär sein. Hier quasi vom “historischen” Hafen abzulegen ist schon genial. Gerade kam noch die Silja aus Stockholm rein und manövrierte zum Olympiaterminaali, dann war die schmale Fahrrinne hinaus aus dem engen Hafen frei für die Viking XPRS. Auch die Sonne zeigte sich jetzt erstaunlich großzügig, sodass es wirklich eine tolle Ausfahrt auf dem offenen Deck am Heck des Schiffes war.


Die Viking XPRS lässt noch eben die Silja Symphony aus Stockholm zum Olympiaterminaali durch, dann geht es 15 Minuten vor Plan Richtung Tallinn.


Neben der Viking XPRS, lag auch noch die Viking Amoralla am Katajanokan Terminaali und wird gerade für die nächste Fahrt beladen. Im Wechsel mit der Viking Gabriella bedient die Fähre derzeit die Strecke Helsinki – Stockholm.


Die Silja Symphony hat derweil erfolgreich an den Oplympiatermianaali manövriert. Im Vordergrund die kleine Insel Valkosaari.


Trotz des zwischenzeitlichen Sonnenscheins genossen nur wenige Gäste die Ausfahrt auf dem offenen Deck am Heck des Schiffes, das eine grandiose Aussicht auf den alten Hafen von Helsinki und einige Sehenswürdigkeiten der Stadt bot.


Diverse kleine Fähren jagen zwischen des Festlandanlegern und den vielen kleinen Schäreninseln hin und her.


Bedeutendstes Ziel der kleinen Fähren sind die Schärensinseln Suomenlinna. Im 18. Jahrundert wurde auf diesen eine Festung am Hafeneingang errichtet. Daher auch der Name, welcher übersetzt “Schwedenburg” bedeutet. Die bedeutendsten der Inseln sind die Hauptinseln Susisaari und Iso Mustasaari, entlang derer die Fahrrinne der Fährschiffe führt. Hier wird gerade Iso Mustasaari passiert. Die Inseln sind inzwischen nicht mehr militärisch genutzt und als UNESCO-Welterbe ein beliebtes Ausflugsziel.


Die Inseln sind teilweise über kleine Brücken miteinander verbunden. Hier der Übergang zwischen den Hauptinseln Susisaari und Iso Mustasaari.


Die extrem schmale Durchfahrt zwischen den Inseln Susisaari und Vallisaari markiert die historische Hafeneinfahrt. Pässe werden hier freilich nicht mehr kontrolliert. Selbst beim Boarden der Fähren ist dies nicht mehr die Regel, liegen Start und Ziel der meisten Überfahrten doch innerhalb der EU. 


Die schmale Durchfahrt ist schon spektakulär. Für große Kreuzfahrtschiffe ist diese wohl kaum geeignet. Die bekannten Kreuzfahrtriesen fahren aber auch nicht in den alten Hafen, sondern steuern den deutlich einfacher zu erreichenden Länsisatama an, an dem auch Eckerö und Tallink anlegen.


Anschließend folgen nur noch sehr kleine Inseln, welche völlig ohne Zivilisation sind oder militärischer Nutzung dienten oder noch immer dienen, wie die Insel Harmaja. Anschließend wird das kurze Stück offene See erreicht.


Während ein Teil der Gäste die etwa eine Stunde in internationalen Gewässern zum zollfreien Einkaufen nutzte, blieb ich an meinem gemütlichen Plätzen auf dem offnenen Deck sitzen. Der Wind hielt sich in Grenzen und mit der Sonne im Rücken war es angenehm warm. Ein wenig Podcast auf den Ohren, ließ ich den Tallink Shuttle Tallinn-Helsinki in Gegenrichtung an mir vorbeiziehen.


Etwas abseits zogen auch einige Frachtschiffe ihre Bahnen.


Eine halbe Stunde vor Ankunft wechselte ich dann Richtung Bug, um die Einfahrt nach Tallinn zu sehen. Leider bieten die offenen Decks der Viking XPRS nirgends einen wirklich guten Blick nach Vorn, wie bei den meisten Schiffen. Wer will schon im rauen Fahrtwind stehen… Es hatte sich aber zwischenzeitlich ohnehin recht gut eingewölkt und die Altstadt lag in einem ganz ungünstigen Licht.

In Tallinn wurde direkt Kurs auf den großen Fähr- und Kreuzfahrthafen nordöstlich der Altstadt genommen. Erstaunlich aber immer wieder, wie lang es dann doch dauert von dem Zeitpunkt an dem man die Stadt am Horizont erblickt, bis die Silhouetten dann doch mal größer werden und man irgendwann auch angelegt hat… Irgendwann ging es dann aber doch vom Schiff.


Nach etwa 2 1/2 Stunden hat die Viking XPRS den Hafen von Tallinn erreicht.

Ein Hotel hatte ich direkt am Hafen gebucht. Der Eingang seitlich einer komischen Basar-Halle mit allerlei “originalen” Fußball-Trikot und ähnlichem, war dann aber doch gut versteckt. Erstmal eingecheckt, Koffer aufs Zimmer und noch paar Minuten ausgeruht. Draußen lief gerade wettertechnisch nichts weg…
Irgendwann raffte ich mich dann aber doch auf und startete in den Nachmittag. Die Altstadt wird im Norden quasi zur Hälfte von den Linien 1 und 2 umrundet, immer in Sichtweite der Stadtmauer. Genau dort im Norden stößt man vom Fährhafen kommend auf die Straßenbahn an der Haltestelle Linnahall, wo sich eine der wenigen Möglichkeiten bietet, mit den Bahnen auch ein klein wenig Altstadt ins Bild zu bekommen. Lichttechnisch erschien mir das hier mit Sonne eh unmöglich, sodass der dunkel bedeckte Himmel jetzt im Grunde genau richtig war. Ich ließ einfach paar Bahnen an mir vorbeiziehen und schlenderte langsam zur nächsten Haltestelle Põhja puiestee weiter.


Zwischen den Haltestellen Kanuti und dem Bahnhof Balti jaam wurde die Strecke um die Altstadt in den vergangenen Jahren scheinbar komplett saniert und neu trassiert. Rechts im Bild sind hier noch sehr gut die Masten der alten Trasse zu sehen, während CAF Urbos 3 506 auf dem neuen Grüngleis Richtung Innenstadt rast.


In Gegenrichtung ist KT4D 173 Richtung Bahnhof und weiter nach Kopli unterwegs und passiert die Dicke Margarethe, den mächtigen Wachturm der Revaler Stadtbefestigung, der hier zwischen den Bäumen hervorlugt. Eine der wenigen Stellen, an der die historische Altstadt überhaupt irgendwie mit Tram abgelichtet werden kann. Einen passenden Sonnenstand ohne Schatten auf den Gleisen gibt es hier allerdings auch nicht, sodass die dichte Bewölkung ganz recht war.


Kurz vor der Haltestelle Põhja puiestee bin ich auf die andere Streckenseite gewechselt. Nach einer 90-Grad-Kurve in meinem Rücken erreicht der KT4D 154 die Haltestelle Põhja puiestee.

Das soll es hier aber in den nächsten Tagen alles noch bei Sonne geben, sodass ich mir weitere Aufnahmen erstmal spare. Ohnehin bog ich nach dieser ersten Session erstmal in die Altstadt ab und schlenderte auf der Suche nach einem einladenden Café kreuz und quer durch die teils engen und verwinkelten Gassen. Irgendwann hatte ich dann auch etwas ohne Massen an Kreuzfahrern gefunden und genehmigte mir erstmal ein paar Minuten Pause. Der Tatendrang war dann bei diesem Wetter doch nicht gigantisch. Aus der Altstadt spülte es mich dann irgendwann an der Haltestelle Viru mit den Linien 3 und 4 wieder heraus. Die Linie 3 wird zum Teil mit diesen komischen historifizierten Tatras bedient, wohl weil sie in Kadriorg die großen Schlossanlagen und damit eines der wenigen touristischen Ziele außerhalb der Altstadt ansteuert. Bei dem trüben Wetter könnte ich doch auch eine Runde Tourist spielen und mich dort etwas umsehen. Aber wie ist das hier eigentlich mit den Fahrscheinen? Kurze Online-Recherche: “Echte” Papierfahrscheine gibt es nicht mehr. Nur eine Art aufladbare Kundenkarte, wie man sie inzwischen aus aller Welt kennt, kann man noch als etwas Fahrscheinähnliches erwerben. Ist als Kurzzeitbesucher aber doch immer etwas lästig. Weitere Alternative: Kreditkarte, für die pro Fahrzeug je einer der an jeder Tür installierten, kontaktlosen Validierer geeignet ist. Konsistent ist das immer der Validierer an der ersten Tür, sodass man nicht in jedem Fahrzeugtyp auf die Suche gehen muss. Das Geniale daran: Es werden so lange 90 Minuten gültige Einzelfahrten für 1,50 abgebucht, bis der Preis einer Tageskarte erreicht ist. Dann wird das “virtuelle” Ticket automatisch in eine Tageskarte für 4,50 umgewandelt. Hält man die Kreditkarte an den Validierer, wird im Fall einer noch nicht abgelaufenen Einzel-, oder Tageskarte auch die verbleibende Restdauer angezeigt. Im Fall der Einzelfahrten muss man dann natürlich aufpassen, dass diese nicht gerade während der Fahrt abläuft und entsprechend auch während der Fahrt nachlösen, was ich auch mindestens einmal verschlafen habe, allerdings ohne unangenehme Konsequenzen. Nach einigen Stunden ist man dann ja eh Tageskartenbesitzer und das Validieren hat sich erledigt. Da Debit- und Kreditkarten nicht in Echtzeit das Konto belasten, wird dann am nächsten Tag oder zum Monatsende einfach der Gesamtbetrag der Einzelfahrten oder die Tageskarte abgebucht. Wenn man weiß, wie das läuft und dass man nur am vordersten Validierer mit Kreditkarte zahlen kann, ist das wirklich ein unschlagbar einfaches und geniales System für Besucher der Stadt – die Kreditkarte sollte natürlich kontaktlos funktionieren, sonst wird das Ganze schwierig 😀 Für die Einwohner gibt es dann über die aufladbaren Kundenkarten natürlich auch das volle Sortiment mit Monatskarten, Ermäßigungen, etc.

Ich enterten an der Haltestelle Vabaduse väljak also mal den nächsten historifizierten KT4D nach Kadriorg. Nachdem mich ein Fahrgast auf den separaten Kreditkarten-Validierer vorn im Fahrzeug hinwies, klappte das dann auch. Anschließend schlenderte ich ein wenig durch die Parkanlagen von Schloss Kadriorg. Die in Teilen von Holzhäusern gesäumte Blockschleife Kadriorg ist leider nie so richtig im Licht, sodass es ein paar Schlechtwetterbilder tun mussten.


Noch eine kleine Entdeckung in der Altstadt: Sehr genial, wenn der Geldautomat gleich in den Eingang des Pub’s integriert ist 😀 Allerdings – wer zahlt denn hier noch mit Bargeld? Ich jedenfalls hatte in den acht Tagen keine einzige Münze in der Hand und auch kaum jemand anderen mit so etwas Seltsamen bezahlen sehen…


CAF Urbos 3 520 hat die Haltestelle Viru verlassen. Das Halbrund um die Altstadt übernehmen hier im Südosten die Linien 3 und 4. Neben dem CAF ist das Eesti Draamateater zu sehen. Von den Urbos 3 wurden von 2014 bis 2016 20 Fahrzeuge mit den Nummern 501-520 geliefert. Mit ihnen wurde auch das neue Farbschema eingeführt, dass nach und nach das tolle blau/weiße Farbschema abgelöst hat.


Nur die historifizierten KT4TMR erinnern heute noch ein wenig an das alte Farbschema, wobei die Lackierung deutlich von dieser neuen Variante abwich – wir sehen sie später am Tag noch. Insgesamt sechs KT4D wurden auf diese Weise bei Inekon modernisiert. Konkret die Fahrzeuge 136, 138, 140, 141, 142 und 168. Die beiden 130er stammen ursprünglich aus Cottbus, die 140er aus Gera und der 168 aus Erfurt. Auch von Innen sind die Fahrzeuge durch ihre durchgehend Holzbänke quer zur Fahrtrichtung direkt erkennbar. U-Bahn-Feeling in Tallinn…


Die schöne Holzbebauung in der Blockschleife Kadriorg lässt sich leider sonnentechnisch nur sehr schwer umsetzten. Da war der bewölkte Himmel wiedermal nicht nachteilig, als KT4D 172 die Endstation erreicht. Trotz zweier Linien, von denen die Linie 1 in sehr dichtem Takt verkehrt, gibt es hier keinerlei Überholmöglichkeit. Insgesamt 37 Erfurter KT4D gelangten von 2006 bis 2013 in die estnische Hauptstadt, darunter sowohl in den 90er-Jahren modernisierte, als auch einige nicht modernisierte Fahrzeuge. Auch von den nicht in Erfurt modernisierten sind noch einige Exemplare im Einsatz. Daneben gelangten auch 6 KT4D aus Cottbus und 13 KT4D aus Gera, sowie zwei KT4DMC aus Gera nach Tallinn. Abgesehen von den beiden KT4DMC mit den Nummern 181 und 182 und den historifizierten KT4TMR, sowie einem zum KTNF6 umgebauten Fahrzeug, standen aus Gera und Cottbus keine Fahrzeuge mehr im Einsatz.


Für Schloss Kadriorg ging dann sogar noch einige Minuten das Licht an. In der Blockschleife hätte mir das eh nichts genützt, sodass ich es auch in den Parkanlagen vertrödeln konnte.


Theaterlicht für Schloss Kadriorg.


Der Zaun ist wohl eher für die abendliche Schließung gedacht. Tagsüber stehen die Tore offen und die Außenanlagen können ohne Eintritt besucht werden.


Wo immer sich die Sonne jetzt durch die eigentlich geschlossene Wolkendecke gemogelt hatte, ich nahm es gern mit.


Die Rückseite des Schlosses durch einen Weintunnel gesehen.


Auch die Rabatten sind auf die kitschig bunten Farben des Schlosses abgestimmt.


Es war schon 17 Uhr und entsprechend wenig los in den großzügigen Parkanlagen. Eine nette Erholung vom tosenden Stadtverkehr.


Hatten wir noch gar nicht: Ein mit Niederflurmittelteil umgebauter KTNF6. Schon ab 2001 wurden die ersten Fahrzeuge mit Niederflurmittelteilen aus Mittenwalde verlängert. Insgesamt wurden zwölf Fahrzeuge umgerüstet, darunter zehn KT4SU und zwei KT4D, je einer aus Erfurt und einer aus Gera. Die neuen Scheinwerfer und Lackierung wurde erst mit einer jüngst durchgeführten Modernisierung eingeführt. Bei KTNF6 103 handelt es sich um einen ehemaligen KT4SU mit Baujahr 1986. Der Wagen durchfährt hier gerade die Blockschleife zwischen den Haltestellen Kadriorg und J. Poska.


Anschließend ging es zurück Richtung Innenstadt. Ein lustiges Schauspiel gibt es dabei auf der Kreuzung vor der Haltestelle Hobujaama zu beobachten. Dies ist praktisch die Haltestelle im Zentrum der Einkaufstempel: Auf allen vier Seiten der Kreuzung befinden sich große Malls. Die Ampelschaltung ist hier so geregelt, dass alle Fußgängerfurten gleichzeitig für etwa eine halbe Minute grün zeigen und alle Ampeln des MIV rot. So strömen dann die Fußgänger natürlich nicht nur durch über die eigentlichen Furten, sondern in großen Massen auch diagonal kreuzend über die Kreuzung. In Tokio gibt es ja diese weltbekannte Kreuzung wo das Ganze im Maßstab gefühlt noch hundertmal größer geschieht, aber lustig zu beobachten war auch diese Miniaturausgabe von Shibuya Crossing 😀 So zeigt sich vor dem auf die rote Ampel zurollenden KT4D 174 noch ein wildes Getümmel vor der Haltestelle Hobujaama. Hinter dem KT4D befindet sich die Kreuzung Viru väljak, an der sich alle vier Linien treffen.


Dorthin bin ich nun gewechselt und in Anflügen von Sonnenschein zeigt sich hier der KTNF6 96 an der Haltestelle Mere puiestee als Einrücker. Die Niederflurer waren während meines Besuches die einzigen Überreste der KT4SU im Betrieb. Ein bis zwei Fahrzeuge sollten wohl noch einsatzbereit sein, kamen aber nicht auf Linie.


Ich entschied dann, noch zur Schleife Kopli hinaus zu fahren. Mit den in dichtem Takt verkehrenden Linien 1 und 2 ist dort auch am Abend noch jede Menge los. Einen Zwischenstopp musste ich aber noch für einen Sonnenspot am Bahnhof einlegen. CAF Urbos 3 508 erreicht die Haltestelle Balti jaam. Zum Einsatz kommen die CAF’s inzwischen auf allen vier Linien, vermehrt jedoch auf der ausschließlich mit Niederflurern bedienten Linie 4 zum Flughafen.


An der Endschleife Kopli befindet sich auch eines der beiden Depots, in das nun am Abend einige KT4D einrückten. So ermöglichte KT4D 172 dann auf der Depotzufahrt sogar einen kurzen Meerblick.


Das wechselhafte Wetter zauberte überall rundherum immer wieder kurze Teilregenbögen. So auch an der Endstation Kopli mit den KT4D 178 und 150. KT4D 150 war eines von zwei eingesetzten Fahrzeugen, das noch in Erfurter Lackierung lief. Im Fall von 150 fehlten an der Front allerdings schon Teile des Erfurter Rot.


Mal wieder ein Stück Regenbogen über der Küste.


Auch das bekannteste Straßenbahnmotiv aus Tallinn befindet sich an der Endschleife Kopli: Der Blick auf das mächtige Hauptgebäude der heutigen Marineakademie. Das ist allerdings etwas für morgen Vormittag. Die von der Sonne hinterleuchtete Estland-Flagge war aber auch heute Abend schon ein Bild wert.


Jetzt war wieder die Stunde mit der komischen Lichtstimmung, wenn die Sonne gar nicht mehr direkt scheint. Ich nutzte die Zeit noch für einige Kurse an der Endschleife Kopli. KT4D 174 wendet zur Abfahrtshaltestelle. Links ist das auszweigende Gleis zum Depot zu erkennen. Einige KT4D tragen eine etwas abweichende Lackierung mit bis unter den Knick an der Front hochgezogenem Rot. Aus meiner Sicht deutlich gefälliger als die Variante, bei der das Rot genau noch die Scheinwerfer anschneidet. Wenn man jetzt noch konsequent auf ganzer Fahrzeuglänge das Rot durchziehen würde, wäre das schon fast eine schöne Lackierung 😉


Zurück Richtung Innenstadt und Abendessen legte ich noch einen Stopp an der Haltestelle Maleva ein. Sogar die Sonne fand fast auf Höhe des Horizontes noch irgendwo eine Lücke, um die lange Gerade im Hintergrund in bestes Theaterlicht zu tauchen. Bis sich dort war, war das Schauspiel aber schon von der nächsten Wolke zunichte gemacht. Hier erreicht KT4D 110 nach der langen Rennstrecke die Haltestelle Maleva stadtauswärts.


Ich stieg anschließend am Bahnhof aus, um zu einer etwas abseits gelegenen Pizzeria in der Altstadt hinüber zu laufen. Zuvor entdeckte ich allerdings noch einen der beiden nach meinem Wissen noch vorhandenen KT4SU. Der fährt hier so schnell nicht mehr weg 😀 Gut zu erkennen waren die KT4SU immer an den original Klappertüren und der großen Kiste über dem Fahrerstand. Die Lackierung mit unterschiedlichen Blautönen und Weiß fand ich einfach nur genial. Schade, dass ich die letzten Fahrzeuge in diesem Outfit knapp verpasst habe.


Nach einer vorzüglichen Pizza drehte ich noch eine Verdauungsrunde durch die nun recht leere Altstadt. Auf dem Domberg befindet sich auch das estnische Parlament Riigikogu.


Direkt gegenüber steht die Aleksander Nevski katedraal.


Der prächtige Sakralbau ist gekonnt illuminiert und zeichnet sich in der blauen Stunde wunderbar vor dem Himmel ab.


Blick aus einer Gasse am nordwestlichen Rand des Dombergs Richtung Kathedrale.


Etwas weiter unten befindet sich der Rathausplatz – das touristische Zentrum der Stadt. Hier wird man sogar von nervigen Restauranttypen angequatscht. Sicher werde ich mich nicht hierhersetzen um zu unverschämten Preisen schlecht zu Speisen 😉 Ein Blick auf das Rathaus darf aber schon sein.

Damit war der erste halbe Tag in Tallinn auch schon vorüber. Noch schnell in einem kleinen Supermarkt vorbeigeschaut und dann schlenderte ich zurück Richtung Hafen zum Hotel. Für morgen sind dann nennenswert viele Sonnenstunden angesagt, sodass ich hier hoffentlich einiges wegarbeiten kann.

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