Die Rhodopenbahn oder Hin und zurück I: Prolog und zweimal Avramovo-Dobrinishte

Anfang Februar 2024 ging es zu zweit zur 125 km langen Rhodopenbahn zwischen Rhodopen, Rila- und Piringebirge. Eine knappe Woche brillierte das Wetter zwar nicht mit erhofftem Schnee, dafür aber mit Sonnenschein satt und auch der Verkehr lief weitgehend planmäßig mit nur wenigen Ausfällen und dem Einsatz der rekonstruierten 77 009.


Prolog

Wenn die letzte Reise eines Jahres ausgeklungen ist und die Tage dunkel und nasskalt werden, mache ich mir traditionell Gedanken über die kommende Reisesaison. Ende November fragte ich also mal zu zwei Reisezielen nach weiteren Interessenten. Für den Februar hatte ich die Idee, die Rhodopenbahn in Bulgarien nach fünf Jahren ein zweites Mal zu besuchen. Ein paar Dinge hatten sich dort seither verändert: Die zwei zuletzt betriebsfähig verbliebenen Maschinen der 77er-Reihe, 77002 und 77009, wurden vor kurzem komplett rekonstruiert und gingen in unverhofftem Glanz als 77102 und 77109 wieder ins Rennen. Daneben wurden kurz nach meinem letzten Besuch für den Rodopi-Kurs zwei Barwagen hergerichtet und in den letzten zwei Jahren war jeweils auch eine Werbewagen-Garnitur unterwegs. Die rot/weißen Wagen waren inzwischen ebenso vollständig verschwunden wie die zwischenzeitlichen Baumarktfenster und auch der Fahrplan war inzwischen etwas ergänzt worden. Viele neue Details also, hauptsächlich wollte ich aber mal zur nichtgrünen, hoffentlich weißen Jahreszeit an diese im Sommer doch arg verwachsene Strecke. Ersteres war im Februar natürlich gegeben, letzteres aber nach Beobachtungen aus der Ferne in den vergangenen zwei Jahren nur schwer planbar. Mit einer maximalen Höhe von 1267m über Seelevel ist die Rhodopenbahn im Winter keinesfalls schneesicher. Mit ausreichend Sonne sollte es aber auch mit ohne Schnee schöne Aufnahmen in der winterlich grau-goldenen Landschaft geben.

So fand sich nach der erst vor kurzem vergangenen Reise in die Schweiz schon wieder dasselbe Vater/Sohn Reiseduo zusammen und es wurde ein wenig geplant. Für erstere Hälfte sollte es die erste Reise in die Rhodopen werden, aber bei der völlig anderen Vegetations- und Lichtsituation im Februar gegenüber Mai, würde ich auch die “Standardmotive” noch einmal gern alle mit abgrasen und gewissermaßen den Fotoguide spielen. Wir planten die Reise auf sieben Tage Anfang Februar, also netto fünf Tage Zeit in den Rhodopen, womit auch genügend Zeit bleiben würde, auch für mich neue Motive etwas zeitaufwändiger zu erarbeiten.
Den Flug nach Sofia buchten wir zunächst bei Wizz-Air von Frankfurt Hahn. Der war günstiger als der “Klassiker” mit der Lufthansa vom Fraport und lag zeitlich etwas besser. Aus dem deutlich näher gelegenen Berlin flog leider nur Ryanair direkt. Kurz nach der Buchung wurde der Flug dann aber auch schon wieder gecancelt und völlig unattraktive Flugzeiten als Alternative geboten, sodass wir dann eben doch mit wenig Aufpreis den altbekannten Flug der Lufthansa für 200€ pro Person vom Fraport nach Sofia und retour buchten.
Als fahrbaren Untersatz reservierten wir einen Opel Mokka, der hoffentlich die nötige Bodenfreiheit bieten würde, um auch die ein oder andere Erdpiste zu den abgelegeneren Streckenabschnitten ansteuern zu können. Über einige Check24-Umwege mit Zwischendealer und Versicherer, war der Wagen am Ende, wie bei meinem letzten Besuch, vom bulgarischen Anbieter Top-Rent-A-Car, nur eben günstiger, als hätten wir direkt dort mit deren Versicherung gebucht. Mit 250 € für sieben Tage, die sich ja auch noch durch zwei teilten, war der Karren quasi geschenkt…
Hotel buchten wir im neuen Jahr für sechs Nächte im Wintersportort Bansko, auf der Südseite des “Passes”. Im Grunde bieten sich an der Strecke nur zwei Orte als Übernachtungsmöglichkeiten: Velingrad nördlich des Passes etwas weiter in der Mitte der Strecke, oder Bansko jenseits des Passes fast am südlichen Ende der Strecke. Dazwischen liegen zwar noch paar kleine und mittelgroße Dörfer, aber dort ist eben so gut wie keine Infrastruktur vorhanden. Da ich schon bei meinem ersten Besuch in Velingrad residiert hatte und auf der Nordseite gerade in der engen Tsepino-Schlucht nur wenig Motive im Februar erwartete, votierte ich am Ende für Bansko. Wir hätten die Nächte natürlich auch aufteilen können, dass hätte dann aber nur bei einer spontanen Buchung Sinn gemacht, da vorher noch nicht absehbar war, wann wir wo etwas machen wollten. Der dünne Fahrplan der Rhodopenbahn ist dabei ohnehin immer der entscheidende Faktor, um den herum geplant werden muss. Am Vormittag kann man auf der Südseite quasi nur mit dem ersten Südfahrer zwischen Razlog und Dobrinishte und auf der anschließenden Pendelfahrt Dobrinishte – Razlog – Dobrinishte etwas anfangen. Danach bleibt auf der Südseite fast nur die Option, die beiden mit vier Stunden Abstand bei Tageslicht fahrenden Südfahrer ab Avramovo nach Dobrinishte zu begleiten. Alternativ kann man über den Pass fahren und hoffen, dass der oftmals ausfallende Pendel Septemvri – Avramovo – Septemvri verkehrt. Sonst bleiben auch dort nur zwei Südfahrer und ganz paar Motive für den ersten Nordfahrer aus Dobrinishte. Vor allem aber ist nach dem 12:40 ab Septemvri Schicht. Den kann man sinnvoll dann eh nur über den Pass in den Süden hinüber begleiten, denn auf der Nordseite legt dann erst um 16:25 wieder ein Zug in den Süden ab, der aber schon kurz hinter Septemvri im Schatten versinkt. Perspektivisch würde man also am Nachmittag fast immer im Süden landen, sodass es fast egal war, wo wir nun das Hotel hätten. Eine “tote” Strecke würde man wohl mindestens jeden Tag fahren. Klar soweit? Nicht? Dann wird es sich mit Sicherheit im Verlauf dieses Reiseberichtes noch etwas deutlicher abzeichnen 😉

Ansonsten war nicht übermäßig viel Vorbereitung nötig. Hauptsächlich zog ich mir noch eine Mitfahrt von vor zwei Jahren auf youtube rein – meist in doppelter Geschwindigkeit – um einige neue Motive zu entdecken. Vieles ließe sich aber nur vor Ort erkunden, sodass einige Markierungen mit Fragezeichen in Osmand wanderten.

Einige Streiks machten es vor Reisebeginn wieder spannend, aber das Bodenpersonal streikte wenige Tage vor unserem Abflug und mit der Bahn hatten wir erst gar nicht geplant. Einerseits wegen der Unplanbarkeit dieses Transportes, andererseits, weil man so früh eh nicht gescheit nach Frankfurt kommt, erst recht nicht mit dem nötigen Bahn-Puffer.

Ein Blick in den Wetterbericht für die Rhodopen vor dem Kofferpacken zeigte, dass Schneehose, -Schuhe und ähnliche Utensilien recht getrost zuhause gelassen werden konnten. Nachdem es im Dezember und Januar einiges an Schnee gegeben hatte, würde der angesichts der Temperaturen in den vergangenen Tagen und den Prognosen für die kommenden wohl weitgehend den Aggregatszustand gewechselt haben. Dafür sah die Sonnensituation aber alles andere als schlecht aus, mit Chancen auf reichlich Sonnenschein in der kommenden Woche. Damit würden wir auch gut leben können!


Samstag, 3. Februar 2024: Braunschweig – Fraport – Sofia – Rhodopen

Nachdem uns der Bahnstreik egal sein konnte und der Streik des Bodenpersonals knapp an uns vorbeigegangen war, kündete sich am Freitag vor Abflug weiteres Ungemach an: Der Parkservice des Fraport informierte mich via Mail über geplante Bauernproteste rund um den Flughafen, die die Zufahrt zum Holiday Parkplatz Süd blockieren würden. Wir sollten dafür einfach in den P2/P3 direkt am Terminal einfahren und uns bei Ausfahrt beim Pförtner melden. Das war ja mal ein nettes Upgrade. Nur blöd, dass ein kurzes Konsultieren der Frankfurter Lokalpresse ergab, dass quasi auf allen Flughafenzufahrten ab 6 Uhr mit erheblichen Problemen zu rechnen sei. Ursprünglich hätte für das Boarding um 09:35 eine Ankunft am Parkplatz um kurz nach sieben vollkommen ausgereicht. Mit den angekündigten (und nicht angekündigten) Blockaden würde das aber ein Lottospiel werden, auf das wir uns nicht einlassen wollten. Also Ankunft um halb sechs. Das würde einen Start um 2 Uhr in der Nacht erfordern. Also wurde aus dem wenige Stunden schlafen ein gar nicht schlafen, da ich am Freitagabend auch noch zu einem Spiel bei Wolfenbüttel war und erst gegen Mitternacht überhaupt zuhause sein würde. Aber egal, was tut man nicht alles für einen Urlaub…

Wie spontan abgestimmt ließ ich mich dann um 2 Uhr nachts abholen, immerhin für einen 40-minütigen Powernap hatte es gereicht. Die Fahrt nach Frankfurt war dann wie erhofft maximal unspektakulär und der jeweils nicht fahrende döste etwas vor sich hin.

Am P2/P3 drehten wir dann eine Extrarunde: Die einzelnen Doppelreihen des Parkhauses sind alle mit separaten Schranken versehen und mit einer grünen oder roten Ampel, die anzeigt, ob drinnen noch etwas frei ist. Dummerweise halt nicht, wie viel noch frei ist und so war hinter der Schranke noch genau ein maximal schmaler Parkplatz zwischen zwei SUV-Panzern frei. Also hinten wieder raus aus der Parkreihe, nur wird man dann über das Einbahnstraßensystem direkt zur Hauptausfahrt geleitet, ohne die Möglichkeit, eine andere Reihe anzufahren. Wir durften also einmal das ganz Parkhaus bis zur Ausfahrt durchfahren, mit dem gezogenen Ticket (unser QR-Code für Holiday-Süd ging hier im P2 natürlich nicht) wieder ausfahren, bis zur Hauptstraße zurück und das ganze Parkhaus noch einmal neu anfahren. Beim zweiten Versuch lugten wir dann schonmal vorab in die grünen Parkreihen, ob da auch tatsächlich etwas frei war und erhielten gleich hinter der Schranke einen Premium-Einzelparkplatz, auf dem nicht einmal Parkbeulen zu fürchten waren. Uns war die Extrarunde insofern egal, als dass wir jetzt sowieso ewig Zeit hatten bis zum Flug. So vertrödelten wir eine Stunde beim gewohnt sündhaft teuren Flughafen-Bäcker – obwohl noch vor der Sicherheit – schlenderten etwas durch den Flughafen und gaben dann automatisiert die Koffer ab. Sicherheit lief auch flüssig, sogar an einer neuen Reihe, wo man nichts mehr aus dem Rucksack packen muss – sehr angenehm! – und irgendwann hatte das zähe Warten ein Ende. Mit dem Bus ging es zum Airbus A320 der Lufthansa hinüber und fast pünktlich startete die bis auf den letzten Platz gefüllte Maschine in den Tag.


Über Süddeutschland und Österreich geht es immer weiter nach Südosten Richtung Balkan und Sofia.

In Sofia waren wir dann schon wieder pünktlich. Problem nur: Die Tür des Flugsteiges ließ sich nicht öffnen. Swissport schickte einen Techniker, der das Problem natürlich auch nicht lösen konnte, während die üblichen Frühaufsteher sich im Gang drängten oder gar geduckt unter den Gepäckablagen kauerten. Wir saßen das Malheur stoisch aus, während erste Seufzer und Flüche durch die Kabine raunten – das würde es sicher schneller machen… Am Ende rollte man eine Treppe an die Hecktür, wodurch dann auch noch ein kurzer Bustransfer nötig wurde. Wir saßen in Reihe 27 des kleinen Fliegers dafür nun aber fast auf der Pole und waren schnell raus aus dem Vogel. Gepäck abgeholt und in der Ankunftshalle nach dem Mietwagen-Höker gesucht. Eine kleinere Traube hatte sich vor dem Top-Rent-A-Car-Schalter schon gebildet, glücklicherweise gehörten die aber fast alle zu einem Fahrzeug. Die Prozedur der Übernahme war hier wirklich kleinstschrittig mit unzähligen Unterschriften hier und dort, sinnlosen Belehrungen wie dem Verbot des Racings und Offroadings – beides dehnbare Begriffe oder? 😉 – und noch die Erklärung einer Schablone, mit der über die Größe die Relevanz eines Schadens festgestellt werden sollte. Nach einer halben Stunde hatten wir dann aber unseren Opel Mokka mit erst niedrigem fünfstelligen Tachostand.

Der Sound tönte schon auf den ersten Kilometern verdächtig nach Dreizylinder, verglichen mit dem Skoda Scala 2022 in Rumänien hatte das Ding mit immerhin 1,2l Hubram und 130 PS aber ausreichend Pep. Schnell waren wir auf der Autobahn und schwammen auf der weitgehend leeren A1 Richtung Septemvri. Da die A1 auf Höhe Septemvri einen Bogen deutlich weiter nördlich schlägt, ging es zwanzig Minuten vorher von der Autobahn ab und fortan auf der Landstraße weiter. Alternativ hätte man den Bogen über Pazardzhik fahren können, aber ob das schneller geht…? So machten wir gleich Bekanntschaft mit den typisch bulgarischen Dörfern aus dem üblichen Bruch aus zusammenfallendem Schrott, nie Fertiggewordenem und Neuem, das auch schon wieder im Verfallen begriffen war. Auf der Landstraße 8 kreuzten wir schließlich südlich von Septemvri die Schmalspurstrecke zwischen Septemvri und Varvara. Das Wetter war ein Mix aus Sonne und Wolken und in einer knappen halben Stunde sollte der Rila 16105 in Septemvri ablegen. Mit dem könnte hier im Bahnhof und nördlich der Bergkette noch was gehen, weshalb wir den kürzeren Weg nach Septemvri an die Bahnstrecke gewählt hatten, anstatt gleich nach Bansko zu fahren, wo wir für Sonne wohl schon zu spät angekommen wären.

Wir legten landestypisch irgendwie vor dem Bahnhof von Septemvri an und liefen durch die Unterführung hinüber zum Schmalspurteil des Bahnhofes. Die Wagen für die fast fünfstündige Fahrt in die Nacht hinüber nach Dobrinishte standen schon bereit und man war gerade dabei eine Lok anzuhängen. 75008 übernahm heute den Dienst vor dem letzten Südfahrer des Tages auf der Gesamtstrecke und setzte vor den Zug.


Der Schmalspurbahnhof von Septemvri liegt am Ende der Bahnhofsunterführung südlich des Regelspurteils.


Die drei Wagen für den “Rila” nach Dobrinishte stehen schon bereit, die Lok fehlt allerdings noch. Zeit, sich etwas im Schmalspurbahnhof von Septemvri umzusehen.


Alle Züge auf der Rhodopenbahn tragen eigene Namen, wobei für Hin- und Rückfahrt einer Garnitur jeweils der gleiche Name gilt. Entsprechend viele Wagentafeln finden sich in Septemvri für die Besteckung der Züge.


Die Henschel 75008 wird in Septemvri vor den drei Wagen langen “Rila” nach Dobrinishte gesetzt. Fast fünf Stunden Fahrt liegen mit Abfahrt um 16:25 und Ankunft um 21:10 vor der Maschine und den drei Wägelchen.

Da die Loks in Septemvri meist kurz vor knapp vor die Züge gehängt werden, war nun etwas Eile geboten, um den Zug noch einmal vor dem Verschwinden in den Schatten der Tsepino-Schlucht bei Varvara zu erwischen. An der Kreuzung mit der Landstraße war die Weichenwärterin schon am Herunterkurbeln der Schranke. Wir konnten aber am Imbiss anlegen und noch ins Motiv schreiten, bevor die Strecke an die Straße nach Varvara verschwenkt.


Die lange Fahrt durch die Rhodopen hinüber zu Pirin- und Rilagebirge hat begonnen. Vor der Straßenkreuzung zwischen Septemvri und Varvara gelang das erste und letzte sonnige Streckenbild des Tages, bevor der Zug zunächst in den Schatten und später in der Dunkelheit versank.

Schon vor Varvara hatten wir den Rila wieder überholt. Die anschließende Fahrt durch die Tsepino-Schlucht in den letzten Sonnenstrahlen auf den Felswänden war durchaus spektakulär und der Verkehr an einem Samstagabend für einmal nicht ganz so erschlagend. Zwei, drei Wochen später wären mit dem Rila vielleicht noch die letzten Motive in der Schlucht oder auf der Hochebene bei Velingrad gegangen, so aber versanken die Motive noch vor dem Zug im Schatten. Wir legten daher erst wieder in Velingrad an, wo uns in einer halben Stunde der Rodopi aus Dobrinishte entgegenkommen würde. Am Pass würden wir den jetzt ungesehen umfahren und zu tun hatten wir heute eh nichts mehr, sodass wir uns den einfach mal im Bahnhof anschauen wollten. Vorher blieb noch Zeit für einen Besuch beim Billa, denn seit einem Croissant im Fraport heute am frühen Morgen hatte es nichts mehr gegeben. Für meinen in der vergangenen Woche leicht angeschlagenen Magen war diese kurze Fasteneinlage aber nicht das Schlechteste und brachte die Verdauung nach einigen Tagen Rumoren und Appetitlosigkeit wieder auf die richtige Bahn.

Zu unserer großen Überraschung und Freude röhrte mit dem Rodopi dann die nagelneue 77109 in den von Rauchschwaden diesig daliegende Bahnhof von Velingrad. Dazu muss ich vielleicht etwas ausholen: Die letzten beiden betriebsfähigen Maschinen der rumänischen 77er-Baureihe, die 77002 und 77009, wurden in den vergangenen Jahren bei Ruse Express Service quasi neu aufgebaut. Außer Teile der Rahmen und Drehgestelle, sowie dem Dampfkessel für die Wagenheizung, ist an den Maschinen wohl nur mehr das FAUR-Fabrikschild von 1988 original. Im Grunde sind es also Neubauloks. Schon 2022 wurde die 77002 an die Rhodopenbahn übergeben, 77009 folgte 2023, nun als 77102 und 77109 bezeichnet. Schwierigkeiten mit der Inbetriebnahme und Zulassung der modernen Maschinen führten zu einigen Verzögerungen. Im Sommer 2023 fuhr man schließlich den Motor der 102 kaputt, wie auch immer dies mit dem modernen Diagnosesystemen der Loks unbemerkt passieren konnte – vielleicht das alte Balkanmotto von diversen Busfahrten: Warnleuchten die ständig blinken werden mit Gaffa abgeklebt, damit es nicht so nervt beim Fahren… Zahlungs- und/oder Gewährleistungskonflikte zwischen BDŽ und Ruse Express Service führten jedenfalls dazu, dass der Schaden an der 102 bis heute nicht behoben wurde oder die eventuell bereits reparierte Lok zumindest bislang nicht zurück nach Septemvri gelangte. Dafür hat man in Septemvri die 109 im Laufe des Jahres 2023 langsam in Gang geforscht, auch wenn es zwischen der modernen Technik und der archaischen Instandhaltung in Septemvri noch so seine Problemchen zu geben scheint… Kurz nach unserem Besuch tauchten dann im Netz auch die ersten Aufnahmen der 102 zurück in Septemvri im Netz auf.

Für den regulären Fahrplan benötigt man derzeit vier Loks. Von den 75ern sind derzeit grundsätzlich vier Maschinen, die 75005, 75006, 75008 und 75009 einsatzfähig. Dazu kommt dann die 77109, sodass von fünf tendenziell anfälligen Maschinen vier benötigt werden und die Fahrplanstabilität in der Woche vor der Anreise durchaus zu Wünschen übrig ließ. Von alle Züge wurden gefahren, bis hin zu nur ein Zug schaffte seine komplette Tour, war alles dabei. Am Häufigsten wurde der Mittagspendel Septemvri-Avramovo-Septemvri gestrichen, wenn nur drei Loks verfügbar waren. Für heute waren keine Ausfälle verzeichnet, sodass die Chance für den Einsatz der 77109 durchaus gegeben war, auch wenn ich innerlich schon damit rechnete, die neue Maschine während des gesamten Urlaubes höchstens in der Werkstatt zu erspähen. Der heutige Einsatz vor dem Rodopi war daher eine schöne Überraschung und machte Hoffnung, die Maschine vielleicht den ein oder anderen Tag noch wiederzusehen.


Der “Rodopi” ist – wenn man es so nennen möchte – das “Premiumprodukt” auf der Rhodopenbahn, oder einfach nur das einzige Zugpaar, dass es auch im Winter zu touristisch interessanten Zeiten fast bei Tageslicht von Septemvri nach Dobrinishte und retour schafft. Daher wird diesem Zug in der Regel einer der zwei zum Jahr 2020 ins Rennen geschickten Barwagen beigestellt, die für mich, genauso wie die neu strahlende 77109, noch unbekannt waren.


In Velingrad ist die Sonne schon hinter den Bergen und der Ort hüllt sich langsam in die blaugrauen Rauschwaden der Holzöfen. Aus dem Zug dampft derweil nur Wasserdampf der urtümlichen Dampfheizungen der Personenwagen.

Das war es dann fotografisch auch schon gewesen an diesem Tag der Anreise. Für die zwei Sonnenbilder des Rila und die Sichtung der 77109 hatte sich der Umweg über Septemvri aber gelohnt, der uns nun die Fahrt über den Pass bescherte. Über den Pass nach Avramovo kamen wir aber gerade noch bei Restlicht, dann war es bald dunkel und zog sich doch etwas bis wir unser Hotel in Bansko erreichten. Das Hotel war nichts Besonderes, aber vollkommen in Ordnung. Die Auswahl fällt da auch einfach schwer, wenn es so ein riesiges Angebot wie im Wintersportort Bansko gibt. Bald ging es wieder raus, um noch nach einem Abendessen zu suchen. Unser Hotel hatte zwar ein Restaurant das nicht schlecht aussah, die Preise erschienen uns aber für Bulgarien durchaus (ab)gehoben. Also mal die Fußgängerzone hinuntergeschlendert Richtung alte Ortsmitte. Das Angebot erstreckte sich von Grill über Grill bis zum nächsten Grill. Eine Feststellung, die sich in den kommenden Tagen weiter bestätigen sollte. Also wählten wir: Grill! Aber wenigstens einen, der nicht irgendwie nach abgehoben oder Touristen-Nepp aussah, sondern einen klassisch Bulgarischen. In dem verwinkelten Lokal mit Fachwerk, vielen kleinen Holztüren und -Schwellen, dunklen Holztischen und -Bänken hätte es mich nicht gewundert, irgendwo in einer dunkeln Ecke Gandalf mit einer anderen Märchenfigur die Köpfe zusammensteckend Pfeife rauchen zu sehen. Das Tänzelnde Pony lässt grüßen 😉

Stattdessen ging neben uns eine große Geburtstagsfeier ab mit Feuerwerk, dass bei uns definitiv nicht für Innenräume geeignet gewesen wäre 😀 Der Kellner musste jedenfalls erstmal eine der Luken nach draußen öffnen, damit der Rauch einigermaßen abziehen, beziehungsweise sich mit dem Rauch der Holzöfen von draußen vermischen konnte. Selbiger Kellner schien dann etwas beleidigt, dass wir seiner Tagesempfehlung nicht folgten und stattdessen verschiedenes vom Lamm bestellten. Jedenfalls wurde er nicht wieder gesehen, nachdem er uns das Essen gebracht hatte. Nachdem wir etwas den Plan für morgen ertüftelt hatten, machten wir irgendwann etwas nachdrücklicher auf uns aufmerksam um zu zahlen und schlenderten anschließend die Straße rauf zurück zum Hotel.

Plan für morgen also: Erstmal auf dieser Seite des Passes bleiben und nach dem morgendlichen Pendel die beiden Südfahrer zwischen Avramovo und Razlog begleiten.


Sonntag, 4. Februar 2024: Zweimal Südfahrer Avramovo, Dobrinishte

Erster Tagesordnungspunkt war heute vor dem Frühstück der aus Septemvri kommende Vihren. Der fährt dort mitten in der Nacht los, aber da wir hier am anderen Ende der Strecke sind, kommt der Zug hier nach fast fünf Stunden Fahrt erst gemütlich nach dem Aufstehen um 08:22 in Dobrinishte an. Anschließend dreht der gleiche Zug als Pirin eine kurze Runde von Dobrinishte nach Razlog und retour, bevor er wieder auf große Fahrt nach Septemvri aufbricht. Interessant sind dabei lichttechnisch nur die Südfahrer nach Dobrinishte, also genau genommen die kurze Ostfahrt der Südfahrer zwischen Razlog und Dobrinishte, sodass nach dem 08:22 ein gemütliches Frühstück eingelegt werden könnte, bevor der Zug als “Pirin” erneut aus Razlog nach Dobrinishte fährt. Zur Übersicht des doch mageren Fahrplanangebotes, welches die Tagesplanung hier doch maßgeblich beeinflusst, im Folgenden einmal die Streckenkarte der Rhodopenbahn und der dazu passende 2024er Fahrplans.


Streckenkarte der 125 km langen Rhodopenbahn von Septemvri nach Dobrinishte.


2024er Fahrplan der Rhodopenbahn

Das noch immer magere Fahrplanangebot auf der Rhodopenbahn stellte übrigens schon eine Verbesserung gegenüber meinem ersten Besuch hier im Mai 2019 dar. Vor knapp fünf Jahren gab es lediglich die vier Fahrten auf der Gesamtstrecke des Vihren, Rodopi, Mesta und Rila in etwa vergleichbarer Zeitlage. Lediglich der Vihren ab Septemvri und der Rila ab Dobrinishte verkehrten mit rund einer Stunde Unterschied merklich früher. Zusätzlich gab es noch den Kleptuza, der morgens statt ab Tsvetino erst ab Velingrad verkehrte und mit Abfahrt Velingrad um 04:55 fast zwei Stunden früher unterwegs war als aktuell. Die abendliche Rückfahrt des Kleptuza von Septemvri nach Velingrad war keine fahrplanmäßige Fahrt, irgendwie muss der Zug dort abends oder am frühen Morgen aber hingelangt sein. Heute fährt der Kleptuza morgens ab Tvetino nach Septemvri und abends retour bis Velingrad. Alles im Februar natürlich maximal uninteressant. Aber auch für Winterfotografen gibt es zwei deutliche Verbesserungen: Dies sind seit einiger Zeit der bereits erwähnte morgendliche Pirin-Pendel Dobrinishte-Razlog-Dobrinishte, sowie noch interessanter, der mittägliche Maritsa, der über Mittag eine zusätzliche Fahrt von Septemvri bis hinauf nach Avramovo und retour anbietet. Damit gibt es nun auch im Winter einen fotografierbaren, dritten Südfahrer auf der nördlichen Hälfte der Strecke – wenn denn alles so läuft wie im Fahrplan und nicht ständig etwas ausfällt.

Für den Vihren aus Septemvri ging es also vor dem Frühstück an die erste potenzielle Sonnenstelle für diesen Zug an einen Bahnübergang kurz vor Dobrinishte. Dort müsste die Sonne eigentlich rechtzeitig über die nicht ganz so hohen Berge im Osten klettern. Heute war allerdings einiges an Gewölk unterwegs, sodass unser Vorhaben am ersten Morgen noch nicht zu gelingen schien. Am Ende war es aber keine Wolke, sondern schlichtweg das Fehlen des Zuges, das den Plan scheitern ließ. Zur Planzeit war nicht einmal ein Tröten in der Ferne zu vernehmen. Also mal in der Echtzeitauskunft der BDŽ nachgeschaut und siehe da: +31min delay caused by rocks on the railroad für den Vihren und dessen Gegenzug. Auch nach einer halben Stunde im kalten Wind kam aber nichts und die Information sprang auf +61 um. Gleichzeitig wurde der Pirin in den Ausfall geschickt. Der konnte ja auch schlecht fahren, wenn der Zug der diesen stellen sollte viel zu spät in Dobrinishte ankäme. Wir brachen vorerst ab und widmeten uns lieber dem Frühstücksbuffet, das durchaus sättigend und lecker war.


Auch bei Bewölkung wäre die Stelle am Bahnübergang zwischen Sveti Georgi und Dobrinishte gut gekommen, hätte man doch die hohen Gipfel des Pirin, die sich unmittelbar am Ortsrand von Bansko auftürmen, gut in Szene setzen können.


So blieb es bei Trockenübungen an den handgemalten und liebevoll zu einem bunten Strauß zusammengebundenen Einrichtungen zur Sicherung des Überweges…


Nach dem Parkplatz in Bansko hatte der Mokka damit schon weitere Meter “Erdpiste” gemeistert. Hier aber wirklich nur zum Üben, denn im Hintergrund ist bereits die gut ausgebaute Hauptstraße nach Dobrinishte zu erkennen.

Das ging ja mal wie erwartet störungsbehaftet los hier. Zwischenzeitlich war auch der Maritsa in den Ausfall geschickt worden. Für unseren weiteren Tagesplan hatte das zwar keine großen Auswirkungen, verriet aber, dass heute wohl nur drei von benötigten vier Loks einsatzbereit waren und damit sehr wahrscheinlich auch die 77109 nicht im Rennen wäre. Nach dem Frühstück schauten wir noch in Dobrinishte nach, ob der Vihren inzwischen angekommen war. Selbiger dieselte dort bereits für die Rückfahrt umgespannt im Bahnhof herum. Der würde auf seiner Rückfahrt nach Septemvri aber auch nicht mehr besser ins Licht drehen auf dieser Seite des Passes, sodass wir ihn sich selbst überließen und stattdessen Richtung Cherna Mesta aufbrachen, um dort den nächsten Südfahrer namens Rodopi abzufangen.


Nach unserem Frühstück ist der Vihren endlich angekommen und dieselt im Endbahnhof von Dobrinishte vor sich hin. Abgeschaltet werden die Maschinen hier grundsätzlich nicht, sondern drehen die teils einstündige Pause im Leerlauf vor sich hin. Ich vermute, das hat seine Gründe…

Es war heute gewissermaßen “Wetter mit Chance”. Ganz bedeckt war es nie, richtig großflächig blauen Himmel hatte es aber auch selten. Im Grunde war das aber auch egal, denn mehr als die zwei Südfahrer begleiten kann man auf dieser Seite hier sinnvoll eh nicht. Man kann sich ja nicht eben mal woanders an der Strecke stellen, wo es gerade großflächig blau ist, denn dort kommt dann einfach schlichtweg nichts… In Cherna Mesta, dem Ort mit dem bekannten Moschee-Motiv am Nachmittag, stellten wir uns an der Bahnhofseinfahrt für den Rodopi. Der war dann auch nur mit +5 unterwegs, man hatte also die Verspätung der beiden Züge am Morgen aus dem System bekommen. Den Rodopi begleiteten wir dann bis nach Dobrinishte hinunter, wobei wir zwischen Dagonovo und Yurukovo, vor Razlog und im Bahnhof von Bansko im Sonnenlotto gewannen. Cherna Mesta, Belitsa und der General Kovachev waren uns weniger wohl gesonnen. Bei der Reisegeschwindigkeit des Zuges bieten sich aber bei solchem Wetter auch einfach viele Chancen auf Sonne… Die Aufnahmeorte sind auch in diesem Reisebericht wieder mit einem Klick auf das Bild bei OSM hinterlegt.


Während uns gestern Abend die “Neue” am Rodopi überraschte, hängt heute in Cherna Mesta am Fünfwagenzug mit Barwagen das Henschel-Diesel 75009. Auch nicht schlecht, denn diese Maschine war bei meinem ersten Besuch nicht im Einsatz.


Als nächstes erwarteten wir den Zug zwischen Yurukovo und Dagonovo. Auch hier ragt in dem kleinen Bergdorf Dagonovo ein Minarett in den Himmel, Zeichen für die hier lebenden Minderheit der Pomaken. Bei einer “Zugverfolgung” – also 90% der Zeit Vorausfahrt – bleibt hier durchaus Zeit für die ein oder andere Landschaftsaufnahme 😀


Dann aber um 180 Grad herumgedreht für die Durchfahrt des Rodopi mit 75009 in schönstem Sonnenschein.


Weniger Glück dann anschließend beim Halt in Belitsa. Auf welcher Seite des Zuges man ein- oder aussteigt, scheint nebensächlich.


Auch der General Kovachev war uns bei der einzigen täglichen Fahrt mit passendem Sonnenstand heute noch nicht wohlgesonnen. Wie an so vielen ehemaligen Bahnhöfen, gibt es auch hier nurmehr ein einziges Gleis. Viel mehr als ein Zweistundentakt wäre mit den derzeitigen Ausweichmöglichkeiten wohl gar nicht realisierbar. Verbliebene Kreuzungspunkte sind südlich von Avramovo heute nur noch Yakoruda, Belitsa, Razlog und Bansko.


Ein Pflichtmotiv ist vor Razlog der Blick von der Straßenbrücke Richtung Rila-Gebirge mit seinen schneebedeckten, an den 3000 Metern kratzenden Bergen. Gleich beim ersten Versuch klappte es hier mit maximal stimmungsvollem Wetter.


In Bansko ist elf Minuten Wasserpause. Wasserpause bei einer Diesellok? Richtig gelesen, denn wie man bei Kälte immer gut an den teilweise in weiße Wolken gehüllten Wagen erkennt, wird die Zugheizung noch immer mit Wasserdampf betrieben. In Dobrinishte scheint es während der einstündigen Pause mangels Wasseranschluss keine Möglichkeit zum “Nachladen” zu geben, sodass die Vorräte schon in Bansko ergänzt werden müssen. Die beiden Lokführer schließen gerade den Schlauch an die Lok an. Die etwa in Belitsa oder hier in Bankso noch vorhandenen Wasserkräne sind heute alle außer Betrieb, sodass die Dampflok auf ihren seltenen historischen Fahrten meist einen eigenen Kesselwagen mit Wasservorräten mitführt.


In Dobrinishte wird in der Regel direkt nach Ankunft die Lok umgesetzt. Die 75009 umfährt hier gerade ihren Zug und erreicht dabei den östlichen Kopf des Bahnhofes, von wo es nach ursprünglichen Planungen bis ins weitere 40 Kilometer entfernte Goce Delčev gehen sollte.


Unter beeindruckendem Personalaufwand wird die 75009 umgesetzt. Neben dem Weichensteller, der auf dem vorherigen Bild am Ostende zu erkennen war und auf der Lok bis zum Westende zum Stellen der Weiche mitgefahren ist, warten am Zug zwei weitere Mann Personal, die mit dem Kuppelvorgang beschäftigt sind oder dabei nur wichtig dreinschauen. Dazu gibt es selbstverständlich auch noch den Stationsvorsteher, der für das Abfahrtsignal der Züge verantwortlich zeichnet.


Dann ist der Umsetzvorgang vollendet und der Zug dieselt eine Stunde vor sich hin bis zur Rückfahrt. Auf dem Führerstand war man derweil damit beschäftigt, wild Klavier auf den Armaturen zu spielen, so ganz zufrieden war man wohl mit der Leistung der Maschine nicht und nahm einige Feinjustierungen vor, um die Rückfahrt bewältigen zu können.


Obwohl mit Baujahr 1965 wesentlich älter als die zuletzt noch eingesetzten, nicht rekonstruierten Originale der rumänischen 77er-Baureihe aus 1988, scheinen die Kasseler Henschel-Maschinen wesentlich langlebiger konstruiert zu sein, sodass während unseres Besuches zumindest vier Maschinen, wenn teils auch nur murrend, noch immer ihren Dienst verrichten.

Im Bahnhof von Dobrinishte hatten wir eine ganze Zeit auf Sonnenschein gewartet und dabei einige Besorgungen aus dem Billa von heute morgen vertilgt. So war es nun schon wieder höchste Zeit, für den nächsten Südfahrer nach Avramovo aufzubrechen. Eine andere Option, als die ganze Strecke bis Avramovo nun noch einmal leer hochzufahren, gibt der Fahrplan beim heutigen Tagesprogramm nicht so recht her.

Am Bahnhof Avramovo fehlte mir noch die Ansicht vom Hang unterhalb des eigentlichen Ortes hinab auf den Bahnhof. Die verbleibenden zehn Minuten nutze ich also, um im restlichen Schneematsch den Hang zu erklimmen. Kaum hatte ich eine geeignete Position oberhalb der Stromleitung gefunden, kam auch schon der Mesta in den Bahnhof eingefahren. Leider verpasste der die Sonne um Sekunden. Dieses Bild sollte sich auf der zweiten Südfahrerbegleitung des Tages fortsetzten. Zwar war es meist nicht so knapp wie in Avramovo, aber großflächig blau hatte es durchaus immer wieder am Himmel, nur eben nie dort wo der Zug gerade war. So variierte ich die Motive etwas für Ansichten, die ohnehin nie optimal im Licht oder schon im Bergschatten gewesen wären, etwa in Cherna Mesta vom Hang aus. Weitere Male erwarteten wir den Zug in Yakoruda vor der Kreuzung des Rodopi, bei der Ausfahrt Yakoruda am Friedhof, in Yurukovo, vor Razlog von bekannter Straßenbrücke und bei der Ausfahrt in Razlog am Einfahrtssignal. Waren jetzt ohne Sonne nicht die Hammerbilder, aber ich konnte einige noch fehlende Ansichten umsetzen und für den Mitreisenden war ohnehin noch alles neu.


Der Mesta, gezogen von 75008, fährt Richtung Dobrinishte in den Bahnhof von Avramovo ein.


In Cherna Mesta teilten wir uns auf, da ich die Moschee schon 2019 bei Sonnenschein umgesetzt hatte. Aus der Hangperspektive vor dem Bahnhof hätte der Zug ohnehin kein Seitenlicht gehabt, sodass die fehlende Sonne kein Problem war.


Yakoruda ist seit vielen Jahren fixer Kreuzungspunkt südlich des Passes. 75009 fährt in den Bahnhof ein und wird schon vom Stationsvorsteher erwartet, während der entgegenkommende Rodopi noch auf sich warten lässt.


Dank der Kreuzung bleibt genügend Zeit, sich kurz hinter der Ausfahrt für das Friedhofsmotiv zu stellen. Normalerweise wäre hier jetzt Sonne von Innen und die Aufnahme von der Straße aus quer über den Friedhof die erste Wahl. So aber lässt sich von außen mit Blick über den Ort gut fotografieren. Ein Motiv, dass der Fahrplan ohnehin kaum je bei Sonne zulassen dürfte, denn der folgende Rila kommt hier erst in knapp vier Stunden um kurz vor acht durch, wenn es mindestens die meiste Zeit des Jahres schon schattig sein dürfte.


Am Haltepunkt Yurukovo fehlten derweil in der Theorie schon Anfang Februar nur noch wenige Tage für perfektes Nachmittagslicht auf dem Zug. In der ersten Februarwoche wären bei Sonne allerdings nurmehr die Dächer des Bahnhofsgebäudes im Licht gewesen, sodass die Wolken beim Blick über den Zug auf Yurukovo eher Segen als Fluch waren.


Wir hatten uns in Yurukovo erneut aufgeteilt. Alternativ bietet sich einige hundert Meter weiter vorn die recht bekannte Felsdurchfahrt an, in die ganz tief hinein wohl sogar noch die Sonne geschienen hätte.


Auch an der Straßenbrücke vor Razlog war die Sonne hinter Wolken, die tolle Wolken- und Lichtstimmung war uns dennoch eine Aufnahme wert.


Die letzte Aufnahme dieser Fahrt entstand dann bei der Ausfahrt aus Razlog am Einfahrtssignal für die Gegenrichtung vor der Kulisse des Rila-Gebirges. Ab hier verschwindet die Strecke im abendlichen Schatten der fast 3000 Meter hohen Bergkette des Pirin-Gebirges, welcher Bansko seine Bedeutung als internationaler Wintersportort verdankt.

Das war es dann vorerst gewesen. Wir verschoben uns für eine kleine Pause auf das Hotelzimmer, denn Zeit zum Abendessen war noch nicht so richtig. Für die Rückfahrt des Mesta Richtung Septemvri wollte ich dann vor dem Abendessen noch was zur blauen Stunde im Bahnhof von Bankso versuchen. Die Beleuchtungssituation stellte sich allerdings als suboptimal heraus und der schon den ganzen Tag durch die Ebene pfeifende Wind war nun so stark geworden, dass an das Stellen des Statives nicht zu denken war. Erst dachte ich, die Aufnahmen wären vollends danebengegangen, aber beim heimischen Spielen an den Reglern ließ sich doch noch was ganz Ansehnliches zaubern, sodass sich der kleine frühabendliche Abstecher gelohnt hatte.


Der Mesta mit 75008 macht sich auf den Rückweg nach Septemvri und hält zur blauen Stunde im Bahnhof von Bansko.


Die Beleuchtungssituation mit Licht von außen, dem Zug auf dem äußersten Gleis und den neuen LED-Strahlern der 75er war alles andere als optimal, aber moderne Sensoren und Lightroom bewirken heutzutage regelrecht Wunder.

Das war es dann aber gewesen mit der Kamera heute. Wir parkierten das Auto wieder zurück auf die große Brachfläche unweit des Hotels, die allseits als Parkplatz genutzt wurde und schlenderten erneut auf der Suche nach Abendessen durch den Ort. Uns war nach Pizza und eine gute Pizza sollte sich in so einem Touristenort doch finden lassen. Aber zwischen den ganzen Grills, teilweise sogar mit Typen davor, die einen hineinlocken wollten, war das nicht einfach. Auch in der Lokalität, in der wir am Ende landeten, schien die Pizza nur Nebenerwerb zu sein und war irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes. So spärlich belegt wie eine italienische Pizza, aber ohne italienischen Teig, Tomatensoße und Mozzarella. Bei einem trockenen “Dönermann-Teig” dann bitte auch ordentlich was nahrhaft saftiges draufschmeißen 😉 Dafür hatten auch die von uns bestellten bzw. abbestellten Additive wenig mit dem zu tun, was am Ende tatsächlich auf der Pizza landete. Egal, wir waren satt und von schlecht war es auch noch ein gutes Stück entfernt.

Morgen wollten wir dann mal zu neuen Jagdgründen im Norden des Passes aufbrechen. Ich tüftelte im Hotel noch einen Schlachtplan zurecht. Sinnvollerweise müssten wir wohl vor dem Frühstück hier aufbrechen, um den Rila bis Velngrad-yug einzuholen und eventuell noch ein Motiv Richtung Tvetino zu erreichen. Frühstück also unterwegs an der Tanke bei Belitsa. Mal schauen, was dann im Februar so möglich ist drüben.

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