Moin zusammen,
aufgrund des verregneten Sonntags gibt’s jetzt schneller als erwartet schon den nächsten Teil:
Heute brechen wir zur einzigen Zahnradbahn Großbritanniens und zum höchsten Berg von Wales auf. Vorher noch die Links zu den bisherigen Teilen:
Alle Teile dieser Reihe findet ihr hier: Reiseberichte 2017
Vorweg vielleicht eine kleine Warnung: Dieser Teil enthält dann doch eine recht große Menge an Bildern, dafür liegt die Sonnenqoute diesmal aber bei annähernd 100% und nicht umgekehrt wie im letzten Teil 😉
Am Abend des 12.07. zeigte der BBC-Wetterbericht für Snowdonia nur große Sonnen und fast schon sommerliche Temperaturen, kurz gesagt Bergwetter! Und so ging es kurzerhand schon am dritten Tag unserer zwei Wochen in Harlech zu einem aus meiner Sicht echten Highlight, der Snowdon Mountain Railway. Wer weiß schon ob und wann man nochmal so ein Wetterchen bekommt…
Um halb acht wurde dann für Urlaub schon unerhört früh in Harlech losgefahren, aber die Snowdon Mountain Railway beginnt schon um 9 Uhr rum den Betrieb. Nach einer herrlichen Fahrt durch die Highlands des Snowdonia National Park erreichten wir die Talstation der Zahnradbahn. Diese liegt im Örtchen Llanberis zwischen den Seen Llyn Padam und Llyn Peris in Sichtweite eines riesiegen (Schiefer?)Steinbruchs.
Einfach herrlich ist die Landschaft, die während der Fahrt zum Fuße des Snowdons an einem vorbeizieht
Stolzes Wappen an der Talstation der SMR
Eigentlich müsste der Titel dieses Brichts eher “Bähnchen versus Schaf am Snowdon” lauten, denn die winzigen Loks mit dem jeweils nur einen Vorstellwagen sind schon etwas lächerlich. Diese gigantischen Einheiten klärten dann auch schnell unseren Plan für den Tag: Ursprünglich war angedacht runter vielleicht den Zug zu nehmen, denn diese Bergabgelaufe ist irgendwie kein großer Spaß für die Knie. Ein Blick in die Talstation zerschlug den Plan jedoch gleich zu Anfang, denn noch vor der Abfahrt des ersten Zuges waren praktisch schon keine Plätze für einen Zug nach unten zu einer halbwegs passablen Zeit am Nachmittag mehr zu bekommen. Also musste der Körper doch geschunden und der Weg zweimal bewältigt werden. Gut, eigentlich war es garnicht so dramatisch, denn der ganze Berg ist ja nur 1085m hoch und die Bahn überwindet nur knapp 1000 Höhenmeter. Für Briten hoch, Mitteleuropäer haben dafür dann doch eher nur ein müdes Lächeln übrig – selbst der heimatnahe Brocken ist höher 😀
Aber zurück zum Wagenpark: Die wie im Bild ersichtlich seit 1896 betriebene, 7,6km lange Strecke, wurde ursprünglich mit fünf Dampflokomotiven von SLM betrieben. Die erste Lok wurde jedoch bereits am ersten Betriebstag bei einem Unfall zerstört. Ab 1922 wurden die verbliebenen vier Maschinen dann von weiteren vier baugleichen Dampfern unterstützt. Erst in den 80er Jahren erhielten die alten Dampfrösser Unterstützung von vier Hunslet Dieselloks. In den 90ern wurden zusätzlich drei Triebwagen beschafft, welche jedoch schnell wieder ausschieden und inzwischen verschrottet wurden. So kommen auch heute noch im Sommer täglich meist zwei der alten Dampfloks zum Einsatz.
Nach einem kurzen Blick zum Schuppen machten wir uns auf den Weg den Berg hinauf, auf der Suche nach einem Motiv für den ersten Zug des Tages. Die erste Stelle für den Dieselzug war dann aber noch nicht der Brüller, dafür fanden wir für den folgenden Dampfzug eine schöne Stelle mit kleiner Brücke. Hierfür muss man vom ausgeschilderten Wanderweg abzweigen und einer Schotterpiste folgen, über die man dann von unten an den ersten Kreuzungspunkt gelangt, anstatt auf dem Wanderweg weit oberhalb entlang zu laufen.
Ein kurzer Blick zum Schuppen war an der Talstation noch drin
Diese gigantische Brücke dürfte schon das größte Bauwerk der Strecke sein
Lok Nummer 5 hat den Sprung über die Brücke geschafft
Wir liefen anschließend die Schotterpiste weiter, bis ein Schild einen “puplic footpath” auswies, welcher dann die knapp 100m zur Kreuzungsstation führte. Ein Weg war indes nicht zu erkennen. Es ging wie so oft einfach durch die Schafwiese. Da auch die Schotterpiste selbst schon innerhalb eines Schafreviers lag, brauchten wir nicht mal durch ein Drehkreuz.
Eigentlich spekulierten wir darauf, das der dritte Bergfahrer hier jetzt mal den Personal-/Güterzug vom Gipfel kreuzen müsste, welcher morgens früh auf den Berg fährt. Und so kam dann auch der Yeti vom Berg runter gefahren und wartete rund 10min auf den nächsten Bergfahrer. Der Vorstellwagen war vermutlich ein alter Personenwagen, welcher vor den 2013 gelieferten neuen Vorstellwagen mit den Dieselloks zum Einsatz kam.
Wir stellten uns an die talseitige Ausfahrt des Kreuzungspunktes und warteten auf die Ankunft des nächsten Dieselzuges mit Schublok 9 “Ninian”. An der Einfahrt kreuzt auch besagter public footpath, welcher ja von der Schotterpiste wieder zum Wanderweg hochführt. Zum Kreuzen der Bahn, welche im unteren Bereich noch aus den Schafweide ausgesperrt ist, kamen hier zwei Zaunquerungensmodelle aus der Vorzeit des Drehkreuzes zum Einsatz.
Der Yeti (Lok 10) wartet mit seinem Güter-/Personalzug untersten der drei Kreuzungspunkt
Ninian (Lok 9) erreicht den Kreuzungspunkt
Anschließend kann die Güterfuhre gen Tal Bremsen
Jetzt musste aber erstmal Strecke gemacht werden. Schließlich wollten wir ja auch irgendwann oben ankommen. Jetzt wieder auf dem normalen Wanderweg, der hier immer leicht oberhalb der Strecke verläuft, ging es weiter bergauf, bis sich von unten langsam der zweite Dampfzug bemerkbar machte. Das Licht war leider schon ziemlich in der Gleisachse, aber wir nahmen den Dampfzug einfach mal vom Wanderweg aus. Lok 2 kam mit dem gelben Vorstellwagen.
Der zweite Dampfzug kam mit gelbem Vorstellwagen den Berg hinauf
Nachdem der Dampfzug durch war, kreuzte er ein paar Ecken weiter in der nächsten Ausweiche den ersten planmäßigen Talfahrer des Tages. Von etwas oberhalb des Weges gesehen wurde deutlich, wie lächerlich klein diese Bücksen sind im Verhältnis zu den Massen, die den Wanderweg hinauf laufen. An den wahrscheinlich wenigen Tagen mit so schönem Wetter, ist die Bahn dem Ansturm leider bei Weitem nicht gewachsen…
Der erste Talfahrer des Tages neben dem gut benutzten Wanderweg
Ein paar Ecken weiter kreuzt die Strecke über eine kleine Brücke den Wanderweg. Kurz darauf folgt die zweite Kreuzungsstation. Schon zum zweiten Mal konnten wir hier eine äußerst amüsante Begegnung zwischen Bahn und Tier beobachten und diesmal auch mit perfektem Blick auf die Szene: Irgendwo hinter der ersten Ausweiche verlässt die Bahn ihre Umzäunung und dringt in das “Revier” der Schafe ein. Und diese geben ihr Territorium keineswegs freiwillig auf, sondern begeben sich immer kurz vor einer Zugdurchfahrt auf die Gleise um dort zu verweilen. Der Zug hält also an und fängt wild an zu pfeifen und zu hupen. Die Schafe lässt das allerdings völlig kalt, sodass dem Zug letztendlich meist nichts anderes übrig bleibt, als ganz langsam vor zu rollen und die Schafe quasi von der Strecke zu schubsen. Jedes mal aufs Neue war es ein Spaß diesen Duellen zuzusehen. Schlussendlich ließen die Schafe dann doch jeden Zug irgendwann passieren, aber wer hier das Sagen hat, darüber ließen sie keinen Zweifel 😉
Ein uralter Kampf um das Wegerecht tobt zwischen den Schafen und der Bahn. Schlussendlich darf Lok 11 passieren
Oberhalb der zweiten Ausweiche begegnet uns Lok 5 auf Talfahrt. Dabei geht es nicht weniger laut zu als bergauf, will die Fuhre doch irgendwie gebremst werden…
Die Wege der Bahn und des Wanderweges trennen sich zwischen der zweiten und dritten Ausweiche für eine ganze Weile. Es stört aber auch niemanden, wenn man inoffiziell einfach neben der Bahn auf der Wiese entlang läuft. Hoch nahmen wir aber den Wanderweg und er hat es in diesem Abschnitt wirklich in sich, verläuft er doch eine ganze Weile recht flach, um anschließend etwa 500m praktisch senkrecht hinauf zu führen – gefühlt jedenfalls 😉
Nach diesem Steilstück trifft man an der dritten und letzten Ausweiche wieder auf die Bahn, die hier auf einem kleinen Plateau über der Landschaft trohnt. Diese Ausweiche ist tatsächlich noch besetzt. Der Weichensteller sitzt in der Steinhütte und stellt alle halbe Stunde per Drahtzug(!) zwei Weichen – echt ein aufregender Job 😀
Lok 10 hat die dritte Ausweiche erreicht und wartet auf den Talfahrer
Dieser kommt wenig später in Gestalt von Lok 2 und stürzt sich zu Tal
Blick von der Ausweiche in die beeindruckende Landschaft
Was jetzt kommt ist Modellbahn vom Feinsten. Maßstab TT. Denn der Weg geht nochmal ein ganzes Stück mit brutaler Steigung bergauf, während die Bahn ihren physikalischen Grenzen entsprechend deutlich weniger ansteigt. Das Resultat ist, dass man deutlich oberhalb der Strecke steht und einen grandiosen Blick über die Landschaft mit den kleinen Modellzügen hat. Von diesem Punkt sieht man wahrscheinlich gut und gerne den halben Streckenverlauf. Wie in Ultrazeitlupe kann man teilweise bis zu vier Züge gleichzeitig den Berg hoch und runter kriechen sehen.
Diesel 12 und Dampflok 5 werden gleich in der eben gesehenen Ausweiche kreuzen
Anschließend folgte der Klassiker der Bahn kurz unterhalb der Gipfelstation mit der weiten Landschaft und dem See des Ausgangspunktes im Hintergrund. Leider war die Sonne auch hier schon zu weit rum, aber wir konnten den Berg ja nicht hochfliegen…
Dampflok 5 kurz vor der Gipfelstation
Kurz darauf war der Gipfel erreicht. Und es war rappelvoll hier hoben. Neben Touristen waren auch zahlreichen Einheimische unterwegs die das gute Wetter spontan genutzt hatten. Und die Briten kennen da ja nichts, da werden praktisch alle irgendwie den Berg hochgeschleppt, egal wie alt oder jung, ob zwei oder vier Beine, alle kommen mit. Und auch die Möwen folgen den Wanderern und den mit ihnen nie versiegenden Nahrungsgründen den Berg hinauf, sodass man hier zahlreiche Möwen in ungewohnt alpiner Landschaft beim Stehlen von Leckereien beobachten kann.
Eine Möwe überblickt ihre Jagdgründe, denen sie bis zum Gipfel gefolgt ist 😉
Wie am letzten Bild zu sehen zog jetzt doch mal vorübergehend etwas Wolkenschmodder durch. Aber jetzt wurde ohnehin erstmal der grandiose Ausblick genossen und die Vorräte bei einem Kaffee aus der Bergstation der Zahnradbahn vernichtet. Es war ja auch mittägliches Hochlicht und die Landschaft gewann durch die Schattenwürfe der Wolken noch einmal an Faszination.
Ein grandioser Ausblick eröffnet sich vom Summit. Die lockeren Wolken verleihen dem Ganzen den letzten Kick
Das gröbste Gewölk war nach einer Stunde Pause auch durchgezogen und so ging es langsam wieder hinunter. Wir hofften derweil auf Wolkenglück für einige schöne Aufnahmen im Nachmittagslicht und diesmal klappte es dann auch fast ausnahmslos mit der Sonne – so gefällt das 🙂
Die nächste Kreuzung an der oberen Ausweiche steht an. ENID wartet in der Ausweiche auf GEORGE
Schon kämpft sich ENID weiter den Berg hinauf
Diesmal wählten wir den inoffiziellen Weg über die Geröllwiesen entlang der Bahnstrecke, um auch von diesem felsigen Abschnitt noch ein paar Aufnahmen zu machen. Gerade als der Zug kam, zog eine Dicke Wolke durch. Doch unser Glück sollte sich fortsetzen, denn genau an unserem Motiv hielt der Zug an, damit der Fahrer den Fahrgästen die umliegende Landschaft erläutern konnte, denn oberhalb des großen Felshügels hinter dem Zug eröffnet sich erstmals der Weite Blick in die Landschaft rechts des Zuges. Bis es weiter ging war die Wolke längst weitergezogen…
An dieser Stelle hält der Zug kurz an, damit der weite Blick nach rechts genossen werden kann, welcher sich nur hier ergibt, wo die Bahn mal nicht am Hang verläuft
In einer großen S-Kurve nähert sich die Strecke wieder dem Wanderweg an, kurz darauf wird die mittlere Ausweiche erreicht. Der Nachmittag schritt voran und wir gemächlich immer weiter hinunter.
Der Yeti auf einer weiteren Bergfahrt. Der Sonnenstand erlaubte jetzt auch Aufnahmen von der Lokseite – auch wenn die nicht sonderlich schön sind
Ganz klar wer hier das Sagen hat 😉
Die nächste Kreuzung in der mittleren Ausweiche steht an. Im Hintergrund lässt sich die Dampffahne von ENID erkennen
Das einzig Schwierige war es, irgendwie noch mal den Gipfel des Snowdons mit in Bild zu kommen. Denn der versteckt sich meist hinter einem nicht ganz so hohen, flachen Gipfel welcher unmittelbar davor steht. So auch an der Stelle wo sich Wanderweg und Bahnstrecke kreuzen. Eine Möglichkeit bestand dann aber in der untersten Ausweiche. Leider fuhr der Zug aber unerwartet durchs abzweigende Gleis, obwohl keine Bergfahrer mehr entgegen kamen. Irgendwie hatten wir uns da etwas verkalkuliert, aber so ist das halt wenn einem den ganzen Tag die Sonne auf den Kopf knallt – es gibt Schlimmeres 😉
NINAN auf seiner letzten Bergfahrt
Nein, auch abends wurde nicht im Konvoi gefahren um die Massen den Berg hinunter zu bringen. Die beiden Züge kommen sich entgegen und dazwischen liegt glücklicherweise die mittlere Ausweiche
Es täuscht optisch etwas, aber der Gipfel des Snowdons ist die felsige Spitze neben der flachen grünen Kuppe. HUNSLET erreicht die unterste Kreuzungsstation
Jetzt war wirklich alles im Kasten was wir uns noch vorgenommen hatten für den Abstieg. Was für ein herrlicher Tag. Etwas fertig und leicht sonnenverbrannt (und das in Wales!!!) ging es die letzten Meter nach Llanberis hinunter, bevor die Rückfahrt über die jetzt von Ausflüglern gut gefüllten Straßen nach Harlech anstand.
Soviel für heute. Mal schauen wo es dann im nächsten Teil hingeht. Die Cambrian Coast Line und die Ffestiniog Raiwlay hätten wohl auch noch einen Bericht verdient…
Bis dahin danke fürs Mitlesen und die netten Kommentare und Ergänzungen zum letzten Teil.