Auf 760mm durch die Rhodopen VI: Entlang des Rila-Gebirges nach Dobrinishte

Auch hinter Yakoruda folgt die Rhodopenbahn fortwährend dem Nestostal, bis sie schließlich durch eine letzte Schlucht den Talkessel mit den Städten Razlog, Banzko und dem Endpunkt in Dobrinishte erreicht.

Zur groben Übersicht zunächst wie gewohnt die Gesamtstrecke der Rhodopenbahn im Überblick.


Von Yakoruda nach Belitsa

Hinter Yakoruda verliert die Strecke weiter kontinuierlich an Höhe, ohne dabei an den spektakulären Streckenverlauf vorheriger Abschnitte anzuschließen. Immer entlang des Nestostals wird über die Haltepunkte Yurukovo und Dagonovo schließlich der Bahnhof Belitsa auf 770 Metern Höhe erreicht. Mehrmals bieten sich auf diesem Abschnitt freie Blicke auf die Bahn, nicht weit von der Straße entfernt. Auffällig sind die kleinen Ansiedlungen von Hütten und Zeltlagern in dieser Gegend, auch Pferdefuhrwerke sind alles andere als eine Seltenheit.
Der Bahnhof von Belitsa und damit eine Streckenlänge von über 100 Kilometern, wurde im Jahr 1939 erreicht. Vier Jahre später folgte die Verlängerung über Razlog nach Bansko. Erst im Jahr 1945 und damit fast 20 Jahre nach Eröffnung des ersten Abschnittes, konnte der bis heute letzte Abschnitt der Strecke zum Endbahnhof Dobrinishte eröffnet werden.


Eine kleiner Durchlass ermöglicht unmittelbar hinter dem Haltepunkt Yurukovo, die Fahrt von Offroad-Fahrzeugen ins bergige Gelände. Gleich mehrere Fahrzeuge nutzten am 17. Mai 2019 kurz vor der Durchfahrt von 77 002-4 diese Möglichkeit, was immer diese im Gebirge zu tun gedachten…


Der Felsen seitlich des Einschnittes diente eben noch als Fotostandpunkt. Am 19. Mai 2019 schießt 77 009-9 mit ihrem Zug Richtung Dobrinishte aus den Felsen hervor.


Kurz vor Dagonovo ermöglicht ein Sandhügel abseits der Straße einen erhöhten Standpunkt für Züge Richtung Dobrinishte. Von der Straße nicht einsehbar, befindet sich links der Strecke ein unbefestigtes Zeltlager, deren Bewohner mich ebenso wie die zahlreichen Tiere aber unbeeindruckt zur Kenntnis nahmen, als ich kurz vor der Durchfahrt des Zuges am Nachmittag des 19. Mai den Hügel erklomm. Der von 75 008 geführte Zug, war der einzige während meines Besuches, welcher mit einer gemischten Wagengarnitur daherkam.


Am Mittag des 19. Mai erreicht 77 009-9 die Einfahrt in den Bahnhof von Belitsa in Richtung Dobrinishte. Links sind die schneebedeckten Gipfel des Rila-Gebirges zu sehen.


Obwohl der Bahnhof gleich neben dem Ort Kraishte gelegen ist, ist er nach dem deutlich weiter entfernten Belitsa benannt. Am 17. Mai ist 77 002-4 in Richtung Velingrad eingefahren. Der Wasserkran ist einer der letzten verbliebenen Zeugen der Dampflokära auf der Rhodopenbahn.


Von Belitsa bis nach Dobrinishte

Hinter Belitsa durchfährt die Bahn eine letzte enges Tal, in dem sie am Haltepunkt General Kovachev den Verlauf des Nestos hinter sich lässt und fortan wieder an Höhe gewinnt. Bei Guliyna Banya erreicht die Rhodopenbahn schließlich den auf rund 800 Metern gelegenen Talkessel mit den Orten Razlog, Bansko und Dobrinishte, umgeben von den schneebedeckten und bis zu 2900 Meter hohen Gipfeln des Rila-Gebirges. Der weitere Streckenverlauf ist recht unspektakulär, bietet aber bei klarer Sicht, dank der weitläufigen Landschaft, zahlreiche Motive mit den Bergen im Hintergrund.
Mit rund 13.000 Einwohnern ist Razlog eine der größten Städte entlang der Rhodopenbahn und war lange Zeit bedeutender Industriestandort. Dies erklärt auch den Schlenker der Strecke über Razlog, welches heute ebenso wie Bansko zu den wichtigsten Wintersportorten Bulgariens gehört. Zahlreiche Lifte gehen vom Stadtrand von Bankso in das Rila-Gebirge, wo in den Wintermonaten teilweise sogar Weltcups ausgetragen werden. In den Sommermonaten ist in beiden Orten derweil deutlich weniger los. Die einstige Industrie ist weitgehend stillgelegt und deren verbliebener Transport vollständig auf die Straße verlagert. Der Tourismus der “grünen” Monate steckt derweil noch in den Kinderschuhen. So wirken auch die Bahnhöfe recht verlassen, befinden sich allerdings, wie an der gesamten Strecke, weitgehend in einem beachtlich guten Zustand.

Da ich über den Haltepunkt General Kovachev hinaus leider nur an einem Nachmittag einen Zug begleiten konnte, fällt die Fotoausbeute in diesem Abschnitt etwas gering aus, zumal an diesem 19. Mai 2019 auch noch äußert diesiges Wetter vorherrschte und nicht gerade zu Streckenaufnahmen einlud.


Auch der General Kovachev wurde zum Haltepunkt degradiert und so ist das Bahnhofsgebäude am Scheideweg von Nestos und der Rhodopenbahn heute unbesetzt. Am 18. Mai 2019 legt 77 009-9 einen kurzen Halt beim General ein, um kurz darauf die Fahrt nach Dobrinishte fortzusetzten.


Eine letzte Schlucht gilt es vor erreichten des großen Talkessels zwischen dem General und Guliyna Banya zu durchqueren. Hier befindet sich auch eine der wenigen darstellbaren Brücken der Strecke, welche aus dieser erhöhten Perspektiven bei Zugdurchfahrten leider nie richtig im Licht ist. Am 17. Mai überquert 77 002-4 mit einem Zug nach Septemvri das steinerne Viadukt.


Der Blick schweift während der Wartezeit am Viadukt hinüber zu den schneebedeckten Gipfeln des Rila-Gebirges.


Eines der Hauptmotive im Talkessel ermöglicht kurz vor Razlog eine Straßenbrücke. Das Licht war während der Durchfahrt von 77 009-9 Richtung Dobrinishte am 19. Mai leider alles andere als ansprechend.


Der Bahnhof von Razlog wartet mit einem nicht eben kleinen Empfangsgebäude auf, welches die einstige Bedeutung der Stadt am Rande des Rila-Gebirges herausstellt.


An einem diesigen Tag Mitte Mai ist das Fahrgastaufkommen allerdings überschaubar und so besteht für den Stationsvorsteher während der Einfahrt von 77 009-9 Richtung Velingrad kein Grund zur Hektik.


Der Bahnhof von Bansko zeigt sich im gleichen Stil wie Razlog und wirkt von der Straßenseite ebenso verlassen. Ein belebter Bahnhofsvorplatz sieht jedenfalls anders aus…


77 009-9 erreicht am 19. Mai den Bahnhof von Bankso. Im Winter dürften nicht nur die Züge deutlich länger sein, sondern auch der Bahnsteig um einiges voller…


Wie der Name schon sagt, befindet sich der Haltepunkt Sveti Georgi direkt neben einer kleinen Kirche. Kurz vor dem Haltepunkt fährt 77 009-9 entlang üppiger Wiesen die letzten Kilometer Richtung Dobrinishte.


Rund eine Stunde später hat 77 009-9 Dobrinishte wieder verlassen und überquert einen kleinen Bahnübergang auf dem Weg hinüber nach Bansko.


Nach 125 Kilometern ist der Endbahnhof der Rhodopenbahn in Dobrinishte erreicht. Das Empfangsgebäude präsentiert sich hier in untypischer Holzoptik.


Typisch Rhodopenbahn ist dafür der von großen Bäumen beschattete Hausbahnsteig. 77 009-9 hat am 19. Mai den Endbahnhof erreicht und entlässt nach fünfstündiger Fahrt die letzten Fahrgäste.


Schon setzt die Maschine durch das hintere Gleis um und macht sich für eine weitere Fahrt auf 760mm durch die Rhodopen bereit…

Mit diesen Eindrücken endet unsere Fahrt durch die Rhodopen. Bleibt zu hoffen, dass dieser einzigartigen Schmalspurbahn noch eine lange Zukunft beschert ist und vielleicht entgegen manchen Trends, die Zugfahrten wieder etwas zunehmen. In diesem Fall, war es bestimmt nicht mein letzter Besuch bei der Rhodopenbahn!

2 thoughts on “Auf 760mm durch die Rhodopen VI: Entlang des Rila-Gebirges nach Dobrinishte”

  1. Hallo, wenn du die ganze Zeit vom Rilagebirge redest, meinst du nicht das Piringebirge? Das rilagebirge ist doch woanders. Ich bin grad zum wiederholten Male in dobrinishte und morgen fahren wir endlich mit der Schmalspurbahn… aber hier gibt es nur das Piringebirge.

    1. Hallo,
      genau genommen hast du wohl recht, dass auf einigen Aufnahmen auch das Pirin-Gebirge zu sehen ist. Die Rhodopenbahn streift auf ihrem Weg nach Dobrinishte beide Gebirge: Im Norden liegt das Rila-Gebirge, im Süden das Pirin-Gebirge. Bansko und Raslog als Wintersportorte liegen damit genau am Südrand des Rila. Da das Rila die höchsten Berge hat und die schneebedeckten Gipfel weithin sichtbar sind, habe ich damals wohl meist diese genannt beim Schreiben des Berichtes.
      Danke für den Hinweis und noch viel Spaß bei dieser tollen Bahn und eine schöne Mitfahrt!

Schreibe einen Kommentar zu Tobias Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert