CrossCountry Switzerland XI: In den Nordwesten über Leysin und Palézieux

Vom südlichsten Punkt unserer Reise geht es heute ein ganzes Stück Richtung Nordwesten für das letzte Ziel unserer Reise, den Jura. Die Fahrt nutzen wir für einen Abstecher an die Chemin de fer Aigle-Leysin und für den letzten Kistenzug aus BDe 4/4 auf der tpf.


Dienstag, 10.10.2023

Der Abstecher in den Süden sollte uns heute den zweiten und letzten “Fahrtag” auf dieser Reise bescheren, denn nun galt es für den letzten Abschnitt der Reise Richtung Nordwesten zu gelangen. Die Route würde zunächst wie vorgestern zurückgehen: Über den Simplon und durch das Rhonetal nach Aigle und später am Nachmittag unter Anschneiden des Genfersees nach Châtel-Saint-Denis an die tpf. Am Abend wollten wir dann noch weiter ins Zielgebiet für Morgen, irgendwo Richtung Westende des Lac du Neuchâtel.

Aufgrund des Gestern so erfolgreichen Tages und des erfreulichen, zusätzlichen Nachmittagseinsatzes des ABe 6/6, hatten wir beschlossen, auf eine weitere Verfolgung am heutigen Morgen zu verzichten. Motivlich wären durch die frühe Sonnenstunde wohl nur noch einige “Standardstellen” oben im Hochtal gegangen und die hatte man irgendwie langsam zur Genüge. Gefahre wäre es heute eh noch genug, sodass wir den ABe 6/6 unbeachtet ließen und nach dem Frühstück gleich Richtung Simplon aufbrachen.

Die Fahrt über den Simplon war heute weit weniger entspannt als Vorgestern am Sonntagabend. Denn auch wenn die Schweiz einen sehr beachtlichen Teil des LKW-Transits auf der Schiene abwickelt, so sind die wenigen LKW-tauglichen Routen über den Alpenhauptkamm dann doch einigermaßen belastet. Eine davon ist eben der Simplon und in Kombination mit den vielen Baustellen, war es eine äußerst zähe Angelegenheit heute morgen über den Pass. Auch wenn es nicht wirklich voll war, aber wenn man einmal hinter zwei schleichenden LKW festhängt, kommt man so schnell nicht vorbei. Die Grenze passierten wir kurz vor halb neun und da Benzin erstaunlicherweise in der Schweiz nicht teurer war, durfte auch das Auto in Zwischenbergen erstmal frühstücken. Nachdem wir wieder unten im Rhonetal waren, war der Rest der Fahrt weitgehend unspektakulär, während einige ZEIT-Artikel dudelten. Wir beehrten noch einen Coop Pronto für Kaffee und zweites Frühstück. Zwischen asiatischen Reisegruppen, die gerade den ganzen Pronto verstopften und gekonnt überall im Weg herumstanden, war die Dame an der Kasse sichtlich froh, mal wieder unkomplizierte Kunden auf Deutsch bedienen zu dürfen.

Unsere Entscheidung für den restlichen Vormittag war derweil auf Leysin gefallen. Trotz eines dreiwöchigen Urlaubes in Bex in 2016, war ich irgendwie noch nie bei Wetter dort oben gewesen. Und ich glaube ich brauche bei dieser Reise nicht mehr extra erwähnen, dass schon wieder den ganzen Morgen die Sonne vom Himmel strahlte… Jedenfalls wollte ich mir die Situation in Leysin noch einmal im alten Zustand anschauen, bevor auch dort die geplanten, großen Umbaumaßnahmen stattfinden. Die sind zwar noch etwas weiter entfernt am Horizont als etwa bei der ASD und AOMC, dafür aber umso massiver: Ein neuer Tunnel soll die Bahn ab dem heutigen Bahnhof Leysin Village in die nordöstlichen Ortsteile bringen, anstatt hinauf nach Feydey und zum Grand-Hôtel. Damit würde auch das markante lange Viadukt der Strecke in Leysin entfallen. Die Anbindung von Feydey soll über eine neue, ebenfalls unterirdische Standseilbahn erfolgen. Wie sinnvoll das Ganze ist, kann ich aufgrund mangelnder Kenntnis der Umstände vor Ort nicht beurteilen, aus fotografischer Sicht würde damit aber quasi der gesamte Abschnitt der Strecke in Leysin wegfallen, denn unterhalb Leysin-Village verläuft die Strecke bis zum Haltepunkt Pont de Drapel quasi nur im Wald.

Nach Leysin hinauf war es nach der gemütlichen Autobahnfahrt dann aber doch noch ein ordentlicher Ritt. Man unterschätzt das immer auf der Karte, dort sieht es so nah aus und auch die Bahn hat eine recht kurze Strecke, einfach steil den Berg hinauf. Die Straße führt aber zwischen zahlreichen LKWs ganz hinten rum über Le Sépey und zeichnete sich ab dort durch zahlreiche kleine Baustellen aus, die das Ganze doch sehr in die Länge zogen. Zu allem Überfluss gurkten wir dann auch noch etwas planlos durch den Ort, bis wir den richtigen Ausgangspunkt für unseren kurzen Spaziergang ans erste Motiv gefunden hatten, den Blick vom Gegenhang auf das bekannte Viadukt von Leysin. Letztlich stellten wir das Auto an einem kleinen Platz an der Bushaltestelle La Croisée ab. Richtig markiert waren die Stellplätze hier nicht, aber irgendwie hatten schon zwei andere beschlossen, dies sei ein offizieller Parkplatz. Da wollten wir nicht widersprechen, befüllten am nahen Brunnen noch die Wasserflaschen und liefen das kurze Stück auf den Hügel gegenüber des Viaduktes. Wirklich nette (und wohl unbezahlbare) Wohngegend hier, nur wenn die so weiter bauen, hat man auch bald keinen freien Blick mehr auf die Strecke. Der Zug war nun gerade durch und da der oben ewig herumsteht, dauerte es nun noch eine gute halbe Stunde. Aber es war wiedermal ein schönes Plätzchen zum Warten. Mit dem ersten Bild um 12 Uhr, war es aber eindeutig das späteste auf dieser Tour. Drei Stunden Licht hatten wir heute mit Autofahren “verloren” aber eine echte Alternative gab es angesichts unserer Fahrtroute auch nicht. Der Titel des Reiseberichtes fordert eben seinen Tribut 😀


BDeh 4/4 312 schleicht pünktlich zum Mittag über das lange Viadukt zwischen Leysin Versmot und Village Richtung Aigle hinunter. Oben rechts ist bereits das Ziel der Strecke zu sehen, das Grand Hôtel Leysin. Geht es nach derzeitigen Plänen, wird die Strecke den gesamten Ortsteil, inklusive Viadukt und Grand Hôtel in einigen Jahren nicht mehr bedienen.

Auf den nächsten Bergfahrer waren es dann keine 20 Minuten, sodass wir etwas eilten zum Bahnhof Leysin Village. Lichttechnisch gerade allerdings etwas schwierig und Zeit etwas anderes zu suchen blieb nicht mehr. Wir folgten dem Zug dann anschließend durch den Ort hinauf zum Endpunkt Leysin Grand-Hôtel und erwarteten ihn auf der anschließenden Talfahrt im Bahnhof Feydey. Einen letzten Halt gab es dann nochmals am Bahnhof Leysin-Village, bevor wir uns auch schon wieder von der AL trollten.


BDeh 4/4 313 erreicht den Bahnhof Leysin Village, hinter dem das Viadukt in die oberen Ortsteile beginnt.


Beim Verlassen des Bahnhofes gelingt noch ein etwas näherer Blick auf den Triebwagen. 1987 und 1993 erhielt die AL die drei BDeh 4/4 311 bis 313, womit die drei “Flèches” BDeh 2/4 201 – 203 von 1946 aus dem Planbetrieb ausschieden. Zum Einsatz kommen die Triebwagen im Planbetrieb immer mit den drei Steuerwagen ABt 361 bis 363, auch wenn sie auch auf der “platten” Bergseite über einen Führerstand verfügen.


Am Grand Hôtel war BDeh 4/4 313 mit den Bt 363 und 362 mühelos vor uns angekommen. Die lange Pause ermöglichte uns aber auch an dieser wie aus der Zeit gefallenen Endstation eine weitere Aufnahme des Zuges während seiner Pause. Der Endbahnhof am Grand Hôtel wird nach einem halbkreisförmigen Tunnel direkt hinter dem Bahnhof Leysin-Feydey erreicht und könnte schon bald Geschichte sein.


Der Bahnhof Feydey gibt ein durchaus untypisches Bild für die Schweiz ab. Es wirkt irgendwie alles etwas rumpelig: Die Baracken links am Hang, dass drümmlige Bahnhofscafé, das komisch improvisiert wirkende Stahldach über dem Bahnhof und dahinter der dunkle Schlund in den Tunnel hinauf zum Grand Hôtel. Hat irgendwie seinen ganz eigenen Charme 😀 BDeh 4/4 313 macht sich nach der langen Pause am Hotel zurück auf den Weg nach Aigle und verlässt den Bahnhof in den zweigleisigen Abschnitt, der von Feydey über Versmont und das Viadukt bis zum Bahnhof Leysin Village führt.


Aus Aigle kommt BDeh 4/4 311 hinauf und erreicht den Bahnhof Leysin Village. Neben den drei “modernen” BDeh 4/4 311 bis 313, stehen nach wie vor die beiden alten Garnituren mit BDeh 4/4 301 und 302 mit Bt 351 und 353 aus dem Jahr 1966 zur Verfügung. Da der gesamte Fuhrpark nicht barrierefrei ist, kommen die alten Garnituren, von denen eine noch immer im Jahrzehnte typischen braun unterwegs ist, recht freizügig zwischen den moderneren zum Einsatz. Heute schaffte es aber keine der alten Garnituren auf die Strecke.


Während ich mich wie zuvor zu sehen noch einmal am Bahnhof Village versuchte, setzte der Mitreisende die Einfahrt in den Bahnhof aus der lichttechnisch vorteilhafteren Perspektive um.

Das war es dann auch schon wieder an der AL. Wie so oft bei den Aigle-Bahnen, hatte es wiedermal nur für einen kurzen Abstecher an eine der Strecken gereicht. Aber wir hatten für den weiteren Nachmittag noch Programm: Den letzten Vevey-“Kistenzug”, wie ich die pragmatisch “designten” BDe 4/4 aus den 80er- und 90er-Jahren gern nenne. Bei vielen Bahnen, wo diese Züge lange Jahre zum Alltag gehörten und aufgrund ihres eher wenig anmutigen Äußeren immer wenig Beachtung erhielten, sind diese recht unauffällig in den letzten Jahren aus dem Betrieb ausgeschieden. So beispielsweise bei der AOMC, der LEB und der NStCM. Bei anderen Bahnen, der auf dieser Reise schon besuchten ASD, der später noch folgenden Strecke La Chaux-de-Fonds – Les Pont de Martel sind sie aktuell noch unverzichtbar, die Ablösung aber schon nahe oder zumindest am Horizont erkennbar. Eine Ausnahme bildet die tpf, wo die Veveys zwar in den letzten Jahren keine Hauptlast mehr trugen, aber am Rande doch im Verkehr auftauchten: Seit der Inbetriebnahme der ersten sechs ABe 4/12 101 bis 106 aus 2016 sind die BDe 4/4 121 bis 124 im normalen Takt verzichtbar geworden. Nur zur HVZ im Schülerverkehr, wenn die ABe 4/16 teilweise im Doppel eingesetzt werden, springt eine der alten Kompositionen ein, um einen ABe 4/16 für die Doppeltraktion freizumachen. Die BDe 4/4 kamen dabei in den vergangenen Jahren in verschiedenen Kompositionen aus zwei von der MOB übernommenen Mittelwagen und den zu den Triebwagen passenden Steuerwagen zum Einsatz. Eine der Kompositionen verbleibt dabei als Dispo in Bulle, die andere springt am Nachmittag bis in den Abend für den ins Doppel gehenden ABe 4/16 ein. Einen dieser zwei Züge konnte ich Sommer 2021 im Gleisfeld von Bulle aufnehmen, vermutlich waren damals auch Ferien, sodass keine der beiden Kompositionen zum Einsatz kam. BDe 4/4 122 war damals mit einem Mittelwagen und einem Steuerwagen als Dispozug gekuppelt. Mit der Inbetriebnahme der zweiten Serie der ABe 4/16 dürften diese HVZ- und Dispofahrten bald vorüber sein und die Veveys aus dem Fahrgastbetrieb verschwinden. Die ersten beiden neuen ABe 4/16 107 und 108 befanden sich im Oktober bereits in Bulle. Nur die Verzögerung der Inbetriebnahme gewährte den Veveys in diesem Herbst noch eine letzte Gnadenfrist. Im Dezember standen dann die ersten beiden neuen ABe 4/16 107 und 108 bereits im Planbetrieb, sodass auf den Einsatz der Veveys ab 2024 wohl vollständig verzichtet werden kann.

Dem Mitreisenden war auf Bahnforum.ch jedenfalls zu Ohren gekommen, dass am Nachmittag besagter Kurs recht zuverlässig in Gruyère in einen der Halbstundenumläufe über Bulle und Châtel-Saint-Denis nach Palézieux einschwenkt. Auch der Kurs schien fix zu sein, sodass wir für den Nachmittag zielsicher Châtel-Saint-Denis ansteuern und den “Kistenzug” erwarten konnten.

Also wieder runter ins Rhonetal und kurz unter Anschneiden des Genfersees die 50 Minuten rüber nach Châtel-Saint-Denis. Dort wurde noch der örtliche Coop konsultiert, dummerweise mit Tiefgarage, sodass ich das Rad vom Dach nehmen musste. Aber ich wollte den Nachmittag ohnehin auf zwei Rädern verbringen, sodass das auch kein zusätzlicher Umstand war. Wir verabschiedeten uns nach dem Einkauf noch in der Tiefgarage und fuhren unserer Wege. Um kein Risiko einzugehen, fuhr ich dem aus Gruyère kommenden Vevey Richtung Palézieux voraus. Schon kurz hinter dem Ort wurde ich an der Strecke hinunter nach Remaufens an einer lauschigen Wiese fündig. Es hatte jetzt je Richtung doch noch je einen Halbstundentakt vorher, sodass reichlich Zeit für das eben eingekaufte Mittagessen blieb, bevor die BDe 4/4-Komposition wie erwartet Richtung Palézieux durchkam.


BDe 4/4 222 ist mit B 207, 209 und ABt 122 in den Halbstundentakt Gruyère – Palézieux eingeschwenkt um einen ABe 4/16 freizumachen und rollt hinter Châtel-Saint-Denis zum Haltepunkt Remaufens hinab.

Für die Rückfahrt hatte ich eben schon etwas auf der Karte geschaut, denn viel Zeit bliebe nicht, eine Stelle mit dem Rad zu erreichen, bevor der Pendel aus dem nicht mehr fernen Palézieux zurückkäme. Kurz hinter Bossonnens sah es nach eine vielversprechenden Zweirichtungsstelle aus und da es bis dorthin bergab ginge, sollte es zeitlich durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Es ging sich am Ende um wenige Minuten aus und es blieb noch Zeit, zwei Jungs zu beobachten, die wie die Wilden mit Scootern den Berg hinunterjagten. Zum Glück ging die Schranke nicht runter, denn wirklich bremsen konnten die beiden ihre Gefährte nicht. Außer dem komischen Blech, dass man mit dem Fuß aufs Hinterrad drücken kann, haben diese Teile ja nicht wirklich eine Bremse. Und die entfaltet bei solchen Geschwindigkeiten nur eine bedingte Wirkung oder lässt das Hinterrad blockieren. Der Bahnübergang war mit den winzigen Rädern auch ohne geschlossene Schranke schon Herausforderung genug, die aber mit Bravour gemeistert wurde. Zum Bremsen an der nächsten Querstraße wurde dann einfach abgesprungen, die Roller flogen in hohem Bogen seitlich in die Wiese und irgendwie schafften es beide, trotz der irren Geschwindigkeit auf den Beinen zu bleiben 😀 Achja, da kommen Erinnerungen an eigene wahnwitzige Touren mit solchen Rollern hoch 😉


Die BDe 4/4-Komposition kommt aus Palézieux zurück und erreicht gleich den Bahnhof von Bossonnens.


Der große Bogen unterhalb Bossonnens bietet eine astreine Zweirichtungsstelle, sodass auch ein Nachschuss über die weite grüne Wiese Richtung Ort möglich war. Etwas Siff hatte sich zwischenzeitlich breit gemacht, konnte aber mit bisschen Photoshop einigermaßen in die Schranken gewiesen werden.

Wenn das Licht nicht komplett abschmieren sollte, müsste eigentlich auch die nächste Runde hier unten in zwei Stunden noch bei Sonne abgehen. Bis dahin radelte ich etwas zwischen Ramaufens, Bossonnens und Palézieux hin und her und legte mir schonmal zwei Motive für den BDe 4/4 zurecht.


Einen knappen Kilometer vor dem Endbahnhof rollt ABe 4/16 Richtung Palézieux hinab.


Als nächster Kurs kommt die ABe 4/16 Doppeltraktion aus 103 und 101, die der Grund für den nachmittäglichen Einsatz des BDe 4/4 ist. Nur noch wenige Meter sind es hinab in den Bahnhof von Palézieux. Unten links sind bereits die Regelspuranlagen zu sehen.


Dann ging es zurück, hinauf zum Abschnitt zwischen Remaufens und Bossonnens, wo ich die BDe 4/4-Komposition erwartete. Die Sonne tat sich nun merklich schwer, aber etwas Restlicht hatte es noch.


Für die Rückfahrt stand noch einmal die Wiese oberhalb Palézieux an der Bahnhofsausfahrt an. Da ich nun genau wusste wo ich lang musste, reichte die Zeit auch für dieses Motiv und auch die Sonne gab noch einmal alles.

Zum letzten BDe 4/4-Motiv hatte ich auch den Mitreisenden gewunken, den ich unten auf der Straße angetroffen hatte. So konnte dann auch gleich das Rad verladen werden und wir machten uns auf den Weg zum abendlichen Einkauf in Châtel-Saint-Denis. An einem der letzten Sonnenspots am Haltepunkt Remaufens legten wir noch einen Stopp ein und tatsächlich drehte die Sonne beim zweiten Versuch noch einmal voll auf zum Tagesabschluss.


ABe 4/16 103 fährt im letzten Sonnenlicht in den Haltepunkt Remaufens ein.

Diesmal fanden wir beim Coop auch den Parkplatz ohne Überdachung, sodass ich das Rad nicht gleich wieder vom Dach nehmen musste. Noch schnell das Abendessen eingekauft und dann den Weg zur Unterkunft gesucht. Diesmal hatten wir wie schon bei Bern und Zürich nur eine Nacht gebucht, denn die letzten zwei wollten wir dann oben im Jura nehmen. Für heute Nacht sollte es erstmal nur noch bis zum Lac du Neuchâtel weitergehen, denn dort stünden morgen die LEB und die YSteC auf dem Programm. Für mich nur letztere Bahn, denn zur LEB zog mich gerade eigentlich nichts. Ein bisschen mussten wir auf Booking.com schon suchen und hatten uns am Ende für ein Privatzimmer entschieden – war ja nur eine Nacht. Die Fahrt war dann einigermaßen mühsam, denn es war wiedermal ein Gewirr aus mehr oder weniger großräumigen Umleitungen. Damit scheine ich hier im Hinterland von Genfersee und Lac du Neuchâtel irgendwie immer Glück zu haben. Nachdem wir es nach einigem Gekurve und kurz vor dem Aufgeben doch gefunden hatten, irgendwo bei Moudon noch ein Stück in ein kleines Dorf, standen wir vor einem modernen Mehrfamilienhaus vor versperrter Haupttür. Der Mitreisende rief mal an, denn wir wussten auch nicht wo wir klingeln sollten. Man sprach wiedermal fließendes Französisch oder ließendes Französisch – wie ich es liebe hier in der Westschweiz. Man öffnete uns dann die Tür und begleitete uns in den Fahrstuhl der – kein Witz – direkt in die Wohnung führte. Daher wollte man uns wohl auch den Code des Fahrstuhls nicht nennen, wir bekamen aber wenigstens kurz einen Hausschlüssel um noch paar Sachen aus dem Auto zu holen. Das Zimmer war dann auch sehr privat, sozusagen einfach ein Raum der Wohnung, halb Arbeitszimmer und eines der zwei Bäder über den Gang – da wollte wohl noch ein Kredit abgezahlt werden, sodass man eines der Zimmer bei Booking einstellen musste… Vielleicht war das junge Ehepaar auch einfach nett und freute sich hin und wieder mit fremdem Besuch bei einem Glas Wein ins Gespräch zu kommen, allerdings wäre das schon arg mühsam geworden ohne sprachliche Schnittmenge, sodass wir es vorzogen, den Abend auf dem Zimmer zu bleiben. WLAN gab es für die Gäste natürlich auch nicht. Wir ließen uns ein wenig darüber aus, wie man denn mit um die 40 Jahre keinen Brocken Englisch sprechen kann. So sehr kann es doch in der Schule gar nicht an einem Vorbeigehen? Wie kann man denn als junger Mensch überhaupt in dieser Welt noch ohne Englisch leben? Gleiches fragt man sich ja auch in Frankreich gern mal, aber dort herrscht wohl auch kulturell eine gewisse Abneigung gegen Englisch und es ist auch in der Schulbildung noch nicht so lange verankert – wenn überhaupt… Aber wie kann den als junger Mensch der Horizont in einem dreisprachigen Land so begrenzt sein, dass man keine der beiden anderen Sprachen spricht, aber auch kein Englisch, mit dem man dann womöglich gar mir allen kommunizieren könnte? Es war und blieb für uns ein Rätsel und nachdem die Diskussion sich einige Male im Kreis gedreht hatte, blieben wir uns mit unserem Unverständnis einig.

Morgen würde es für mich dann ab Berches direkt mit dem Rad rüber nach Yverdon gehen und dann entlang der YSteC hinauf nach Saint-Croix. Das Wetter, muss ich es eigentlich noch erwähnen, versprach schon wieder Sonne satt!

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