Sachsen nach Pfingsten V: Rückfahrt über Gera und Naumburg

Schon ist der Kurzurlaub wieder am Ende. Heute geht es auf der Rückfahrt noch zu den Tatras nach Gera und die beiden neuen Endhaltestellen in Naumburg anschauen.


Samstag, 6. Juni 2020: Tatras in Gera und neue Endhaltestellen in Naumburg

Zunächst war für diesen Tag eigentlich noch der 2-Stunden Umweg über Görlitz und Cottbus geplant gewesen, um die Auffrischung der Betriebe an Deutschlands Ostgrenze zu vervollständigen. Die Wetterprognose gab den doch beträchtlichen Umweg dann schließlich aber nicht her, mit maximal einigen wenigen Sonnenstunden am späten Nachmittag für Cottbus. Stattdessen zog ich das Alternativprogramm mit dem mehr oder weniger direkten Weg über Gera und Naumburg vor. Übermäßig frühes Aufstehen war daher nicht angesagt und ohne Eile konnte die Ferienwohnung geräumt werden. Nach einem netten Plausch mit den Vermietern und einer freundlichen Verabschiedung ging es Richtung Gera.

Die Fahrt verlief an diesem Samstag sehr entspannt, nachdem die Autobahnen unter der Woche doch sehr voll gewesen waren.
Gegen halb zehn erreichte ich die Linie 3 im Norden der Stadt und stellte das Auto an der Haltestelle Duale Hochschule ab. Was war jetzt eigentlich der Plan hier? Tja, gute Frage. Die reinen Hochflurkurse, deren Aufnahme mir vor rund zwei Jahren nicht so richtig gelungen war, würden am heutigen Samstag gar nicht laufen. Also einfach ein paar KTNF8+KT4 entlang der Linie 3 aufnehmen und auf den ein oder anderen Sonnenspot hoffen. Die motivlich rund um Puschkinplatz, Theater und Orangerie interessanteste Strecke der Linie 1 nach Untermhaus wollte ich mir dann aber auch noch anschauen. Machen wir uns also auf die Fahrt durch Gera:


Drei Kurse der Linie 1 waren mit Tatras besetzt. Die übrigen Kurse wurden von den 2006 bis 2007 beschafften NGT8G von Alstom bedient. Die zwölf Fahrzeuge 201-212 genügen heute, um an Samstagen die Linie 1 komplett zu bedienen und auf der Linie 3 gemischt mit den KTNF8 keine reinen Hochflurkurse mehr zu benötigen. Die Linie 2 im Süden der Stadt wird am Wochenende nich bedient. Den Anfang an der Linie 3 machte unweit der Haltestelle Herderstraße NGT8G 208.


Es folgte am stadtseitigen Ende der gefühlt endlos langen Berliner Straße die Traktion aus KTNF8 350 und KT4DMC 305. Die Verkehrsführung der Straßenbahn auf eigenem Bahnkörper und die Reduzierung der Fahrspuren auf je eine Richtungsfahrbahn garantiert den Bahnen hier ein alternativlos schnelles Vorankommen. Die Integration des Radverkehres ist, wie fast in der gesamten Stadt, leider nicht vorhanden. So wird der Radverkehr den Großteil der Berliner Straße auf der Fahrbahn geführt, welche allerdings kaum breit genug ist um ein Überholen der Autos zu erlauben, sodass diese entweder eine Ewigkeit hinter den Radfahrern herschleichen müssen, oder sich viel zu dicht an ihnen vorbeizwängen. Für beide Seiten keine zufriedenstellende Situation, sodass die sicherste Variante für die Radfahrer das illegale Mitbenutzen der Straßenbahnstrecke bleibt. Leider nur ein Beispiel der missratenen Radverkehrsführung in einigen der besuchten Städte. Auch Chemnitz und Zwickau waren aus dieser Sicht eine mittelschwere Katastrophe…


Ein Supermarkt-Lieferant hatte anschließend einen sehr praktischen Parkplatz zum Ausladen in der Leipziger Straße gefunden. Im 10-Minuten-Takt der Linie 3 kommt dann ja doch häufiger mal eine Bahn… Der Straßenbahnfahrer ließ sich aber an diesem Samstagmorgen nicht aus der Ruhe bringen und wartete geduldig, bis der Lieferwagenfahrer unter entschuldigendem Winken noch schnell ein paar Kisten in den Laderaum warf und seinen White-Van anschließend auf die andere Straßenseite verräumte.


Schon können KTNF8 349 und KT4DMC 304 ihren Weg durch die Leipziger Straße nach Bieblach fortsetzten.


Das Wetter war dann allerdings doch nicht so richtig motivierend. So vertrieb ich mir die Zeit ein wenig an der Linie 1 rund um Theater und Orangerie. Mit NGT8G kam an der Orangerie (Haltestelle Otto Dix) einer der wenigen fast werbefreien Niederflurer vorbei.


Zumindest etwaige Sonnenstände waren heute Vormittag kein motivliches Ausschlusskriterium. So konnte das Theater zunächst mit NGT8G 211 Richtung Untermhaus aufgenommen werden…


…und nach einer Aufnahme von NGT8G 205 am Friedrich-Naumann-Platz…


…in entgegengesetzte Richtung mit NGT8G 205.


Zurück an der zentralen Haltestelle Heinrichstraße kam auf der 3 gerade die Traktion aus 349 und 304 Richtung Bieblach-Ost durch.

Die Motivation erreichte nun aber doch einen gewissen Tiefpunkt. Neben einem aufkommenden Hunger hatte dies in erster Linie mit dem trübsinnig grauen Wetter zu tun. Zumindest Ersterem konnte aber Abhilfe geleistet werden und in der Fußgängerzone gab es zunächst mal einen großen Kaffee und ein Mozzarellabaguette. Dabei wog ich die Optionen für den weiteren Tag ab: Jetzt nach Hause fahren und am Nachmittag noch das Eintracht-Spiel im TV verfolgen? Würde zeitlich nicht reichen, denn es war schon fast Mittag und das Spiel würde um 14:00 Uhr beginnen. Jetzt schon nach Naumburg weiter zu fahren wäre aber ebenso sinnlos, denn das Wetter sollte, wenn überhaupt, gegen Nachmittag besser werden und so lange wollte ich dann in Naumburg auch nicht bleiben. Also raffte ich mich doch dazu auf, noch ein paar Tatras entlang der Linie 3 aufzunehmen. Die Endlosgerade in der Wiesenstraße am südlichen Streckenast der 3 war mir von meinem letzten Besuch irgendwie noch als interessant in Erinnerung geblieben, damals waren dort aber keine Aufnahmen entstanden. Das Ziel war also klar und ich verbrachte fast zwei Stunden entlang der fünf Haltestellen in der Wiesenstraße, die sich mit zwei einspurigen Baustelleninseln derzeit im Großumbau befindet. Höchste Zeit also, den alten Zustand noch einmal festzuhalten und sogar die Sonne blitzte in der zweiten Stunde zu meiner Überraschung stets mit Erscheinen einer Tatra zwischen den Wolken hindurch. Die Wartezeit zwischen den drei Tatrakursen konnte sich, in der durch die Baustellen von Autos praktisch unbefahrenen Straße, wunderbar gemütlich mit Lesen einiger Zeit-Artikel und Neuigkeiten bei DSO vertrieben werden.


KTNF8 348 und KT4D 303 haben den nördlichen eingleisigen Bauabschnitt durchfahren und erreichen die Haltestelle Oststraße.


Schon nach kurzer Zeit kommt der Zug von der Endschleife Lusan zurück und konnte südlich des zweiten Bauabschnittes unweit der Haltestelle Schenkendorfstraße aufgenommen werden. Ein parallellaufender Passant verschob sich dankenswerter Weise ganz an den Rand des Fußweges.


Zwei Tatrakurse folgten direkt aufeinander, sodass schon zehn Minuten später das Doppel aus KTNF8 349 und KT4DMC 304 erschien. Sechs in den 90ern modernisierte KT4DMC wurden von 1998 bis 2001 mit einem Niederflurmittelteil ausgerüstet. Entgegen vieler bei MGB mit Einzelraddrehgestellen ausgerüsteter Fahrzeuge, erhielten die sechs Fahrzeuge 348 bis 353 in Gera Mittelteile mit zwei Laufdrehgestellen und dadurch deutlich besseren Laufeigenschaften.


Ein erstes Mal schlug die Sonne dann bei KTNF8 350 und KT4D 305 unweit der Haltestelle Schenkendorfstraße in Richtung Lusan zu.


Drei Kurse später war an gleicher Stelle erneut eine Tatra an der Reihe, die Sonne war weit genug herum und schlug bei KTNF8 348 und KT4DMC 303 erneut zu.


Zwischen den beiden Baustellen kam mir an der Haltestelle Oststraße noch das Doppel aus 349 und 304 entgegen. Von den Ende der 90er Anfang der 2000er modernisierten KT4DMC befinden sich heute noch 22 Fahrzeuge in Gera, die von Montag bis Freitag auch als hochflurige Doppeltraktionen eingesetzt werden.


Zum Abschluss stand dann noch die Brücke über die Weiße Elster auf dem Programm. Zunächst vom östlichen Ufer mit NGT8G 207


Und als letzte Aufnahme in Gera mit den Tatras 350 und 305 vom westlichen Ufer.

Ohne weiteren Fotohalt ging es nun zurück zum Auto im Norden der Stadt. Bei Naumburg verließ ich die Autobahn und fuhr über die B180 in die Domstadt. Am Depot stellte ich sogleich mit Freude fest, dass der Lindner-Wagen vor dem Schuppen wunderbar in der Sonne geparkt war. Eine kleine Enttäuschung war dann der Einsatz des LOWA-Wagen 29, welcher bereits bei meinem letzten Kurzbesuch 2014 lief. Viel wichtiger war allerdings, dass ich Naumburg genau in einem blauen Wolkenloch erreichte und so beide mir noch unbekannten neuen Endhaltestellen bei Sonne ablichten konnte.


Schon für den wunderbar in der Sonne vor dem Depot geparkten Lindner 17 von 1928 hatte sich der Umweg über Naumburg nach wenigen Minuten gelohnt. 1977 wurde das Fahrzeug aus Halle übernommen und nach einigen Jahren als Arbeitswagen verwendet. So überdauerte der Wagen die Zeit bis in die 90er und konnte schließlich bis 2016 aufgearbeitet werden.


Wenig später kam am Depot auch schon der LOWA-Wagen 29 angeschaukelt. Der 1955 gebaute ET54 der VEB Gotha konnte 2004 als Arbeitswagen aus Halle übernommen werden. Bis 2010 wurde das Fahrzeug schließlich in Gera für den Liniendienst in Naumburg restauriert. Zehn Jahre später laufen die Fristen des 29 nun aus, sodass der Wagen Ende Juni 2020 letztmals zum Einsatz kam und vorerst zurückgestellt wird.


Hinter dem Depot verlässt LOWA 29 die Haltestelle Poststraße. Im Halbstundentakt pendelt das Fahrzeug zwischen den Endpunkten Salztor und Hauptbahnhof.


Problemlos konnte ich den Wagen mit dem Rad überholen und am Hauptbahnhof erneut aufnehmen. Hier wurde die Strecke 2018 um wenige Meter auf den Bahnhofsvorplatz verlängert.


Quer durch die Stadt lässt sich der Halbkreis der ehemaligen Ringbahn deutlich abkürzen, sodass ich einige Minuten vor dem LOWA-Wagen die Endhaltestelle Salztor erreichte. Ende 2017 wurde die rund 400 Meter lange Verlängerung zum Salztor eröffnet.


Zum Abschluss ging es noch eine Runde über den Marktplatz. Dort finden sich bis heute Reste der ehemaligen Straßenbahnstrecke. Bedrohlich dunkle Wolken veranlassten mich aber recht bald zum Aufbruch.

Für den Rückweg wählte ich nun die deutlich kürzere Strecke über die B180 bis Aschersleben und über die A36 am Harzrand entlang, schließlich nach Norden bis Braunschweig.
So waren auch diese sechs Tage wieder vorüber. Nach dem schönen Wetter der ersten drei Tage, reichte auch das wechselhafte Wetter der zweiten Hälfte für das ausgewählte Programm vollkommen aus. Zum Radfahren war die kühleren Temperaturen sogar deutlich angenehmer.

Fast zeitgleich mit der Heimkehr öffneten sich nach und nach bis Mitte Juni mehr oder weniger alle Grenzen rund um Deutschland auch wieder für den Tourismus. So dürften dann demnächst auch wieder etwas weitere Fahrten möglich sein, wobei diese kleine Tour eigentlich wunderbar gezeigt hat, dass man gar nicht immer so weit fahren muss, um jede Menge interessante Betriebe zu erreichen…

In diesem Sinne bis zur nächsten Tour!