Frostiger Kurztrip an die Harzquer- und Selketalbahn

Der erste kleine Ausflug des neuen Jahres führte wie so oft in den Harz. Am 10. Januar lockte herrlichstes Winterwetter bei frostigen Temperaturen an die Harzquer- und Selketalbahn.


Nach gefühlten zwei Monaten ohne einen richtigen Sonnentag, ewigem Regen und Nebenl und dem daraus folgenden Hochwasser, öffneten sich die Wolken in der zweiten Januarwoche endlich mal wieder großzügig und über mehrere Tage. Vom 8. bis 10. Januar war über weiten Teilen der nördlichen Landeshälfte Kaiserwetter angesagt. Da passte es gut, dass ich mir spontan für Mittwoch den 10. Januar freinehmen konnte. Mangels wirklicher Ideen, was mit einem noch derart kurzen Tag so spontan angestellt werden sollte, fiel die Wahl des Ziels wie so oft zu Beginn des Jahres auf den Harz um dort in frostiger Winterlandschaft ein wenig Sonne zu tanken. Am Vormittag wollte ich einige weitere neue Stellen an der Harzquerbahn zwischen Sophienhof und Benneckenstein umsetzen. Für den weiteren Tag gab es den vagen Plan, vielleicht zum Sonnenuntergang auf den Brocken zu laufen, den ich schlussendlich aber verwarf und stattdessen noch ins Selketal hinüberfuhr.

Etwas Bedenken machten noch die Bauernproteste, aber letztlich schienen die an diesem Mittwoch weitgehend eine Pause in der Region eingelegt zu haben, sodass ich ohne Probleme über die A36 und das Torfhaus in den Südharz gelangte. Das Auto stellte ich von der B4 kommend kurz vor Sophienhof ab und lief dick eingepackt und mit etwas Verpflegung im Rucksack zur Kehre der Harzquerbahn hinter dem Haltepunkt Sophienhof hinab. Direkt an der Kehre war die Sonne für den ersten Zug des Tages – 8902 von Nordhausen nach Drei Annen Hohne – noch nicht zur Stelle. Etwas weiter Richtung Haltepunkt drehte die Strecke aber passend ins Licht und der unlängst um seine FAUST-Werbung erleichterte Halberstädter 187 016-1 kam im feinsten Morgenlicht durch.
Da sich an den Satellitenbildern aufgrund der volatilen Waldsituation derzeit auf Standpunktsuche nicht wirklich orientieren lässt, hinterlege ich mal die Aufnahmeorte bei OSM. Ein Klick auf die jeweilige Aufnahme führt zur Karte.


Obwohl auch in 2024 wieder FAUST auf dem Brocken angekündigt ist, wurde die Werbung vom Halberstädter 187 016-1 bereits im November 2023, also nach nur einem knappen Jahr, im Zuge von HU-Nachbesserungsarbeiten wieder entfernt. Bei den nur zwei Besuchen, bei denen mir der Werbe-Triebwagen 2023 vor die Linse fuhr, empfand ich es immer als netten Farbtupfer in den Triebwagenleistungen, gerade auch deshalb, weil seit über einem Jahr ausschließlich Halberstädter unterwegs sind.

Für den in Benneckenstein kreuzenden 8901 Richtung Nordhausen ging es wieder zurück zur Kehre, wo ich aber starke Zweifel daran hatte, dass hier in einer knappen halben Stunde die Sonne reinscheinen würde. Also Planänderung: Das kleine Flusstal gekreuzt und weiter Richtung Benneckenstein gelaufen, wo schon vor zwei Jahren viel freigeschlagen war und nun wahrscheinlich noch mehr gehen würde. Tatsächlich war die Strecke dann ab dem nächsten Bahnübergang fast bis Benneckenstein freigelegt, nur unterbrochen von wenigen letzten Baumgruppen. Für den Triebwagen ergab sich ein schöner Teleblick mit einigen letzten Bäumen und dem Wurmberg im Hintergrund. Früher gab es kaum bis gar keine Möglichkeiten, Wurmberg und/oder Brocken irgendwo mit der Schmalspurbahn ins Bild zu bekommen, inzwischen bieten sich entlang der Harzquerbahn von Sophienhof bis Drei Annen Hohne gleich zahlreiche Möglichkeiten.


187 018-7 zwischen Benneckenstein und Sophienhof Richtung Nordhausen. Aufgrund des akuten Triebwagenmangels durch die zeitgleichen HUs an den Fischstäbchen und der nun bald zehn Jahre währenden Aufarbeitung des 187 012, wird dieser Kurs ab Ilfeld im SEV gefahren und der Triebwagen fährt zurück Richtung Eisfelder Talmühle.

Für den ersten Dampfzug des Tages spekulierte ich dann auf eine Möglichkeit noch weiter Richtung Benneckenstein, wo die Strecke um einen Höhenzug herum ordentlich ins Drehen kommt. So viel wie hier freigeholzt ist, müsste dort doch irgendwas gehen. Von einem Hochsitz auf besagtem Höhenzug, konnte man die Strecke dann sogar in alle Richtungen und im weiteren Verlauf nach Benneckenstein einsehen – Fernblicke, die früher abseits des Brockengipfels und vielleicht noch der Hochebene bei Stiege undenkbar gewesen wären an der Harzer Schmalspurbahn. Und noch immer hallten von hier und dort die Klänge von Motorsägen durch die Landschaft, vermischt mit Gewehrschüssen und den Arbeiten an einem Brückengeländer an der nahegelegenen Forstbrücke über die Bahnstrecke.


Bizarre Eisformen waren dank der nachts zweistelligen Minusgrade und der nur hauchdünne Schneedecke überall in der Landschaft entlang meiner Wanderung zu sehen. Hier die Draufsicht auf eine der nach den wochenlangen Regenfällen schockgefrosteten großen Pfützen.


Von einem Hochsitz auf einem kleinen Höhenzug hat man fast eine Rundumsicht auf die aus Sophienhof kommende Strecke und den weiteren Verlauf nach Benneckenstein, welches hier mit samt der kurvigen Bahnstrecke am Horizont zu erkennen ist. Hier der Blick Richtung Westen. Eine wirklich passende Zugleistung gibt es für diesen prädestinierten Teleblick leider nicht.


Nach einer längeren Wartepause mit zweitem Frühstück fällt der Blick auf den aus Nordhausen Tender voraus heranstampfenden Dampfzug. Schon eine halbe Stunde zuvor war die Pfeife bei der Anfahrt auf Eisfelder Talmühle immer wieder zu hören. Die Anfahrt in Sophienhof, obwohl immer noch fast zehn Fahrtminuten entfernt, war dann zu vernehmen, als wäre der Zug nur wenige hundert Meter entfernt. Einfach herrlich die Akustik hier.


99 7237-3 fährt einmal um mich herum, gerät dabei kurzzeitig aus dem Sichtfeld und geht gleichzeitig in leichtes Gefälle Richtung Benneckenstein über. Ich bin schnell vom Hochsitz geklettert um die Position etwas zu verbessern für den seitlichen Blick auf den Zug mit dem Panorama aus Wurmberg und Brocken.

Hier gäbe es auf jeden Fall noch einiges zu tun. Am besten wäre dafür natürlich ein später Winter, wenn das garstige Dornengestrüpp noch nicht erwacht ist, aber am Nachmittag die 8929 und 8906 noch Licht bekommen. Für heute sollte es das vorerst gewesen sein, einige neue Marker hatten aber ihren Weg auf die Karte gefunden. Stattdessen lief ich die Dreiviertelstunde zurück zum Auto – ich hatte mich doch unerwartet weit Richtung Benneckenstein vorgewagt – und machte mich etwas zügiger auf den Weg Richtung Sorge, um die Rückfahrt Drei Annen Hohne – Eisfelder Talmühle zwischen Elend und Sorge abzufangen. Am Ende wurde es weniger knapp als befürchtet und ich konnte abermals auf einem Hochsitz noch einige Minuten ausharren und ein wenig Nahrung zuführen.


Nicht optimal im Licht war die S-Kurve zwischen Elend und Sorge an der ich mich einfand, aber wenn sich schonmal ein Hochsitz so passend anbietet, muss man die Gelegenheit nutzen. Von unten geht bei einem späteren Besuch immer noch, wie beispielsweise auch eine besser ausgeleuchtete Stelle links hinter der Baumgruppe. Wie gewohnt hat 99 7237-3 ihren Zug in Drei Annen Hohne Richtung Brocken übergeben und kommt mit einer kürzeren Garnitur aus Wernigerode für die Pendelfahrt nach Eisfelder Talmühle zurück.


Die wenigen Motive, die einst für nur kurze Zeit am Tag tief im Forst Sonne abbekamen, sind heute nicht wiederzuerkennen. Wie ich mich in den vergangenen Jahren überzeugen konnte, grünt und blüht es im Sommer aber schon wieder mächtig auf den direkt nach der Rodung erstmal kargen Flächen – unvermeidlich natürlich auch garstiges Dornengestrüpp, das ein Vorankommen deutlich erschwert. Dazwischen aber auch immer wieder erste Pionierbäume oder kleinere Aufforstungen. Teilweise entstehen die schönsten Blühwiesen aus Weidenröschen soweit das Auge reicht. Gerade in den Wintermonaten bis in den April sieht es aber schon sehr karg aus, auch wenn ich den Forst-Monokulturen, die mit intakter Natur kaum mehr zu tun hatten als der jetzige Zustand, deutlich weniger hinterhertrauere als manch anderer.


Wenige hundert Meter hinter meinem Hochsitz, weiter Richtung Sorge, folgt die bekannte Stelle unweit der alten Kreuzung mit der Südharzeisenbahn. Ein der wenigen Stellen in diesem Abschnitt, die noch fast unverändert daherkommt. Ich muss die Aufnahmen ab 2022 aus diesem Streckenabschnitt unbedingt einmal in den entsprechenden Teil der Serie einpflegen für den direkten Vergleich…

Aufgrund des im Januar doch extrem dünnen Fahrplans am Brocken, hatte ich den Plan einer nachmittäglichen Wanderung zum Sonnenuntergang inzwischen fallengelassen. Stattdessen wollte ich noch ins Selketal hinüberfahren. Zumindest vergangene Woche schien zuverlässig die 6001 unterwegs gewesen zu sein, die einzige Dampflok, die derzeit noch etwas Abwechslung in die Traktion im Harz bringt. Über die leeren Straßen eines Mittwochmittags war die Fahrt durch den Ostharz einfach herrlich und es ging sehr gut voran, sodass ich dem nachmittäglichen Dampfzug zur Eisfelder Talmühle auf der Selketalbahn noch bis Sternhaus Haferfeld entgegenkam. Den Versuch, ein im vergangenen September umgesetztes neues Motiv kurz unterhalb des Haltepunktes aus anderer Perspektive umzusetzen, verwarf ich angesichts des schon arg niedrigen Sonnenstandes. Den Klassiker an der Sumpfwiese hinter dem BÜ wollte ich aber auch nicht wiederholen, den hatte ich schon bei bestem Winterwetter vor einigen Jahren. Als dann noch eine Einheitspfeife aus Gernrode zu vernehmen war, verfestigte sich die Entscheidung, den Zug etwas weiter hinten auf den Wiesen zu machen, anstatt 1:1 das gleiche Bild wie 2017. Hinten drohten schon die Schatten, aber eine Stelle am neuen Überwachsungssignal des BÜ passte noch. Etwas höher hätte ich stehen dürfen, aber es ging.


Winteridylle bei Sternhaus Haferfeld beim Warten auf den Dampfzug, der schon seit Minuten aus Gernrode herantönt.


99 7240-7 passiert das Überwachungssignal des vor wenigen Jahren neu technische gesicherten BÜ am Haltepunkt Sternhaus Haferfeld.


Eile besteht hier beim Verfolgen nicht, liegt doch schon in Alexisbad die nächste kleinere Pause an. Da lässt sich noch etwas die Winterlandschaft an der Lichtung bei Sternhaus Haferfeld genießen.

Es war dann wirklich noch dünner mit verbliebenen Sonnenstellen als erwartet, aber es ist eben auch erst der 10. Januar gewesen. Die Ausfahrt Alexisbad reizte nicht wirklich zum hundertsten Mal, sodass ich mich bei Restlicht am BÜ bei Rinkemühle aufstellte. Rein aus Interesse wollte ich mir anschließend noch die Kreuzung mit dem entgegenkommenden 8915 aus Hasselfelde (als 8914 aus Nordhausen) in Strassberg ansehen. Eine planmäßige Zugkreuzung hatte ich hier auch noch nicht erlebt bislang. Auf dem Bahnhofsgebäude war noch Sonne und unerwartet gab es ein wenig Restglimmen auf der Front der 99 7240-7, sodass sich das Vorbeischauen gelohnt hatte.


99 7240-7 am BÜ bei Rinkemühle auf dem Weg nach Hasselfelde.


99 7240-7 fährt für die Kreuzung mit 187 018-7 in Strassberg ein. Den Triebwagen kennen wir schon von der zweiten Aufnahme heute Morgen – der kommt auch wieder ordentlich rum heute…


Sonnenuntergang am Bahnhof von Strassberg.

Meine Rückfahrt wäre nun eh über Stiege, Hasselfelde, Blankenburg, sodass ich noch eine letzte Idee quer über die Hochebene bei Stiege versuchen wollte. Nur knapp nahm ich auf dem deutlich weiteren Straßenweg dem Zug die nötigen Sekunden ab. Glücklicherweise ist die kernsanierte Querverbindung Strassberg – Siptenfelde inzwischen wieder offen, sonst wäre das ein aussichtloses Unterfangen gewesen. Nur die Ortsdurchfahrt der K1358 in Siptenfelde hatte man großzügig vergessen, sodass das Temposchild 30 zwischen 6 und 20 Uhr nur als Realsatire gesehen werden konnte. Wie soll man hier denn bitteschön überhaupt schneller als 20 fahren im Slalom aus Schlaglöchern. Nach dem Motto, wenn man die Schlaglöcher nachts eh nicht sieht, kann man auch mit 50 durchprügeln 😀


Nachdem zwei Hochsitze heute schon für einen erhöhten Standpunkt nützliche Dienste erwiesen hatten, durfte im Streiflicht auf der Hochebene bei Stiege nun einer als bildbereicherndes Element herhalten. Eine spektakuläre Dampffahne im Gegenlicht wäre hier natürlich auch gut gekommen, aber beim Hinabrollen in den Bahnhof Stiege war damit von vornerein nicht zu rechnen.

Das war sie schon, die erste kleine Fototour des Jahres 2024. Einfach schön, nach 2 1/2 Monaten Dunkelheit und Mistwetter mal wieder raus zu kommen und die Vitamin D-Speicher ein wenig zu füllen 😉 Bis zur ersten “richtigen” Tour des Jahres sind es nun nur noch drei Wochen, sodass langsam Licht am Reise- und Fotohorizont auftaucht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert