Die Rhodopenbahn oder Hin und zurück V: Im Tal des Ablanitsa

Für den letzten Tag an der Rhodopenbahn hatten wir uns ein Entschleunigungsprogramm im Tal des Ablanitsa-Flusses rund um Ostrez und Tsvetino zusammengebastelt, wo es noch immer zahlreiche abgelegene Motive in diesem lauschigen Streckenabschnitt zu erkunden gab.


Donnerstag, 8. Februar 2024

Heute Morgen machten wir dann mal ernst mit dem Frühstück in seinem eigentlichen Wortsinn und schauten mal um kurz vor halb acht vorbei, ob es schon was zu fassen gab. Es war natürlich noch nicht alles fertig aufgebaut, aber das brauchten wir ja auch gar nicht. Wir bekamen schonmal einen Kaffee und bedienten uns an dem was da war, um nicht mit völlig leerem Magen zu starten. Dann ging es aber auch schon los, denn heute wollten wir den Rila bis Avramovo eingeholt haben, da es gestern überraschend doch so ausgesehen hatte, als könnte der dort oben schon Sonne bekommen. Wir waren also bemüht, auf der Wertungsprüfung Bansko-Avramovo einen neuen Streckenrekord aufzustellen. Alle Bemühungen helfen natürlich nichts, wenn man immer an den falschen Stellen einen Golf IV schräg auf der Straße liegend vor sich hinschwimmen hat. Ernsthaft in Gefahr war der Zug in Avramovo aber nie, dazu hatten wir zu viel Puffer. Nur komisch, dass wir den auch hinter Cherna Mesta nirgends entdecken. Gut, in den zwei Kehrschleifen kann man den hier auch leicht übersehen, aber tatsächlich fuhr er dann fast zeitgleich mit uns in den Bahnhof Avramovo ein – fast zehn Minuten zu früh. Das hatten wir auch noch nicht erlebt an der Rhodopenbahn. Zum Glück war der Rila aber an passender Stelle zum Stehen gekommen für das Bahnhofsmotiv. Auch die Sonne gab sich größte Mühe, brach dann mit voller Leistung am Ende aber doch erst Momente nach der Abfahrt durch die letzten Wolkenreste der Nacht.
Das weitere Programm des Tages war dann zumindest auf dem Papier denkbar übersichtlich: Rila und den kreuzenden Rodopi in Velingrad. Den Rest bei Tageslicht auf dieser Seite dann im Tal des Ablanitsa rund um Ostrez und Tsvetino. Genauer also den Maritsa Richtung Avramovo, den Vihren Richtung Septemvri, den Mesta Richtung Dobrinishte und zum Abschluss noch einmal den Maritsa, dann Richtung Septemvri. Zur Übersicht auch in diesem letzten Teil noch einmal Fahrplan und Streckenkarte.


Unser Programm beginnt heute mit dem Rila in Avramovo. Dann bleiben wir quasi stationär und fertigen die restlichen bei Tageslicht durchkommenden Züge in Velingrad und dem Tal des Ablanitsaflusses rund um Ostrez und Tsvetino ab.


Die Streckenkarte ist heute fast schon überflüssig. Dennoch zur Orientierung auch in diesem letzten Teil noch einmal die Übersicht. Wir bewegen uns heute zwischen Velingrad und Avramovo, wobei das Hauptaugenmerk um Ostrez und Tsvetino liegt.


Am Morgen ist es auf knapp 1300 Metern doch noch recht kühl, sodass sich der fast zehn Minuten zu früh in Avramovo angekommene Rila in Dampfwolken hüllt. Einen ganzen Trupp an Streckenläufern und Arbeitern hat der Rila auf den Bahnsteig entlassen, vielleicht nutzen einige die kurze Pause aber auch nur für eine Zigarette, um anschließend an noch entlegeneren Punkten ausgesetzt zu werden.


Die Sonne war schon über den Berggrat, leider waberte am Morgen aber noch letztes Gewölk herum, sodass es hier nur für einen Teilerfolg reichte.


Auch am Bahnhof Avramovo steht, neben dem Bahnhofsgebäude selbst, noch ein großer Streckenposten. Einst war der Bahnhof über reine Zugkreuzungen hinaus von betrieblicher Bedeutung, da das Zugpersonal den zwei Betriebsstätten Septemvri und Bansko zugeordnet war und hier die Übergabe der Züge stattfand. Die Mannschaften behielten dabei in der Regel die ihren Betriebsstätten zugeordneten Maschinen und setzten mit ihren Dampfloks entsprechend durch das Gleisdreieck vor den jeweils anderen Wagenzug. Das muss eine durchaus interessante Choreografie abgegeben haben…


Zur Abfahrtszeit brach die Sonne immer mehr durch. Heute hätte der Rila mit 75008 gern mal ein paar Minuten Verspätung haben dürfen. Die eigenen Schatten wurden aus der Aufnahme entfernt.


Momente nach der Abfahrt bricht die Sonne durch und flutet das Kleinod am Bahnhof Avramovo in schönstes Morgenlicht.


Warum hier eine Uhr des Grand Central Terminal hängt, bleibt ein Geheimnis.

Den Rila in Velingrad noch einmal abzufangen wäre nun gar kein Problem, schließlich braucht der die Achterbahn hinter Avramovo hinunter bis nach Velingrad noch einmal über eine Stunde. Mit dem Auto braucht es nicht einmal die Hälfte der Zeit, obwohl es über Yundola sogar noch einmal ein Stück weiter hinaufgeht hinter Avramovo. Wir stellten uns hinter Velingrad-yug an der Ortsdurchfahrt und beobachteten die nächtlichen Rauchschwaden beim Abziehen.


In den Nebenstraßen und den alten Ortsteilen von Velingrad geht es meist auf Kopfsteinpflaster weiter. Der rote Lada könnte hier nicht besser ins Bild passen.


Typische Beschäftigung älterer Herren in Bulgarien: In leicht vorgebeugter Haltung mit auf dem Rücken gefalteten Händen langsam durch die Orte wandeln und anlassbezogen kurz innehalten, um besondere Geschehnisse zu begutachten. Ein solches ist natürlich die Durchfahrt eines Zuges der Rhodopenbahn und so wird der Rila hinter dem Haltepunkt Velingrad-yug interessiert in Augenschein genommen.


Auch ein kleiner Gemüseacker findet auf dem Grünstreifen zwischen Straße und Schiene noch Platz, abgegrenzt durch einen nicht mehr ganz so stabilen Zaun.


Wie viele Versuche ich nun schon gebraucht habe um das eigentlich einfache Straßenmotiv – die Ausfahrt aus Velingrad – bei Sonne aufzunehmen, habe ich nicht mehr gezählt. Heute klappte es dann endlich beim x-ten Anlauf mit dem Rila und 75008, den wir nun Richtung Septemvri verabschiedeten.

Wir wechselten nun auf den in Kostandovo kreuzenden Rodopi. Die Suche zwischen Kostandovo und Velingrad gab ein nicht mal halbgares Motiv her, das ich mir an dieser Stelle spare. Die Sonne stand einfach sehr ungünstig. Einzige Möglichkeit wäre der Bahnhof Kostandovo gewesen, aber der hatte gleich am zweiten Tag schon geklappt. Hauptziel war daher erneut die Ortsdurchfahrt Velingrad, an der wir uns auf zwei verschiedene Stellen aufteilten.


Entlang einer Mischung aus Wiese, Brachfläche und Müllhalde zur einen Seite und sozialistischen Wohnbauten zur anderen Seite, verlässt die Rhodopenbahn den Bahnhof von Velingrad Richtung Velingrad-yug. Schon ein recht ungewöhnliches Ensemble für eine Eisenbahn. Die unermüdliche 75005 musste heute mal wieder vor dem Rodopi ran. War die 77109 wieder zusammengebrochen? Der Maritsa war zumindest noch nicht im Ausfall und würde schließlich schon in einer halben Stunde in Septemvri starten.


Velingrad ist landesweit bekannt als Thermalbad. Warum es nicht zur Berühmtheit als Luftkurort gereicht hat, zeigt der Blick in Richtung der komplett im Qualm der Holzöfen wabernden Hänge am Rand der Hochebene. Da hing teilweise eine richtige Glocke über dem ganzen Ort, die das Atmen schwer machte und oftmals im Zweifel ließ, ob Schleierwolken oder der Qualm für das gedämpfte Sonnenlicht verantwortlich zeichneten. Vor den Qualmhügeln die übliche Ansammlung an Bruch, nie vollendeter Erdarbeiten, Müllablagerungen und ausgeschlachteter Fahrzeuge. Nein, schön im eigentlichen Sinne ist Velingrad an vielen Stellen nicht…


Im weiteren Verlauf nach Velingrad-yug schwenkt dann die LKW-Umgehung an die Strecke, sodass das bekannte Bild mit der beidseitigen Straße entsteht. Die urige Sitzgruppe auf dem schmalen und vermüllten Grünstreifen war mir eine weitere Aufnahme unweit des Bahnhofes Velingrad-yug wert.

Nach diesem schon recht erfolgreichen Morgenprogramm wollten wir nun unsere große Erkundung im Tal des Ablanitsa starten. Im Billa holten wir noch etwas Proviant und an der Tanke einen Kaffee, dann brachen wir Richtung Ostrez und Tsvetino auf. Die Eispiste fuhr sich inzwischen ganz gut, dass Problem weiterhin: Wie kommt man auf die andere Seite des Flusses? Denn die Bahn verläuft stets am Nordhang, die Straße am Südhang. Prinzipiell ja nicht schlecht, bekommt doch die Strecke so den ganzen Tag wunderbar Sonne ab, nur muss man eben irgendwo über den Ablanitsa rüberkommen. Noch nicht weit in das Tal hineingefahren, stoppte ich hinter einer 90-Grad-Kurve in einem engen Felsabschnitt erstmal den Wagen, um eben erworbenes Schokocroissant zu essen und den Kaffee zu trinken, ehe er kalt wäre. Blick rüber zur Strecke: Tolle Felswand mit Sonne drauf und auch auf der Strecke schien Sonne zu sein, nur dass das Gestrüpp eben wieder recht dicht stand. Von Höhe Null und dieser Seite des Flusses ging also nichts, aber irgendwie juckte das jetzt. Die freudige Kaffee-Diskussion war losgetreten: Was, wenn man irgendwie an der Kurve, welche die Strecke vor der Felswand macht, irgendwie in den Hang stehen könnte? Dann müsste doch was gehen. Und selbst wenn man nicht in den Hang käme oder dort keinen Spot finden würde, müsste von der anderen Seite aus der Außenkurve raus selbst bei Höhe Null was gehen. Blieb also das Problem, dass wir noch immer nicht auf der richtigen Seite des Flusses waren. Die Schwierigkeit dabei: Die meisten Flussquerungen sind Furten und das musste bei geschätzten ein bis zwei Grad Wassertemperatur nun wirklich nicht sein. Zwischen hier und Ostrez gäbe es auf jeden Fall eine Brücke, die hatten wir von der Straße aus schon gesehen die Woche. Wäre dann eben ein Stück zurück zu laufen, aber dafür hatten wir ja Zeit heute. Aber nur zwei Kurven zurück war bei OSM ebenfalls eine Brücke verzeichnet. Also Kaffee ausgetrunken und dann schauten wir uns das mal an. Tatsächlich war im Dickicht um den Fluss eine zusammengedengelte Holzbrücke zu erkennen. Ich legte also den Mokka am Straßenrand an, bisschen Proviant zum Mittag in den Rucksack gesteckt und dann liefen wir zur Brücke. Die machte einen ausreichend vertrauenserweckenden Eindruck. Man musste eben nur aufpassen, nicht von den runden Baumstämmen abzugleiten, aber stabil war die Konstruktion an sich.


Die bei OSM verzeichnete Brücke über den Ablanitsa gibt es tatsächlich, sodass wir trockenen Fußes und ohne kilometerlange Wanderung auf die andere Seite des Flusses zur Strecke gelangten.

Von hier aus war es dann wirklich nur ein Katzensprung – also besser hätte die Brücke kaum liegen können. An unserer Fotokurve angekommen, machte gerade ein Streckenläufer unmittelbar hinter dem kurzen Tunnel der an das Motiv anschließt seine Mittagspause. Man störte sich wiedermal nicht im Geringsten an unserem Treiben, aber das die Strecke auch als Wanderweg dient ist hier nun wirklich Common Sense… Es gab sogar einen kleinen Pfad in den Hang hinein und eine Stelle, von der man freie Schussbahn hatte – also hier passte ja wirklich eins zum anderen, langsam wurde es bisschen unheimlich 😀


Wenn es nicht in den Hang hineingegangen wäre, wäre auch fast von Höhe null wie vermutet etwas kompromissbehaftetes aus der Außenkurve gegangen.

Jetzt hatten wir aber mal noch eine gute Stunde Zeit auf den Maritsa, zumindest war der aber nicht in den Ausfall gegangen und schon unterwegs. Das wäre heute sonst super ärgerlich gewesen. Es saß sich unglaublich gemütlich hier im lauschigen Tal mit Blick auf die Felsen in der warmen südlichen Februarsonne – die Jacken waren schon längst wieder gefallen. Nach kurzer Zeit hatte auch der Streckenläufer seine Raucherpause beendet und schlenderte weiter Richtung Velingrad. Ab und zu sausten Waldarbeiter oder Bewohner von Ablanitsa und Tsvetino die Straße entlang, ansonsten war nur das Rauschen des Flusses zu hören. Oft wartet man an der Rhodopenbahn aufgrund des Streckenverlaufes gerade im südlichen Abschnitt fast unmittelbar an der Straße, aber in diesem Abschnitt ist es für einmal nicht nur auf den Bildern idyllisch, sondern auch tatsächlich in real. Der Maritsa kam dann pünktlich aus Richtung Velingrad angedröhnt. Zur großen Freude hatte man uns nochmal die neue 77109 geschickt. Heute passte aber wirklich alles!


Wie schon gestern wurde der Maritsa nur aus zwei Wagen gebildet. Es scheint die normale Stärke diese Pendels Septemvri-Avramovo-Septemvri zu sein. Zur Abwechslung darf heute aber die 77109 diesen Schondienst absolvieren, anstatt den schweren Rodopi über die Gesamtstrecke zu befördern. Zwischen Velingrad und Ostrez kommt der kurze Zug hier pünktlich durch die zu Beginn felsige Schlucht des Ablanitsa-Flusses gefahren.

Nächstes Ziel war jetzt der nächste Südfahrer, der im “Vierstundentakt” dem verstärkenden Maritsa mit nur etwa zwei Stunden Abstand folgen würde. Zwischen Ostrez und Tsvetino hatte ich bei meiner virtuellen Mitfahrt am heimischen Rechner diverse Fotowiesen entdeckt und auch bei der Sichtung vom anderen Ufer von der Straße aus hatte sich das zumindest aus der Ferne bestätigt. Da wollten wir also hin! Wir kannten aber mindestens noch eine Brücke, die deutlich näher an Ostrez läge, sodass wir zunächst zum Auto zurückliefen.

Besagte Brücke liegt nur vier Kurven vor dem Haltepunkt, sodass dieser in wenigen Gehminuten zu erreichen ist. Zu den Wiesen RichtungTsvetino wäre es wahrscheinlich etwa eine halbe Stunde zu laufen, aber weiter in die Richtung konnten wir nurmehr Furten ausmachen. “Unsere” Brücke war derweil sogar von der Straße aus einfach zu erkennen, selbst auf dem Satellitenbild sieht man die durch ihre Deckplatten aus Metall sehr deutlich. Der Imker der Bienenkästenkolonie auf der anderen Flusseite hatte hier angelegt, sodass wir den Mokka einfach dazustellten und den Ablanitsa querten. An den Bienenkästen war man gemütlich am Palavern. Ein freundlicher Gruß zu den seltsamen Touristen die zur Bahnstrecke liefen und das Gespräch konnte fortgesetzt werden. Wie wir dann so die Kurven zum Haltepunkt Ostrez herumliefen begann es plötzlich in der Ferne zu dröhnen. War das noch der Maritsa, der sich die Rampe nach Avramovo hochquälte? Dafür war die Rampe eigentlich zu weit weg und die moderne Maschine zu leise. Und das Dröhnen wurde vor allem… LAUTER! Da kam ein Zug. Ein Glück, standen wir gerade an einer ganz netten Stelle um den Mitzunehmen. Eine enge Kurve, auf einer Seite Gestrüpp und Telegraphenleitung, auf der anderen Felswand und davor eine der ikonischen Streckentafeln. Typischer gehts ja fast nicht.


Auf dem Weg nach Ostrez kam uns unerwartet ein Zug entgegen. Natürlich! Das war der Vihren – den hatten wir ja mal komplett verplant. Aber das Glück ist bekanntlich mit die Dummen, sodass 75006 nicht an der schlechtesten Stelle perfekt im Licht durchkam, denn für Nordfahrer (in diesem Abschnitt also streng genommen Ostfahrer) wird das ab dem frühen Nachmittag zunehmend schwierig. Übrigens das einzige Mal, dass wir die 75006 in diesem Urlaub antrafen. Hatte man also mal wieder was anderes ins Rennen geschickt, nachdem es die letzten Tage konstant die 75005, 75008, 75009 und optional die 77109 gewesen waren.

Das bedarf jetzt aber einer kurzen Analyse. Bei einem Blick auf den Fahrplan war schnell klar, dass das der Vihren gewesen war. Viel irritierender aber die Frage, wie wir den beide so komplett vercheckt haben konnten. Ich erklärte es mir damit, dass der eine Verspätung von etwa 15 Minuten mit sich herumgeschleppt hatte. Ohne die Verspätung hätten wir es aber ohnehin in kein Motiv mehr talaufwärts geschafft und talabwärts war bis Velingrad nichts zu holen und da wollten wir auch überhaupt nicht hin jetzt. Da wir nach dem Maritsa erst mal wieder von unserem Hang herunter und zum Auto mussten, hätten wir den Vihren also im Normalfall abschreiben müssen und hatten das vermutlich deshalb auch unterbewusst getan. Der Profi hätte jetzt natürlich während der Fahrt zur zweiten Brücke die Strecke und das Live-Tracking im Blick behalten, aber manchmal braucht man halt einfach Dusel. Und das hatten wir im doppelten Sinne, denn erstens brauchte es ohnehin erst die Verspätung, damit wir es zeitlich in ein Motiv für den Vihren schaffen konnten, zweitens kam der dann trotz Ahnungslosigkeit genau an einer passenden Stelle entgegen.

Nach diesem Glückstreffer setzten wir unsere Wanderung zu den Wiesen zwischen Ostrez und Tsvetino fort und erreichten nach wenigen Minuten den Haltepunkt Ostrez. Ohne die nicht überwucherten und blanken Schienen könnte man hier denken, die Bahnstrecke sei seit Jahrzehnten eingestellt. Wäre auch ein tolles Motiv für den Vihren gewesen und gerade noch knapp im Licht. Aber ohne Verspätung von unserem Maritsa-Motiv aus auch unmöglich zu erreichen. Also gibts paar Trockenbilder.


Der Haltepunkt Ostrez macht den Anschein, als sei die Bahnstrecke schon seit Jahrzehnten eingestellt und der Haltepunkt längst aufgelassen.


Tatsächlich aber ist Ostrez noch immer ein offizieller Haltepunkt, auch wenn der angeschlagene Fahrplan mit den aktuellen Fahrzeiten nur eine geringe Schnittmenge aufweist. Es ist noch der Fahrplan mit Gültigkeit ab 01.04.2023. Der 2024er Fahrplan hat es noch nicht bis Ostrez geschafft.

Nach vielen weiteren Schwellen erreichten wir irgendwann den Beginn der offeneren Wiesenlandschaft zwischen Ostrez und Tsvetino. In einem längeren Abschnitt bieten sich hier gleich mehrere Optionen, am Vormittag optimal für Nordfahrer, am Nachmittag für Südfahrer. Mit einem schönen Stundentakt könnte man hier richtig was abreißen. So aber war es gut, dass wir wenigstens zu zweit waren und uns von den vielen Optionen für den Südfahrer zumindest auf zwei davon aufteilen konnten. Zwischen einem tollen Landschaftsblick und einem idyllischen BÜ-im-Nichts-Motiv hätte ich mich sonst wirklich nur schwer entscheiden können. Angesichts der leichten Verspätung des Vihren war nun auch der in Kostandovo kreuzende Mesta nicht ganz pünktlich zu erwarten. So kam 75008 dann mit rund 10 Minuten Verspätung durch.


Die Landschaft im mittleren Verlauf des Tals des Ablanitsa abseits jeglicher Dörfer ist wirklich Idylle pur. Keine spektakulären Berge und Felswände, einfach nur ein urgemütlicher Mix aus Hügeln, Wäldern und Wiesen. 75008 durchfährt diese Idylle mit dem Mesta Richtung Dobrinishte.


Nur gute hundert Meter weiter kreuzt eine kleine Erdpiste an einem der individuell zusammengedengelten Bahnübergänge.

Jetzt stand nur die Rückfahrt des Maritsa noch aus, der gleich in Tsvetino den Mesta kreuzen würde. Für Nordfahrer – also in diesem Streckenabschnitt eigentlich Südostfahrer – geht hier um diese Zeit aber nichts mehr mit Frontlicht. Seitenlicht hat es aber noch satt und dafür war die zur Seite ewig weite Wiese, die sich gleich an meinen BÜ von eben anschließt, genau richtig. Sogar letzte Schneereste hatte es hier noch.


Den Schlusspunkt am Ablanitsa setzt heute der Maritsa auf dem Rückweg nach Septemvri. Der kurze Zug mit 77109 passt perfekt auf die zur Seite weite Wiese mit fotogenen Scheeresten und Pfützen.


Auf der anderen Seite der Strecke grast ein Pferd auf den kargen Resten, die der Winter zurückgelassen hat. Bald kommen wieder nahrhaftere Zeiten.

Wir verfielen dann wieder in unser fast schon meditatives Schwellenlaufen auf dem Weg zurück zum Auto. Von monoton kann nicht mal die Rede sein, denn der Abstand zwischen den Schwellen ändert sich dauernd und hin und wieder gilt es nicht über eine der Spurstangen zu stolpern. Man glotzt also die ganze Zeit konzentriert auf die Schwellen vor sich und kalkuliert ständig die nächsten Schritte. Ich begann parallel mal das Rechnen. Wäre es möglich den Mesta noch einzuholen bis Razlog, um noch mal das Motiv vor dem Ort zu versuchen? Nicht, dass da jetzt noch ein “Must-have” offen wäre, aber rein die Möglichkeit, den für ein Abschiedsbild noch einzuholen, wäre ja interessant. Ich kam zu dem Schluss, bei zügiger Fahrt, bisschen Schleicherglück und der Verspätung des Mesta müsste es eigentlich zu schaffen sein. Überzeugen konnte ich damit nicht. Wette angenommen! Es war ja jetzt eh unser Heimweg und kurze Überlegungen, noch eine kleine Mitfahrt zu unternehmen, wurden auch alsbald wieder verworfen, da für mich als Fahrer mit gigantischer Mehrfahrt in die falsche Richtung verbunden, oder aber die Zugfahrt würde ausschließlich im Dunkel stattfinden. Wiedermal die Krux an diesem dünnen Fahrplan. Also doch der übliche Weg zurück nach Velingrad, entlang der Bahn die schnellere Route durch den Ort und dann auf den Pass rauf. Ein letztes Mal ging es nun die Strecke zurück, deren Kurven man inzwischen im Schlaf kannte. Zum Glück herrscht hier südwestlich von Velingrad, also dort wo wir am meisten hin und zurück fuhren, nur recht wenig Verkehr. So waren die Fahrten eigentlich durchweg super entspannt. Manchmal eben auch zu entspannt, wenn man sich wiedermal einen aus dem letzten Loch pfeifenden Sprinter oder Golf III gefangen hatte. Und jetzt war es gerade ein wenig wie verhext, denn statt im Pulk aufzutreten, hatten sich die Gemächlich-dahin-Schwimmer scheinbar abgesprochen und fuhren wie an einer nie endenden Kette aufgereiht in gleichmäßigen Abständen bis nach Razlog hintereinanderher, sodass, hatte man einen überholt, vier Kurven weiter schon der nächste vor einem war. Ich drohte meine Wette zu verlieren. Bei Guliyna Banya dann der vermeintliche Todesstoß, als sich an der Kreuzung ein Laube vor mich warf, um dann mit 60 über die gerade Strecke zu schleichen. Und wo war eigentlich der Zug abgeblieben, denn nach meiner Rechnung müssten wir den schon überholt haben, aber übersehen kann man ihn in diesem Abschnitt nur an wenigen Stellen. Die Auflösung kam eine Minute später, als wir über die Kuppe vor Razlog fuhren und das Pirin-Panorama ins Sichtfeld geriet. Darunter, nur drei Zuglängen vor uns, der Mesta! Bodenlose Frechheit, wie sich das nach über einer Stunde Fahrt so knapp nicht hatte ausgehen können und der Mesta plötzlich auch wieder pünktlich war, denn sonst hätte es locker gereicht. Der Ehrgeiz war ja irgendwie schon geweckt gewesen, das Bild selbst am Ende wahrscheinlich gar nicht so wichtig 😀
Hatte ich die Wette damit verloren? Beim Überqueren der Brücke Richtung Bansko deutete ich auf die Strecke runter. “Sieh dort am Signal: Sonne” und dort bekommen wir den Mesta noch! Schnell das Auto angelegt zum Signal gestiefelt und noch bisschen Gestrüpp verbogen. Heute versank die Sonne mal nicht in Wolkenfetzen über dem Pirin, sondern wirklich genau am Berggrat und genau jetzt. Von Volllicht bis Licht aus war es kaum eine Minute und irgendwo dazwischen kam der Mesta.


Abschiedsbild von der Rhodopenbahn. Tatsächlich haben wir den Mesta noch eingeholt, den wir vor fast 2 1/2 Stunden zwischen Tsvetino und Ostrez aufgenommen hatten. Am Ortsrand von Razlog passiert 75008 das Einfahrtssignal für die Gegenrichtung. Vor fünf Tagen wäre es noch komplett schattig gewesen, jetzt schimmerte noch Restsonne.

Tja, hatte ich die Wette jetzt gewonnen oder verloren? Schließlich hatten wir den Mesta noch eingeholt. Zwar nicht an der Brücke vor Razlog, aber an der dahinter und Sonne hatte es auch noch, denn dass ein Dunkelbild nicht zählen würde, war ja klar. Bis Dobrinishte hätten wir den schließlich locker eingeholt. Aber war das noch richtig Sonne? Da es der Notar versäumt hatte, den exakten Gegenstand und Rahmenbedingungen der Wette, ganz zu schweigen vom Einsatz, zu protokollieren, würde ich sagen, ein außergerichtliches Unentschieden geht in Ordnung 😉

In Bansko legte wir gewohnheitsmäßig noch für Kaffee an der Tanke an und ich ließ noch paar Honigwaffeln als süßes Additiv mitgehen. Wieder abgelegt und auf dem Weg zum Hotel winkte mich dann plötzlich ein Polizist raus. Hmm, war da eben an der Tanke das Linksabbiegen verboten gewesen? Dieses Verbot ist hier gern mal recht sinnfrei vorhanden, sodass es Orte mit teilweise mehreren Tankstellen auf nur einer Straßenseite gibt, zu denen man von der anderen quasi legal nicht hinüberkommt. Viel sinnvoller ist es natürlich, wenn dann alle hinter der Tanke mitten auf der Straße wenden, um legal die Tankstelle anzufahren… natürlich nicht, weshalb diese Schilder einfach komplett ignoriert werden. Scheinbar aber auch von der Polizei, denn der Beamte schien genauso wenig zu wissen, dass mein Abbiegemanöver schwer illegal gewesen war. Er lugte nur kurz und grimmig ins Auto und auf die Rückbank, grummelte ein kurzes “OK” und schickte uns weiter. Vielleicht war etwas dran an der Warnung des Mietwagenhökers, die Polizei kontrolliere teilweise gezielt Mietwagen auf illegale Migranten. Auf die in Belitsa trifft das dann aber definitiv nicht zu, an denen sind wir bestimmt ein dutzend Mal vorbeigefahren, ohne das geringste Interesse auszulösen…
Für das Abendessen wagten wir auch heute keine Experimente mehr, sondern kehrten ein letztes Mal in unser Stammlokal ein. Da ich im Budget ein Lamm in Rückstand geraten war, bestellte ich heute nochmal was Teures, um nicht völlig als Verlierer aus der 50/50 Teilung der Reisekosten rauszukommen 😀 Interessanterweise wurde das Lamm serviert, wie man es von pulled Pork kennt, aber es war ausgesprochen lecker mit gegrillten Kartoffeln und bisschen Alibi-Salat dazu. Nach dieser Reise müsste ich dann definitiv einige Wochen ganz auf Fleisch verzichten, um wieder auf mein normales Level zu kommen 😀 Aber auf dem Balkan fleischlos zu reisen ist doch eher schwierig… Zum Nachtisch gönnten wir uns noch Joghurt mit Honig und Walnüssen, den wir eigentlich schon die ganzen Tage bestellen wollten, bislang aber immer zu satt gewesen waren für eine Nachspeise. Auch das war sehr lecker!

Morgen geht es dann gleich nach dem Frühstück zurück Richtung Sofia, denn so viel Zeit bleibt mit dem Flug um 13:50 nicht mehr für große Aktionen. In Sofia wollen wir noch auf die Suche nach einer der “Super-VII K” der Rhodopenbahn gehen, die nicht weit vom Flughafen an einer Transport-Fakultät als Denkmal aufgestellt ist. Ebenfalls nicht weit entfernt verläuft die Pendellinie mit den Bonner Achtachsern, von denen sicher auch noch ein schnelles Bild abfällt.


Freitag, 9. Februar 2024

Für den heutigen Tag der Rückreise stand wie schon beschrieben nichts mehr auf dem Programm in den Rhodopen. Wir nahmen noch einmal um halb acht ausgiebig das Frühstück mit und räumten dann nach sechs Nächten all unseren Krempel zusammen und versuchten die Koffer wieder zu zu bekommen. Irgendwie auch mal ganz anders, eine ganze Tour in einem Hotel zu verbringen und nicht alle ein, zwei Tage umziehen zu müssen. Gezahlt war eh schon via Booking, sodass es ohne Verzögerung ein letztes Mal um den Block zum großen Dreckparkplatz ging.


Abschiedsbild von unserem Zimmerbalkon mit Blick auf die Gipfel des Rila. Ich glaube es war das einzige Mal, dass ich während des Aufenthaltes auf dem winzigen Balkon stand. Ist wahrscheinlich eher für Raucher gedacht, denn wirklich gemütlich ist es direkt über der Straße dann auch nicht…


Symbolbild für die Regeltreue im Bulgarischen Straßenverkehr. Die große Brachfläche zwischen unserem Ortsteil und dem Ortsteil mit der Gondel diente als willkommene Parkfläche. Wer auch immer dieses Schild da hin gezimmert hat. Zumindest der drohende Abschlepphinweis ist ja zur Seite gedreht, also geht von dem Schild ohnehin keine Gefahr mehr aus 😀

Für die Rückfahrt wählten wir nun den direkten Weg nach Sofia über Blagoevgrad und dann weiter auf der Autobahn. Ein letzte Mal ging es entlang der Rhodopenbahn nach Razlog, dann trennten sich die Wege. Bis Blagoevgrad war es bisschen zäh, da die üblichen Schleicher beim hier laufenden Verkehr doch bisschen Schlangen hinter sich zogen. Das gemächliche Tempo ermöglichte dafür den Blick nach links und rechts und was da am Rand der Berge schon wieder an Bauruinen herumstand, warf einfach nur Fragezeichen auf. Mit rechten Dingen kann das doch gar nicht zugehen. Irgendwelche Investorengelder, mit denen sich Architekten und Baufirmen dann die Taschen vollstopfen und wenn das Geld alle ist, schmeißt man hin, lässt das alles stehen und liegen und die Karawane zieht zum nächsten “Urlaubsresort der Zukunft” weiter… So entsteht dann die allseits bekannte Mischung aus nie fertig gewordenem, oder längst verlassenem aber nie abgerissenem und nun wieder in sich zusammenfallendem, dass die bulgarische Landschaft so prägt.

Die kurz hinter Blagoevgrad beginnende Autobahn war dann extrem leer. Obwohl auf bulgarischen Autobahnen 140 erlaubt sind, beließ ich es mal bei 120, denn die Schrottreifen sorgten inzwischen für ordentlich Vibrationen auf dem Lenkrad. Nicht das die uns jetzt auf den letzten Metern noch abschmieren. Wir schlängelten uns dann etwas südlich um Sofia herum Richtung Flughafen und steuerten die in einem Gewerbe- und Wohnviertel gelegene “Higher School of Transport” – so zumindest die Übersetzung – unweit des Flughafens an. Dort sollte eine Maschine der 76er-Baureihe, in Deutschland auch unter dem Spitznamen “Super-VII K” bekannt, als Denkmal stehen. So richtig den Haupteingang fanden wir nicht, aber an einer Zeile Gewerbebaracken gabs auch einen Eingang, sodass wir an der Straße parkten und mal reinliefen. Um die Baracken herum, hatten wir den auch auf dem Luftbild gut erkennbaren Platz mit den zwei ausgestellten Loks schnell erreicht und die 615-76 stand auch nicht ganz falsch im Licht.


An der “Higher School of Transport” in Sofia hat die 615-76 einen letzten Ruheplatz gefunden. Die Jahre der Freiluftabstellung kann nur große Distanz noch halbwegs kaschieren. Zumindest scheint die Lok hier aber keinem Vandalismus zum Opfer zu fallen.


Die Ähnlichkeiten zur 1929 gebauten DRG Baureihe 99-73, auch bekannt als VII K, sind unverkennbar. Die ersten fünf Maschinen wurden 1941 von BMAG nach den alten Hartmann-Plänen für die Rhodopenbahn gebaut, weitere 10 Maschinen wurden 1949 von Chrzanów in Polen gefertigt. Die beiden Bauserien unterscheiden sich nur in Details, gegenüber den Deutschen 99-73 fallen die Maschinen noch etwas größer und mit 850 PS leistungsstärker aus.


Die 609 wird als einzige der “Super-VII K” betriebsfähig gehalten, wobei die Zuverlässigkeit wohl etwas zu wünschen übriglässt. Weitere fünf Maschinen existieren noch, rotten aber teilweise in noch viel beklagenswerterem Zustand als die 615-76 vor sich hin.


Durch die Henschel-Baureihe 75 wurden die Dampfloks schließlich in den 60er-Jahren auf der Rhodopenbahn abgelöst und durften sich noch einige Jahre auf der inzwischen eingestellten Schmalspurbahn von Cerven Brjag verdingen, bevor sie dort von den rumänischen 76ern abgelöst wurden.


Auf dem großen quadratischen Platz steht der Dampflok eine weitere Staatsbahnlok gegenüber, allerdings mit der 42 072 auf deutlich breiterer Spur.

Das hatte nun also auch noch geklappt. Nicht weit von hier, ohnehin am Weg zum Flughafen, liegt auch der lange Regelspurast der Straßenbahn mit der Linie 20 und der erst hier draußen startenden Linie 23. Und die Linie 23 ist bei Straßenbahnern sehr bekannt, denn hier verkehren bis heute mangels alternativer regelspuriger Zweirichtungswagen, die letzten Bonner Gebrauchtwagen. Während die Großraumwagen und GT6 schon einige Jahre ausgemustert sind, haben die Bonner Zweirichtungs-GT8 dem Umstand, dass es mit dem Bau einer kurzen Stichlinie hier draußen seit Jahren nicht vorangeht, bis heute ihr Überleben zu verdanken. So endet die kurze Stichstrecke der 23 nach wie vor stumpf ohne Endschleife nach wenigen Haltestellen und mit Mühe werden die letzten DÜWAG-Klassiker in Sofia in Betrieb gehalten. Das wirkte 2018 schon wie ein Provisorium, aber auch 2024 schien sich nichts daran geändert zu haben.


Zunächst kommen ein paar Kurse der in dichter Folge fahrenden Linie 20 durch. Hier verkehren die 1990 neu nach Sofia gelieferten T6B5B, hier in Gestalt von 4102 und 4114.


Die restliche Last auf den Regelspurlinien tragen die ab 2016 zahlreich aus Prag übernommenen T6A5, hier die Wagen 4186 und 4187 beim Verlassen der Haltestelle Poshtenski Klon, an der die Linie 23 auf die kurze Stichstreke abzweigt.


Eine absolute Randerscheinung sind dagegen die letzten Mohikaner aus Bonn, von denen nach wie vor täglich zwei Fahrzeuge auf der Linie 23 eingesetzt werden. Etwa auf der Höhe der hiesigen Haltestelle Poshtenski Klon treffen sich die zwei Kurse alle halbe Stunde, von denen einen heute der GT8 4415 bedient. Hätte man die Linie hier am Abzweig enden lassen, anstatt sie bis zur nächsten Wendeschleife weiterzuführen, würde auch ein Fahrzeug für die Bedienung ausreichen.


Der zweite Kurs wird von GT8 4411 bedient, der um den Abzweig herum ist und die Gerade mit den wenigen ausschließlich von der 23 bedienten Haltestellen herunterjagt.


Anscheinend nicht totzukriegen die letzten Bonner…

Das war es dann aber auch gewesen mit dem kurzen Restprogramm heute. An der Tanke noch den Wagen gefüllt und dann zum Flughafen. Bisschen dämlich fuhren wir dann zum falschen Terminal, die Schranke an der Mietwagenabgabe ließ uns aber rein, sodass wir das nicht merkten und nichtsahnend den Mietwagenschalter suchten. Dass alles so anders aussah als bei der Ankunft war aber schon seltsam und der Mitarbeiter am Schalter deckte unseren Irrtum dann auf, denn die internationalen Flüge scheinen in Sofia größtenteils vom neuen und viel größeren T2 zu gehen. Also historisch benannt, nicht nach Wichtigkeit… Wir hätten natürlich auch mal nachschauen können, für welchen Terminal unsere Flugnummer im Netz angeschlagen war 😀 Also wieder zum Wagen und zum T1 rüber. Und das war wirklich richtig weit. Gut, dass der Herr am Schalter uns den Wagen nicht abgenommen hatte. Im T2 wurden wir dann in das Parkhaus geleitet, in dem wir das Auto auch abgeholt hatten. Ein Höker war schon allarmiert und kam uns direkt entgegen, als wir gerade zum Schalter laufen wollten. Der fing dann aber wirklich an mit der Lupe zu suchen und fand irgendwelche Kratzer am Dach, die ihm dann später aber doch wieder egal zu sein schienen. Wir hatten das Auto ohnehin mit einer Woche Rhodopenstaub und allen Überbleibseln der Erdpisten übergeben, da konnte man Kratzer quasi nicht mehr finden 😀 Irgendwann war er dann aber zufrieden, brauchte noch paar Unterschriften und entließ uns dann in die Freiheit. Der hatte aber wirklich die Ruhe weg gehabt und durchgehend in einem dezent nervigen hohen Englisch-Singsang vor sich hin gelabert. Zum Abschied wollte er noch unsere Meinung zum Wagen wissen. Eigentlich alles Bestens, aber die Reifen waren eine Katastrophe. Bevor er uns weiter vorsang, das liege natürlich am schlechten bulgarischen Asphalt und nicht an den Billig-Reifen die sein Höker da draufgezogen hatte, verabschiedeten wir uns schnell und flüchteten Richtung Terminal. Ein richtig nerviges Detail hatte der Mokka dann aber doch noch: Die Kofferraumklappe! Die hat nämlich keinen Öffner. Beim ersten Versuch haben wir echt eine Zeit lang gerätselt, wie denn bei dem Karren die Heckklappe aufgeht. Einzige Möglichkeit: Auf dem Autoschlüssel die Kofferraumtaste lange drücken. Dann springt der Deckel in die Vorraste und kann aufgezogen werden. Wer bitteschön denkt sich denn sowas aus? Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Unsinn nicht nur bei mir eine absolutes Ausschlusskriterium beim Kauf wäre. Hoffentlich macht Stellantis das nicht auch bei anderen Modellen… Im Terminal mussten wir dann nochmal zum Mietwagenschalter, damit uns der andere Typ die geblockte Sicherheit direkt wieder freigeben konnte. Das wiederum ist wirklich praktisch bei diesem Anbieter, oder wird es gar überall so gehandhabt in Bulgarien? Anderswo wartet man ja doch mal länger, bis die Kaution auf der Kreditkarte wieder freigegeben wird. Zum Glück war gerade auch keine Schlange am Schalter.

Der Rest ist schnell erzählt. Am Flughafen lief alles routiniert und so viel Zeit hatten wir nach unserem Terminal-Fauxpas und der zähen Fahrzeugrückgabe auch nicht mehr. Hinter der Sicherheit noch einen Kaffee mit Mozzarellabaguette zu bekannt kriminellen Preisen, dann ging es auch bald schon los. Die Sitzplätze waren nochmal die entscheidenden Zentimeter enger als auf dem Hinflug, sodass der Flug in kompletter Pressung wirklich eine Qual war. Sowas kannte ich bislang nur von Low-Cost-Carriern, aber die Lufthansa ist halt wirklich sehr tief gesunken. Vor Frankfurt wurde der Flieger dann noch in ein Holding-Manöver geschickt, irgendwann ging es dann aber runter und wir bekamen sogar eine Position am Gate. Und diesmal ging auch die Tür des Gates auf – Fraport: 1, Swissport: 0.

Wie vom Parkplatz-Services mitgeteilt, meldeten wir uns an der Schranke dann mit der Sprechtaste und der Pförtner ließ uns nach kurzer Schilderung unserer Situation und Checken unser eigentlichen Buchungsreferenz für die Holiday-Süd-Parkplatz passieren.

Wir hatten ja Schlimmstes befürchtet am Freitagnachmittag aus Frankfurt zurück über die Autobahn, aber es lief ohne ein einziges Mal ins Stocken zu kommen. So waren wir schon um kurz nach acht wieder am Ziel, aßen noch zu Abend und verabschiedeten uns dann.


Epilog

Mein zweiter Besuch an der Rhodopenbahn und wieder hat es mir sehr gefallen. Der anachronistische Betriebsablauf, die Technik aus längst vergangenen Tagen, die Tiefenentspanntheit des Personals, die vielen kleinen Details in den Bahnhöfen und das Ganze eingebettet in eine tolle Landschaft und spannende Streckenführung. Dazu ist es hier auch einfach eine unfassbar entspannte Art der Zugverfolgung, denn die meiste Zeit ist es eine gemütliche Vorwegfahrt. Auch die drei Tage nördlich des Passes ohne Verfolgungsfahrten, mit zwar weniger Bildern, dafür aber vieler mir noch unbekannter, teils “schwieriger” Stellen, hatten sehr gefallen. Gerade der letzte Tag war da einfach super und vielleicht der schönste des Urlaubs gewesen. Viel Pro und Kontra gibt es ansonsten nach dieser Reise wieder nicht abzuwägen. Die Wahl mit dem Hotel stationär in Bankso zu bleiben, war für mich die Richtige gewesen. So konnte man sich schön ein Stammlokal raussuchen, musste nie umziehen und im Februar ist nach dem letzten Bild ja eh immer noch locker ne Stunde Zeit zum Fahren, bevor es zum Abendessen geht. So konnte man auch schön Abwechslung beibehalten zwischen nördlich und südlich des Passes in den fünf Tagen.
Und die Stimmung war irgendwie auch wieder einfach nur erstklassig gewesen. Vielleicht auch wegen des genialen Wetters als Abwechslung zum langen, trüben norddeutschen Winter. Da muss die Laune ja zwangsläufig gut werden. Bisschen mehr Schnee wäre natürlich das i-Tüpfelchen gewesen, aber wenn man dann vier Tage in dichtem Schneetreiben in Bahnhöfen fotografiert und nur an einem Tag mal die Sonne rauskommt, ist es wahrscheinlich auch nicht das Wahre. Wie gut wir uns mit dem Mokka und seinen sogenannten Winterreifen bei solchem Wetter durchgeschlagen hätten, steht ohnehin auf einem ganz anderen Blatt. Und eine wirklich stabile Schneelage MIT Sonnenschein ist wahrscheinlich (inzwischen) eher schwer zu treffen an der Rhodopenbahn, dafür geht es dann doch nicht hoch genug hinauf. So wie es war, war es also doch schon sehr recht, da wollen wir uns in keinster Weise beschweren, sondern hatten super Glück mit dem fast durchgehenden Sonnenschein!
Mal sehen ob und wann es mich wieder an diese tolle Bahnlinie verschlägt, die mich inzwischen schon ein wenig in ihren Bann gezogen hat. Und paar Jahreszeiten gibt es ja noch… 😉

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