Einmal durchs Revier – Von Będzin bis Zabrze mit der Schlesischen Straßenbahn

Heute möchte ich noch einen weiteren Teil an meine kleine Polenreihe anhängen. Bisher waren wir bereits in Graudenz, Elbing und Warschau Heute soll das schlesische Straßenbahnnetz von Osten nach Westen bereist werden. Das wohl Vielen bekannte schlesische Straßenbahnnetz befindet sich rund um die ca.300.000 Einwohnerstadt Katowice im mittleren Süden Polens. Katowice ist das Zentrum des größten polnischen Kohle- und Industriereviers und ebenfalls das Zentrum der rund 30 Linien umfassenden schlesischen Straßenbahn. Das Netz besteht im Wesentlichen aus mehreren großen Knotenpunkten in den Hauptorten des Industriegebiets, von welchen diverse Verbindungslinien zwischen den Orten bedient werden.

Unsere kleine Reise soll im Osten des Netzes in Będzin starten. Von hieraus wollen wir uns langsam durch das oberschlesische Industriegebiet arbeiten. Neben aktuellen Bildern von der diesjährigen Reise, werde ich zur Vervollständigung auch einige Bilder aus 2014 einstreuen. Das Wetter zeigt dabei immer wieder größtmögliche Kontraste. Vorweg aber eine kleine Warnung: Bei dieser Fahrt ist einiges an Durchhaltevermögen gefragt, nicht nur das die Fahrt rund 50km lang ist, auch die Bilderstrecke zieht sich dementsprechend etwas hin. Ich hoffe aber, dass der ein oder andere nicht unterwegs einschläft 😉

In Będzin befindet sich eines der großen Depots der Straßenbahn. Von hieraus ist nach wenigen hundert Metern mit den Linien 24 und 28 und diversen Ein- und Ausrückern zu den Randzeiten, ein großer Kreuzungspunkt der Straßenbahn in Form eines Kreisverkehrs erreicht, von wo aus in vier verschiedene Richtungen Strecken abzweigen.

Wir nehmen die Linie und 24 vom Depot in Będzin zum großen Kreisverkehr. Unterwegs wird ein kleiner Zwischenstopp an der Haltestelle “Zamkowe Jasielska” eingelegt. Hier zeigt sich schon eine Menge des vielerorts zu sehenden ländlichen Charmes entlang der Strecken.


Konstal 105Na 790 ist einer von mehreren nur geringfügig modernisierten Wagen.


Sehr häufig sind die modernisierten 105Na mit der Modertrans-Front anzutreffen. Hier Wagen 728.

Nun führt uns die Weiterfahrt mit der Linien 24 direkt zum großen Straßenbahnkreisel von Będzin. Nicht weniger als sieben Linien sind hier anzutreffen, wobei die meisten Linien nicht häufiger als alle 20 Minuten verkehren. Östlich oberhalb des Kreisel befindet sich eine Burg, sowie einige pitoreske Bauten entlang der Strecke.


Am sonnigen Abend des 04.06.2014 erreicht 664 die östliche Haltestelle “Zamek” des Kreiseverkehrs in Będzin.


Die ab 2011 in Betrieb gegangenen Wiener E1 fuhren von Anfang an mit dieser seltsamen Gesichtsmaske durch Schlesien. Tw 940 verlässt den Kreisel in südliche Richtung.

Wir folgen weiter der Linie 24 in Richtung Sosnowiec. In Mittellage einer vierspurigen Straße verläuft die Strecke durch Industrielandschaften und unter eine Schnellstraße hindurch, bis Sosnowiec erreicht ist. Nach 4km zweigt die Strecke aus der Straße aus und schlängelt sich über Nebenstraßen durch den Ort, wobei der eigene Bahnkörper meist erhalten bleibt.


Eine Doppeltraktion unmodernisierter Konstals schwimmt nahe der Haltestelle “Kościół” als 27 durch Sosnowiec.


Auch 664 hat Sosnowiec erreicht, auch wenn er dafür fast drei Jahre gebraucht hat 😉


An der Haltestelle “Pogoń Mariacka” kommt uns eine 21 entgegen. Diese zählt zu den wichtigeren Linien und wird in der Regel mit Traktionen oder Gelenkwagen bestückt. Hier sind es zwei der älteren Modernisierungsversion der Konstals. In den vergangenen Jahren erhielten diese Wagen ein neues Farbschema.


Hinter der Ecke kommt uns mal wieder eine 24 entgegen. Diesmal der 105Na 602


Die jüngsten Neufahrzeuge sind die Zweirichtungswagen Moderus Beta MF16AV BD von Modertrans. Diese waren unter anderem auf der Linie 21 anzutreffen.

Wir bleiben in der 24 sitzen und fahren weiter durch Sosnowiec. Nach drei Kilometern erreichen wir den Kreisverkehr “Edwarda Gierka” mit einem Abzweig in der Mitte des Straßenkreisels. Von der daneben gelegenen Haltestelle “Ostrogórska” lässt sich das örtliche Gericht neben der Straßenbahn ablichten.


An der Haltestelle “Ostrogórska” kommt uns ein Wiener E1 als Linie 26 entgegen.

Nach diesem Motiv geht es zwei Stationen zurück zur Haltestelle “Dęblińska”. Von hier aus geht es mit der Linie 15 Richtung Katowice. Jetzt wird erstmal Strecke gemacht. Nach heruntergekommenen fünfstöckigen Plattenbauten geht es kurz durchs Grüne, bevor ein langer Damm durch mit Wasser gefüllte alte Abbaugebiete führt. Wir erreichen jetzt die Ausläufer von Katowice, bleiben aber noch sitzen, bis das Depot von Katowice an der Haltestelle “Zawodzie Zajezdnia” erreicht ist. Von hier aus werden unter anderem die neuen Pesa-Bahnen eingesetzt.


Als Linie 35 verlässt der Pesa Twist(2012N) 826 das Depot von Katowice

Von hieraus geht es weiter mit der 15 entlang der Einfallstraße geradewegs ins Zentrum bis zum Marktplatz. Nach Jahren der Großbaustelle ist die Fußgängerzone nun entlich vollständig umgebaut und präsentiert sich modern mit freundlichen Blumenrabatten. Über die Bausubstanz zweifelhafter Schönheit, aus der beinahe ganz Katowice besteht, kann das aber auch nicht hinwegtäuschen…
Hier treffen wir auch auf die ab 2010 übernommenen Pt-Wagen aus Frankfurt. Als besonderes Schmankerl ist auf der Linie 20 auch einer der ab 2016 modernisierten und mit Niederflurmittelteil ausgestatteten Frankfurter unterwegs.


Pt 903 ist mit offener Klapptrittstufe als Werkstattfahrt unterwegs. Selbst bei Regen war so viel Treiben auf dem zentralen Markt, dass an ein Bild ohne Menschen vor der Bahn nicht zu denken war


Wagen 903 ist einer der ersten umgebauten Frankfurter. Hier an der Haltestelle “Rynek”(Markt)

Durch die Fußgängerzone gelangt man mit diversen Linien zum Bahnhof mit nebenan prominent platziertem Einkaufstempel. Der Einsatz der Niederflurwagen konzentriert sich hauptsächlich auf die Linien rund um Katowice. Hier verkehren auch die im Jahr 2000 von Konstal und Alstom gebauten 116Nd.


116Nd Nummer 802 am Bahnhof. Das Gebäude links ist jedoch der städtische Einkaufstempel

Von Katowice aus soll die Fahrt über Chorzów weiter bis Bytom gehen. In das acht Kilometer entfernte Chorzów gelangen wir mit der Linie 20. Hier werden neben den Frankfurtern sowohl Niederflurwagen, als auch Konstal-Traktionen eingesetzt. Kurz vor der jüngst umgestalteten zentralen Haltestelle “Rynek” warten wir auf den umgebauten Frankfurter.


Ein zweites Mal begegnet uns der umgebaute Frankfurter 913 kurt vor Chorzów Rynek


Unmodernisierte Konstals sind auch in Chorzów noch allgegenwärtig


Ob Wagen 900 im Hintergrund bald das selbe “Schicksal” ereilt wie 913? An der neu gestalteten Haltestelle “Chorzów Rynek” warten die Wagen auf ihre Abfahrtszeiten.

Mit der Linie 6 geht es jetzt weiter Richtung Nordwesten nach Bytom. Zum Einsatz kommt einer der neuen Niederflurwagen von Pesa.


Pesa 827 durchquert ein kleines Waldstück in Bytom bei der Haltestelle “Kąpielisko”

In Bytom ist natürlich ein Besuch der unter Straßenbahnfotografen bestens bekannten Linie 38 Pflicht. Hier kommt noch täglich ein Zweiachser Typ N von Konstal aus dem Jahr 1951 zum Einsatz. Heute ist es Wagen 1118, welcher die nur fünf Haltestellen zählende Stichlinie bedient. Der Einsatz dieses Fahrzeugtyps ist wohl darin begründet, dass alle anderen Zweirichtungswagen der Tramwaje Slaskie, beispielsweise die Frankfurter oder zwei Heck an Heck gekuppelte Konstals mit beidseitigen Türen, eine viel zu große Kapazität für diese Linie hätten. Die Strecke verläuft eingleisig in Straßenmitte die Straße “Piekarska” nach Norden hinauf. Während im Norden keine weiteren Straßenbahnanschlüsse vorhanden sind, endet die Linie im Süden unweit des großen Linienbündels welches Bytom bedient, wobei kein direkter Übergang besteht, da die Linie stumpf in Straßenmitte endet.


Wagen 1118 pausiert in der nördlichen Endstation “Powstańców Śląskich”.


Die Linie schließt unter anderem den Friedhof von Bytom an. Hier bei der Haltestelle “Cmentarz Mater Dolorosa”

Nach der Stichfahrt mit der Linie 38 setzen wir unsere Reise nun fort. Mit der Linie 9 geht es Richtung Südwesten nach Chebzie. Nachdem Bytom hinter uns liegt geht es durch den üblichen Mix aus Grün und mehr oder weniger heruntergekommener Wohnsiedlungen. An der Haltestelle “Godula Inkubator” wird ein kurzer Zwischenstopp eingelegt. Im Jahr 2014 wurde die Linie 9 ausschließlich mit Frankfurtern bedient, da wegen einer Baustelle Zweirichter benötigt wurden.


An der Haltestelle “Godula Inkubator” kreuzen zwei Frankfurter. 905 setzt seinen Weg nach Chebzie fort.

In Chebzie wird an der Haltestelle “Pętla” der nächste Knotenpunkt erreicht. Hier trifft die Linie 9 in einer grünen Wendeanlage auf die Linien 1, 11 und 17. Nach einem kleinen Zwischenstopp wollen wir uns mit der Linie 1 auf den Weg an den westlichsten Punkt des Netzes machen.


Am Knotenpunkt “Pętla” in Chebzie warten die Linien 1 und 17 auf die Abfahrtszeit. Der Konstal trägt im Jahr 2014 noch die ursprüngliche Lackierung nach der Modernisierung

Linie 1 präsentiert sich 2014 fest in Hand der Wiener E1. Wir steigen in Wagen 945 ein und rumpeln weiter gen Westen Richtung Zabrze. In Zabrze verläuft die Strecke zweigleisig in Straßenmitte umgeben von einst wohl recht schönen städtischen Klinkerbauten. Richtung Ortsausgang verschwenkt die Strecke dann in Seitenlage und verläuft auf eigenem Bahnkörper sehr fotogen entlang großer Laubbäume.


Hinter dem Ortszentrum von Zabrze kommt E1 925 entgegen. Sehr fotogen zeigt sich dieser Streckenteil gegen Mittag in der Sonne

Wenig später ist die westlichste Endstation am Depot von Gliwice erreicht. Schon seit einigen Jahren ist die Straßenbahn in Gliwice selbst stillgelegt und die Strecke endet damit etwas im Niemandsland am Depot.


E1 925 erreicht den westlichsten Punkt des schlesichen Straßenbahnnetzes und biegt nach links ins Depot ein um zu Wenden.

Damit endet die rund 50km lange Fahrt durch das schlesische Straßenbahnnetz. Ich hoffe, nicht alle sind bei dem ewigen Gerumpel eingeschlafen und schaffen es noch aus dem Wiener Veteran auszusteigen 😉
Auch meine kleine Reihe über die polnischen Straßenbahnen geht damit zu Ende, aber die nächste Reise kommt bestimmt…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert