2. Chance für Rom II: Im rollenden Museum durch Milano

Bei der Straßenbahn in Milano stehen vorrangig die noch verbliebenen, nicht modernisierten 46er Sechsachser und Jumbos im Fokus, aber auch die modernisierten 47er Sechsachser und Jumbos fehlen noch in der Sammlung und sollen am heutigen Tag nicht zu kurz kommen.


Donnerstag, 13. April 2023

Erst gegen acht klingelte mich der Wecker heute Morgen aus dem Schlaf. Der Blick in den Hinterhof des Hotels rief dann auch nicht zu übermäßiger Hektik auf, um das schöne Morgenlicht auszukosten, denn mit Morgenlicht war nicht viel her. Es war bedeckt und sah noch immer nicht so richtig trocken aus. Frühstück hatte ich hier, wie in allen Hotels dieser Reise, nicht dazugebucht. Wozu in Italien ein Frühstück im Hotel, wenn man sich alle hundert Meter an der Straße in ein Café stellen kann und dort dasselbe bekommt, nämlich exzellenten Café und irgendein absurd süßes Cornetti dazu? Eben – dann kann man auch flexibel bleiben und sich dann ins Café stellen, wenn einem danach ist. Die Linie 1, eine der Hauptlinien der legendären Ventottos, war von meinem Hotel nur zwei Häuserecken entfernt und so enterte ich an der Haltestelle Viazzale Brianza im morgendlichen Verkehrschaos erstmal den nächstbesten der fahrenden Dinosaurier. Überhaut gelang die Akklimatisierung im italienischen Verkehrsgeschehen wieder extrem schnell. Wie viel schneller man da einfach vorankommt als Fußgänger, wenn sinnlosen roten Ampeln keinerlei Beachtung geschenkt werden muss und man auch so überall zwischen den Autos über die Straße gelassen wird, solange man sich nicht völlig blöd (deutsch) anstellt. Es ist irgendwie alles mehr ein jeder gibt auf jeden Acht, jeder lässt jedem mal etwas durchgehen und jeder nimmt sich auch mal etwas heraus. Ein stures “auf sein Recht pochen” gibt es einfach nicht. Klar, mit dem Auto möchte ich hier auch nicht täglich zur Arbeit fahren müssen, aber das möchte ich auch bei uns in Deutschland nicht, wo das im Stau stehen dann eben etwas geordneter und mit mehr Groll auf alle anderen abgeht. Die Italiener sind auf der anderen Seite natürlich auch Europameister im Hupen und wilden Gestikulieren, aber nur in den wenigsten Fällen richtet sich irgendeine Art von Aggression gegen schwächere Verkehrsteilnehmer und ist auch nie ganz ernst gemeint 😉
Ich fuhr mal die wenigen Haltestellen Richtung Ring. Unterwegs stieß die Linie 5 hinzu und entschwand auch schon zwei Straßen später wieder. Die 33 wiederum begleitete die 1 dann bis auf den Ring. Beides Übrigens auch Ventotto-Revier und dabei keinesfalls klassische Touristenlinien, was mehr als deutlich zeigt, dass diese Urviecher auf Schienen hier einfach ganz “normale” Linien im Alltagsverkehr bedienen. Am Ring stieg ich aus und sah mal was so abgeht. Anschließend folgte ich erstmal zu Fuß der Linie 1 in Richtung Zentrum und akklimatisierte mich etwas in der Stadt.


An der Haltestelle Viale Vittorio Veneto stößt die Linie 1 auf den großen Straßenbahnring, der auf dieser östlichen Hälfte durchgehend von der Linie 9, typenrein von Siriettos bedient wird. Ventotto 1974 biegt hier vom Ring in die Via Lazzaretto Richtung Nordosten ab. Seit einigen Jahren tragen die Ventottos vermehrt Ganzreklamen mit auffälligen Dachbanden. Die Fenster werden im Gegensatz zu den anderen Fahrzeugtypen glücklicherweise ausgespart.


Der Blick in die Via Lazzaretto auf den entgegenkommenden Ventotto 1717 auf der Linie 33 wirkt schon etwas schäbig. Aber so ist es ja meist in solchen Metropolen: Licht und Schatten liegt dicht beieinander.


Die Linie 1 biegt schon nach einer Haltestelle am Piazza della Repubblica wieder vom Ring ab und schlägt auf dieser Strecke allein den Weg Richtung Stadtzentrum ein. Zwei Plätze weiter ist Ventotto 1881 auf dem Piazza Cavour kurz vor der Durchfahrt des historischen Stadttors zu sehen.


Die Tordurchfahrt selbst ohne störendes Beiwerk darzustellen ist tagsüber an einem Werktag fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber so eine veritable Rolleraufstellung ist doch auch viel authentischer 😉 Ventotto 1862 wartet auf die grüne Ampel, um die Haltestelle auf dem Piazza Cavour zu erreichen.

Nach so einer guten Stunde morgendlichem Herumspazieren wollte dann aber doch mal was in den Magen. Also ins nächstbeste, halbwegs einladende Café, bevor ich dem innerstädtischen Touristennepp noch näher rücken würde. Wobei das hier mit dem Kaffee ja so eine Sache ist: Richtig teuer scheint der nirgends zu sein. Es scheint einfach in Italien ein Grundrecht auf guten und günstigen Kaffee zu geben. Egal ob in irgendeinem drümmligen Schuppen oder einem einladenden Café, die 2€ für Espresso, Americano oder Cappuccino habe ich nirgends toppen können auf dieser Reise und die Qualität der dargebotenen, koffeinhaltigen Heißgetränke war einfach immer erstklassig. Der Standardpreis lag eher so bei 1,30€ und die Bandbreite reichte insgesamt von 1€ bis 1,70€. Herrlich, warum ist das bei uns nicht auch so. Ich glaube ich habe auch in ganz Italien keinen einzigen der gruseligen Vollautomaten gesehen, geschweige denn die deutsche Unsitte namens “Filterkaffee” – sowas überhaupt für Geld anzubieten… Eine fette Siebträgermaschine gehört hier einfach zum Standard.
Nach diesem Cafébesuch inklusive frischem Cornetti mit Crema gefüllt, arbeitete ich mich noch das letzte Stück der 1 hinunter, bevor diese am zentralen Straßenbahnknotenpunkt Piazza Cordusio auf zahlreiche andere Linien trifft. Auch ein kurzer Schwenk durch die weltberühmte Galleria Vittorio Emanuele II durfte auf dem Weg nicht fehlen.


Die Linie 1 ist in der Innenstadt zeitweise eine klassische Touristenlinie, die aber auch von normalen Menschen frequentiert wird. Am Piazza della Scala werden mit dem Teatro alla Scala und der Galleria Vittorio Emanuele II, die zum Duomo hinüber führt, gleich zwei Touristenhighlights erschlossen. Gefühlt waren hier auch besonders viele der Werbewagen unterwegs. Wahrscheinlich war das aber eher Zufall oder subjektive Wahrnehmung. Jedenfalls kam auch mit Ventotto 1746 wieder einer der auffällig bunten Vetrtreter des Weges.

Richtung Piazza Cordusio verließ ich die Strecke der Linie 1 kurz und machte einen Schwenk durch die weltberühmte, bereits 1867 eröffnete Einkaufsgalerie Galleria Vittorio Emanuele II, die direkt auf den Vorplatz des Doms zuführt.

Am Piazza Cordusio prasselte dann unmittelbar ein Großteil der Fahrzeugvielfalt der Straßenbahn auf mich ein. Lediglich die siebenteiligen Sirios und die Eurotrams verkehren hier nicht, sondern enden zwei Ecken weiter in der Schleife der Linie 15 am Dom. Erstere waren zudem auch typenrein auf der Linie 2 anzutreffen, die hier allerdings ebenso wenig entlangkommt. Ansonsten reihten sich hier die Fahrzeuge hintereinander, wegen denen ich hauptsächlich den Besuch angetreten war: Die nicht modernisierten 46er Gelenkwagen und deren modernisierte Geschwister der 47er Baureihe, sowie die modernisierten und nicht modernisierten Jumbotrams. Während die Jumbos auf mehreren Linien anzutreffen waren, konzentrierten sich die 46er und 47er auf die Linien 2 und 19. Auf der 2 gemischt mit Jumbos, auf der 19 gemischt mit Ventottos. Dies entsprach auch etwa meiner Recherche die ich kurz zuvor noch gestartet hatte, sodass das Programm hier für die nächsten 1 1/2 Tage quasi feststand: Die Linien 2 und 19 etwas genauer unter die Lupe nehmen. Bei nur knapp zwei Tagen Zeit droht man sich in dem gigantischen Netz ansonsten eh etwas zu verlieren, sodass es sich doch als recht hilfreich herausstellte, dass die interessanten Fahrzeuge so konzentriert auftraten und damit mein Jagdgebiet festlegten. Auch wenn es natürlich abseits dieser beiden Linien etliche (weitere) Top-Motive gibt – das ist dann eben für einen nächsten Besuch…


Vom Dom kommen gleich zwei 47er auf den Piazza Cordusio gefahren, während in Gegenrichtung zwei Jumbos entschwinden. Damit waren auch gleich die beiden Linien 2 und 19 bestätigt, auf denen ich den Einsatz der Sechsachser erwartet hatte.

Kurz zur Erklärung der 46er und 47er Baureihe: Ursprünglich wurden in den 50er Jahren 15 sechsachsige Gelenkwagen bei Stanga und Breda bestellt und 1955 ausgeliefert. Die letzten beiden Fahrzeuge der Serie 4601-4615 wurden allerdings versuchsweise als erste Fahrzeuge mit komplett elektrischer Ausrüstung geliefert, also ohne die noch weit verbreiteten pneumatischen Bremsen und Türen. Diese Fahrzeuge erhielten abweichend die neue Baureihenbezeichnung 4700, wurden aber auf den beiden letzten Ziffern dennoch hinter den 46ern eingereiht, also schlossen sich an 4601-4613 die Fahrzeuge 4714 und 4715 an. 18 weitere Fahrzeuge mit vollelektrischer Ausrüstung folgten bis 1960 und reihten sich als 4716 bis 4733 ein, womit insgesamt 13 Fahrzeuge der Baureihe 4600 und 20 der Baureihe 4700 vorhanden waren. Äußerlich unterschieden sich die Baureihen nicht. Später erhielten beide Baureihen neue, eckige Scheinwerfer, eine durchgehende, statt zweigeteilten Frontscheibe, sowie einen Einholmstromabnehmer. In den vergangenen Jahren wurden die Fahrzeuge der Baureihe 4700 dann allerdings noch einmal umfassend aufgearbeitet und dürften damit wohl noch länger im Bestand bleiben als die 46er, welche durch die bald erwarteten Niederflurwagen von Stadler wohl ersetzt werden dürften. Nach der Modernisierung unterscheiden sich die 47er , wie oben zu sehen, im Wesentlichen durch die wuchtige Klimaanlage und die dadurch geschrumpfte und nun digitalisierte Zielanzeige von den 46ern. Auch die Lackierung ist minimal abweichend, auch wenn das bei den derzeit scheinbar vollständig durch Seitenbeklebung geplagten Fahrzeugen nur wenig auffällt.


Während sich die 46er und 47er auf der Linie 2 mit den Jumbos mischen, wird die 19 etwa zur Hälfte mit Ventottos bedient. Hier erreicht 1609 die Haltestelle Cordusio.

Ich hing mich im Anschluss an die kurze Verkehrsbeobachtung auf dem Piazza Cordusio erstmal an die Linie 2 zum Piazzale Negrelli. Erster Stopp hinter den engen und gerade sehr düsteren Gassen der Innenstadt war bei strömendem Regen der Vorplatz des Bahnhof Porta Genova, auf dem sich auch die Linien 9 und 10 tummeln. Erstere hatte ich gestern Abend schon an ihrem Startpunkt im Nordosten am Centrale gesehen. Nach einer etwa halben Umrundung der Kernstadt endet die von Siriettos bediente Linie schließlich hier im Südwesten der Stadt am Bahnhof Porta Genova. Die 10 wiederum, die den übrigen Teil des Rings auf der westlichen Seite der Stadt bedient, wurde ganzheitlich von Ventottos bedient.


Am Bahnhof Porta Genova kommt 4711 Richtung Bausan entgegen.


Auf der Via Vigevano fährt die von Ventottos bediente Linie 10 auf den Porta Genova zu und biegt für eine Haltestelle in den Verlauf der Linie 2 ein. Ventotto 1511 nimmt hier die enge Kurve um das Häusereck. Trotz dreier auf unterschiedlichen Wegen über den Platz fahrender Straßenbahnlinien und Autoverkehr in drei Richtungen, funktioniert das hier ohne eine einzige Ampel völlig problemlos. Wer genau hinschaut erkennt, dass das Gleis in Gegenrichtung hier nicht befahren ist…


…was daran liegt, dass die 10 in Gegenrichtung über den Vorplatz des Bahnhofes ausholt und dort neben einem kleinen Kiosk eine eigene Haltestelle hat. Ventotto 1648 umfährt hier an der Haltestelle die kleine Kioskbude und überquert die Kreuzung dann geradeaus in die Via Vigevano. Links ist ein endender Sirietto der Linie 9 zu erkennen.


Die Häuserecke vom vorletzten Bild nun von der anderen Seite gesehen mit 4723 auf der Linie 2 zum Piazzale Negrelli.

Nur eine Haltestelle weiter trifft die ab dem Porta Genova allein verlaufende Linie 2 dann auf den Stadtkanal Navigli Grande, überquert diesen und verläuft dann die restliche Strecke immer unmittelbar auf dem südlichen Ufer am Kanal entlang. Da bieten sich natürlich viele interessante Perspektiven, zumal viele Brücken jeglicher Größe über den Kanal führen und wahlweise Fotostandpunkt oder Motiv bieten. Das bedeckte bis regnerische Wetter war da jetzt eher von Vorteil, denn so richtig im Licht gewesen wäre es hier wohl alles nicht.


Endlich mal ein 46er, die doch auf den beiden Linien ziemlich untergehen zwischen Jumbos, Ventottos und den modernisierten 47ern. In einer eleganten S-Kurve überquert 4604 hier den Navigli Grande von Piazzale Negrelli Richtung Innenstadt fahrend.


Der Navigli Grande bietet dann doch eine Ansicht, wie man sie in Mailand nicht unbedingt erwarten würde.


Eine Haltestelle weiter folgt Richtung Piazzale Negrelli an der Haltestelle Ripa di Piazza Ticinese / Via Lombardini eine der noch weitgehend originalen Jumbotrams. Besonders durch die arg asymmetrische Front wirken die 100 von 1976 bis 1978 gebauten Fahrzeuge recht eigenwillig, was aus dieser seitlichen Perspektive weniger ins Gewicht fällt. Aber auch sonst ist die Formensprache eher gewöhnungsbedürftig und bauklotzartig. Etwa die Hälfte der Fahrzeuge schien mir inzwischen umfassend modernisiert, 4983 kommt aber noch weitgehend im Auslieferungszustand daher. 


Unter der Ponte delle Milizie erreicht Jumbo 4972 in wenigen Metern die gleichnamige Haltestelle. Überrascht war ich darüber, dass einige der nicht modernisierten Jumbos unlängst in das aktuelle Farbschema versetzt wurden. Davon hatte ich noch nirgends Aufnahmen gesehen. Ob eine Modernisierung dieser Fahrzeuge nicht mehr vorgesehen ist? Jedenfalls steht den Jumbos das Creme/Gelb mit braunen Akzentstreifen überraschend gut.


An der Haltestelle Via Lodovico Il Moro / Via Pestalozzi wird die Chiesa di San Cristoforo sul Naviglio passiert. Hier wieder ein modernisierter 47er in Gestalt von 4719 Richtung Piazzale Negrelli.


Wenig später ist die Endschleife Piazzale Negrelli erreicht, wo erneut eine Brücke über den Navigli Grande als Fotostandpunkt dient. Mit 4613 kommt ein weiterer nicht modernisierter Sechsachser, während im Hintergrund ein 47er auf die Abfahrtszeit wartet. Wirklich ärgerlich, dass die Sechsachser ausnahmslos diese garstigen Seitenwerbungen trugen. Eine weitere Unart ist hier gut erkennbar: Die zweigeteilten Fenster, von denen sich die obere Hälfte nach unten aufschieben lässt, waren immer genau bis auf die untere Hälfte beklebt, sodass man bei der Mittfahrt immer genau hinter der Werbefolie sitzt. Mir völlig unklar was das soll, denn einen Mehrwert für die Werbung selbst bringt es ja auch nicht, wie hier gut zu sehen ist. Ist das etwa Absicht um im Innenraum Schatten zu spenden?


Den eigentlich recht eleganten Fahrzeugen nimmt diese Werbeplage doch ein gutes Stück ihres Anblickes. Hier 4613 wenig später während seiner Pause in der Endschleife Piazzale Negrelli.


Zurück ging es dann mit 4613 Richtung Innenstadt. Werfen wir an dieser Stelle gleich mal einen Blick in den Innenraum dieser Fahrzeuge. Auch wenn die Aufnahmen später am Tag entstanden und es sich gut ersichtlich um einen modernisierten 47er handelt. Aber es passt gerade einfach gut: Vieles ist am Innenraum auch unverändert geblieben. Alles wurde etwas grundlegend aufgearbeitet und frisch gemacht, der Fußboden ausgetauscht und neue Plastiksitze anstelle der Holzsitze installiert. Interessant bei vielen italienischen Gelenkwagen, dass man hier auch Sitzplätze in das Gelenk selbst baut. Das kannte ich so auch noch nicht.


Hier sind die im Gelenk sitzenden Fahrgäste noch einmal gut zu erkennen.


Die Heckbereiche italienischer Altwagen bieten meist großzügig Platz für stehende Fahrgäste, was ich als überaus angenehm empfand, kann man dort doch in Ruhe auch längere Zeit stehend verbringen, ohne zwischen den Sitzplätzen auf dem “Gang” stehen zu müssen, wo sich ständig jemand vorbeiquetschen muss, um zu den Türen zu gelangen. Türen ist derweil auch ein gutes Stichwort: Bei allen Hochflurwagen der besuchten Betriebe gibt es theoretisch einen Fahrgastfluss. In der Praxis hält sich allerdings niemand daran, was auch wenig Sinn macht, wenn die verschiedenen Fahrzeugtypen alle verschiedene Türanordnungen aufweisen…


Ein typisches Detail sind die Rasten, mit denen die Fenster in der gewünschten Position arretiert werden können und automatisch einrasten, sobald man loslässt.

Am Carrefour in der auf den Dom zulaufenden Via Torino besorgte ich erstmal eine kleine Erfrischung. Das Gute in den italienischen Großstädten: In der gesamten Stadt gibt es an größeren Plätzen und Parks öffentliche Trinkwasserbrunnen. So reicht es, einfach eine Halbliterflasche dabei zu haben und diese dort bei Bedarf aufzufüllen oder gleich ganz ohne Wasser loszuziehen. Gerade im Sommer werden die ständigen Besuche an irgendwelchen Kiosks und Supermärkten sonst doch irgendwann zeitraubend und teuer…


In der Via Torino begegnet mir Richtung Dom an der Haltestelle Via Torino / Via Santa Maria Valle der neu lackierte Jumbo 4972. Von diesen eigenwilligen Kisten dürften es in der neuen Lackierung doch auch noch ein paar Aufnahmen sein.

Danach schlenderte ich die Via Torino hinauf bis zum Dom, wo sich dann gar für wenige Minuten die einzigen Sonnenstrahlen des Tages zeigten. Etwas ziellos ging es dann mit der von Jumbos bedienten Linie 12 ein Stück Richtung Roserio bis zum Ring. Wobei ganz ziellos war es nicht, hatte ich auf dieser Linie doch inzwischen schon mehrere der nicht modernisierten, aber neu lackierten Jumbos gesehen. Irgendwie schon nicht schlecht an den Wagen das neue Farbschema und viel hatte ich davon auf der Linie 2 am Vormittag noch nicht erwischt. Insgesamt war der Nachmittag dann aber schon ein recht entspanntes durch die Gegend treiben lassen. Bei dem Wetter kommt einfach kein Stress auf und man muss seine Ziele nicht nach etwaigen Sonnenständen ausrichten.


Am Dom kommt für den frisch lackierten Jumbo 4984 sogar einen kurzen Moment die Sonne heraus. Also gleich mal die 12 genommen, hatte ich dort doch schon einige dieser Fahrzeuge gesehen heute.


An der Haltestelle Piazzale Cimitero Monumentale / Via Bramante trifft die Linie 12 gemeinsam mit der 14 am bekannten Cimitero Monumentale – dort werde ich mich morgen noch etwas umsehen – auf den Ring. Ich wartete hier auch noch auf einen Jumbo, allerdings war das Licht beim Sirietto 7528 irgendwie noch etwas besser. Und in dieser Lackierung kann man sich sogar eine Ansaldo-Kiste gefallen lassen 😀


Vor dem Cimitero Monumentale – hier auf der linken Straßenseite – wird der Ring von der Linie 10 mit Ventottos bedient. Die Strecke nach rechts in die Via Ceresio ist eine kurze, nicht bediente Querverbindung zur Linie 2. Die Linie 10 trifft an der nächsten Haltestelle in Gegenrichtung des Ventottos 1605 aber ohnehin auf die dort den Ring kreuzende Linie 2.


Eben an dieser Haltestelle hat soeben Ventotto 1784 gehalten. Obwohl die Umgebung hier mit Zweckbauten und Straßengetöse eher garstig ist, muss man diese Haltestelle einfach schon des Namens wegen mögen: Via Farini / Via Ferrari – schade, dass es keine Haltestellenansagen gibt in Mailand 😀 Edit: Es gibt Haltestellenansagen, diese sind aber nicht übermäßig präsent, wie man daran merkt, dass ich sie schon wieder vergessen hatte 😉

Nach etwas Herumgegurke mit verschiedenen Linien stand ich schließlich an der Haltestelle Via Cusani, wo ich einen Pizza Rustica-Bäcker und ein einladendes Café direkt nebeneinander erspäht hatte. War ja schon fast 15Uhr und gegessen hatte ich heute im Grunde noch nichts abgesehen von dem Cornetti zum Cappuccino heute Morgen. Ich merke es irgendwann immer an einem Gewissen Mangel an Fotoantrieb, wenn es doch mal Zeit wird, eine kleine, stärkende Pause einzulegen. Diese kleinen Pizzabäcker sind hier jedenfalls einfach ein Traum: Auf riesigen Blechen werden diverse verschiedene, ab dem Vormittag gebackene Pizzen präsentiert. Dort kann man sich dann einfach in der Größe der Wahl alle Sorten zusammenstellen, die man möchte. Das Ganze wird nach Gewicht bezahlt, kommt noch einmal kurz in den Ofen und schon kann man sich zwischendurch mal kurz stärken. Es ist mir ein Rätsel, wie sich in diesem Land die üblichen Fast-Food-Ketten halten können, bei der Konkurrenz an schnellen Leckereien. Da würde meine Wahl nie auf einen pappigen Burger mit Analog-Käse fallen…

Im Anschluss gings noch ins Café hinüber, wo ich mir zu einem Americano ein Stück Schokokuchen gönnte. Auch wieder für recht schmales Geld, wobei man ja auch bisschen abgehoben ist, wenn man noch die 8 bis 10 Euro für Kaffee und Stückchen vom letzten Städtetripp nach Finnland gewohnt ist 😀


Rund um die Via Cusani findet sich eine ganze Zeile kleiner Bistros und Cafés, wo es sich kurz rasten lässt und die Toruistenpreise nicht so präsent sind, wie beim zwei Haltestellen entfernten Dom. Jumbo 4987 erreicht gleich die Haltestelle Via Cusani – natürlich nur authentisch mit ins Bild fahrendem Roller 😉

Zurück am Dom schaute ich dann mal etwas auf der Karte rum, was man denn hier noch machen könnte und entdeckte das Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie, das in Apple Karten als Sehenswürdigkeit hinterlegt war. Die Jumbolinie 16 fährt da direkt dran vorbei – da müsste doch was gehen.


Bisher noch nicht gezeigt hatte ich den kurzen Spot auf den Dom unmittelbar hinter der gleichnamigen Haltestelle der Linien 12, 16 und 19. Lichttechnisch schwierig und daher versuchte ich es fast jedes Mal, wenn ich hier gerade zufällig durchkam. Diese ist dann doch die beste Version des Mailand-Besuches, sodass ich dieses ikonische Mailand-Bild – natürlich auch mit DEM ikonischen Fahrzeugtyp der Straßenbahn – an dieser Stelle zeige. Trotz dreier Linien ist dann doch etwas Geduld gefragt, denn nur auf der 19 fahren hier die Ventottos und auch nur etwa jeder zweite Kurs. Alle anderen Fahrzeugtypen sind einfach zu lang für diese Stelle.


Nun aber zum Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie an der Jumbo-Linie 16: Der modernisierte Jumbo 4915 hat die gleichnamige Haltestelle soeben passiert und fährt nun an dem eindrucksvollen Kirchenbau des Klosters entlang. Warum die modernisierten Jumbos diese etwas kitschige und von allen anderen Fahrzeugen abweichende Beklebung erhalten haben, bleibt wohl ein Geheimnis.


In Gegenrichtung kommt das von der UNESCO gelistete Kloster aus dem 15. Jahrhundert gut zur Geltung. Das Refektorium des Klosters beherbergt Leonardo da Vincis weltberühmtes Wandgemälde “Das letzte Abendmahl”. Lustig, wie einem die Straßenbahn auf solchen Reisen immer wieder ungeplantes Kulturprogramm aufnötigt 😀


Eine Haltestelle später trifft die Jumbolinie 16 auf die Ventotto-Linie 10. Hier überquert der modernisierte Jumbo 4918 den Piazzale Baracca.

Im Grunde bedient die Linie 10 als Gegenstück zur 9 den gesamten Westteil des Rings, deshalb stößt man in dieser Hälfte der Stadt immer automatisch auf die 10, wenn man ein Stück aus der Innenstadt herausfährt. Die 9 und 10 erweisen sich dabei aber immer wieder als ungemein praktisch, um schnell an einen der anderen Äste zu gelangen, ohne ewig durchs Zentrum fahren zu müssen. So ging es mit der nächsten 10 zur 1 und 19 hinüber und dann mit der 19 weiter bis zu deren Endschleife Piazza Castelli, eine Zwischenschleife an der Jumbolinie 12. Hier im Nordwesten des Netzes überkreuzen sich die Linien 1, 12, 14 und 19 in einem wilden Durcheinander aus Querverbindungen mehrmals gegenseitig, um am Ende die Endschleifen Cimiterio Maggiore (14) und Roserio (1 und 12) anzusteuern. Die 19 gibt wie erwähnt an der Zwischenschleife Piazza Castelli schon vorzeitig auf. Im Grunde besteht ein Großteil des Mailänder Netzes rund um den Ring und teilweise auch weiter außerhalb aus solchen Linienverknotungen. Erstmal arg unübersichtlich, aber mit etwas Kenntnis kommt man dafür mit überraschend wenig Umsteigen an viele Ziele. Wenn man es eilig hat, nimmt man indes besser gleich die Metro…


In einem nicht modernisierte und entsprechend authentisch etwas versifften 4600er der Linie 19 ging es bis zur Endschleife Piazza Castelli. Der Ventotto 1866 der Linie 1 verfolgte meinen Kurs auf dem parallelen Abschnitt der beiden Linien dabei hartnäckig. 


In der Zwischenschleife Piazza Castelli ist für die Linie 19 Schluss, während die 12 noch ein ganzes Stück weiter bis Roserio führt und dabei im weiteren Verlauf auch wieder auf die 1 trifft, die mich eben ein Stück verfolgt hatte. 4612 genießt derweil seine kurze Pause am Piazza Castelli.


Am Abzweig in die Schleife ist wenig später der Jumbo 4989 zu sehen. So selten wie ich zunächst dachte, ist die neue Lackierung auf den Jumbos scheinbar doch nicht mehr. Für 4989 geht es noch weiter in den Nordwesten der Stadt nach Roserio. Diese alleeartigen Baumtunnel sind derweil typisch für die Mailänder Straßenbahn außerhalb des Ringes und auf dem Ring selbst – fototechnisch allerdings eher schwierig…

Es war 17 Uhr durch und nach Licht sah es nicht mehr aus bis zur Dämmerung. Ich genehmigte mir also eine lange Mitfahrt mit der nächsten 12, wechselte im Zentrum auf die 1 und fuhr auf diesem Wege kurz zum Hotel. Unterwegs wurde noch ein Carrefour konsultiert, um schon einmal einen kleinen Mitternachtssnack für nachher auf’s Zimmer zu bringen. Auf eine weitere Pullover-Zwischenschicht unter der Jacke gewechselt und mit Stativ ausgestattet, konnte der Abend dann kommen. Denn wenn es tagsüber kein gutes Licht gibt, lässt sich in der Stadt doch auch immer die Dunkelheit für stimmungsvolle Aufnahmen nutzen und hier in Mailand sollten sich doch einige nette Nachtmotive finden lassen. Vorteil im April natürlich auch, dass das Ganze noch nicht gar so spät stattfindet.


Die erneute Fahrt mit der Linie 1 ließ einiges an Zeit für Innenraumstudien der ikonischen Ventottos. Überraschend wenig hat sich an den Fahrzeugen in ihren bald 100 Einsatzjahren verändert. Die Leuchten wurden aber irgendwann mal erneuert und inzwischen mit LED-Technik ausgerüstet. Wie ich finde aber durchaus stilvoll gelungen, ohne das historische Ambiente zu beeinträchtigen.


Einzig etwas stören tut den Charme des Innenraums das grobschlächtige Ausgangsschild an der Mitteltür. Das laute Klingeln beim Betätigen des Haltewunsches würde auch ausreichen.


Allmählich ging es am Piazza Cordusio schon in die Dämmerung über. 4613 kommt auf dem Platz kurz zu stehen, bevor die Fahrt der Linie 2 aus der Straße im Hintergrund kommend in Richtung Dom weitergehen kann. Diese Ampelschaltung, die die Wagen mitten auf dem Platz meist zum Stehen brachte, erwies sich als äußerst praktisch für die Aufnahmen bei Dunkelheit.


Auf der Linie 19 erreicht mit 4612 der nächste 4600er den Piazza Cordusio mit dem Blick durch die Straßenflucht auf das Castello Sforzesco.


Bei Dunkelheit kommen die Mailänder Prachtbauten innerhalb des Ringes noch einmal ganz anders zur Geltung. Wieder kommt der Kurs der 12 auf dem Piazza Cordusio fast zum Stehen und erlaubt wenigstens eine etwas längere Belichtungszeit. Diesmal ist es der modernisierte “All-Electric” 1726.


Zwischen Dom und Piazza Cordusio lassen sich an der nur in einer Richtung vorhandenen Haltestelle Via Orefici / Piazza Cordusio oftmals gleich mehrere Sechsachser in einem Bild festhalten, ist dies doch der einzige kurze Abschnitt, auf dem die Linien 2 und 19 parallel verlaufen. Gleich drei 4700er versammeln sich mit 4723, 4733 und 4726 in der Via Orefici.


Außer einer winzigen Kundgebung, die darum kämpfte, den Angriffskrieg in der Ukraine nicht aus dem gesellschaftlichen Blickfeld zu verlieren, hat der Trubel auf dem Piazza del Duomo ein wenig nachgelassen. Da lässt sich in Ruhe das Stativ aufstellen und etwas fotografieren.


Zwischen den vielen weltbekannten Sakralbauten ist der Duomo di Milano doch immer einzigartig und ikonisch geblieben.


Das nenne ich mal einen prächtigen Einkaufstempel: Die Galleria Vittorio Emanuele II, durch die ich vorhin schon geschritten war.


Vittorio Emanuele II ist derweil auf ewig dazu verdammt, vor dem Dom und seiner Galerie zu Pferd zu sitzen.


Natürlich konnte ich es nicht sein lassen, den Domblick auch noch einmal bei Nacht zu versuchen. Mit Ventotto 1726 auf der 19 klappte es ganz leidlich, auch wenn die Beleuchtungsverhältnisse arg ungünstig waren – die freundliche, helle Lackierung hilft da schon enorm.


Den ganzen Abend jagte auch der zu einem Bar-Wagen umgebauten Ventotto 1970 durch die Innenstadt und schien dabei auf einer festen Route die bekanntesten per Straßenbahn erreichbaren Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Im Hintergrund leuchtet in der Straßenflucht der Via Orefici, weiter hinten Via Dante, der große Turm des Castello Sforzesco.

Das sah ich mir gleich noch aus der Nähe an, bevor es entlang der Linie 1 langsam Richtung Hotel gehen sollte. Denn für morgen war berechtigte Hoffnung auf Sonnenschein, sodass es nicht zu spät werden sollte heute Abend.


Am Teatro alla Scala wurde Ventotto 1883 stadtauswärts zu meiner Freude von einer zu dieser Uhrzeit doch recht sinnlos erscheinenden Fußgängerampel aufgehalten.


In Gegenrichtung wenig später der Ventotto 1746, gleichermaßen nach dem Halt an der Haltestelle Teatro alla Scala von einer Ampel aufgehalten. Tagsüber war es hier praktisch unmöglich zu fotografieren, so voll waren die Straßen von Autos, rechts anlegenden Reisebussen, Rollern und Passanten.


Die Werbewagen häuften sich irgendwie gerade auf der Linie 1. Auch der nächste Kurs Richtung Greco war mit Ventotto 1974 mit den markanten Werbedachkanten ausgestattet und durchfährt hier das Stadttor, an dem heute Morgen eine störungsfreie Aufnahme ebenso unmöglich war, wie am Theater.

Auf den Ventotto 1974 sprang ich dann an der Haltestelle Piazza Cavour auch gleich auf und heulte Richtung Hotel. Durch den geringeren Takt war der Wagen immer noch anständig gefüllt. Überhaupt sind die Linien an den touristischeren Abschnitten meist gut besucht, aber selten wirklich überfüllt. Es gibt eben im Tagesverlauf keine so ausgeprägten Spitzenzeiten bei Touristen. Gegen halb elf war ich dann am Hotel. Noch bisschen Obst und Joghurt verdrückt, während einige youtube-Videos dudelte, dann war Feierabend.

Morgen geht es erst gegen späten Nachmittag weiter Richtung Rom, sodass noch einiges an Zeit bleibt, das Wichtigste auch noch einmal bei Sonne abzulichten. Denn Sonne, so meinte der Wetterbericht, den ich heute dann doch erstmals auf der Tour ernsthaft konsultierte, sollte es reichlich geben.

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