Durch Lettlands Sonne VII: Abenteuerfahrt im KTM-5

Zum Abschluss dieses Reiseberichts gibt es einen weiteren Tag Daugavpils, bevor es nach Estland weiter gehen sollte. Auch heute sollten uns wieder ein paar Altwagen über den Weg laufen und auch sonst zeigte sich Daugavpils noch einmal von seiner interessantesten Seite.


Freitag, 12. Mai 2023: Abenteuerfahrt im KTM-5

Wie bereits im letzten Bericht erwähnt, ging es heute früh raus, mit der Hoffnung in der Frühspitze ein paar Tatra-Bilder abgrasen zu können. Daher wurde sich bereits um 7 Uhr aus dem Bett gequält und das Frühstück auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Es ging direkt aus dem Hotel und nur wenige Meter weiter waren wir auch schon an der Strecke. Wieder wählten wir den Weg über die Schienen, um den Hügel vom Bahnhof herunter zu kommen, da der Fußweg parallel zu den Schienen nicht existent war. Den Hügel heruntergelaufen, kam auch schon der erste Kurs der Linie 1 die Strecke entlang gedröhnt.


020, ein Wagen der neuen Niederflurgeneration, im warmen Morgenlicht kurz vor der Haltestelle Stacija. Die Lücke zwischen den Schatten reicht genau für eine Wagenlänge.

Der Kurs wurde also nicht von einem großen Wagen bedient und vor allem auch nicht durch einen T3-Zug. Wir gingen erstmal ein Stückchen weiter die Strecke entlang, in 10 Minuten sollte ja schon der nächste Kurs folgen. Wir schafften es nur eine Station weiter, dann kam der erste Kurs, der mit einem großen Wagen bestückt wurde. Leider nur eine der Niederflurschachteln, welche für ihr Baujahr schon sehr mitgenommen aussehen. Dafür passte er perfekt in die ohnehin hässliche Umgebung eines großen Einkaufszentrums.


Auch hier sind die Schatten noch relativ lang und reduziere die Fotostellen damit auf ein Minimum. Trotzdem zeigt sich hier mit 010 ein Wagen, der eben nicht den ganzen Tag abgelichtet werden kann.

An dieser Stelle wollten wir auf den nächsten Kurs warten, zwischendurch sollte aber noch der einzige Kurs der Linie 4 kommen und vielleicht ebenfalls eine Überraschung mit sich bringen. Somit warteten wir auf einer nahegelegenen Bank auf die nächste Bahn, die sich nähern sollte. In Daugavpils musste man auch keine Angst haben, dass sich ein Kurs ohne unsere Kenntnis an uns vorbei schleicht. Nicht nur die alten Wagen in Form der KTM-5 machen hier einen ohrenbetäubenden Lärm. Auch alle Niederflurgenerationen präsentieren sich mit einer erstaunlichen Geräuschkulisse angesichts ihres Baujahres.


Die große Überraschung auf der Linie 4 blieb aus, wenngleich mit 003 ein anderer Wagen als noch gestern die Linie 4 im Alleingang betreiben darf.


Auch der nächste Kurs der Linie 1 brachte zu unserer Enttäuschung nur einen weiteren dreiteiligen Niederflurwagen. 009 ist dabei einer der beiden Wagen dieses Typs, die bereits gestern in der Nachmittagsspitze zum Einsatz kamen.

So schön war das Motiv hier aber auch nicht und inzwischen stand die Sonne auch schon ein ganzes Stück höher am Himmel. Daher entschieden wir uns, bis zum Hauptplatz weiter zu gehen. Dort wollten wir die weiteren Kurse der Linie 1 beobachten, die vom Depot in Richtung Innenstadt fuhren. Vielleicht versteckte sich dort irgendwo noch ein T3-Zug. Außerdem wollten wir die großen Kurse auch noch bei ihrer Rückfahrt festhalten.


009 bei seiner Rückfahrt vom Bahnhof an der Haltestellte Vienības nams. Die Lackierung sagte mir von den drei Niederflurlackierungen noch am meisten zu.


Zu dieser Jahreszeit blühten in Lettland noch die Tulpen, die in Deutschland bereits verblüht waren. Hinter einem schön angelegten Tulpenbeet passiert 015 eine schon etwas heruntergekommene Häuserfassade.

Inzwischen war uns auch der letzte unbekannte Kurs der Linie 1 entgegengekommen. Aber auch dieser hatte keine Tatra für uns. Somit war klar, dass uns heute Morgen auf jeden Fall keine T3-Bilder gelingen sollten. Trotzdem wollten wir die Morgenspitze würdigen und bewegten uns daher wieder einmal zur 90-Grad Kurve, um einen stadtauswärts fahrenden Kurs beim Verlassen der Häuserschlucht abzulichten. Vielleicht lag unsere Motivation in gewissem Maße auch in der Tatsache, dass wir das frühe Aufstehen rechtfertigen wollten.


Der Wagen ist ein Stück zu lang und passt so nicht optimal ins Bild. Hier zeigt sich 012, der letzte der drei fahrfähigen Wagen dieses Typs. Die Niederflurer bildeten heute die gesamte Morgenspitze.


Nun mit Wagen 008 auch ein für dieses Motiv passender Wagen auf der Linie 3 in Richtung Stropu ezers.

Das sollte es dann auch mit der Morgenspitze gewesen sein. Die großen Wagen, die nun in Richtung des Depots fuhren, sollten erstmal nicht wieder kommen. Sie wurden wieder durch kleinere Wagen ersetzt und würden erst zur Nachmittagsspitze erneut gebraucht werden. Daher entschieden wir uns, zurück zum Hotel zu laufen, um nun das Frühstück nachzuholen. Auf dem Weg dahin kam uns kurz vor der Endstation am Hauptbahnhof der letzte Kurs mit einem dreiteiligen Niederflurwagen entgegen. Daraus entstand noch ein Gelegenheitsbild, bevor wir uns endgültig ins Hotel zur Nahrungsaufnahme zurückzogen.


012 präsentiert sich beim Verlassen der Bahnhofsschliefe. Auch 012 hat seine letzte Runde für den Morgen geschafft und wird am Ende der Linie ins Depot einrücken und durch einen kleineren Kurs ersetzt werden.

Nach dem Frühstück, welches wirklich nicht das Beste war, stürzten wir uns zurück ins Getümmel. Der Plan war jetzt, die Linie 3 Richtung Cietoksnis zu erkunden. Dort sollte es in einem guten Stück Entfernung ein Museum geben. Im Innenhof von diesem Museum war nach unseren Informationen ein alter RVZ- Wagen abgestellt, weshalb wir diesem Museum einen kurzen Besuch abstatten wollten. Aber der Reihe nach. Zuerst wurde der typische Weg entlang Linie 1 vom Bahnhof bis zur Station Tirgus gegangen. Dort erreichten wir den Abzweig der Linie 3. Dieser an sich ist schon sehr interessant. Der Abzweig verläuft nur eingleisig und besitzt somit nur eine Gleisverbindung für stadteinwärts fahrende Wagen der Linie 3. Daher müssen stadtauswärts fahrende Wagen zuerst über einen Gleiswechsel in den Gegenverkehr, um auf die Strecke der Linie 3 zu gelangen. Diesem Ast folgten wir ein Stück stadtauswärts. Das erste Stück war geprägt von sowjetischen Einheitsbetonbunkern. Dies sollte auch das erste Bild auf diesem Ast widerspiegeln.


Wieder ist es Wagen 008, der sich in unser Bild schleicht. Auch hier hat die Kürze der Wagen durchaus Vorteile zur Umsetzung des Motives in mitten von Betonbauten.

Nach diesem Stück folgte bis zur Endstation ein Stück Strecke, welches an einer Grünfläche entlang führteund nach dem Queren der Straße auch in einer Grünfläche endete. Dieser Abschnitt ist noch relativ neu und daher vom Gleisbau nicht so rustikal wie andere Teile des Netzes.


Fast schon idyllisch konnte hier 003 abgelichtet werden. Gestört wird das Bild allerdings durch die Tankstelle im Hintergrund und die scheinbar nie enden wollende Schlange an Autos auf der Straße. Trotzdem sorgen die Kuhblumenwiese und der dahinter liegende Teich für einen gewissen ländlichen Charakter.


Auch die Endschleife wird von viel Grün geprägt. Dieses Bild entstand nach dem Abstecher zum Museum, weshalb es mal wieder der Niederflurwagen 008 mit der Holm Bank Werbung ist, der es in unser Bild geschafft hat. Die Ruhe in diesem Bild täuscht ein wenig, denn links der Endschleife verläuft die Straße, neben der die Bahn im letzten Bild zu sehen war. Dies scheint eine der Hauptstraßen zu sein um nach Daugavpils zu gelangen, zumindest wurde sie sehr rege genutzt.


Kurz danach steht der Wagen auch schon an seiner Endstation und wartet auf seinen Fahrplan, um wieder aufzubrechen. Auch am Bahnsteig ist zu erkennen, dass dieser Streckenabschnitt noch nicht so alt ist. Dies ist der einzig mir bekannte Bahnsteig in Daugavpils, der einen barrierefreien Einstieg ermöglicht.

Nun hatten wir auch den letzten unbekannten Teil des Netzes erkundet. Nun verfolgten wir den Plan, einen Abstecher zum Depot zu machen. Wir hatten die Hoffnung auf den Betriebshof gehen zu dürfen, um ein Bild des dort verrottenden KTM-8 zu schießen. Dafür wurden mal wieder 70 Cent pro Person investiert und bis zur schon bekannten und inzwischen aus fast allen Lebenslagen abgelichteten Kurve gefahren. Um zum Depot zu gelangen, mussten wir sowieso umsteigen und dann konnten wir dort auch gleich noch ein Bild machen. Wobei ein Bild in diesem Fall gelogen sein sollte, es wurden direkt mehrere gemacht.


Die James Bond Bahn 007 an der besagten Kurve. Zu dieser Uhrzeit scheint die Sonne perfekt in die Gasse und offenbart so das etwas abgerockte Haus direkt bei der Haltestelle. Auf den grünen Balkons lungerten immer Katzen herum und begutachteten argwöhnisch das Treiben an der Haltestelle. Menschen würde ich aber auch nicht empfehlen den Balkon zu betreten, da dies sonst den schnellsten Weg darstellt, um zur Haltestelle nach unten zu gelangen. Mit marode sind die Balkons wohl noch gut beschrieben.


Etwas die Kurve herumgegangen, gelang uns ein Bild von einem Kurs der Linie 1 in Form von 020. Hier fährt er direkt an der Kante der Grünfläche entlang und ist soeben im Begriff wieder Gas zu geben. Der zweite Mast von links ist im Übrigen der Übeltäter, weshalb in Schrittgeschwindigkeit durch die Kurve gefahren werden muss.


Schon kurz vorher offenbarte sich uns diese Überraschung aus der anderen Richtung. Bei dem doch sehr markanten Dröhnen konnten wir schon darauf schließen, dass gleich ein KTM-5 kommen sollte, bevor wir ihn sahen. Daher warteten wir, bis dieser vom Bahnhof zurück kam und lichteten ihn an dieser Stelle hier ab. 103 ist damit der zweite KTM-5, der während unseres Besuches fahren sollte, nachdem uns gestern der 108 begegnete.

Nun wurde der Plan mit dem Depot erstmal in den Hintergrund gestellt, denn wir wollten erstmal noch ein paar Bilder vom 103 machen. Man weiß ja auch nie, wann sich das nächste Mal ein Exemplar dieses Wagentyps blicken lassen sollte. Daher ging es mit dem nächsten Kurs der Linie 3 in Richtung Depot, um den KTM-5 bei seiner Rückfahrt abzupassen. An der letzten Station bevor sich die Linie 1 und 3 trennen stiegen wir aus. Eigentlich konnte es nicht mehr lange dauern, bis der KTM-5 zurückkommen sollte. Doch der nächste Kurs war erstmal ein Niederflurwagen. Und auch der übernächste Kurs war ein Niederflurwagen. Spätestens der dritte Kurs musste wieder der 103 sein. Als aber auch dort ein Niederflurwagen kam, wurde uns klar, dass der KTM-5 wie gestern schon nach einer Runde wieder eingerückt war und durch einen anderen Wagen ersetzt wurde. Wieder mal war uns somit ein Altbauwagen entwischt. So langsam hatte ich das Gefühl, dass es an uns lang und alle Altbauwagen sofort einrückten, sobald wir ein Bild davon gemacht hatten.


Auch ein Kurs der Linie 2 durchquerte unser Bild, während wir vergebens auf den 103 warteten. Daher steht 016 hier exemplarisch für die Flut an Niederflurwagen. Nach links führt das Gleis in eine kleine Werkstatt, vor der noch ein alter RVZ-6 Wagen sein Dasein fristet.


Der RVZ-6 mit der Nummer 046 hat schon bessere Tage erlebt und wartet auf eine Grundsanierung. Allerdings wurden an diesem Tag erstmal ein paar Teile vom Wagen entfernt, statt ihm einen neuen Anstrich zu verpassen. Dafür trägt er noch die Lackierung, mit der die RVZ-6 bis zuletzt gefahren sind.

Nach vergeblichem Warten begaben wir uns wie ursprünglich geplant zum Depot, um die Mission Depotbesichtigung zu starten. Dort sahen wir auch den 103 wieder im Abstellgleis stehen. Wir liefen direkt ins Depot rein und quer über die Abstellanlagen zum Verwaltungsgebäude. Dabei wurde jeder unserer Schritte genaustens aus dem Gebäude heraus beobachtet. Im Gebäude selber war erstmal niemand anzutreffen, weshalb wir durch das halbe Gebäude irrten, bis wir jemanden begegneten. Dabei handelte es sich aber nur um die Sekretärin, die leider weder ein Wort Englisch sprach, noch verstand, wodurch die Kommunikation deutlich erschwert wurde. Nach langem gestikulieren und vielen Handzeichen hatten wir der Dame aber klar gemacht, dass wir die draußen abgestellten Straßenbahnen fotografieren wollten. Die nette Dame zeigte sich auch sehr freundlich und versuchte alles, um uns zu helfen. Nach einem Anruf beim Betriebschef musste sie uns trotzdem leider mitteilen, dass es nicht möglich sei, die Wagen zu fotografieren. Einen Versuch war es aber allemal wert gewesen und so zogen wir unverrichteter Dinge von Dannen. Einen Schritt nach Verlassen des Geländes konnten wir zumindest den wartenden T3-Zug ablichten, denn wir befanden uns ja nun wieder auf öffentlichem Grund. Der Fakt, dass der T3-Zug ganz vorne stand, ließ uns zumindest guter Dinge sein, dass wir in der Nachmittagsspitze noch ein paar T3 Bilder generieren könnten. Da wir uns schon auf dem Gelände nicht umsehen konnten, wollten wir uns das Gelände von außen angucken. Daher gingen wir um das ganze Depot herum und suchten nach einer Stelle, an der man einen Blick auf die Abstellanlagen erhaschen konnte. Diese Stelle wurde auch gefunden und so konnte zumindest die Depot-Situation festgehalten werden.


Der Blick von der Depoteinfahrt fiel direkt auf das T3-Doppel 074 und 075. Da der Zug ganz vorne stand, konnte davon ausgegangen werden, dass er als erstes ausrücken würde.


Einmal um das halbe Depot herumgelaufen, fiel der Blick auf eine Reihe an T3-Zügen. Dabei handelt es sich, abgesehen vom in Betrieb stehenden T3-Doppel, um die gesamte T3-Flotte. Anders als vielleicht dem Äußeren nach zu urteilen, befinden sich diese Wagen noch in Betriebsbereitschaft und sind vor gar nicht allzu langer Zeit auch noch gelaufen. Dies scheint einfach die normale Abstellanlage zu sein. Hinter dem ersten T3 steht auch der KTM-5 108, der gestern noch gefahren war. Dies liefert den Beweis, dass die Abstellanlage hier nicht automatisch mit einem Friedhof zu vergleichen ist, auch wenn die Vermutung nahe liegt.

Jetzt sollte es noch etwas mehr als eine halbe Stunde dauern, bis der erste Wagen der Nachmittagsspitze, also der T3-Zug, ausrücken sollte. Daher wurde der gleiche Laden wie bereits gestern aufgesucht und sich etwas Essbare geholt. Damit ging es in einen nahegelegenen Park und unter einem Baumschatten wurde eine halbe Stunde Mittagspause gemacht. Danach ging es zurück zum Depot, denn 074 und 075 sollte bei der Depotausfahrt festgehalten werden.


So wurde der Plan dann auch in die Tat umgesetzt. 074 und 075 quälen sich aus dem Depot, um ihre erste Runde zu fahren. Links im Hintergrund ist eine Baustelle zu erkennen. Dabei handelt es sich um eine Baustelle zur Verlängerung der Linie 1 und die ersten Schienen liegen dort bereits im Sandbett herum.

Die Tatrafahrt wollten wir uns eigentlich nicht entgehen lassen, doch der Wagen hielt an der Haltestelle einfach nicht an, weshalb wir dann doch mit dem nächsten Niederflurkurs in die Stadt fahren mussten. Dort begaben wir uns, wie sollte es auch anders sein, natürlich zu “unserer” Kurve und warteten auf den zurückkommenden Tatra-Zug. Dieser kam auch kurze Zeit später.


074 und 075 befinden sich bereits auf der Rückfahrt zum Depot, um ihre erste Runde zu beenden. Und wie schon bei jedem anderen Hochflurkurs sollte die erste Runde auch hier die letzte Runde bleiben. Die nächste Runde des Kurses wurde wieder von einem Niederflurwagen übernommen und somit stellt dieses Bild schon das Abschiedsbild von den Tatras in Daugavpils dar.

Trotz des nicht zurückkehrenden T3-Zuges, wollten wir die Nachmittagsspitze noch ausnutzen. Daher bewegten wir uns zur Brücke mit den beiden Kirchen im Hintergrund, denn dort sollte das Licht jetzt noch besser stehen, als bei dem bereits gestern geschossenen Bild. Das Motiv war aufgrund der Massen an Autos auf der Straße generell etwas schwierig umzusetzen. Aber heute stellte sich ein ganz anderes Problem heraus: Kurz vor der Brücke war es zu einem Unfall gekommen und da die Brücke die einzige Stelle der Straße war, an der nur eine Spur pro Seite existierte, war die Brücke mit einer Reihe von Autos zugestellt. Diese mussten nun auf die Gegenfahrbahn fahren, um an den Unfallautos vorbei zu kommen. Da aber auch aus der Gegenrichtung durchgängig eine Schlange an Autos kam, stellte sich dieses Unterfangen als besonders schwierig dar. Und so stauten sich die Autos noch bis weit hinter die Brücke.


Auf dem Weg zur Brücke sprang noch ein Bild an der Haltestelle Pilsētas poliklīnika ab. 020 ist einer der im Moment verkehrenden kleinen Kurse auf der Linie 1. Dieser ist hier kurz vor der Innenstadt auch rappelvoll, weswegen man sich durchaus fragen darf, weshalb nur die Hälfte der Kurse der Linie 1 durch größere Einheiten ersetzt wurden.


Hier die eben angesprochene Schlange an Autos auf der Brücke, die das eigentlich schöne Motiv doch etwas zerstören. Interessant war auch immer zu beobachten, wie sich die Straßenbahn über die Brücke arbeitete. Denn die Straßenbahn knickt nach der Brücke leicht nach rechts ab und quert dabei den Autostreifen. Da dieser aufgrund des Unfalls aber mit Autos zugestellt war, gab es für die Straßenbahnen kein Durchkommen. Erst nach langem und sehr intensivem Klingeln erbarmten sich die Autofahrer dazu, die Straßenbahn durchzulassen. Ein ähnliches Schauspiel konnte auch auf der anderen Seite der Brücke beobachtet werden, wo die Autos ebenfalls die Bahnschienen blockierten.

Nach diesem Bild folgte erstmal eine lange Fotopause. Da nun alle drei Wagen des Niederflurtyps gleichzeitig fuhren, ging unsere Motivation gegen null. Zudem zog es sich gegen Nachmittag etwas zu, weshalb wir uns zu einer Pause entschlossen. Es ging zurück in die Innenstadt und dort in ein Café. Von diesem Café aus konnten wir die Bahnen beobachten, die an uns vorbeifuhren. Da diese aber nichts Interessantes boten und uns auch so ein wenig die Motivation fehlte, ging es erst zwei Stunden später wieder ans Werk. Trotz der inzwischen vielen Wolken, ließ sich die Sonne immer wieder blicken und so entschlossen wir uns noch einmal den Ast der Linie 2 und 4 nach Maizes kombināts heraus zu fahren. Vorher fiel noch ein letztes Bild der Nachmittagsspitze am Hauptplatz von Daugavpils ab.


009 zeigt sich in der etwas seltener gewordenen Nachmittagssonne am Vienības nams.

Um unser Vorhaben umzusetzen, brachte uns der nächste Kurs der Linie 1 bis zum Abzweig der Linie 2 und 4. Nur der stündliche Kurs der Linie 4 hätte uns direkt an unser Ziel gebracht, da der Wagen aber gerade nicht dran war, blieb uns nichts anderes übrig, als wieder das Fußwerk zu betätigen. Zuerst sollte ein Bild an der Sandpiste gemacht werden, die sich ungefähr in der Mitte dieses Astes zwischen der Endstation und dem Abzweig befand. Dort angekommen, versagte eine der wenigen Male im Urlaub die Sonne, was bei diesem Motiv sogar von Vorteil war.


Ein leichter Hauch von Sonne ist auf dem 016 zu erkennen, der über das eingleisige Stück in Richtung Stadt jagt. Dabei sieht man den Fahreigenschaften des Wagens den Zustand der Strecke an, schwankte er doch in alle nur erdenklichen Richtungen.

Unser Ziel war es, uns bis eine Station vor der Endhaltestelle vorzuarbeiten, an der sich eine alte Fabrikhalle befand, die abends perfekt im Licht sein sollte.


Nur eine Station später zeigt sich das Ambiente dieser Strecke noch besser. Die Schienen wurden einfach in den Sand geschmissen, die Straße besteht nur aus einem Sanduntergrund und auch die Häuser neben der Straße habe ihre besten Tage lange hinter sich. Das einzig halbwegs moderne in diesem Bild ist der Wagen 003, der sich hier in der Originallackierung dieser Niederflurserie zeigt und genau in die Lücke zwischen den beiden Schatten passt. Das rechts im Bild zu erkennende Stück Beton ist übrigens der Bahnsteig der Straßenbahn.


Aus der Gegenrichtung der nächste Kurs der Linie 2, auch hier mit 014 ein Niederflurwagen der neuen Generation. Damit verkehrten auf der Linie 2 heute auch nur zwei Niederflurwagen.

Oder war die Unterschrift vom letzten Bild etwa gelogen. Auch auf den nächsten Kurs der Linie 2 warteten wir an der gleichen Stelle, um den Einkaufsladen darzustellen, der hier rechts im Hintergrund zu sehen ist. Wann dieser das letzte Mal wirklich als Einkaufsladen fungierte, ist nicht mehr zu erahnen. Wir warteten also an der Kurve und konnten von dort aus einen großen Teil der Strecke überblicken, da diese relativ gerade verlief. Und dann kam der nächste Kurs der Linie 2 am Horizont um die Ecke gefahren. Doch was war das? Von wegen nur Niederflurwagen auf der 2. Aus unerklärlichen Gründen kam plötzlich wieder ein KTM-5 auf uns zu gerollt. Eine sehr schöne Überraschung zum Ende des Tages. Also wurde der Plan mit der Fabrikhalle erstmal über den Haufen geworfen, denn nun wollte ich das Erlebnis der Mitfahrt mit einem KTM-5 noch mitnehmen. Also entschieden wir uns, dass wir mit diesem auf der Rückfahrt mitfahren wollten.


Dem 103 schien eine Runde heute Vormittag nicht genügt zu haben und so durfte er am Abend noch einmal auf der Linie 2 seine Runden drehen.


Einen kurzen Sprint später gelang mir das nächste Bild des fahrenden Ungetüms. Bei der Geschwindigkeit konnte man aber auch ohne Probleme nebenherlaufen, da der Wagen sowieso noch auf die Gegenbahn warten musste. Denn das letzte Stück bis zur Endschleife wurde die Strecke wieder eingleisig.


Und noch ein drittes Bild des 103, bevor dieser endgültig zur Endschleife verschwand.


Nur kurze Zeit später kam der Wagen auch schon wieder von der Endschleife zurück. Wir postierten uns für das Bild kurz vor der Station, an der wir einsteigen wollten. Netterweise hielt der Fahrer an der Station auch an und nahm uns mit. Und somit sollte die wilde Reise mit dem 103 beginnen.

Wir wollten den Wagen direkt bis zur Endstation beehren, denn wir hatten das Gefühl, dass er aus dem Depot an der Endstation nicht wieder rauskommen könnte. Das Bild mit der Fabrik würde auch noch später am Abend gehen und die Fahrt mit dem meistgebauten Wagen der Welt wollte ich so lange wie möglich “genießen”. Der Genuss während der Fahrt hielt sich dann aber doch sehr in Grenzen. Wirklich alles an diesem Wagen war am Rosten, zudem knarzte und wackelte es überall vor sich hin. Auch das laute Dröhnen der Motoren war nicht zu überhören und so ergab sich trotz der nicht allzu hohen Geschwindigkeit eine Geräuschkulisse die so während einer Straßenbahnfahrt ihres Gleichen sucht. Sobald der Wagen hielt, kam zudem noch der Lärm der Türen dazu, die einfach ungebremst bis zum Anschlag aufschwangen und dann durch einen lauten Knall zum Stehen kamen. Insgesamt war es so schwierig, sich während der Fahrt zu unterhalten, ohne sich komplett anzuschreien. Trotzdem war es ein interessantes Erlebnis, wenngleich ich mir vorkam, als würde ich im Museum eine Runde mit einem über 100 Jahre alten Wagen drehen.


Der Innenraum des Wagens lässt vermuten, dass der Wagen schon ewig alt sein sollte, bei den Massen an Rost, die sich im Wagen breit machen. Doch der Rost zeugt hier eher von der komplett billig gehaltenen Bauweise und der nicht vorhandenen Pflege der Wagen. So etwas noch im Planverkehr den Fahrgästen anzubieten ist schon etwas frech. Das einzig Gute an diesem Wagen waren die Sitze, die mit ihrem dicken Polster dafür sorgten, dass man zumindest nicht jede Unebenheit im Gleisbau direkt spürte. Denn beim Wagen selbst schien jede Art der Federung komplett vergessen worden zu sein.


Auch die Technik der Türöffnung ist nicht ganz auf dem neuesten Stand. Zum Öffnen der Türen dient das zu sehende Seil, welches die Türen einfach aufzieht. Geschlossen werden die Türen dann durch ein Luftdrucksystem. Bei jeder Bewegung machen die Türen zumindest einen ohrenbetäubenden Lärm. Auch sonst sind die riesigen Türen, die aus einem Stück Blech angefertigt sind, die billigsten Bauweise, die möglich ist.


An jeder nur möglichen Stelle frisst sich der Rost durch das Material.


Auch wenn es vielleicht nicht den Anschein macht, wurde diese Tafel doch erst vor kurzem bewegt. Denn heute Vormittag verkehrte der Wagen noch auf der Linie 1. Und auch wenn bei diesem Betrieb nicht alles mit Sinn und Verstand abläuft, die Linientafeln werden immer korrekt eingesteckt.

Wie wir bereits vermutet hatten, hatte der Wagen an der Endstation nach einer Runde wieder genug und wurde wieder in die Abstellanlagen verfrachtet. Trotzdem eine sehr schöne Überraschung, die mir eine Fahrt ermöglichte, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde. Also nahmen wir den dafür ausrückenden Niederflurwagen zurück bis zur Fabrik.


Der eine Kurs der Linie 4 in Form von 003 verlässt das eingleisige Stück nach kurzem Halt an der Haltestelle Andreja Pumpura iela. Dadurch ermöglicht er dem bereits im Hintergrund wartenden Wagen 014 die Fahrt bis zur Endschleife.


Nun kann 014 zum letzten Stück bis zur Endstation aufbrechen. Dabei präsentiert er sich noch einmal in schönster Abendsonne vor der angesprochenen Fabrikhalle.

Dieses Bild ist gleichzeitig das Abschiedsbild von der Straßenbahn aus Daugavpils. Nach dem Bild ging es zurück in die Innenstadt und zum gleichen Restaurant wie bereits am gestrigen Abend. Auch an diesem Abend bekamen wir für verhältnismäßig wenig Geld ein leckeres und reichliches Abendbrot. Dieses Restaurant ist auf jeden Fall eine klare Empfehlung meinerseits, sollte man sich irgendwann mal wieder nach Daugavpils verirren. Nach dem Essen ging es zurück ins Hotel. Schon beim Essen wurde der Tag rückblickend betrachtet als sehr erfolgreich abgebucht. Im Hotel angekommen ging es für uns wieder früh schlafen, da der Zug nach Riga morgen in aller Frühe gehen sollte und uns ein langer Tag mit viel Reisen bevor stand. Denn morgen sollte es das erste Mal im Urlaub aus Lettland rausgehen. Mit dem Bus von Riga aus war die Hauptstadt Estlands Tallinn unser Ziel.


Unser Zug für den morgigen Tag stand bereits im Bahnhof. Dieses Mal wurde uns sogar eine Doppeltraktion an Triebwagen geboten. Im Hintergrund ist die Ursache für den nächtlichen Lärm zu sehen. Ein riesiger Güterbahnhof zeigt die eigentliche Bedeutung der Strecke zwischen Riga und Daugavpils.


Epilog

Die erste Hälfte unserer Reise ging damit schon zu Ende. Und auch dieser Reisebericht soll mit diesem Bild ein Ende finden. Mit etwas Angst vor schlechtem Wetter war ich nach Lettland gereist. Doch die Angst, die durch den 2021 veröffentlichten Reisebericht geschürt wurde, war komplett unberechtigt. Lettland zeigte sich uns von seiner schönsten Seite und ich hatte eher Probleme mit zu viel Sonne, als mit zu wenig.

Alles in allem bin ich sehr begeistert von Lettland und seinen Straßenbahnbetrieben. Das Reisen in Lettland ist zwar immer mit einem gewissen Hauch an Abenteuer verbunden, trotzdem hatte alles perfekt gepasst und wir konnten problemlos durch das ganze Land reisen. Und irgendwie wäre es doch auch langweilig, wenn man nicht zu jeder Reise ein paar Anekdoten dazu erzählen könnte. Auch die Straßenbahnbetriebe hatten uns alles geboten, was möglich war. Einzig die vielen Baustellen waren ein wenig nervig und zerstörten das ein oder andere Motiv, aber das ist nun wirklich Meckern auf hohem Niveau. Dafür konnte ich das erste Mal in meinem Leben die mächtigen T6B5 bewundern und eine Runde im meist gebauten Wagen der Welt drehen. Auch sonst bot sich uns ein interessanter Mix aus altem Gelumpe und Neuwagen. Gerade Riga ist auch mit seiner Altstadt auf jeden Fall eine weitere Reise wert.

Jetzt freute ich mich schon auf den zweiten Teil der Reise, in dem es nach Estland und Finnland gehen sollte. Auch dort sollten noch drei für mich völlig neue Betriebe auf mich warten. Nur sind diese etwas gepflegter als die lettischen Betriebe und auch die Umgebung sollte sich etwas aufgeräumter präsentieren. Aber da möchte ich an dieser Stelle auch nicht mehr vorweggreifen und lieber auf den nächsten Reisebericht verweisen, der in Kürze starten wird.

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