CrossCountry Switzerland I: Prolog, Lokzug am Brünig und Dampfer Richtung Rothorn

Im Oktober war ein zweiwöchiger Urlaub in der frühherbstlichen Schweiz geplant. Was daraus wurde war eine geniale Fahrt kreuz und quer durch die Eidgenossenschaft mit unfassbar vielen genialen Momenten entlang der Schweizer Schmalspurbahnen. Los ging es mit etwas Rahmenprogramm an der Brünigbahn und der Brienz-Rothorn-Bahn.


Prolog

Unmittelbar nach der letztjährigen Reise in die herbstlichen Schweizer Bergwelten war mir eigentlich klar: Das müsste direkt wiederholt werden. Die wenigen Tage waren absolut genial, nur waren es eben nur vier volle Tage gewesen, bevor das Wetter kippte und ich das Weite suchte. Es war damals auch ein wenig ein Experiment: Geht im Oktober noch was mit dem Rad oder sind die Tage schon zu kurz, die Tagesrandzeiten zu kalt, Wege gesperrt oder gar schon Schnee in höheren Lagen. Ergebnis dieser ursprünglich auf bis zu neun Tage geplanten Tour: Das ging aber mal richtig gut und hätte eben gern auch noch länger sein dürfen. So war dann 2023 schon zu Jahresbeginn in der groben Urlaubsplanung klar: Zwei Wochen würden für einen ausgiebigen Herbsturlaub in den Schweizer Bergen geblockt werden. Mit dem Tag der Einheit am Dienstag den 3. Oktober stellte sich das Wochenende ab dem 30. September doch als perfekter Abdprung für die Fahrt heraus, sodass ich irgendwann im Sommer dann endgültig den Urlaub für diese zwei Wochen bis zum 15. Oktober einreichte. An Planung war eigentlich nichts weiter nötig. Rechtzeitig müsste das Rad noch einmal durchgecheckt werden um etwaige Ersatzteile noch bestellen zu können, ansonsten ginge alles spontan auf dieser Tour.

Anfang/Mitte September kam dann aber der etablierteste Teil meiner Reisegemeinschaften auf mich zu, ob denn meine Pläne für die Herbsttour in die Schweiz noch stünden, er müsse noch reichlich Urlaub und Überstunden loswerden. Zugegeben, musste ich darüber erstmal einen Moment in mich reinhorchen, denn meine Vorstellung dieser Reise war völlig ungebunden zwei Wochen durch das Land zu touren und dabei einen starken Fokus auf MTB-Touren und Wanderungen entlang der Bahnstrecken zu legen. Wo ich mit dem MTB ohnehin auf verlorenem Posten stehe was Mitstreiter angeht, hat sich unser Leistungsvermögen auch bei Wanderungen in den vergangenen fünfzehn Jahren leicht umgekehrt: Wo ich als Kind aber mal so gar keine Lust hatte herumzuwandern, sind meine Bergtouren heute doch so ausdauernd, dass nicht mehr jeder das seinen älter werdenden Knochen zumuten möchte 😉 Aber wenn man es so ähnlich machen würde wie vor gut zwei Jahren, als ich mit dem jüngsten Teil der Reisegruppe unterwegs Über den Röstigraben und Retour war, ich mit Rad und Auto, er mit SwissPass, warum dann eigentlich nicht? Der Unterschied würde halt darin bestehen, dass wir in der jetzt angedachten Kombination beide das Auto würden fahren können und niemand einen SwissPass brauchte. Für mich vielleicht sogar von Vorteil, könnte ich mich dann hin und wieder mit dem Rad mal woanders einsammeln lassen, als dort, wo ich losgefahren wäre. Darüber hinaus könnte man sich auch die beiden Langstreckenfahrten der An- und Abreise teilen. Finanzielle Synergien würden sich sicher auch in geringem Maße ergeben, aber das war ein nachrangiger Punkt meiner Überlegungen. Mussten wir nur noch klären, was denn so auf der Wunschliste stünde. Im Wesentlichen Überschnitt sich da vieles, schon weil wir beide kaum wirklich dringende Punkte auf dem Zettel hatten. Ich würde wohl die geografisch eh schon schwierig einzuflechtende italienische Strecke Trient-Mezzana ein weiteres Mal über Bord werfen müssen, in Kombination mit einem Wiederholungsbesuch an der Bernina-Südrampe, mit der ich vergangenes Jahr noch nicht ganz abgeschlossen hatte. Auf der anderen Seite würden wohl einige Punkte an den von mir weitgehend ignorierten Bahnen im Mittelland oder den vor zwei Jahren abgegrasten Strecken am Nordbogen des Genfersees fallen. Für jeden wäre auf der anderen Seite auch ein Goodie drin: Für mich die Viggezina, wo mir die alten italienischen ABe 4/6 keine Ruhe ließen nach dem verregneten Versuch im Mai. Für die andere Seite ein Tag in Zürich und vielleicht hier und da doch mal ein Bild auf der Durchfahrt von der ein oder anderen von mir verschmähten “S-Bahn durch die Agglo” 😀
Damit waren wir recht gut auf einen gemeinsamen Nenner. Und nach ein paar Tagen hatte ich mich auch im Kopf auf die neue Situation eingestellt. Allein lässt es sich schließlich immer recht unkompliziert verreisen und ich habe dabei auch immer viel Spaß und ein unvergleichliches Gefühl von Freiheit. Zu zweit ist es eben anders, aber keineswegs schlechter – eben anders. Aber man sollte doch jede Chance nutzen, wenn sich mal die Möglichkeit bietet, etwas gemeinsam zu machen, denn allein geht schließlich immer. Also nach Rumänien 2022 diesmal etwas spontaner auch in diesem Jahr wieder eine Tour in der altbewährten Vater/Sohn-Konstellation.

So war die Vorfreude dann ungebrochen groß, Ende September wurde das Rad nochmal gecheckt und es konnte eigentlich losgehen. Zum Glück kam ich am Mittwoch vor der Abfahrt noch mal rum um zu checken, ob mein Rad auf den Heckträger des A4 passt, den wir jetzt eigentlich als Reisemobil angedacht hatten. Bislang hatte ich da nur mal mein Alu-Hardtail drauf, aber mit dem Carbon-Fully ist es nochmal was anderes, aufgrund der komplexen Rahmengeometrie und den wenigen Griffpunkten für die Trägerklemme. Ergebnis nach einer Stunde hin und her probieren: So richtig zufriedenstellend passt das nicht. Die mit recht wenig Freiheit auftrumpfenden Haltemöglichkeiten des Thule-Trägers wollten an keiner Stelle so recht ranpassen, an der ich dem Carbonrahmen den festen Klemmengriff zumuten wollte. Es gab genau eine Stelle an der Sitzstrebe die ein Match ergab. Und dort war genau der zweite Flaschenhalter für die Halbliterflasche angebracht. Ein Verzicht darauf war keine Option, genauso wenig, wie das Ding jedes Mal dran- und abzuschrauben beim Verladen des Rades. Auf die Schnelle war das Problem nicht mehr zu lösen. Dann also doch meinen Leon mit dem in dieser Kombination mit dem Rad schon etablierten Dachträger. Gut, dass wir das vorweg ausprobiert hatten und nicht in der Nacht der Abreise dann im Dunkeln zu dieser Erkenntnis hatten kommen müssen…

Letzter Punkt: Wann sollte es losgehen und wohin zu Beginn? Das Wetter schien erstmal schweizweit gut zu werden ab Samstagmittag bis mindestens Montag, dass müsste man gleich mal für etwas Bergprogramm nutzen. Also Berner Oberland. Eine Recherche die nicht auf meinem Mist gewachsen war, wie ich zugeben muss, hatte ergeben, dass derzeit auf der Brünigbahn ein Extrazug mit Lokbespannung zweimal täglich je Richtung unterwegs war. Das wäre doch ein schönes Aufwärmprogramm am Morgen, danach wollten wir mal zur Kreuzungsstelle Gäldried der Brienz-Rothorn-Bahn hinauflaufen, wenn das Wetter es schon zuließe. Der Lokzug sollte irgendwann gegen neun in Luzern starten. Wenn man den also mit ausreichend Puffer irgendwo um Sachseln machen wollte, wäre halb zwölf am Freitagabend keine ganz unpassende Abfahrtszeit.


Samstag, 30. September 2023: Lokzug auf der Brünigbahn und Dampfer Richtung Rothorn

Um kurz nach Elf fuhr ich mit dem Leon vor, um den zweiten Teil der Reisegruppe einzusammeln. Während wir versuchten, gleich von Beginn eine praktikable Packordnung zu etablieren, ließ ich mir noch einen Kaffee aus dem Vollautomaten einlaufen, der mich über die ersten zwei Stunden Fahrt wachhalten sollte. Sogar etwas vor halb zwölf legten wir ab und setzten den Leon auf Kurs Luzern. Wie gewohnt lief die Nachtfahrt ganz entspannt ab. Mal dudelte etwas Podcast, mal etwas Hörbuch. Von letzterem bekam ich allerdings kaum etwas mit, da ich inzwischen auf die rechte Seite gewechselt war und vor mich hindöste. In irgendeinem Kaff noch vor der Grenze versuchten wir nach einem Tankstop gleich mal einen Bäcker aufzusuchen. Ein kurzer Blick aufs iPhone offenbarte allerdings, dass man hier nirgends vor sieben öffnete. Dann fuhren wir eben unverrichteter Dinge weiter Richtung Luzern und ließen uns an der Grenze noch eine 23er Vignette vom freundlichen Grenzer an die Scheibe klatschen. Die fehlte noch in der Sammlung. Zwar war ich dieses Jahr schon zweimal Transit durch die Schweiz gefahren, aber eine Tour mit dem Zug und eine nicht mit dem eigenen Auto. An Luzern ging es gleich vorbei weiter Richtung Alpnach, wo ich meinem Job auf der mittlerweile schon wieder rechten Fahrzeugseite als Navigator entsprechend nachkam und uns zielsicher zum Coop lotste, der soeben pünktlich um 7:30 Uhr seine Tore geöffnet hatte. Um ein Frühstück und Proviant für den Tag bereichert ging es noch kurz zum Spar Express an der Tanke rüber, um zwei Kaffee zu ziehen, dann schauten wir mal, wo man potenziell den Lokzug Richtung Interlaken machen könnte. Nicht, dass das Wetter jetzt groß dazu motiviert hätte, es hingen noch dicke zähe Wolken über dem See und am Brünig. Aber den Plan mit der Gäldried konnten wir wohl erst recht knicken, da es sich nicht ganz so früh auftat, wie wir erhofft hatten. Das Wetter, dass uns die ganze Hinfahrt begleitet hatte, war nur langsam am Abziehen. Letztlich stellten wir den Wagen an einer Wiese hinter Sachseln ab und frühstückten erstmal gemütlich, denn der Lokzug war noch gut eine Stunde entfernt. Bis dahin wurde noch der ein oder andere Regio und IR mitgenommen, während es am Himmel langsam heller, wenn auch noch nicht blau wurde.


Zuverlässig und klaglos hat mich der Leon wiedermal in die Berge gebracht. Dafür darf er erstmal eine Stunde mit Aussicht auf den Sarnersee ausruhen, während wir frühstücken und auf den Lokzug warten.


Ein SPATZ huscht am Ufer des Sarnersees zwischen Sachseln und Ewil Maxon als Regio Luzern – Giswil durch.

Für die erste Aufnahme hatte ich kurzentschlossen die Z50 zur Hand genommen, die seit September meinen Kamerapark ergänzt und die D5500 als leichte MTB- und Wanderkamera in Kombination mit einem nun auf Z-Bajonett adaptierten 18-35 abgelöst hat. Dadurch merkte ich auch nicht, dass die den Lichtverhältnissen besser gewachsene D750, auf die ich im Anschluss wieder wechselte, sich zwischenzeitlich selbstständig gemacht hatte. Selbstständig in dem Sinne, dass der Mitreisende sie spontan und irrtümlich gegriffen hatte und damit zu einem anderen Motiv gelaufen war als ich. Selbst schuld, wenn man mir die Kameratasche nachkauft 😉 Zum Glück ist die Tasche farblich leicht abweichend, zumal meine auch schon gut abgeranzt ist nach all den Jahren. Aber wenn man nicht genau hinschaut im dämmrigen Innenraum des Autos, kann man schonmal die Falsche greifen. Der Irrtum flog natürlich auf, als beim ersten Ziehen der Kamera plötzlich eine Nikon statt einer Canon zum Vorschein kam. So hatte ich dann gleich zwei verschiedene Bilder des SPATZen 😀 Auf der weiteren Fahrt wurden derartige Fauxpas dann dadurch verhindert, dass sich für unsere Kameras verschiedene Lagerplätze im Auto etablierten.

Was genau es mit diesem lokbespannten Zug der gleich kommen sollte eigentlich auf sich hatte, war übrigens nicht ganz klar. Denn der fuhr hier nicht wegen Fahrzeugmangel als Ersatzleistung, sondern einfach als Zusatzleistung zweimal täglich je Richtung rund zehn Minuten vor dem planmäßigen IR. Ich zumindest hatte davon auch nichts mitbekommen, aber der Mitreisende hatte sogar noch mit einer Nachfrage im Bahnforum.ch herausgefunden, dass der Zug als Pendelgarnitur fährt, mit Lok vor und hinter dem Pass Richtung Meiringen. Keine unwichtige Info, um zu wissen wie man sich am besten stellt. Um 9:20 kam der Lokzug gezogen von HGe 4/4 101 967-8 schließlich durch Sachseln.


HGe 4/4 101 967-8 rauscht mit ihrem Extrazug am Sarnersee kurz hinter Sachseln entlang. Einen Lokzug auf der Brünigbahn, das hatte ich zuletzt 2013, vor nun auch schon gut zehn Jahren gesehen, als die ADLER gerade dabei waren, den IR-Verkehr am Brünig zu übernehmen. Auch wenn es hier nicht so aussah, gab sich die Sonne schon größte Mühe durch die sich auflösenden Wolken zu brechen, brauchte am Ende aber ein paar Minuten zu lang. In Anbetracht des weiteren Wetters auf dieser Tour, lässt sich dieser Wolkenschaden aber gut verkraften und sollte regelrechten Seltenheitswert bekommen.


Nachschuss auf den Pendelzug mit einem der dreiteiligen Steuerwagen am Zugschluss. Durch das Kopfmachen in Meiringen ist es mit einem Steuerwagen aber doch deutlich praktikabler. Die Lok stand dabei während des Einsatzes dieser Garnitur wohl immer Richtung Meiringen.

Über den Brünig waren wir der Meinung, den Zug locker wieder überholen zu können. Wir hatten ihn dann auch schon beim Kreuzen in Giswil wieder ein, doch gigantisch ausbauen ließ sich der Vorsprung dank eines Treckers am Pass dann nichtmehr. In Meiringen suchten wir einen halbwegs legalen Parkplatz, um noch rechtzeitig an die Bahnhofsein- und ausfahrt zu gelangen. Es ging sich am Ende zeitlich aus, zum Bummeln gab es aber keinen Anlass. Nach der Einfahrt des Zuges in Meiringen verschoben wir uns schnell hinter die Ausfahrtsstrecke Richtung Interlaken für einen Nachschuss auf die Lok.


In mystischer Beleuchtung kommt der Lokzug vom Brünig und fährt in den Bahnhof Meiringen ein.


Nur knapp zehn Minuten später kommt der Zug aus dem Bahnhof Meiringen zurück und fährt nun mit der Lok am Zugschluss Richtung Interlaken aus. Jetzt erkennt man auch den Steuerwagen direkt hinter der Lok gut, der wohl hauptsächlich wegen der 1. Klasse eingereiht wurde – eine echte Resterampe dieser Zug 😀

In Interlaken würde die Fuhre mit einigen Minuten Aufenthalt kehrt machen. Wir konnten also direkt darüber nachdenken, wie wir uns für die Rückleistung Richtung Luzern stellen wollten. Ab Brienz würde das Licht jetzt aber am See entlang schon etwas ungünstig stehen für die Lokseite. Blieb also nur die lange “Rennstrecke” entlang der Aare zwischen Meiringen und Brienz, oder etwas im Ortsgebiet Brienz, wo die Strecke hinter dem Bahnhof Richtung Meiringen auch einige Meter ordentlich abdreht. Erstere Möglichkeit erübrigte sich beim Entlangfahren an der Strecke von selbst: Eine fette Betonmauer, etwas über SOK hoch, säumt hier inzwischen fast den ganzen Abschnitt. Wahrscheinlich als Hochwasserschutz, aber zum Fotografieren ganz großer Quatsch. Das dürfte jetzt nur noch von erhöhter Brückenposition aus gehen, aber so richtig würde es wahrscheinlich trotzdem nicht mehr aussehen. Also gleich durch bis Brienz. Mit etwas unnötigem Gekurve stellten wir das Auto letztlich direkt an der Hauptstraße auf dem großen Parkplatz unweit der Wiese am Ortseingang ab. Günstiger gelegene Parkplätze waren nur mit einer Brienz-eigenen Parkapp zu bezahlen. Was soll der der Unsinn, oder waren wir einfach zu blöd den Weg über die gängigen Parkapps zu finden? Dann also den großen Parkplatz an der Hauptstraße, was den Vorteil hatte, dort gleich noch eine bizarre Szene zu beobachten, in der eine asiatische Busreisegruppe die Hauptrolle spielte:
Aus welchem Grund auch immer der Bus die Gruppe nun hier am Ortsrand abgesetzt hatte, wo es eigentlich nichts zu sehen gibt, steht auf einem anderen Blatt. Jedenfalls schien das die Smartphone-Fuzzi-Armada in keinster Weise zu stören. Wurden halt Selfies vor irgendwelchen belanglosen Steinmauern und Häusern gemacht, die vielleicht ein Stück weit auch einen Teil des “echten” Brienz zeigten, keinesfalls aber die verschlafenen Holzhausgassen aus dem Katalog. Ob sich der Busfahrer einen Spaß erlaubt hatte und sich nun nicht mehr einbekam vor lachen? Der Parkplatz war jedenfalls in Beschlag genommen und andere Parkwillige wurden nur ungern durchgelassen. Da musste sich eine ältere Dame glatt den Weg zwischen den Touris freihupen, was für die Schweiz ja doch schon nahezu ausfallende Aggressivität im Straßenverkehr darstellt 😉

Das vom Navigator angepeilte Motiv unten am See war dann schlussendlich nicht der Oberhammer, aber viel mehr war wohl nicht drin. Ich lief noch an die Kurve in der Wiese raus um mir das mal anzuschauen, aber Licht und Motiv wollten auch dort nicht ganz überzeugen. Also doch wieder zurück an das Motiv unweit des Seeufers an einer kleinen Fußgängerbrücke. Der Mitreisende, der diese Stelle ins Rennen gebracht hatte, war inzwischen selbst verschwunden – wie sich später herausstellte an eben jene Wiese, die ich auch als einzige Alternative eruiert hatte. Mit auf das Geländer der Fußgängerbrücke klettern und dabei an der danebenstehenden Laterne festklammern, war es hier dann aber auch nicht so schlecht und zumindest die Lok war mal schön prominent, wenn auch etwas steil drauf und ging erstmals bei vollem Sonnenschein durch.


In der Ortslage von Brienz dreht die Strecke in Richtung Aarezufluss nochmal ordentlich ins Licht und die HGe 4/4 101 967-8 konnte prominent in Szene gesetzt werden. Aufgrund des Steuerwagens hinter der Lok blieb Richtung Luzern gleich derselbe Stromabnehmer am Draht, wie auf der Hinfahrt.


Während ich von meinem Geländer geklettert bin und schon auf dem Rückweg zum Parkplatz noch einige Details am Seeufer einfange…


…wird der Zug einige Meter weiter in besagter Wiese noch einmal verhaftet.

Zurück am Auto musste ein Plan her. Dem Zug hinterherzujagen, dazu konnte sich keiner von uns beiden motivieren nach gefühlt schon zehn Stunden im Auto sitzen heute. Lieber warten bis der wieder auf unserer Seite des Passes ist. So lang könnte man doch mal in die Wiesen oberhalb Brienz zur Brienz-Rothorn-Bahn schauen. Samstag und inzwischen auch gutes Wetter, da dürfte doch ein bisschen was los sein am Berg, auch wenn man dort oben wohl noch in den Wolken stehen dürfte – so weit denkt ja zum Glück nicht jeder oder hat keine Wahl, weil schon gebucht…

In Brienz war dann der komplette Overkill. Im ganzen Ort gab es unten keinen freien Parkplatz mehr. Ich meinte aber mich zu erinnern, dass etwas weiter oben am Ort, praktischerweise direkt am Weg Richtung Gäldried, noch eine größere Parkuhr sein müsste. Hier unten am See war jetzt halt alles voll mit Ortsbesuchern und Fahrgästen der Rothornbahn. Tatsächlich stand dort oben kein einziges Auto und die Parkuhr war sogar eingetütet – besser geht’s nicht. Erste Anlaufstelle für die nächsten Talfahrer war gleich der Bahnübergang nicht weit vom Parkplatz.


Der Öldampfer H 2/3 14 hat eine grüne Scheibe drauf, da kommt also noch was den Berg runter.


So war es auch und mit H 2/3 5 folgte eine der kleinen Kohledampfloks. Da in einer Dreiviertelstunde der Würstlibummler in Brienz starten sollte, nahmen wir an, dass das diese Fuhre übernehmen würde und die vorher schon mal eine Runde zum “Warmwerden” gedreht hatte.

Wir liefen die Alpgasse weiter hinauf bis zum obersten der Brienzer Bahnübergänge, an dem die Bahn direkt an einem großen Steindamm entlangfährt und anschließend in den Wald abdreht. Interessant: An dem für Kinderklettereien prädestinierten Steindamm stand nicht etwa ein Schild, dass eben dies verboten sei, sondern nur der Hinweis, das Betreten sei auf eigene Gefahr. Na dann nichts wie rauf da und gemütlich mittagessend warten, bis die nächsten Bergfahrer durchkommen.


Von unserem Steindamm fällt der Blick direkt in Bergwelt, in die wir angesichts der noch hängenden Wolken heute aber nicht mehr vordringen werden. Sah auch nicht so aus, als hätte es auf Höhe der Gäldried schon die Herbstfärbung, die ich vergangenes Jahr im Vorbeigehen gesehen hatte, angesichts der frühen Stunde aber nicht hatte umsetzen können.


Es kam das Gleiche hoch wie eben runter: Dem Plankurs mit der H 2/3 14 folgt die H 2/3 5 nun als “Dampfwürstlibummler”.

Wir liefen dann mal wieder runter, nur um uns dann am Auto zu fragen: Was sollen wir eigentlich machen? Richtig zwingende Ideen kamen nicht auf, daher mein Vorschlag, hier noch die große Gitterbrücke und eine weitere Wiese zu machen. Fehlte mir alles noch, da ich hier unten immer nur früh morgens und abends jeweils im Schatten durchgekommen war. Um uns aber einreden zu können, dass wir hier jetzt nicht völlig umsonst zum Auto runtergelaufen waren, schlug ich noch einen Besuch im örtlichen Coop vor, wo ich mir etwas zu essen und ein paar Kaltgetränke besorgte. So richtig zum Herbst passten die Temperaturen von über 20 Grad irgendwie nicht hier unten 😀


Um den Trachtbach zu überqueren, wegen dem dort eben auch dieser hohe Damm aufgeschüttet war, überquert die Strecke am Beginn der Ortslage eine Gitterbrücke. H 2/3 16 kommt hier mit zwei modernen Vorstellwagen vom Berg.


Auch in Gegenrichtung fährt am frühen Vormittag nur ein einzelner Zug gen Berg, geschoben von der H 2/3 16, die eben heruntergekommen war.

An unserem Steindamm, wo die Sonne bei den Aufnahmen vorhin schon arg achsig gestanden hatte, war die Sonne nun herum und schien von der Wiesenseite. Dort nahmen wir noch die nächsten Talfahrer mit, bevor wir unsere Gedanken langsam wieder auf den Lokzug vom Brünig her konzentrieren mussten.


H 2/3 komplettiert das Trio der heute eingesetzten Öldampfer. Zwei Wochen später geben die üppigen Laubbäume hier bestimmt eine geniale Kulisse ab, kurz bevor die Rothornbahn in die Winterpause geht.


Diesel hatten wir noch gar nicht heute und es wird – Spoiler – auch die letzte (Strecken)Diesellok in diesem Urlaub bleiben – kommt jetzt nicht so überraschend in der Schweiz 😀 Von vielen verachtet, finde ich die seltsamen Hm 2/2 von Steck irgendwie schon wieder urig. Schade nur, das mit Hm 2/2 11 nun auch die letzte der drei Loks überwiegend in Schwarz gehalten ist. 2021 hatte ich diese als Dienstzug noch in Rot mit schwarzer Motorhaube ablichten können.

Um 15 Uhr würde der Lokzug vom Brünig runterkommen und Meiringen erreichen. Das Ende der Zahnstangenrampe vor dem Kopfbahnhof in Meiringen müsste jetzt am Nachmittag perfekt gehen und sogar etwas Herbstfärbung hatten wir dort schon ausgemacht vorhin. Also wieder zurück nach Meiringen. Gleich der erste Bahnübergang auf dem Weg in den Ort stoppte uns aber. Da ging noch ein Regio Richtung Interlaken raus, bevor wie passieren durften. Dem Navigator bot sich die Chance, kurz aus dem Auto zu springen und den FINKen zu erlegen. Anschließend ging es hinüber zur angedachten Stelle für den Lokzug. Es ging sich dort wirklich wunderbar aus für den Zug. Also doch noch ein Top-Schuss auf diese besondere Leistung, nachdem am Vormittag erst die Wolken, dann der Sonnenstand etwas Probleme gemacht hatten.


HGe 4/4 101 967-8 ist erneut über den Brünig geklettert und erreicht nun am Ende der Zahnstangenrampe Meiringen.


Für dem Lokzug gab es auf dem weiteren Weg nach Interlaken ohnehin kein Motiv mehr von der Lokseite, sodass wir den folgenden IR auch noch hier abwarteten und etwas variierten. Der planmäßige stündliche IR folgt zehn Minuten später mit dem ADLER 150 101-1 an der Spitze.


Die Zeit, die der IR zum Kopfmachen brauchte, reichte uns für das Verschieben an den Bahnübergang Richtung Interlaken, an dem wir eben schon aufgehalten worden waren. So ein IR, gebildet aus einem FINK und einem ADLER, macht schon irgendwie was her.

Jetzt hatten wie nur noch den Klassiker, den Seeblick vor Niederried, auf dem Zettel für den Lokzug, dann eben doch einmal von der Steuerwagenseite. Jetzt im Oktober dürfte das ungefähr eine Stunde gehen, bis die Sonne hinter den Berggrat wandert. Vorher blieb aber doch noch einiges an Zeit, sodass spontan noch einmal zur Rothornbahn geschaut wurde. Dort war gerade ein heute noch nicht gesichtetes Dampfross im Bahnhof am quiemeln. Anscheinend fehlte die Lok dem Mitreisenden noch in anständiger Qualität, jedenfalls schien das Interesse geweckt. Bei mir nur so mäßig, aber es gab gerade eh nichts Besseres zu tun. Dann ging es plötzlich schnell, als sich die H 2/3 6 zu einer weiteren Runde gen Berg entschloss. Also schnell bis zum Bahnübergang hinauf mit dem Auto und am Bahnübergang stehend hinterhergeschossen. Das Ergebnis war jetzt nicht der Brüller, aber für eine Fahrzeugaufnahme war es für den Mitreisenden doch ziemlich optimal.


H 2/3 6 macht sich um 16 Uhr noch einmal auf den Weg auf das Rothorn. Heute Mittag von der anderen Seite des Bahnübergangs war die Stelle dann aber doch etwas besser.

Anschließend ging es dann zum Motiv vor Niederried. Eigentlich ein Klassiker, aber irgendwie hatte der bei mir noch nie optimal funktioniert. Das würde es allerdings auch heute nicht, denn über dem See hatte sich doch einiges an Siff zusammengebraut und auch an den Bergkanten hing es noch, sodass die Sonne zwischenzeitlich sogar ganz verschwand. Zum Lokzug legte das Licht sich aber nochmal super ins Zeug, damit konnte man doch recht zufrieden sein. Der IR zwanzig Minuten später in Gegenrichtung schmierte dann aber schon ziemlich ab. Feierabend!


Ein letztes Bild vom Lokzug auf seinem Rückweg nach Luzern kurz hinter Niederried oberhalb des Brienzersee.

Also Abfahrt! Nur wohin eigentlich? Das war eine gute Frage, denn heute Mittag ergab eine Suche nach einer Unterkunft hier in der Gegend genau gar nichts. Also jedenfalls nichts, was nicht absurd teuer oder ein Schlafsaal gewesen wäre. Highlight war irgendwas für 600CHF was dazu aber miserable Bewertungen hatte – wie schafft man denn das? Von Meiringen aus ging entlang der zwei Seen genau nichts. Das hatten wir dann erstmal so festgestellt und das Thema wieder beiseite geschoben 😀 Am Nachmittag galt es dann aber doch irgendwann für Planungssicherheit zu sorgen, also wurde der Radius mal deutlich erweitert mit dem Ergebnis, dass es raus aus dem Oberland Richtung Bern alles kein Problem mehr wäre. Da war für unter 140 das Doppelzimmer was zu machen. So viel Sprit konnten wir auf den paar Kilometern gar nicht verbraten, um die Differenz zu den Zimmerpreisen hier, die bei vergleichbaren Kategorien beim Doppelten lagen, zu verfahren. Zeit sich ein wenig zu verschieben hat man im Herbst ja eh genug… Wir quartierten uns in Münsingen, etwa auf der Hälfte der Strecke zwischen Thun und Bern ein. Vorher schauten wir noch beim Coop in Matten vorbei und besorgten das Abendessen und einen Kaffee, um während der Fahrt wach zu bleiben. Der Tag war nun doch ganz schön lang inzwischen 😀

Der kontaktlose Check-Inn an der Unterkunft war trotz kompletter Digitalisierung ungefähr so kompliziert wie in Deutschland ein Bauantrag für ein Windrad  zu stellen. Dennoch klappte es irgendwann und wir bekamen es auch noch hin, die Zimmerkarte richtig zu codieren. Eine Dame, die schon vor uns dagewesen war, verzweifelte derweil fast an der Prozedur, kam uns dann aber doch beim Holen der Koffer ebenfalls mit einer Zimmerkarte entgegen. Ansonsten gab es absolut nicht auszusetzten, außer das booking.com wie immer das Zimmer in der obersten Etage war…
Wir waren dann schon um 18:30 am Abendessen und um zehn auch schon am Schlafen. Da war jetzt einfach keine Energie mehr in den Akkus heute nach diesem Tag. Man muss fast von Glück reden, dass das Licht am späten Nachmittag abgeschmiert war und wir nicht noch bis zum letzten Büchsenlicht auf Motivjagd gehen mussten heute 😀

Ansonsten war es keine spektakuläre, aber doch recht ordentliche Ausbeute heute für einen Anreisetag. Morgen ist dann Sonne pur angesagt und es geht das kurze Stück wieder zurück ins Berner Oberland. Was wir dort machen wollten war noch keinem von uns beiden ganz klar. Ich wollte auf jeden Fall zur ersten Radtour des Urlaubs starten. Nur wohin? BLM, BOB, WAB, nochmal den Lokzug auf der zB? Oder etwas weniger Bahn und dafür den Pass über die Große Scheidegg zwischen Grindelwald und Meiringen radeln? Man merkt es, ich war noch völlig unentschlossen. Das wird morgen früh also ein spontanes Ding, wonach mir gerade ist 😀

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