Die erste Tour mit dem Rad in diesem Urlaub führt mich heute von Wilderswil über Lauterbrunnen hinauf zur Adhäsionsstrecke der Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren, wo es Abschied zu nehmen gilt von den alten Be 4/4 aus den 60er-Jahren.
Sonntag, 1. Oktober 2023
Frühstück war heute natürlich nicht, da es sich um ein quasi unbesetztes Hotel handelte. War uns aber ganz recht, hatten wir doch am Morgen noch das Stück zurück ins Berner Oberland zu fahren und würden so keine weitere Zeit mehr verlieren. Da wir gestern nach dem langen Tag früh ins Bett gefallen waren, fiel das Aufstehen heute auch nicht schwer, erst recht nicht beim Blick in Richtung des wolkenlosen Himmels. Übermäßige Eile war derweil auch nicht geboten, denn in den Bergen ist dann doch nicht so früh Licht und unser erster Anlaufpunkt war der sonntags geöffnete Coop in Matten, der um acht öffnen sollte. Also kurz das Zimmer geräumt, den Schlüssel eingeworfen und durch die drei Kreisel zurück auf die Autobahn Richtung Berner Oberland. Es lief an einem Sonntagmorgen natürlich ganz entspannt und wir wunderten uns auf dem einspurigen Abschnitt hinter Faulensee schon, dass selbst der obligatorische, die Landschaft anschauende Schleicher, der zu dieser Strecke dazugehört wie der Kaffee zum Frühstück, zu fehlen schien. Hinter der nächsten Kurve liefen wir dann natürlich doch auf genau diesen auf, kaum hatten wir unsere Verwunderung laut ausgesprochen. Immerhin fuhr der dann doch mal irgendwann auf einen Parkplatz, nachdem selbst bei diesem schwachen Verkehr die Schlange hinter ihm langsam beachtlich wurde. Gibt halt auch einfach keinen Grund, hier mit 50 langzuschleichen. Trotzdem wurde es fast noch eine Punktlandung beim Coop in Matten. Reichlich Proviant wurde eingekauft für wenigstens die erste Hälfte des Tages und zwei Kaffee wanderten in unseren Händen mit in Richtung Auto. Dann ging es das kurze Stück nach Wilderswil hinüber.
Was genau war jetzt eigentlich der Plan? Gestern war ich ja noch völlig unentschlossen gewesen, ähnlich ging es dem Mitreisenden. Ich hatte nun spontan Lust nach Mürren hinaufzufahren. Unterwegs wollte ich bei der BOB schauen, ob einer der modernisierten ABeh 4/4 311-313 läuft. Wenn das der Fall wäre, insbesondere auf dem Ast nach Grindelwald, würde der Plan mit Mürren vielleicht noch kippen und ich mich stattdessen diesem Zug widmen und dann von Grindelwald die Tour über die Große Scheidegg nach Meiringen fahren.
Der Mitreisende wollte derweil die Wiesen um Breitlauenen einmal im Herbst machen, daher auch der Ausgangspunkt in Wilderswil, wo wir das Auto gleich am Ortseingang auf dem Großparkplatz ließen. Aber Vorsicht mit der Höhenbegrenzung, dass Rad ist noch auf dem Dach! Zwischen den beiden Höhenbalken war aber ein etwa ein Meter breiter Spalt und dank des für die Langstreckenanfahrt noch geradegestellten Lenkers passte das Locker. Ich schickte trotzdem mal den Einwinker vor, denn aus dem Auto heraus sieht man nicht wirklich, wo genau das Rad auf dem Dach positioniert ist. Nicht, dass das hier einen Haufen Carbonschrott gibt 😀
Ich war noch bestimmt 10, 15 Minuten damit beschäftigt, das Rad aufzurüsten, war doch für die Anreise alles Mögliche abgebaut und der Lenker geradegestellt. Und auch aus der Kiste im Auto musste jetzt erstmal alles zusammengesucht werden, was es für diesen Tag bräuchte. Ab Morgen sollte das dann eingespielt sein und deutlich schneller gehen. Der zweite Teil der Reisegruppe verabschiedete sich unterdessen schon einmal Richtung Bahnhof. Wo wir uns wiedertreffen würden, stand derweil noch nicht fest, vermutlich würde er schon gegen späten Mittag fertig sein an der Schynigen-Platte-Bahn und dann mit dem Auto noch bisschen was machen. Ich hatte derweil tagesfüllendes Programm mit dem Rad, egal welchen der zwei Pläne ich schlussendlich verfolgen würde.
Wieder viel Text heute zu Beginn, denn das erste Foto sollte dank der langen Schatten noch etwas auf sich warten lassen. Zum Warmwerden war die Strecke hinauf nach Zweilütschinen und weiter nach Lauterbrunnen aber genau das richtige, denn die Anstiege sind entweder langezogen und recht flach oder nur kurz. Außerdem sind die Pisten hier in Fahrtrichtung links der Bahn, abseits der vielbefahrenen Straße einfach sehr angenehm flowig um reinzukommen. Ich beobachtete unterdessen die passierenden Züge und hielt dabei nach einem ABeh 4/4 Ausschau. Einen ersten Fotohalt gab es erst hinter Gsteigwiler, wo die Sonne zwar genau achsig stand, dafür aber schon die Strecke erreicht in dem engen Tal.
Aus Interlaken passiert ein beeindruckender 15-Wagen-Verband Richtung Zweilütschinen, wo er wie gewohnt in zwei Züge, je einer nach Lauterbrunnen, einer nach Grindelwald, geteilt wird. Seit einiger Zeit scheinen die Züge nach Grindelwald dabei aus einem dreiteiligen Triebwagen mit je zwei dreiteiligen Steuerwagen gebildet zu werden. Das hatte ich schon vergangenes Jahr in Interlaken beobachten können, während bei meinem letzten ernsthaften Besuch an der Strecke nach Grindelwald im Jahr 2021 auch diese noch aus “nur” sechsteiligen Verbänden bestanden. Vermutlich ist die Nachfrage durch den Anschluss an den Eiger-Express am neuen Terminal in Grindelwald deutlich gestiegen, daher die längeren Züge. Und 2021 dürfte das Corona-bedingt noch nicht nötig gewesen sein. Ob es überhaupt noch ein vernünftiges Motiv gibt, an dem man diese Züge komplett ins Bild bekommt? Vermutlich nur hier hinter der nächsten Kurve oder unten vor Interlaken Ost.
In Zweilütschinen wurde ich von einer neuen Unterführung überrascht. Vorher musste man für den Wechsel von der Radpiste Wilderswil-Zweilütschinen-Grindelwald auf den Ast nach Lauterbrunnen immer über den ellenlangen Übergang. Der hatte vor allem das Problem, durch die Zugteilung bzw. Zusammenführung im Bahnhof und das auch noch in beide Richtungen knapp zeitversetzt, teilweise an die zehn Minuten am Stück geschlossen zu sein. Nun rollterte ich also durch die Unterführung, die netterweise nicht nur auf die Bahnsteige, sondern eben auch auf die andere Seite der Gleise zum Rad-/Wanderweg führt. Ich wartete mal die nächsten beiden Züge ab, die hier demnächst durchkommen müssten und setzte währenddessen das am Parkplatz in Wilderswil noch recht knapp in Form eines Kaffees und eines Schoggi-Weggli begonnene Frühstück fort. Der neue Mittelbahnsteig war noch nicht ganz fertig, sodass derzeit nur am Bahnhofsgleis gehalten werden konnte. Entsprechend kamen die Züge leicht zeitversetzt und kreuzten auf dem eben fotografierten Zweispurabschnitt zwischen Zweilütschinen und Gsteigwiler. Leider brachten beide Züge keinen ABeh 4/4, womit ich nun auch den längeren Umlauf nach Grindelwald einmal durch hatte und das weitere Programm feststand: Hinauf zur BLM und dort den Tag verbringen.
Ab Zweilütschinen wird die Piste dann noch schöner: Teilweise auf einem schmalen Schotterweg geht es sehr flowig immer am Fluss entlang. Zu der frühen Stunde war auch die Teilzeit-E-Bike-Plage noch nicht unterwegs. Wer jetzt schon fuhr, der konnte es ernsthaft, entweder mit Muskelkraft, oder wusste auch mit einem E-Bike wie man sich vernünftig verhält auf schmalen und mit Wanderern geteilten Wegen. So macht es einfach Spaß! Leider war der letzte Abschnitt hinauf nach Lauterbunnen gerade wegen einer Baustelle gesperrt, sodass es diesen Anstieg auf der Straße hinaufging. Zuvor gabs noch spontan eine Aufnahme der BOB von einer Brücke, kam doch gerade was durch und die Sonne stand schon auf den Gleisen. Ansonsten war die Strecke nach Lauterbrunnen noch fast komplett verschattet wo sie nicht eh verbuscht ist.
ABDeh 8/8 321 eilt mit ABt 8 422 zwischen Lauterbrunnen und Zweilütschinen nach Interlaken. Dieser Ast verläuft teilweise wunderschön direkt am Fluss. Die langen Schatten des engen Tals, die Holzwände neben der Trasse und die teils starke Verbuschung machen das Fotografieren allerdings schwer, erst recht jetzt im Oktober.
In Lauterbrunnen verwarf ich angesichts der Schlange den kurzen Gedanken, mit der Seilbahn hochzufahren. Weniger aus Bequemlichkeit hatte ich darüber nachgedacht, denn aus Zeitgründen. Denn mit dem Rad musste ich erfahrungsgemäß schon eine gute Stunde einplanen für die knapp 8 Kilometer und ziemlich genau 800 Höhenmeter über den Alpweg hinauf bis Winteregg. Aber jetzt mit Rad da rein, wo es so voll war, wäre auch nervig, wenn es überhaupt mitgenommen würde. Und eine Viertelstunde auf die nächste Bahn warten, dann konnte ich auch gleich den “ehrlichen” Weg per Rad in Angriff nehmen. Also am Brunnen am Abzweig zum Alpweg noch die Wasserreserven aufgefüllt und hoch nach Winteregg. Unterwegs gab es auch noch einen tollen Ausblick auf die Wengernalpbahn weit drüben am Gegenhang unterhalb Wengen. Ansonsten kam mir der Weg nicht so lang vor wie vor zwei Jahren, als es sich doch irgendwie zog wie Kaugummi am Schluss. Lag wohl einfach an den heute sehr angenehmen Temperaturen.
Kurz an der Tankstelle in Lauterbrunnen gehalten 😉
Dieses Trinkwasser an jeder Ecke liebe ich einfach an den Touren in der Schweiz.
Nach den ersten Serpentinen fällt der Blick auf die Wengernalpbahn am Gegenhang kurz unterhalb Wengen. Suchbild – ein Tele habe ich hier mit dem Rad natürlich nicht hochgeschleppt…
Bei einer kurzen Pause zum Wechsel auf Sonnenbrille und leichtere Kleidung überholte mich ein zweiter “ehrlicher” Biker, an den ich mich dann mit 50, 60 Meter Entfernung dranhängen und das Tempo gut halten konnte. Ansonsten waren nur paar Autos unterwegs nach oben. Warum das heute so vergleichsweise viele waren, sollte ich später noch erfahren. Ein einzelner E-Biker überholte mich mit seiner Bergmofa erst kurz vor dem Ziel, als ich eine Kurve später die Bahnstrecke oben am Hang erblickte und nach dem ersten Motiv Ausschau hielt. Da diese Piste direkt am Bahnhof Winteregg rauskommt, wechselte ich noch deutlich unterhalb der Strecke nach rechts auf eine noch kleinere Schotterpiste, die extrem Steil an einer Alm vorbeiführt und dann nach dem Kreuzen der Bahnstrecke zwischen Winteregg und Grütschalp herauskommt. Im Sommer ist die Piste gern mal wegen Kühen geschlossen, die waren jetzt aber gerade schon vertrieben von dieser Wiese. Bis zur Alm musste ich nicht mal ganz vor, denn noch stand das Licht wunderbar von der Talseite für einige Aufnahmen von der bereits nicht mehr eingezäunten Wiese. Die Blätter der Blaubeeren präsentierten sich in schönstem Rot, die Fruchtstände der Weidenröschen waren in flauschiges Weiß gehüllt, der Farn war langsam am verwelken und die üppigen Wiesen begannen sich in Gelbtöne zu wandeln. Besonders mit den hochstehenden, in weiß strahlenden Weidenröschen ging hier unterhalb der Strecke einiges. Für die Blaubeeren bräuchte man aufgrund der Bodennähe definitiv einen Standpunkt oberhalb der Strecke, um die gut in Szene setzen zu können – aber das kann ja noch werden…
Angekommen am ersten Bahnmotiv auf fast 1500 Meter Höhe fällt der Blick noch einmal zurück. Wengen liegt nun schon deutlich unterhalb und das tief eingeschnittene Tal der Lütschine bei Lauterbrunnen ist hinter der Baumreihe nicht mehr einzusehen.
Oben am Hang der Grund für die einstündige Bergetappe: Die kleinen braunen Wägelchen der gemütlichen Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren. Hier ist es der Nachzügler Be 4/4 31, der 2010 von der ASM übernommen wurde. Im Vordergrund schon einer der unzähligen Blaubeersträucher, die sich in schönstem Rot präsentierten. Besonders in leichtem Gegenlicht dürfte das richtig was hermachen.
Kurz darauf kommt Be 4/4 31 schon von der Grütschalp zurück. In einem großen Bogen wird der Triebwagen gleich einen Einschnitt ausfahren, um nur ein kleines Brückenbauwerk für die Überwindung des Staubbaches zu benötigen.
Bei dem gebotenen 15-Minuten-Takt kann man selbst an kürzeren Herbsttagen immer mal noch einen Kurs für eine weitere Einstellung abwarten. Ziel war es, die herbstlichen Weidenröschen in Szene zu setzen, was mit dem Richtung Grütschalp folgenden Be 4/4 22 zufriedenstellen gelingen sollte.
Am meisten machen die Weidenröschen allerdings im Gegenlicht her. Wenn sich dann noch die imposanten Bergketten des Berner Oberlandes dahinter auftürmen, geht es fast nicht besser.
Dann kommt der Be 4/4 22 auch schon von der Grütschalp zurück und eilt Richtung Mürren.
Eine letzte Einstellung von unterhalb der Strecke, jetzt mit dem dritten heute eingesetzten Triebwagen, dem Be 4/4 21. Hier lief mir auch erstmals ein weiterer Fuzzi mitten ins Bild. Der lief in nur wenigen Metern Entfernung an der Strecke entlang und fotografierte die seltsamsten Einstellungen. Einerseits gut, war er so weit genug entfernt, um ihn in Sekundenschnelle aus dem Bild zu exen, andererseits fragt man sich dann immer was solche Leute für Bilder machen. Vielleicht war es auch eine Art Next-Level-Kreativität, die ich noch nicht erreicht habe, aber so richtig konnte ich daran bei einigen weiteren Sichtungen des Herrn an diesem Tag nicht glauben 😀
Hatte ich gerade “letzte Einstellung von unterhalb der Strecke” gesagt? Stimmt nicht ganz, dafür kommt hier einfach zu häufig etwas. So war ich gerade erst bei der Alm kurz vor dem Bahnübergang, als eigentlich schon wieder der nächste Kurs Richtung Grütschalp dran war. Von der Serpentine des Weges an der Alm bot sich da gerade ein schöner Schuss zwischen zwei Nadelbäumen hindurch. Ein kanadischer Besucher fragte mich noch ob ich hier irgendwelche Wasserfälle oder ähnliche Spots kennen würde, so richtig verstand ich nicht worauf er hinauswollte. Ich konnte ihm jedenfalls auch nur schulterzuckend erzählen, dass ich wegen der Bahn hier sei. Erstaunlicherweise schien er gar nicht überrascht, dass es Menschen gibt, die für Bahnfotos hier hinauffahren. Scheint wohl auch in Kanada nicht ganz unbekannt zu sein dieser seltsame Zeitvertreib. Ist in dieser genialen Landschaft vielleicht auch einfacher, das jemandem verständlich zu machen, als wenn man versucht jemandem zu erklären, dass man in irgendwelche abgerockten rumänischen Industriereviere reist, um dort in Lost-Place-Umgebung heruntergekommene Straßenbahnen zu fotografieren 😀
Be 4/4 31 ist schon wieder an der Reihe zwischen Grütschalp und Winteregg.
Jetzt musste ich aber doch mal schnell die Streckenseite wechseln und rüber nach Grütschalp. Denn dort hatten mir vor zwei Jahren die sommerlichen Quellwolken die Stelle an der Bahnhofsausfahrt vermasselt, die nun langsam aus dem Licht drehen würden. “Schnell” ist auf dem Weg zwischen Winteregg und Grütschalp natürlich relativ, denn das ist der Rentner-, Reichen- und Familienspazierweg schlechthin – wobei Überschneidungen zwischen den Kategorien die Regel sind. Wer kann es ihnen verdenken – es ist halt auch einfach wunderschön hier oben auf diesem Panoramaweg bei so prächtigem Herbstwetter. Und so war doch trotz Oktober einiges los und das Tempo musste regelmäßig bei Menschengruppen, Hunden oder Kurven auf Schritttempo gedrosselt werden. Die Sonne reichte dann aber gerade noch aus für das angedachte Motiv. Offenbar gab es auch die mittägliche Pause im Viertelstundentakt nicht mehr. Vor zwei Jahren fehlten da mittags einige Kurse und es wurde für ein oder zwei Stunden nur ein Halbstundentakt gefahren. Das schien jetzt nichtmehr der Fall, es rollte weiter im Viertelstundentakt und so kam schon bald der Be 4/4 22 durch, während ich gerade einen Kaffee und das zweite Schoggi-Weggli genoss.
Unbeeindruckt von ihrer baldigen Ablösung eilen die Be 4/4 21-23 wie die vergangenen, über 45 Jahre zwischen Grütschalp und Mürren hin und her. Dabei haben sie nicht nur die Umstellung der einstigen Standseilbahn aus Lauterbrunnen in eine Luftseilbahn erlebt, auch die Infrastruktur der Adhäsionsstrecke wurde in den vergangenen Jahren grundlegend saniert: Die urigen Holzmasten gehören inzwischen der Vergangenheit an, es gibt moderne Bahnsteige und auch die Trasse wurde an vielen Stellen in Stand gesetzt. Fehlen nur noch die modernen Fahrzeuge…
Auf der letzten Aufnahme war es gut zu erkennen: Auch wenn die Strecke einige Schlenker macht, war die Zeit für Aufnahmen von der Talseite nun weitgehend vorbei. Ich konnte der Sonne aber gut eine Stunde lassen, um dann vernünftig von der Hangseite zu stehen. Alles gute Zutaten für eine Mittagspause. Wobei sich die Pause dabei nur auf das Fotografieren bezieht, denn ich konnte nun mal eben nach Mürren zum Coop rüber radeln und die Vorräte ergänzen. Gerade das Stück zwischen Winteregg und Mürren ist dabei immer ein wenig zeitaufwändiger, da der Weg unten an der Bahn für den Radverkehr gesperrt ist und man mit dem Rad stattdessen etwas weiter am Hang eine kleine Steigung zu überwinden hat. Dafür hat man hier natürlich dann mal weitgehend freie Bahn und kann es an dem Stück, wo es wieder zur Strecke hinab geht, ordentlich laufen lassen. Unterwegs legte ich noch einen kleinen Stopp ein und schoss mich selbst in einer leicht gestellten Szene – eigentlich war ich in Gegenrichtung unterwegs – beim Bergabfahren vor der Kulisse des Mönchs.
An der Ortseinfahrt Mürren eröffnete sich unerwartet noch ein kurzer Spot und der nächste Triebwagen ist nie weit, sodass man nie lang überlegen muss, ob es sich lohnt zu warten.
Unterwegs auf der Ausweichpiste zwischen Winteregg und Mürren. Hier für das passende Motiv mal kurz in die falsche Richtung 😉
Be 4/4 22 am Ortseingang von Mürren
Durch Mürren pilgerten schon wieder Scharen von Tagesgästen und den Reichen, die es sich leisten können in diesem Touristenort Urlaub zu machen. Aus meiner Sicht ist es nicht mal erstrebenswert, in so einem überlaufenden Ort voller Touri-Nepp zu nächtigen… Schön sieht’s natürlich trotzdem aus. Ein bisschen wie Schweiz aus dem Katalog bestellt.
Erstaunlicherweise hatte der Coop hier in Mürren keine Mittagsschließung mehr. Hatte ich von vor zwei Jahren noch anders in Erinnerung und daher vorsichtshalber nochmal bei Maps nachgeschaut. Angesichts der Scharen von Leuten, die sich hier am Sonntag versorgten, gab es zumindest aus wirtschaftlicher Sicht wohl auch keinen Grund Mittags dicht zu machen. Mit neuem Proviant im Rucksack ging es wieder zurück an den fotogeneren Teil der Strecke zwischen Winteregg und Grütschalp. Oberhalb von Winteregg parkierten heute zahlreiche der Autos, die mich vorhin auf dem Weg hinauf überholt hatten. Der Grund dafür war eine Veranstaltung an der Käserei bei Winteregg, die volksfestartigen Charakter entwickelte mit Essensstand, Getränken, Bierzeltgarnituren und natürlich dem zur Schau stellen und vermutlich auch Verkauf riesiger Käselaibe. Ich nahm noch einen Kurs bei der Ausfahrt Winteregg Richtung Mürren mit und schlug mich etwas in die Blaubeeren für ein paar Ansichten auf das Dreigestirn, bei dem das Gestrüpp perfekt als Vordergrund und zum Verdecken der geparkten Autos gleichermaßen genutzt werden konnte.
Be 4/4 22 verlässt Winteregg Richtung Mürren.
Das weithin bekannte Dreigestirn aus Eiger, Mönch und Jungfrau rückt langsam richtig schön ins herbstliche Nachmittagslicht. So schöne und klare Ausblicke auf die Bergkette hatte ich hier oben bei allen bisherigen Besuchen auch noch nie gehabt.
Rote Blaubeersträucher werden auch in den nächsten Tagen treue Begleiter bleiben.
Kaum das zweite Mal durch die Menschenmenge an der Käserei geschoben, kam ich an das erste Nachmittagsmotiv kurz vor der Einfahrt in die Kreuzungsstation Winteregg. Ein kurzer Einschnitt gibt hier genau den richigen Rahmen für die kleinen Wägelchen. Wäre da nicht die Fotografenmeute, von denen mir einer schon heute Vormittag mitten durch’s Bild marschiert war. Der Einschnitt ist eigentlich wunderbar geeignet, um etwas oberhalb des Weges vom Hang aus tolle Aufnahmen mit der Bergkette oberhalb Wengen aufzunehmen. Variierbarer, erhöhter Standpunkt und dennoch schön groß die kleinen Triebwagen in Szene setzen. Alles möglich. Oder natürlich, man bleibt einfach mitten auf dem Weg stehen, vielleicht darf es sogar noch ein Stück näher sein, um selbst für ein Fahrzeugbild in den Weitwinkel zu müssen? Manches verstehe ich einfach nicht… Dummerweise waren die halt zuerst da und hatten damit dem Fotografenkodex folgend das Recht der Standortwahl 😀 Gut, anders herum war zumindest einem der drei das vorhin auch wumpe gewesen, aber man hat ja auch einen unschlagbaren Vorteil in diesem Kampf, wenn man sich einfach immer direkt ans Gleis stellt für die Bilder. Nicht falsch verstehen, ich ärgerte mich jetzt nicht ernsthaft, dafür war es ein viel zu schöner Tag. Eher rätselte ich wiedermal über die Intension hinter dieser seltsamen Standortwahl. Ein paar Perspektiven gingen auch so schon, bei der die Vierertruppe entweder durch den Blickwinkel, oder hinter dem Vordergrund verschwand. Ansonsten hoffte ich einfach mal, dass die nach der nächsten Kreuzung weiterziehen würden. Ein bisschen hartnäckig waren die aber schon jetzt und blieben nach der nächsten Kreuzung auch noch einen weiteren Kurs an der Stelle. Jetzt hatten sie das gleiche Bild aber mit allen drei Triebwagen, da müssten sie doch endlich mal weiterziehen. Taten sie dann zum Glück auch und so konnte ich noch eine letzte Einstellung umsetzen, die einfach nicht möglich gewesen war, solange die direkt am Gleis hingen.
Wie die Hühner auf der Stange standen die vier von der Tankstelle da für alle drei Triebwagen direkt am Gleis. Hier gesellte sich im letzten Moment sogar noch eine Smartphone-Fotografin dazu. Mir erschloss sich dieser Standpunkt nicht, außer man hätte es auf formatfüllende Fahrzeugaufnahmen abgesehen. Be 4/4 21 erreicht in wenigen Metern die Kreuzungsstation Winteregg. Rechts geht die hier oben nur auf den ersten Metern asphaltierte Piste nach Lauterbrunnen hinab.
Von hinten kreuzte der 31, den ich dann so steil aufnahm, das die vier Kameraden aus dem Bild wanderten. Blöderweise zogen die dann aber nicht ab, sondern warteten auch noch auf den dritten der heute eingesetzten Triebwagen Be 4/4 22. Ich stand etwas in den Hang hinein und präparierte mir einen Ausschnitt, der die vier Kollegen nahezu vollständig kaschierte. Nur der Kopf des Gelben ragt hier noch etwas rein wenn man genau hinschaut.
Dann zogen sie endlich Richtung Grütschalp weiter und ich hatte freie Bahn für die Aufnahme, die ich ganz zuerst mal angedacht hatte: Postkartenmotiv mit Blaubeeren, Bergkette und Be 4/4 21 in Wiese. Da ich beim ins Bild fahrenden Be 4/4 22 noch etwas die Perspektive verriss – da reichen einfach wenige Millimeter so bodennah – musste ich beim Nachschuss auf Be 4/4 21 mal eben die Frontscheibe austauschen, da dort ganz ungünstig ein Fahrgast lehnte bei der Fahrt Richtung Grütschalp.
Wenn hier schon einmal so klares Wetter ist am Nachmittag, durfte jetzt eine Ansicht mit dem Dreigestirn natürlich nicht fehlen. Im Sommer dürfte die Sonne dafür wohl weit genug herumwandern, im Oktober ist das eher nicht mehr der Fall, sodass man mit einem harten Frontschatten leben muss. Daher gleich etwas weiter weg und schön seitlich stellen. Kurz hinter dem großen Schlenker mit der Brücke gibt es genau dafür eine recht bekannte Stelle die nun auf den Plan rückte. Und eigentlich ist es nicht zu fassen was mir dann passierte: Mir fuhr ein Auto ins Bild. Aber wirklich sowas von passend 😀 Auf dieser Schotterpiste, wo vielleicht eine Handvoll Pickups am Tag durchkommen, an einem Motiv, wo der Triebwagen nur Sekunden überhaupt im Bild ist. Genau diesen Slot zu treffen war irgendwie schon die hohe Kunst von dem Auto. Das war einfach so unwahrscheinlich das ich kurz schmunzelte und mir die Minuten bis zum nächsten Kurs mit ein paar Landschaftsaufnahmen vertrieb.
Fast schon mystisch scheint die Sonne durch die Hänge oberhalb der Strecke.
Da leuchten die Weidenröschen im Streiflicht gleich wieder besonders schön.
Eiger, Mönch und Jungfrau in Bestform mit Weidenröschen als dekorativen Vordergrund.
Nach dem Pickup-Schaden klappte es dann wunderbar mit Be 4/4 31 Richtung Mürren. Auch das Renter-Duo unten auf der Bank saß noch immer dekorativ im Bild und sah dem Triebwagen in dieser herrlichen Kulisse nach.
Es war inzwischen schon halb vier durch und auch wenn es sich noch nicht so anfühlte, würde die Sonne hier gleich hinter dem Berggrat verschwinden und die gesamte BLM innerhalb weniger Minuten im Schatten verschwinden. Das ist dann eben das Problem an einer solchen Streckenlage am Nachmittag. Die Wengernalpbahn am Gegenhang dürfte wohl locker noch mindestens eine Stunde länger Sonne haben. Aber ein paar Kurse blieben vielleicht noch und dann hätte ich es auch im Kasten. Viel gibt es dazu nicht mehr zu sagen. Ich schaute einfach noch eine Dreiviertelstunde, was an den Wiesen zwischen Winteregg und Grütschalp noch ging. Natürlich nicht ohne die Streckenwanderer, die mir wiedermal in die Quere kamen, aber ich konnte einen Bogen um das Motiv machen, dass ganz augenscheinlich wieder im Abstand von wenigen Metern zum Gleis zu finden war 😀 Bitte nicht böse nehmen… 😉
Be 4/4 22 zwischen Grütschalp und Winteregg auf dem Weg nach Mürren. Im Hintergrund ist wunderbar der Ort Wengen auf seiner Sonnenterrasse zu sehen.
Einige Meter weiter Richtung Grütschalp, diesmal mit Be 4/4 21. Hier hatte ich mich für ein mal auch etwas im Standort vertan, “fiel” der Triebwagen doch etwas tiefer ins Gras, als ich erwartet hatte.
Nur kurz vor Grütschalp dreht die Strecke im Herbst für wenige Meter weit genug herum, für Aufnahmen in Richtung des Dreigestirns. Ich kletterte mal zur Strecke herunter, aber es ließ sich kein wirklich geeigneter Standpunkt finden. Daher ein Notschuss auf Be 4/4 21 neben einer riesigen Weidenröschen-Kolonie und zumindest dem Jungfraujoch und der Jungrfau prominent im Bild.
Wieder oben am Weg gab es noch zwei “Wengen-Perspektiven”. Zunächst mit Be 4/4 31 Richtung Mürren.
Dann zum Abschluss noch einmal mit Be 4/4 22 Richtung Grütschalp. Man ahnt es angesichts des Sonnenstandes nicht, aber wenige Momente später war das Licht schlagartig ausgeschaltet. Ob es gleichzeitig meine letzte Aufnahme hier oben von einem der Be 4/4 war, die diese Strecke nun fast ein halbes Jahrhundert geprägt haben? Sehr wahrscheinlich ist es so, aber der Abschied heute war doch wirklich hervorragend gelungen!
Man kann sich einfach nicht sattsehen an dieser weltbekannten Bergformation von einem so genialen Aussichtspunkt wie der Strecke der BLM.
Kurz darauf lag meine Hangseite im Schatten und es blieb nurmehr die Möglichkeit eines Panoramas über das Tal hinweg. Schön war es wiedermal hier oben!
Als wäre ein solcher Tag nicht schon genug gewesen, hatte ich jetzt natürlich noch die fast durchgehende Abfahrt bis Wilderswil als grandiosen Abschluss vor mir. Ich hatte zwischenzeitlich schonmal den Coop in Matten als Treffpunkt für 18:00/18:30 in den Raum gestellt. Deadline dort wäre 19 Uhr, sonst müssten wir einen Coop Pronto aufsuchen.
Einfach nur ein großer Spaß war die folgende Abfahrt nach Lauterbrunnen hinab. Nicht sonderlich anspruchsvoll, aber einige etwas grobschlächtige Schotterpassagen mit fiesen Spurrillen hat die Piste schon in petto. Dank der Autobreite kommt man da aber nie in Nöte und kann gut daran vorbeiwedeln. Zwei elektrische Bergmofas schlichen trotzdem im Schneckentempo – wahrscheinlich so um die 20 km/h – den Berg hinunter. Die musste ich dann doch mal beiseite Klingeln, da laufen ja die Bremsen heiß bei einem solchen Geschleiche 😀 In Lauterbrunnen warf ich noch einen Blick auf den Bahnhof hinab, ohne etwas Spannendes zu entdecken. Die als Verschub und zum Gütertransport verbliebenen BDhe 4/4 sahen wie jedes Mal noch ein wenig verblichener aus. Durch die Massen an von den Bergen kommenden Touristen wühlte ich mich aus dem Ort hinaus und wechselte hinter dem gesperrten Teil wieder auf die Schotterpiste jenseits der Lütschine hinüber. Genauso wie zum Warmfahren am Morgen, ist diese Strecke auch zum Abschluss am Abend immer sehr entspannt. Am Coop in Matten stand noch kein bekannter Wagen, sodass ich noch die lange Stelle an der BOB vor Interlaken versuchen wollte. Ob man da so eine 15-Wagen-Fuhre mal komplett draufbekommt? Alsbald kam auch die Nachricht, dass zwischen Meiringen und Interlaken die A8 wie immer voll sei und es , wie ich später erfuhr wegen einer Baustelle, noch etwas dauern würde. Ich hatte also keine Eile und konnte gleich in beide Richtungen noch einen Zug der BOB an den beiden Wiesen vor Interlaken Ost mitnehmen. Sogar die Sonne, die hier genau in der Achse des Thunersees untergeht und damit selbst im Oktober ewig scheint, reichte so gerade eben noch für beide Züge.
Die erste Wiese reichte schonmal ganz klar nicht für eine 15-Wagen-Komposition. Angeführt von ABDeh 8/8 322 ist eine solche Fuhre hier unterwegs Richtung Wilderswil.
Und selbst die Stelle direkt an der Bahnhofseinfahrt reicht nicht mal bei vollem Weitwinkel (18mm auf Crop) für die folgende 15-Wagen-Komposition Richtung Interlaken mit ABDeh 8/8 321.
Um 18:30 war ich wieder am Coop in Matten und inzwischen war mein Taxi eingetroffen. Wahnsinn, was hier kurz vor Ladenschluss noch für ein Gedränge war auf dem Parkplatz. Wir kauften für das Abendessen ein und zogen noch zwei frische Kaffee aus dem Vollautomaten. Praktisch: Das Ding wird direkt kontaktlos mit Karte bezahlt, man müsste also nicht mal durch die Kasse, wenn man sonst nichts einkaufen würde. Noch schnell die Flaschen am Brunnen gefüllt und los ging es.
Wo wir uns jetzt hier wiedergetroffen hatten bleibt natürlich die Frage, wo wir überhaupt hinwollten. Das hatten wir mit Blick ins Wetter schon gestern Abend festgelegt. Denn das Wetter sagte noch einen Tag strahlende Sonnenschein voraus. Maximale Sonnenscheindauer -> Bergwetter! Da noch nicht verlässlich klar war, wie es danach weitergehen würde mit dem Wetter, war das jetzt der Moment, um noch ein zweites hochalpines Ziel abzuarbeiten, dass wir beide auf dem Zettel hatten: Die Gornergratbahn. Man hätte hier im Oberland zwar noch gut einen Tag rumkriegen können, aber sich dieses Wetter in den 4000ern des Wallis entgehen zu lassen, war das optionale Programm, das wir hier noch offen hatten nicht wert. Und so weit ist es ja auch gar nicht. Zumindest nicht Luftlinie 😀 Aber auch ohne Fluggerät sind es bei Innertkirchen über den Grimsel und anschließend das Goms hinunter und das Mattertal wieder hoch nur gut 2 1/2 Stunden. Klar bisschen was zu fahren auf den Abend, aber wir konnte uns ja abwechseln und das Abendessen hatten wir jetzt schon gesichert. Der Stau zwischen Interlaken und Meiringen hatte sich inzwischen aufgelöst. Den kleinen Hüpfer nach Innertkirchen hinüber und dann ging es den Grimsel hinauf. Mit 2164 Metern ist der Grimsel einer der durchaus ernsthafteren Schweizer Alpenpässe, aber sehr klassisch trassiert, für 40-Tonner gesperrt und im Winter geschlossen. Entsprechend spaßig ist die Fahrt und wir schafften den größten Teil noch in der Dämmerung. Erst Richtung Passhöhe ging es dann endgültig in die Dunkelheit der Nacht hinein. Umso beeindruckender war dadurch die nächtlich illuminierte Baustelle der neuen Spitallamm-Mauer des Grimselsees, die seit 2021 als Ersatzbauwerk für die 1935 fertiggestellte alte Mauer errichtet wird. Das waren einfach nur eindrucksvolle Dimensionen. Wenig später ging es schon hinab Richtung Gletsch. Dort wurde eine kurze Pause eingelegt, bei der ich versuchen wollte, den nächtlichen Furkapass mit Sternenhimmel abzulichten. Mit etwas Arbeit in Lightroom war im Nachhinein sogar ein bisschen was rauszuholen aus der Aufnahme.
Der Standardschuss vom Parkplatz in Gletsch Richtung Furkapass heute mal etwas anders.
Die Fahrt durch’s Goms war unspektakulär und zog sich wie immer in die Länge. Zwischendurch rief noch unser Hotel in Täsch an, um uns Bescheid zu geben, wo der Schlüssel für uns versteckt sei, da man nach 21 Uhr nicht mehr an der Rezeption sei. Um Visp kommt man in diese Richtung inzwischen bekanntermaßen durch den Tunnel recht elegant herum und direkt ins Mattertal, dass es dann über Stalden und St. Niklaus auch noch eine ganze Weile wieder hochzufahren galt, nachdem wir gerade auf fast 600 Meter hinuntergerollt waren. Die Serpentine vor Randa tauchte dann offenbar sehr kurzfristig auf der Karte auf, vielleicht hatte ich als Beifahrer auch meine Aufgabe das “Gebetsbuch” zum Streckenverlauf vorzutragen etwas vernachlässigt. Ich meinte jedenfalls am Dienstagmorgen noch sehr deutlich Teile meines Reifenbelages in der Serpentine zu erkennen – gut, vielleicht etwas übertrieben 😉
Fast genau auf 22 Uhr erreichten wir schließlich unser Hotel am südlichen Ortsrand von Täsch. Wie immer bei bezahlbaren Unterkünften in dieser Gegend war das Mobiliar etwas in die Jahre gekommen und die sanitären Einrichtungen einfach gehalten. Aber es sollte reichen. Abgesehen natürlich von dieser nervigen Holzkante am Bettende. Werde ich nie verstehen, wie man so einen Quatsch bauen kann, wo man mit über 1,80 nicht mehr ohne Verrenkung drin schlafen kann.
Ein reichhaltiges Abendessen wurde sich auf dem Zimmer noch einverleibt, dann ging auch schnell das Licht aus, denn morgen hieß es früh aufstehen. Zumindest für mich, denn ich wollte direkt mit dem Early Bird hinauf zum Riffelsee um dort den Sonnenaufgang zu erleben. Eine Unternehmung, die mir seit meinem Besuch am Riffelsee vor zwei Jahren nicht mehr aus dem Kopf wollte. Der Mitreisende würde es ruhiger angehen, nachdem er heute abgesehen von der Serpentine vor Randa noch zwei weiteren Fehleinschätzungen unterlegen war: Dem Sonnenaufgang in Breitlauenen, der Anfang Oktober letztlich erst kurz nach elf stattfinden sollte und er damit viel zu früh am Berg war – das hätte ich auch nicht erwartet – und der Höhe, die es von dort hinabzusteigen galt. Entsprechend ziepten die Muskeln und Gelenke jetzt ordentlich und es würde morgen etwas gemütlicher angegangen werden.
Ich machte mich aber für den Gewaltstart bereit, buchte bei der SBB schonmal ein Ticket mit Abfahrt 06:35 in Täsch und Ankunft in Rotenboden um 07:28 Uhr und stellte den Wecker entsprechend auf kurz nach 6. Wenn das Morgen so weiterginge wie heute, wäre das aber mal ein sehr fulminanter Start in diesen Urlaub.
Übrigens bin ich jetzt im Nachhinein bei ein wenig Recherche darüber gestolpert, dass die BLM ab dem 2. Oktober bis zum 17. November gesperrt war – das war ja mal eine knappe Kiste gewesen 😀 Zum einen standen während der Betriebspause an der Luftseilbahn Arbeiten an und damit fiel der Anschluss in Grütschalp ohnehin weg, zum anderen, weil auch an der BLM in Winteregg noch etwas umgebaut werden sollte, wahrscheinlich für die Ankunft der neuen Triebwagen. In der herbstlichen Betriebspause folgte am 30. Oktober schließlich die Anlieferung des ersten Fahrzeugteils des neuen Be 4/6 102 auf einem Spezialfahrzeug nach Winteregg, am 31. Oktober folgte der zweite Fahrzeugteil. Der Wagen wurde auf eben jenem Weg hinaufgeschafft, den ich heute geradelt war und damit nicht wie zuletzt der Be 4/4 31 im Jahr 2010 über Isenfluh. Noch am selben Tag konnte der Be 4/6 102 bereits aus eigener Kraft nach Grütschalp hinabfahren – oder besser bremsen. Damit ist der Generationswechsel auf der BLM nun eingeläutet, nachdem zuvor schon die Infrastruktur über Jahre ertüchtigt wurde. Damit einhergehend wird auch die Fahrleitungsspannung von den bisherigen 560V auf 750V DC erhöht. Mit den neuen Fahrzeugen kann somit in Zukunft bis zu 50 km/h schnell gefahren werden und die Strecke damit im 15-Minuten-Takt mit nur zwei Fahrzeugen bedient werden. Bislang war dies zwar von der reinen Fahrzeit her schon möglich, allerdings waren die Wendezeiten dann so knapp, dass es nicht für den Güterumschlag gereicht hätte, sodass stets drei Fahrzeuge für den 15-Minuten-Takt benötigt wurden mit einem vierten Fahrzeug als Reserve. Zukünftig genügen dann zwei Fahrzeuge für den Planbetrieb und eines als Reserve. Die drei Be 4/4 21-23 werden im Zuge der Erhöhung der Fahrdrahtspannung künftig nicht mehr eingesetzt werden können und die BLM somit wohl verlassen. Der Be 4/4 31 kann zwar unter höhere Spannung fahren, allerdings ist derzeit noch nicht offiziell verlautbart worden, ob der Triebwagen noch eine Zukunft bei der BLM haben wird.