Flucht in die Wintersonne VII: Fernsicht am Monte Generoso

Heute verabschiede ich mich für einen Tag vom Schnee und fahre entlang der Alpensüdseite weiter hinüber ins Tessin zum Monte Generoso. Vier Züge der dortigen Zahnradbahn erreichen zwischen den Jahren täglich den Gipfel und bieten einen unvergesslichen Blick in die umliegende Bergwelt.


Samstag, 28. Dezember 2024

Frühstück war hier wiedermal nicht inkludiert, in Italien lässt sich das aber gut verkraften und einem selbstbestimmten Tagesstart stand so nichts im Weg. Gegen 8 Uhr war ich fertig und lief hinunter zum Auto, dass ich gestern Abend paar Meter die Hauptstraße hoch am Ufer des Lago die Como abgestellt hatte. Es dämmerte bereits in bunten Farben am wolkenlosen Himmel über dem See und direkt war die Vorfreude auf den Tag geweckt.


Fast den gleichen Blick hatte ich schon gestern Abend aufgenommen. Nun gibt es Dongo kurz vor der Weiterfahrt auch noch einmal bei einbrechender Helligkeit.


Über dem Lago di Como dämmert es schon mächtig.

Aus dem Kofferraum versorgte ich mich zum wiederholten Male mit einem schmalen Frühstück, bestehend einzig aus einem Kaffee und dann konnte die Fahrt losgehen. Über die morgendlich noch recht leere Uferstraße durch die sich aneinanderreihenden Ortschaften zu cruisen, war wirklich ein Spaß. Dazu passende Musik und die Vorfreude auf den Tag – so muss Urlaub. In den verwinkelten Orten ging es teils nur einspurig mit Fahrzeugen heutiger Größe, zwei Pandas gehen natürlich immer aneinander vorbei. Eigentlich viel zu schön hier die Gegend, um einfach nur abends in der Dunkelheit anzukommen und morgens direkt weiterzufahren, dachte ich mir dabei. Aber ich hatte andere Ziele und was hier zur Saison abgehen muss, wollte ich mir lieber nicht vorstellen. Da werden diese Uferstraßen wohl regelmäßig kollabieren und es zu einer ähnlichen Blechkarawane kommen, wie man es auch von bekannten Küstenstraßen anderswo kennt.

Die Verkehrsführung vor der Grenze bei Chiasso war dann recht abenteuerlich um anschließend direkt auf die A2 auf Schweizer Seite zu gelangen. Da war ich wieder einmal froh um Navigationsansagen. Weit war es dann nicht mehr bis nach Mendrisio, wo ich zunächst noch einen Coop zur Besorgung eines verspäteten Frühstücks und der weiteren Tagesversorgung anlief. Dann begann die Suche nach der kleinen Piste hinauf Richtung Kreuzungsstation Bellavista, wo es unweit einen großen Parkplatz gibt. Am Ortsrand von Mendrisio geht es dafür in den kleinen Ort Somazzo hinauf. Dort ließ mich das Navi allerdings wieder im Stich, indem es wilde Vorschläge dafür hatte, wie denn hier durch den Ort zu fahren sein: Eine Serpentine durch die man in mehreren Zügen “sägen” muss – daran konnte ich mich nicht erinnern vom letzten Besuch. Das ließ ich wieder sein und folgte Instinkt und Apple Karten.

Auch diesmal war ich wieder recht erstaunt, dass diese fast 10 km lange, schier endlose, schmale und steile Serpentinen-Piste durch den Wald für den MIV freigegeben ist. Angesichts des großen Parkplatzes oben, ist es wohl auch kein sonderlich großer Spaß, hier gegen die Lastrichtung zu fahren, denn breite Stellen sind wirklich Mangelware und längeres Zurücksetzten für den Talfahrer dann keine Seltenheit. Gerade weil hier viele Touristen mit Panzern unterwegs sind, denen sie nicht wirklich Herr werden, dürfte sich das Aneinandervorbeikommen dann das ein oder andere Mal recht zäh gestalten. Aber am Vormittag hoch und am Nachmittag runter, ist eigentlich kein Problem. Da kommt dann nicht viel entgegen. Kurz oberhalb der unteren Kreuzungsstation San Nicolao kam mir dann ein Talfahrer an einer der wenigen Stellen entgegen, an der man die Strecke von der Straße aus sieht. Schade, hätte ich das gewusst, wäre sicher irgendwas damit anzustellen gewesen. Ob das eine Personalfahrt zum Gipfel war? Andererseits könnte man die dann eigentlich auch für die Öffentlichkeit anbieten, denn die erste fahrplanmäßige Fahrt geht mit 10.15 Uhr ab Capolago doch nicht eben früh.

Vor Bellavista angekommen steht natürlich eine zentrale Parkuhr – wir sind schließlich in der Schweiz. Da ich die in den gängigen Apps im Vorhinein nicht finden konnte, hatte ich extra für diese Uhr sogar noch CHF-Münzen für eine Tagesration Parken mitgenommen. Die Parkuhr war dann allerdings abgedeckt und das Parken auf den weit über 100 Stellplätzen umsonst – auch eine Lösung.

Wie ich meine Sachen für die kleine Tageswanderung packte, wurde ich plötzlich mit einem Schwall Italienisch angeredet. Als ich kurz zu Wort kam, konnte ich deutlich machen, dass ich von dem Vortrag quasi nichts verstanden hatte, aber sie konnte direkt ins Englische wechseln und ich ihr erklären, dass die drei mit ihrem Panda hier richtig seien für den Weg zum Monte Generoso. Bisschen schmunzeln musste ich schon beim Gedanken, zu dritt in diesem sehr originalen Panda hier die zehn Kilometer Piste hochzukurbeln. Ob man da mal in den 2. Gang kommt? Mit so einer Karre mal über italienische Pisten zu jagen, am besten einem Panda 4×4, bleibt weiterhin auf meiner ToDo-Liste 😀

Voll bepackt für den Tag ging es dann mit etwa 40 Minuten Vorsprung auf den ersten Bergfahrer ab Bellavista gen Monte Generoso. Mit vier Kilometern und knapp 500 Höhenmetern ist das ja eher ein Spaziergang, die Strecke taucht allerdings erst nach rund der Hälfte aus dem Wald auf, sodass vorerst kein Bummel angesagt war, wollte ich den ersten Bergfahrer bereits an einem Motiv abpassen. Nachdem ein steiler Anstieg im Wald gemeistert ist, fällt der Blick bald immer wieder in die winterlich karge Landschaft der Alpensüdseite, bis hinab in die Ebene nach Mailand. Man konnte sich daran den ganzen Tag nicht wirklich sattsehen.


Nach einem steilen Anstieg im Wald oberhalb von Bellavista eröffnen sich bald die ersten Blicke in die Landschaft. Hier auf die winterlich kargen Südalpen mit dem Muggiotal.


Einmal umgedreht schweift der Blick bis hinüber zum Apennin, hinter dem sich Genua verbirgt. In der großen Po-Ebene dazwischen ragen im winterlichen Nebel die Hochhäuser von Mailand empor.


Beim Blick nach Vorn sind schon die teils verfallenen Alpansammlungen unterhalb des Monte Generoso zu erkennen.


Der Wanderweg selbst ist eher als anspruchslos zu bezeichnen. Im Sommer macht die schwüle Wärme zu schaffen, jetzt im Winter ist es bei zehn Grad einfach nur super angenehm.

Auch wenn der Wanderweg selbst eher anspruchslos und für alpine Verhältnisse meist nicht sonderlich steil ist, muss man zur oberhalb verlaufenden Strecke doch immer irgendwie etwas mühsam hinaufklettern. Jetzt im Winter war aber auch das deutlich angenehmer, da das Gestrüpp am Hang zwischen dem Wanderweg und der Bahnstrecke weit weniger garstig war, als im Sommer. Die Steigung war dennoch nicht ganz harmlos, vor allem mit den Schneeresten, die es am Waldrand teils noch rutschig machten. Irgendwie kam ich aber oben an der Strecke zwischen den beiden obersten Tunnels an. Hinunterklettern wollte ich hier aber nicht unbedingt, erinnerte mich aber, dass es am zweiten Tunnel etwas einfacher war mit dem Auf- und Abstieg. Sollte dort also gehen. Jetzt blieben mir doch noch paar Minuten für ein Frühstück, auch wenn der Zug dann deutlich früher kam, als ich es erwartet hatte. Planmäßige Abfahrt in Bellavista war 10.40 Uhr, Ankunft am Gipfel um 10.55. Bei mir kam der Bergfahrer dann schon um 10.44 durch, was mir doch recht früh erschien, aber ich hatte zum Glück genug Puffer gehabt. Wahrscheinlich ist die Fahrzeit zwischen Bellavista und Generoso Vetta etwas großzügig ausgelegt, da es im Grunde eh keine Rolle spielt. Zumindest kamen die Züge fast alle rund fünf Minuten vor Planzeit in der Bergstation an.


Zwischen Bellavista und Generoso Vetta ist Bhe 4/8 12 auf dem kurzen Stück zwischen den beiden obersten Tunnels unterwegs.


Auf einem hohen Damm wird ein Einschnitt des Bergrats passiert, bevor es in den letzten kurzen Tunnel geht. 

Für den nächsten Bergfahrer, der hinaufkommt, bevor der erste Talfahrer runterfährt, sollte es nun auf das “Dach” der obersten Tunnels gehen. Von dort aus fällt der Blick bereits bis zur Bergstation und die gesamte restliche Strecke am Südosthang des Grats. Diese Streckenlage ist im Übrigen auch der Grund, warum man die Ferrovia Monte Generoso, trotz ihres Verlaufes auf den Aussichtsberg in Mitten des beeindruckenden Bergpanoramas, quasi nie mit selbigem zusammen ins Bild bekommt. Der kahle Bergrat verdeckt zuverlässig den Blick auf die 4000er. Am späten Nachmittag sind wenigstens Blicke in die südlichen Ausläufer der Alpen möglich, allerdings fährt zumindest im Winter dann auch kein Zug mehr. So gab es dann heute zahlreiche Landschaftsblicke ohne Bahn, denn die eröffnen sich zahlreich, entweder von Vetta und dem Gipfel aus, oder wenn man zuvor schon die Höhe des Grats erklimmt oder durch einen der Einschnitte blickt.


Blick über den Luganersee bis zu den 4000er des Wallis.


Der große Klumpen in der linken Bildhälfte ist das Monte-Rosa Massiv mit dem höchsten Schweizer Berg und zweithöchstem Berg der Alpen, der Dufourspitze. Von hier gesehen vollkommen unscheinbar das Matterhorn als kleiner Zacken rechts daneben.


Auch der Blick in die karge Landschaft der südlichen Alpen-Ausläufer ist bei diesem Licht eindrucksvoll und erinnert sehr an Schauplätze aus Fantasy-Verfilmungen. Wo sind die Reiter von Rohan? Ein nettes Plätzchen für ein zweites Frühstück hier auf dem obersten Tunnel sitzend. Bald kam dann aber auch der zweite Bergfahrer auf dem Weg zur Gipfelstation durch, die hier ganz links im Bild zu sehen ist.


Auf dem obersten Tunnel bietet sich ein Zweirichtungsblick an. Bhe 4/8 11 kämpft sich vor dem weiten Blick in die Ebene von Mailand und Turin bis hinüber zu den Apeninnen und Seealpen hinauf zum Monte Generoso. Auf dem kurzen Damm bietet sich auch den Fahrgästen erstmals ein Blick auf die 4000er des Wallis.


Am nächsten kurzen Einschnitt des Berggrats liegt die Strecke etwas zu tief, um den Fahrgästen einen erneuten Blick zu bieten. Aber die Bergstation ist in wenigen Minuten erreicht, wo der Blick in die Bergwelt dann ungestört genossen werden kann.


Nachdem das alte Gebäude an der Bergstation wegen Untergrundbewegungen geschlossen werden musste, wurde es schließlich 2014 abgebrochen und bis 2017 die neue “Fiore di pietra” errichtet. Das futuristische Gebäude ist weithin sichtbar und will nicht so richtig in seine Umgebung passen.

Nun stand der erste Talfahrer an, der für 12.25 Uhr im Fahrplan stand. Ich blieb gleich hier auf meinem Ausguck auf dem Tunnel, denn wirklich mehr Motive an der Strecke gab es in diesem Abschnitt jetzt nicht mehr bis zur Bergstation. Ich wollte es auf einen Versuch eines Panoramas mit Zug ankommen lassen, um wenigstens ein wenig der umgebenden Landschaft einmal mit der Bahn festhalten zu können. Die Sonne war genau hinter dem Tunnel inzwischen weit genug rum und die Züge sind kurz genug, um sie auf ein Hochkantbild zu bekommen und anschließend die restlichen Aufnahmen des Panoramas zu schießen, ohne dass es zu unlogischen Bildabschlüssen kommt.


Bhe 4/8 12 bedient den ersten Talfahrer um 12.25 Uhr, nachdem nun einige Zeit zwei Triebwagen in der Bergstation pausiert hatten.

Noch ein Blick durch die Lücke im Grat über den Luganersee, dann begann der Abstieg hinunter zum Wanderweg. Das war von hier wirklich deutlich einfacher, als vorhin der Aufstieg und im Anschluss lief ich bis zur Bergstation hinauf. Bei diesem genialen Fernblick wollte ich diesmal natürlich auch ganz hinauf auf den Gipfel, nachdem ich mir das in der schwülen sommerlichen Suppe beim letzten Besuch 2021 gespart hatte. Dafür bot sich nun die zweistündige Pause bei den Bergfahrern bestens an, denn der nächste Zug würde den Gipfel erst um 13.55 Uhr wieder erreichen. Ich hatte zwar eh nicht mehr viele Motive – wirklich was anderes wäre nur noch an den kurzen Sonnenspots im Waldabschnitt gegangen, aber dafür wäre viel Hin- und Hergelaufe nötig gewesen – aber ich wollte bei den wenigen Zügen dennoch keinen gänzlich ungenutzt lassen.


Da nach dem zweiten Bergfahrer zeitweise zwei Triebwagen in der Gipfelstation stehen, wird mindestens einmal am Tag auch das talseitige Gleis in der Gipfelstation benutzt. Dort verbrachte Bhe 4/8 11 seine großzügige Pause und macht sich nun mit einer Ladung Ausflügler zurück auf den Weg zum Luganersee.


Eine Tafel an der Bergstation weist auf die ungewöhnlichen Eigentumsverhältnisse der Zahnradbahn hin.

Wenn man das Getümmel an den Bergstationen anderer Schweizer Zahnradbahnen aus dem Berner Oberland oder dem Wallis kennt, dann ist das hier am Monte Generoso wirklich kein Vergleich. Gesichter aus fernen Ländern und Kontinenten sind eher die Ausnahme, die vorherrschenden Sprachen sind Italienisch und Deutsch. Es geht alles recht gemütlich zu. Zehn Minuten vor Abfahrt wird ein kleiner Tritt von der Fahrerin an die vordere Tür gestellt, einer nach dem anderen steigt ein und das Ticket wird ebenfalls von der Fahrerin direkt an der Türe kontrolliert. Sind alle eingestiegen und haben einen Sitzplatz gefunden, wird der kleine Tritt wieder beiseite geräumt die Türe geschlossen und es geht gen Tal. Von Hektik, Massenaufläufen gelber Kappen hinter bunten Regenschirmen und wildem Getümmel keine Spur. Der Grund dürfte vermutlich sein, dass es in der Gegend einfach noch genügend andere Aussichtsberge mit Seilbahnanschluss gibt, auf den sich die Besucher verteilen, zumal der Monte Generoso selbst nicht wirklich spektakulär ist. Auch die Bahn selbst ist hier nicht das Ziel, wie es etwa bei der Schynige-Platte-Bahn oder der Brienz Rothorn Bahn der Fall ist, sondern gefühlt etwa zwei Drittel der Besucher machen sich vom Parkplatz Bellavista aus zu Fuß auf den Weg.

So führte die Bahn von Beginn an ein Dasein scharf an der Defizitgrenze oder deutlich darunter. Etwas kurios war schon der eigentliche Grund für den Bau der Strecke, der von einem Arzt aus Medrisio vorangetrieben wurde. Nicht etwa vorrangig um den Gipfel zu erreichen, sondern seine Hotelanlage an der Kreuzungsstation Bellavista – das dürfte heute der Lost Place im Wald neben der Kreuzungsstation sein. Die Besucherzahlen der 1890 eröffneten Bahn blieben weit hinter den Erwartungen zurück und nach mehrfacher Liquidation musste der Betrieb schließlich 1939 eingestellt werden. Ein ungewöhnliches Konstrukt rettete der Ferrovia Monte Generoso den Fortbestand: Der Gründer des heutigen Migros-Konzerns kaufte die Bahn und wandelte sie in eine Genossenschaft um, deren Defizite bis heute vom Migros-Konzern ausgeglichen werden. 1941 wurde der Betrieb wieder aufgenommen und im Laufe der 50er- und 60er-Jahre schrittweise auf Dieselbetrieb umgestellt. Ein absolutes Alleinstellungsmerkmal dieser Strecke, die ihr in dieser Zeit in der Bahnszene etwas mehr Aufmerksamkeit bescherte. Abgesehen von der Brienz-Rothorn-Bahn endete das Dampfzeitalter bei den anderen Schweizer Bergbahnen schon erheblich früher und es erfolgte direkt die Umstellung auf elektrische Traktion. Die Diesel-Zwischenstufe dürfte bei der Ferrovia Monte Generoso schweizweit recht einzigartig sein. Erst zum April 1984 wurde die Elektrifizierung abgeschlossen und der Betrieb mit den noch heute eingesetzten Bhe 4/8 11 bis 14 aufgenommen. In der Bahnszene fiel die Strecke damit bei vielen wieder in der Gunst, nachdem die Dampfloks und die urigen Dieselloks und -Triebwagen Geschichte waren und seither nur mehr vereinzelt Sonderfahrten mit einem Dampfzug durchgeführt werden. Nach der erfolgreichen Revision der H 2/3 2 sollen zumindest diese Fahrten nach einigen Jahren Pause in der Saison 2025 wieder angeboten werden.
Angesichts der nun schon wieder 40 Einsatzjahre der Bhe 4/8 und mangelnder Barrierefreiheit, stellt sich inzwischen auch die Frage, wie lange diese Fahrzeuge noch im Einsatz stehen werden. In den letzten Jahren wurde die Gesamtstrecke Stück für Stück generalsaniert und ist damit wohl im Fortbestand gesichert, eine Fahrzeugbeschaffung wäre wohl der nächste logische Schritt zur Zukunftsfähigkeit der Bahn.

Nachdem ich die Abfahrt des zweiten Talfahrers abgewartet hatte, ging es nun hinauf auf den Gipfel, der noch einmal knappe 100 Meter und gute 10 Gehminuten entfernt über der Bergstation thront. Auch wenn sich hier nun Wanderer und Bahnfahrer teils aufsummierten, konnte von wirklichem Andrang keine Rede sein – zumal schon von der Bergstation aus eine gute Aussicht besteht und sich daher gar nicht alle Bahnfahrer noch auf den Gipfel hinaufschleppen. Es war einfach herrlich, hier einige Minuten den Blick durch das 360-Grad-Panorama schweifen zu lassen. Die Bilder sollten für sich sprechen:


Am Aufstieg zum Gipfel des Monte Generoso fällt der Blick auf die benachbarte Sendestation neben dem Bahnhof. Weit in der Ferne die Seealpen. Liegt dort knapp rechts neben dem Sendemast etwa der Erebor?


Angekommen am Gipfel ließen es einige ganz gemütlich angehen und genossen den Blick über die weite Ebene im Süden bei einem Picknick.


Andere, wie diese Alpenbraunelle, hatten eher einen Blick für die kleinen Insekten, die hier trotz des Winters in der Luft schwebten.


Die Fernsicht ist heute einfach genial. Hier etwa 180 Grad von Süd nach Nord, von den Seealpen über das Wallis bis zum Berner Oberland. Im Vordergrund die Seenlandschaft des Luganersees.


Teleblick auf die höchsten Berge der Schweiz im Monte-Rosa-Massiv. Die kleine Spitze des Matterhorns in Bildmitte wirkt durch die fast vollständige Verdeckung durch die davorliegende Bergkette fast unscheinbar.


Blick Richtung Nordwesten auf Lugano und das Berner Oberland.


Weiter im Uhrzeigersinn fällt der Blick bald Richtung Nordosten auf eine Ecke des Lago di Como und die Bündner Alpen.


Alte Flyer der Ferrovia Monte Generoso sind auf einer Tafel verewigt.

Es war dann bald Zeit sich loszureißen von der Aussicht, um den nächsten Talfahrer noch im “richtigen” Gleis in der Bergstation aufnehmen zu können. Es wäre schon der vorletzte Zug am heutigen Tag und für den letzten wollte ich noch etwas an der Strecke versuchen, sodass nun nichts mehr zeitlich versemmelt werden durfte. An der Bergstation angekommen, war man bald schon mit dem Boarding beschäftigt und pünktlich ging es los.


Bhe 4/8 12 ist wieder am Gipfel angekommen und pausiert noch einige Minuten in der Bergstation vor der nächsten Talfahrt.


Auch schon 40 Jahre ist dies nun das typische Gesicht am Monte Generoso. Wie lange es wohl noch so bleiben wird? Zumindest sind die Verwandten bei der Montreux-Glion–Rochers-de-Naye und der Cremallera de Núria ebenfalls noch unverzichtbar. Man ist also noch nicht wieder völlig aus der Zeit gefallen am Monte Generoso.


Für die Aufnahme der Bergstation geht es diesmal aus dem “richtigen” Gleis Richtung Luganersee hinab.


Die kleine Alp neben dem Bahnhof. Im Sommer lief dort eine Herde Ziegen durch die Gegend.


Im Winter scheint hier alles verlassen. Schließlich erreichen unter der Woche nicht einmal Züge den Gipfel, wird die Strecke doch nur in der letzten Dezemberwoche täglich bedient, ansonsten bis Ende März nur an Wochenenden und Feiertagen.

Nachdem es abgesehen vom Erreichen des ersten Bildes heute vollkommen entspannt zuging, musste ich nun noch einmal die Uhr im Auge behalten, denn den letzten Zug des Tages wollte ich sowohl auf der Berg- als auch auf der Talfahrt nicht ungenutzt lassen. Dafür ging es zunächst wieder ein ganzes Stück den Wanderweg hinab bis kurz vor den obersten Tunnel und dann wieder zur Strecke hinauf – das war ja nun schon erprobt. Inzwischen konnte man sonnentechnisch an einigen Stellen “hinter” der Strecke stehen, sodass sich noch einmal etwas andere Perspektiven boten. Ich entschied mich letztlich für eine Stelle etwas oberhalb des Tunnels.


Den letzten Zug des Tages stellt heute Bhe 4/8 11. Viele Gäste fahren logischerweise nicht mehr bergauf, auch wenn für einen schönen Ausblick auch mit diesem Kurs noch genügend Zeit bleibt, da die Talfahrt leicht versetzt zu den vorherigen stattfindet.

Im Gegensatz zu den anderen drei Talfahrten auf die Minute 25, ist die letzte um 20 Minuten verschoben. Vielleicht, damit auch potenzielle Bergfahrer aus dem letzten Zug noch genügend Zeit für einen Ausblick von der Bergstation haben. Zumindest blieb so auch mir mehr als genug Zeit, mich für das letzte Bahnfoto des Tages zu stellen. Ich probierte mehrere Stellen von der Sonnenseite aus, ohne aber noch einen wirklichen Knaller zu finden. Sah alles irgendwie aus wie die übrigen Aufnahmen, oder wenn ich versuchte etwas mehr Landschaft drauf zu bekommen, war es perspektivisch doch sehr kompromissbehaftet. Letztlich kam ich wieder an der Stelle der vorherigen Aufnahme an und grübelte ein wenig, was zu tun sei. Was wäre eigentlich den Hang neben der Bahn weiter hoch? Da sollte doch ein freier Blick in Richtung Südosten sein durch den Einschnitt im Grat neben der Bahn. Und bei diesem Winterlicht käme auch das Streiflicht gut. Also mal hochgestiefelt und siehe da: Das könnte der Knaller zum Tagesabschluss werden, auf den ich gehofft hatte.

Noch immer blieb viel Zeit bis zum Zug, sodass ich noch die Übernachtungslage für heute Abend checkte. Der Plan war eigentlich gewesen, irgendwo unterwegs zu nächtigen am Weg ins Appenzell, allerdings war komplett Graubünden ausgebucht oder astronomisch teuer. Alles südlich des San Bernadino wäre mir morgen früh aber zu viel Reststrecke zu fahren, das würde dann ein Gewaltstart werden. Also heute Abend noch einmal längs durch das Land bis ganz hinauf ins Appenzell. Dort fand sich um knapp unter 100CHF noch eine Übernachtung in einem einladenden Gasthof in Bühler. Sogar mit Frühstück, dass ich dann auch würde auskosten können. Konnte man nichts sagen, wurde gebucht. Als die Bits und Bytes im etwas zähen Netz hier zu booking.com und zurück getröpfelt waren, war es dann auch bald Zeit für den letzten Talfahrer und es klappte wie gewünscht.


Wie im Flug vergeht das Warten auf den Zug bei solchen Ausblicken. Zudem war es heute auch recht warm, sodass es selbst bei dem steifen Wind an meinem Grat nicht kalt wurde.


Als letzter Talfahrer des Tages rollt Bhe 4/8 11 zwischen Generoso Vetta und Bellavista hinab nach Capolago.

Was für ein Abschluss! Kalenderbild vom Feinsten. Hochzufrieden mit dem Tag ging es wieder hinab zum Wanderweg für den etwa 45-minütigen Abstieg nach Bellavista. Ich hatte gar überlegt, hier oben noch den Sonnenuntergang mitzunehmen, das dürfte durch die Nebelschwaden in den Tälern aber der von hier oben gesehen fast am Horizont untergehenden Sonne wohl ein Spektakel werden. Der Blick zu Meteo offenbarte dann aber, dass es bis Sonnenuntergang doch noch eine Stunde hin wäre. So lang wollte ich dann nicht ausharren, denn ich musste noch zum Auto runter und bis ins Appenzell. Das würde dann trotz der kurzen Fototage bisschen Ausufern. Einige andere schienen aber genau diesen Plan zu haben, denn erstaunlich viele Grüppchen kamen mir beim Weg hinab noch entgegen. Teilweise aber auch schon so spät, dass die es bis zum Sonnenuntergang gar nicht mehr an einen Ausblick schaffen würden. Was machen die alle hier oben am Abend. Gucken die Sterne? Auch sonst war noch ordentlich Betrieb am Wanderweg, ist es doch sonst meist eher so, dass ich nach dem letzten Bild fast allein absteige oder -fahre, was im Sommer und Herbst allerdings auch bedeutend später ist. Es war schließlich erst kurz nach vier.
Den steilen Hang im Wald hinunter, dann erreichte ich bald den Parkplatz und rollte in der Dämmerung hinab auf Seehöhe. Wieder kamen nur ein oder zwei Fahrzeuge entgegen, sodass das kleine Sträßchen nicht zum größeren Problem wurde.


Letzte Blicke in die Landschaft, deren Täler sich schon mit Schatten gefüllt haben.


Schon fast wieder auf Seehöhe gab es im letzten kleinen Dorf noch einen Stopp an der in der Dämmerung über der Ebene thronenden Chiesa Parrocchiale di San Zeno.

Ich steuerte noch einmal den Coop in Mendrisio an, um mir für später ein Abendessen zu besorgen, dann ging es auf die lange Fahrt Richtung Nordosten. Wie erwartet an einem Samstagabend zwischen den Jahren, war auf den Straßen nicht viel los. Es rollte ohne Störung die A2 bis Bellinzona hinauf, dann auf der A13 weiter bis zum San Bernadino, wo die Autobahn zu einer Art Schnellstraße wird. Am Mirgrolino von San Bernadino zog ich mir noch einen frischen Kaffee, um während der Fahrt nicht in ein Vorabendloch zu fallen und testete dann mal wieder die Helferlein des Autos voll aus. Im Gegensatz zu Italien, war in der Schweiz der mit dem ACC verbundene Prädiktive Assistent wieder verfügbar. Vermutlich sind in Italien die Kartendaten zu schlecht, oder man traut der Verkehrszeichenerkennung dort nicht wirklich über den Weg. Letzteres ist auf jeden Fall verständlich, denn wann und ob ein beliebiges Tempolimit wieder aufgehoben wird, ist dort oft ein Rätsel. Man fährt halt einfach nach einer gewissen Zeit wieder schneller, wenn kein Grund zum Langsamfahren ersichtlich ist und passt sich immer dem restlichen Verkehr an. Aber bei jedem Einschalten des ACC, vermeldet dies in Italien dadurch, dass das prädiktive Fahren in diesem Land nicht verfügbar sei. Hier in der Schweiz gab es diese Funktion nun also wieder, also schaute ich mal, wie weit der A4 hier allein über den Pass fahren würde: Automatische Geschwindigkeitswahl nach Verkehrszeichenerkennung eingeschaltet, ACC aktiviert und schon fuhr der Audi quasi allein über den Pass. Lenken musste man noch, denn der Lane Assist mag ja noch nicht allein lenken und beschwert sich nach wenigen Sekunden. Ansonsten funktionierte aber erstaunlich viel automatisiert: Die Geschwindigkeit wurde nicht nur an das jeweilige Tempolimit und natürlich vorausfahrenden Verkehr angepasst, sondern auch in Kurven und Serpentinen die Geschwindigkeit vollkommen von allein geregelt, egal welches Tempolimit galt. Genau hierin liegt wahrscheinlich der Grund, warum diese Funktion in Italien deaktiviert ist: Wenn die Kartendaten nicht ausreichend sind, um für Kurven entsprechend die nötige Geschwindigkeit “vorherzusehen”, funktioniert das Ganze natürlich nicht.
Etwas pomadig ging mir das aber noch zu hier in den Kehren, da hält man ja alle auf. Also mal im Menü gewühlt, dort konnte man von “Eco” auch noch auf “Mittel” oder “Sport” stellen. Von “Eco” auf “Mittel” war schon ein Unterschied wie Tag und Nacht und fortan zog es recht sportlich durch die Serpentinen und ich musste schon etwas fester zupacken am Lenkrad. Im “Sport” wollte ich mich da ehrlich gesagt nicht über den Pass prügeln lassen. Wenn es so rasant zugehen soll, kann ich das Pilotieren auch gleich ganz selbst übernehmen und ohne Reifenbelag in Graubünden ankommen.
Was bergauf irgendwie noch lustig war und gut funktionierte, war bergab dann leider ein ziemlicher Krampf: Irgendwie nach Prinzip Zufall wurde mal runtergeschaltet und die Gangbremse genutzt, dann ließ sich der Wagen plötzlich im Leerlauf oder mit abgeschaltetem Motor rollen und Bremse stattdessen mit der Betriebsbremse den Berg runter, was ja völlig widersinnig ist. Also abgeschaltet den ganzen Spielkram und fortan der DSG hin und wieder manuell ein wenig nachgeholfen.

Hinter dem San Bernadino endete dann der interessantere Abschnitt der Fahrt. Bemerkenswertt war der starke Temperaturabfall auf dieser Seite des Alpenhauptkamms, die wohl den ganzen Tag unter dichtem Nebel gelegen hatte. Fast 10 Grad kälter war es hier in Graubünden gegenüber dem Tessin. Es rollte über Thusis bald auf die Autobahn und über Chur und Landquart weiter in den Rheintalhochnebel hinein, der sich bis Altstätten hartnäckig hielt. Erst an der Stoss nach Gais hinauf tauchte ich dann irgendwann einmal durch die Hochnebelschicht hindurch und fand mich nicht nur unter sternenklarem Nachthimmel wieder, sondern wie erhofft auch bald im Schnee. So erreichte ich um gegen 21 Uhr den Landgasthof Sternen in Bühler. Da merkt man wieder, wie klein die Eidgenossenschaft doch eigentlich ist: Wenn man es drauf anlegt, hat man das Land von Süd nach Nord in drei Stunden Fahrt trotz Alpenhauptkamm durchmessen.

Das Zimmer war natürlich ganz oben, im komplett ausgebauten Dach des Gasthauses. Nett, dass es hier trotz zwei separater Betten einen Einzelzimmerpreis erheblich unter dem des Zweibettzimmers gab. Das Zimmer war modern ausgestattet, aber trotzdem mit viel Holz ausgekleidet, also ein Landgasthof, der im 21. Jahrhundert angekommen war und nicht so eine dunkle, Holzverkleidete Abstellkammer. War wirklich schön und ich freute mich schon auf ein klassisches deutschschweizer Gasthof-Frühstück morgen früh. Einzig etwas fragwürdig war die komplett gläserne Keramikabteilung samt Dusche. Gerade bei einem Zweibettzimmer würde ich doch davon ausgehen, dass sich die Gäste nicht unbedingt gegenseitig bei ihren Erledigungen im Bad beobachten wollen? Aber in meinem Fall war es egal. Beim Abendessen auf dem Zimmer ließ ich noch etwas die seit gestern nach der Weihnachtspause wieder laufende Darts-WM laufen, dann ging während der letzten Partie bald das Licht aus.

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