Bike&Shoot CH25 II: Vom Brünig nach Wengen und Mürren

Am zweiten Tag geht es wieder hinab vom Brünig und mitten hinein ins Berner Oberland, zunächst noch an der Zentralbahn, später an der Berner Oberland Bahn und der Wengernalpbahn bis hinauf nach Mürren.


Sonntag, 23. Juni 2025:

Herrlich, hier am Morgen in dem leicht museal angehauchten, typischen Schweizer Gasthofzimmer mit Blick in das prächtige Bergpanorama zu erwachen, sich kurz die frische Bergluft um die Nase wehen zu lassen und dann zum Frühstück runter zu stiefeln. Frühstück sollte es jetzt am Sonntag zwar erst um Acht geben, aber ich musste heute Nacht eh erstmal ordentlich Schlaf nachholen und hatte keine frühen Gewaltstart geplant. Auch das Frühstück war typisch Schweizer Gasthof: Reichhaltig und frisch, ein Stahlkännchen mit frisch aufgebrühtem Kaffee. Ein guter Start in den Tag.


Typisches Schweizer Gasthauszimmer mit Blick in die morgendliche Bergwelt.

Auch körperlich ging es überraschend gut, eigentlich sogar besser als gestern Morgen nach der Nachtfahrt. Erstaunlich immer wieder, dass der Körper bei solchen Touren irgendwie in einem anderen Modus unterwegs ist. Wenn man zuhause an einem Tag eine anspruchsvolle Trainingsrunde hinlegt, ist man am nächsten Tag irgendwie mehr gerädert. Noch schnell die Tourismus-Abgabe gezahlt und Schlüssel abgegeben, das Rad aus dem Keller geholt und schon konnte es losgehen. Oder es hätte losgehen können. Denn das Schloss wollte nicht aufgehen. Ich hatte mir am Tag vor der Abfahrt noch so ein Alibi-Zahlenschloss mit so einem dünnen Draht zum Ausziehen gekauft. Nicht mehr als eine Wegfahrsperre, die mit einer starken Zange zu durchtrennen ist, aber eben ein Verhinderer der Gelegenheit. Nur ging das Teil jetzt nicht auf mit der dreistelligen Zahlenkombination, von der ich meinte, ich hätte sie vorgestern eingestellt. Kurzer Schockmoment. Dann mit Köpfchen an die Sache, man hat ja unendlich viele Versuche, aber es gibt nur endlich viele Kombination. Gut 9^3 durchzuprobieren hätte länger gedauert, als sich irgendwo einen Seitenschneider zu besorgen 😀 Aber eigentlich konnte es ja nicht sein, dass die Kombination nicht passt. Vielleicht war nur eine Ziffer versehentlich falsch gewesen vorgestern. Hinten angefangen drehte ich die letzte Ziffer mal einen nach oben, dann einen nach unten weiter. Und beim zweiten Versuch machte es leise “klack”. Dann konnte es ja losgehen, die “neue” Kombination natürlich gleich notiert 😀


Am Kellerausgang noch ein Blick durch die Rabatten zum Rosenlauigletscher.

Für die geplante Talfahrt nach Meiringen ging es zunächst ein Stück auf der Höhenstraße zurück Richtung Brünig und im Ortsteil Hasliberg Hohfluh dann auf eine schmale Piste, die steil den Berg hinunter nach Meiringen abfällt und dabei ein paar kleine Alpsiedlungen passiert. An der letzten Serpentine oberhalb von Meiringen entdeckte ich eine kleine Rodung mit freiem Blick hinab ins Tal. Spontan wartete ich auf den nächsten Zug vom Brünig und setzte so ungeplant ein erstes Motiv um an diesem Tag.


Es geht hinab von Hasliberg Hohfluh entlang einiger Alpsiedlungen Richtung Meiringen.


Die schmale Asphaltpiste hinab nach Meiringen, unten teilweise auch auf Schotter.


An der letzten Serpentine oberhalb Meiringen zweigt eine andere schmale Schotterpiste ab, an der einige Bäume gerodet wurden oder einem Sturm zum Opfer gefallen sind. Der Blick fällt hier aktuell recht ungestört ins Tal. Auch von unten ist die Lücke im Wald deutlich erkennbar. Ein Panorama-Express Richtung Interlaken kommt vom Brünig hinab und erreicht Meiringen.


Blick hinterher in die Einfahrtskurve von Meiringen. Nach der Wende im Bahnhof fährt der Zug gleich auf der anderen Strecke geradeaus nach Interlaken.


Rund zehn Minuten später eilt der Zug von Meiringen die Rennstrecke entlang der Aare weiter nach Brienz und Interlaken.

Meiringen ist nicht übermäßig touristisch, zumindest nicht im Vergleich zu anderen Orten im Berner Oberland und so waren hier wie erwartet alle Detailhändler geschlossen. Am Bahnhof wäre ein avec gewesen aber das Frühstück war reichhaltig, sodass ein paar Riegel bis zum Volg von Wilderswil reichen sollten. So radelte ich gleich an die Wiesen hinter Meiringen rüber, wo ich mindestens einen der beiden morgendlichen Verstärker-Lokzüge abpassen wollte. Durch die Spitzkehre in Meiringen ist die Lok hier dann ja auf der Sonnenseite, wenn auch als Nachschuss. Aber bei den sehr seitlichen Perspektiven hier stört das nicht. Vor dem Lokzug mit Abfahrt 10:11 Uhr in Meiringen, waren aber noch die Regios nach und aus Interlaken dran.


Der Regio Richtung Interlaken hat Meiringen verlassen und eilt zum nächsten Halt Brienzwiler.


Auch die Gegenrichtung brachte wie üblich einen Fink auf dem Regio Interlaken-Meiringen, diesmal mit etwa Tele gesehen.


Für den Lokzug vom Brünig stellte ich mich wieder etwas seitlicher. Auf dem kurzen Stück fanden sich genügend Variationsmöglichkeiten. Fast pünktlich hat der Zug Meiringen verlassen, ganz konnte er die Abfahrtszeit 10:11 Uhr nicht einhalten. Wohl um auch ausreichend 1. Klasse bereitstellen zu können, ist bei dem Zug auf beiden Seiten ein Steuerwagen eingereiht.


Nur zehn Minuten später folgt der normale Stundentakt vom Brünig, hier in der Standardkonfiguration aus einem siebenteiligen Adler und einem dreiteiligen Fink.


Nachschuss querab auf denselben IR nach Interlaken.

Für den zweiten Lokzug wollte ich dann eigentlich ein Stück weiter entlang der Strecke auf der Nordseite der Aare. Dummerweise war die Piste dann ein Stück weiter hinten gesperrt. Und das ebenso für Fußgänger, sodass diese Sperre wohl durchaus ernst zunehmen war. Ich hatte eben aber noch eine weitere Variante an der langen Geraden gesehen, die ich nur nicht umgesetzt hatte, um noch genügend Vorsprung auf den Lokzug für einen Ortswechsel zu haben. Dann nahm ich die Stelle eben für den Lokzug in einer halben Stunde. Die Sonne wäre dann zwar schon grenzwertig steil, aber viele Optionen blieben mir nicht. Anschließend war ich dann aber auch froh, hier mal wegzukommen. Ich hatte es nun doch gesehen und vor allem schepperte die Sonne hier im Tal ohne jeglichen Schatten um kurz nach elf dann doch schon ordentlich.


Ein letztes Bild auf den Wiesen hinter Meiringen. Der zweite Lokzug aus Luzern hat Meiringen mit Abfahrt 11:11 Uhr verlassen und rollt Richtung Interlaken. Die Rückfahrt treten die beiden Züge dann erst gegen späten Nachmittag an, wenn sich die Hauptlast Richtung Luzern umgekehrt hat.

Da der Weg auf der Nordseite des Aaretals gesperrt war, nahm ich dann eben den auf der Südseite, der auf einem schmalen Asphaltsträßchen abseits der Hauptstraße durch die kleinen Ansiedlungen von Höfen führte. Wirklich sehr beschaulich, Autoverkehr war hier quasi gar nicht, ich vermute es war nur für Anrainer gestattet. Dafür jede Menge Straßenradfahrer, die mir mit ihren Rennrädern entgegenkamen, wohl größtenteils auf dem Weg zu den zwei Pässen Grimsel und Susten, die beide in Innertkirchen starten. Am Beginn des Brienzersees fiel die Rennraddichte dann extrem ab, denn die Passage auf der Südseite des Sees ist mit dem Straßenrad doch eher schwierig, fehlt doch rund um das bekannte Giessbach Hotel und die Giessbachfälle ein ganzes Stück Asphalt und es geht auf einem Wanderweg dahin. Wenige hundert Meter rund um die stark besuchten Giessbachfälle stand dann sogar ein Hinweis zum Schieben des Velos. Die offizielle Veloroute führt dort aber schon durch. Na gut, dann wird eben geschoben. Schon nach kurzer Zeit verloren sich die Menschenmassen aber und man durfte wieder Radeln. Die Giessbachfälle selbst ließ ich heute mal aus. Dort war ich zur Off-Season im März 2018 quasi allein gewesen, das musste ich mir jetzt nicht nochmal mit ganz vielen Menschen geben.

Außer dem steilen 160hm-Anstieg bis Giessbach, fährt sich die Strecke hier auch recht gemütlich. Es geht immer mal ein wenig auf und ab, aber selten für längere Zeit. Über den idyllisch eine kleine Bucht beschreibenden Ort Iseltwald ging es weiter Richtung Interlaken. An der Uferstraße vor Bönigen nahm die Menschendichte dann wieder rapide zu, genossen hier doch viele Badegäste den heißen Sommertag im Wasser oder am Ufer unter den Schatten spendenden Bäumen.


In Iseltwald hielt ich zumindest kurz an, um ein Bild der idyllischen Ortslage am Brienzersee zu machen.

Interlaken ließ ich rechts liegen und fuhr von Bönigen direkt entlang des alten Flugplatzes hinüber nach Wilderswil. Der Vorrat an Riegeln war nun mittlerweile auch zur Neige gegangen, sodass direkt der Volg gegenüber vom Bahnhof angesteuert wurde. Mit den eingekauften Fressalien setzte ich mich auf die schattige Bank auf dem kleinen Platz vor dem Volg mit Blick auf den Bahnhof. Man weiß ja nie – vielleicht habe ich heute doch mal Glück mit einem der ABeh 4/4 311 bis 313? Seit die Kisten modernisiert wurden habe ich immer wieder Ausschau nach ihnen gehalten, bislang aber nie erfolgreich, wurde doch die Reservekomposition seit 2018 nur eingesetzt, wenn von den ABDeh 8/8 321 bis 326 ein oder zwei Fahrzeuge ausfielen. Seit der Eröffnung des Großparkplatzes Matten im vergangenen Jahr, erfreuten sich die ABeh 4/4 zwar wieder regelmäßiger Einsätze, sobald an Großkampftagen der zusätzliche Shuttle ab Matten eingesetzt wurde, der verkehrte heute aber nicht, sodass es wieder zur Glückssache werden würde.

Manchmal hat es aber auch einfach Glück: Wie ich dort so mampfend herumsaß und das Treiben beobachtete, fuhr Richtung Interlaken eine Komposition mit einem alten Steuerwagen in der Mitte ein. Das müsste doch der Reservependel sein? Und tatsächlich hing am Ende der ABeh 4/4 313. Das Bild im Bahnhof war erstmal nur eine Notschlachtung. Ich checkte kurz, wann der aus Interlaken wiederkäme mit dem Ergebnis, das ich etwa eine halbe Stunde Vorsprung hätte, wenn ich jetzt aufbrechen würde.


Auf dem Weg nach Interlaken hält die in Zweilütschinen aus Grindelwald und Lauterbrunnen zusammengefügte Endloskomposition im Bahnhof von Wilderswil. Am Zugschluss der ABeh 4/4 313 mit dem kürzeren Zugteil aus Lauterbrunnen.

Ich machte mich also zügig auf in Richtung Zweilütschinen. Mit diesem Endloszug wollte ich den aber nicht aufnehmen, irgendwo am Abschnitt nach Lauterbrunnen sollte es sein. Dumm nur, war die Sonne schon weiter rum als vermutet und am Klassiker über den Fluss bei Sandweidli überrumpelte mich der Zug dann etwas. Mir fehlten vielleicht 200m Vorsprung. Ist eben manchmal so. Dann eben als Nachschuss, schließlich kommt der in zehn Minuten aus Lauterbrunnen zurück.


Wenn schon nur so halb gut, dann aber auch so richtig nur halb gut: Nachschuss und Sonne schon arg in der Gleisachse bei Sandweidli an der Weissen Lütschine. Egal, es könnte auch regnen, oder der ABeh 4/4 313 gar nicht fahren…

Es hatte jetzt beim aktuellen Sonnenstand eigentlich nur noch ein richtiges Motiv am Lauterbrunner Ast, von der Hauptstraße kurz vor Lauterbrunnen auf die Strecke bei der Lochbrücke hinuntergesehen. Dort wurde das Licht dafür nur besser, also konnte ich mich auch eine gute halbe Stunde an den Straßenrand lungern, das Hochlicht aussitzen und einen Kartoffelsalat und einen geradeso noch kühlen Eistee nachschieben. Gäbe zwar gemütlichere Orte zum Warten, als hier an der viel befahrenen Straße nach Lauterbrunnen hinein, aber was willste machen…
Das Bild sollte dafür einer der Top-Schüsse des Urlaubs werden. Dafür hatte sich das Warten gelohnt.

Kurz vor 15 Uhr ist der ABeh 4/4 313 zurück im Lauterbrunnental und erreicht hinter der Lochbrücke gleich das Ziel seiner Fahrt mit Übergang auf die Wengernalpbahn und die Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren.

Damit war ich mehr als zufrieden. Als ich vor wenigen Tagen herausfand, dass der Verstärker ab Matten aktuell nicht läuft, hatte ich das Thema ABeh 4/4 innerlich schon abgeschrieben. Klar: alibimäßig vorbeischauen ob er läuft war Pflicht, wo ich hier eh durchkam, aber bei meinem bisherigen “Glück” in den letzten Jahren bei der BOB, rechnete ich irgendwie nicht damit. Ein schöner Treffer an diesem Tag.

Das weitere Programm für diesen Tag war bislang noch nicht klar, abgesehen davon, dass ich am Abend nach Mürren hinauf musste. Die Rezeption an der Sportunterkunft dort hatte mir aber via booking.com schon mitgeteilt, man würde den Schlüssel einfach an der Rezeption hinterlegen, wenn es später werden würde. Mürren hatte also kein Zeit-Limit und jetzt am Nachmittag dort hochzufahren, machte quasi null Sinn. Zum einen liegt dort dank der Lage am Westhang alles sehr früh im Schatten, zum anderen Hängen dort an heißen Sommertagen wie heute ohnehin meist Quellwolken an den Bergen, sodass das Licht noch früher weg wäre. Noch einen Nachmittag komplett verdaddeln wie gestern, wollte ich dann doch nicht. Also eine zweite Idee umsetzen: Hinauf nach Wengen. Zunächst schaute ich aber noch an der eh am Weg liegenden Kreuzungsstation oberhalb Lauterbrunnen vorbei, an der ich bislang noch nie gewesen war. Die Hoffnung, aus Wengen würde einer der neuen Lokzüge mit Steuerwagen starten, erfüllte sich nicht. Das talfahrende Panorama-Doppel machte auf dem Absatz kehrt und fuhr direkt wieder Richtung Berg. Überhaupt stellte sich der Fahrzeugeinsatz als maximal langweilig heraus: Es liefen ausschließlich doppelte Panorama-Garnituren, eine davon noch mit einem zusätzlichen Steuerwagen. Güterverkehr war jetzt am Sonntag natürlich auch nicht. Dafür wurde zumindest ein Halbstundentakt bis hinauf zur kleinen Scheidegg gefahren, sodass an diesem späten Nachmittag trotz Wolkenkrimi noch einige Aufnahmen entstanden. Und hier in der Nachmittagshitze einfach mal gemütlich eine halbe Stunde unter dem Baum auf der ruhigen Bank zu pausieren, war gerade auch nicht das Schlechteste.


In der Kreuzungsstation am Ortsrand von Lauterbrunnen rollt das Pano-Doppel mit dem talseitigen Bhe 4/8 146 hinab zum Endbahnhof.

Dann aber sollte es hinauf nach Wengen gehen. Die Bergfahrt hier hatte ich ehrlicherweise komplett unterschätzt: Nicht die Höhendifferenz, die lässt sich ja ganz gut einschätzen, wenn man schon paarmal nach Mürren hochgefahren ist, oder man schaut einfach auf der Karte. Der Weg hinauf war dann auch nur als MTB-Route in OSMand eingezeichnet und vielleicht hätte ich doch einen Blick auf das Steigungsprofil werfen sollen, denn auf gerade einmal 2,8 Kilometern ging es im Wald in engen Serpentinen 440m bergauf bis zum Bahnhof Wengen. War zwar wenigstens im Schatten, aber ohne Fahrtwind einfach zu warm und zu steil, sodass ich zwischenzeitlich an jeder zweiten Serpentine einen 30-sekündigen Stopp einlegte, damit der Puls wieder etwas runterging. Das war wirklich der komplette Abschuss hier an der Rampe. Eine kleine Passage von vielleicht 100m schob ich dann sogar – war einfach leichter als zu treten. Zu meiner Ehrenrettung traf ich aber auf keinen einzigen anderen Biker, der hier bergauf fuhr. Zwei kamen bergab entgegen und von unten insgesamt nur drei E-Biker, die dem äußeren Anschein nach hier im Leben nicht hochgekommen wären ohne Unterstützung. Auch Wanderer hielten sich stark in Grenzen, sodass wenigstens ungestört die beste Linie gewählt werden konnte. Zwischendurch ging es ein Stück an der alten Steilstrecke der Wengernalpbahn entlang, bevor diese an einem Durchlass unterquert wurde und sich die Wege wieder trennten.


Der Serpentinenweg von Lauterbrunnen hinauf nach Mürren. Die Steigung kommt dabei immer schlecht zur Geltung, aber das Stück rechts, parallel ansteigend zur alten Trasse der Wengernalpbahn, war einer der flacheren Abschnitte… Zum Glück bot wenigstens der Untergrund ausreichend Grip, sodass es sich auf dem 51er Ritzel geradeso im Schritttempo fahren ließ. Nachmachen wird nicht empfohlen 😀

Zog sich dann doch eine gute Stunde, bis ich den Bahnhofplatz von Wengen erreichte und erstmal noch im Coop alle weitere Verpflegung für sofort und den restlichen Abend besorgte, denn um 18:30 Uhr wäre hier Schicht. Alles soweit verstaut, ging es dann noch die Höhenmeter bis zur Ausweiche zwischen Wengen und Allmed hinauf, wo ich mir ein, zwei Stellen erhoffte. Obwohl nurmehr weitere 140 Höhenmeter, war das Stück dann wirklich zach. Ich war einfach zu lang in den Hunger hineingefahren und hätte eigentlich unten in Wengen schon ordentlich nachschieben müssen, aber man wartet dann ja doch lieber im Motiv 😉 An der Ausweiche angekommen, war ich dann aber erstmal komplett ausgebrannt und es wurde sich an den Rand gehauen, ordentlich Kalorien nachgeschoben und der nächste Kurs von oben abgewartet.


Auf dem Weg zur Ausweiche zwischen Wengen und Allmend, gab es recht spontan noch eine Aufnahme in der bekannten Kurve mitten im Ort. Das Doppel mit Bhe 4/8 146 ist schon wieder auf Bergfahrt.


Während des stärkenden Spätnachmittagsimbisses, ist Bhe 4/6 wieder auf Talfahrt in der Ausweiche zwischen Allmend und Wengen.

Irgendwie immer recht spannend, wie in Orten wie Wengen gefühlt der größte Trubel aus Bergsportlern und internationalen Touristen herrscht und kaum 15min am Rad, sitzt man schon wieder irgendwo recht ungestört in der Landschaft herum. Lag jetzt natürlich auch daran, dass um diese Zeit in Wengen gerade viele vom Berg hinuntergekommen waren und wie ich noch schnell vor Ladenschluss einkaufen wollten. Trotzdem ist der Kontrast für mich immer wieder spannend zu beobachten und meist bin ich doch froh, nach kurzem Stopp aus diesen Orten wieder zu verschwinden.

Eine weitere Stelle wollte ich noch kurz oberhalb der Ausweiche ausprobieren, wo ein kleiner Pfad vom Hauptweg abzweigt und über die Trasse führt. Einen 100% optimalen Standpunkt gab es nicht und ein kurzer Baumschatten war schon auf der Strecke. Aber es war dann trotzdem nett und gerade wurde eine Herde Kühe unten über den Hauptweg getrieben, was doch immer eine interessant zu beobachtende Prozedur ist. Meist findet sich doch irgendwo etwas ab vom Weg das schmackhafteste Stück Gras und lässt ein Tier mit dem Gedanken spielen aus der Truppe auszubrechen, was dann direkt mit erzürnten Rufen und eindringlichem Zurücktreiben quittiert wird.

Nachdem der Nachschuss auf den nächsten Bergfahrer mit Wolkenschaden durchging, passte es dann wie bestellt mit dem Talfahrer.


Ein Langzug aus zwei Bhe 4/6 und einem Niederflursteuerwagen rollt unterhalb Allmend talwärts.

Nun ging es flott zu Tal, hatte ich doch in Wengen noch bisschen was auf dem Zettel. Die Motive dort unterhalb des Bahnhofes, bevor die Strecke ab Wengwald im Schatten der Bäume verschwindet, hatte ich bislang noch nie umgesetzt. Durch die Kreuzung in Wengen war natürlich Eile angesagt, um jeweils zwischen Berg- und Talfahrer etwas zu variieren, aber es ging sich beide Male aus, sodass ich noch zwei Berg- und zwei Talfahrer im schönsten Abendlicht erwischte. Zuerst in der Ortslage unmittelbar unterhalb des Bahnhofes Wengen, dann am Haltepunkt Wengwald.


Die rasante Talfahrt wurde oberhalb Wengen noch einmal unterbrochen, um den im Streiflicht liegenden Ort samt Bahnhof festzuhalten. Der Zug, den ich eben noch unterhalb Allmend aufgenommen hatte, ist gerade dabei, aus dem Bahnhof Richtung Lauterbrunnen auszufahren.


Unterhalb des Bahnhofes Wengen bieten sich zwei freie Stellen für Abendansichten. An der unteren der beiden ist es wiedermal der Bhe 4/8 146, der auf Bergfahrt gleich den Bahnhof erreicht.


Schnell zur oberen Stelle gewechselt, gelang auch die Aufnahme mit dem Pano-Doppel mit Bhe 4/8 147 auf Talfahrt mit Ortskulisse und dem Jungfrau-Massiv.


Eine halbe Stunde später stand ich bei Wengwald bei den Häusern am Gegenhang, wo sich erneut eine Ansicht mit dem Jungrau-Massiv anbietet. Das Pano-Doppel ist gerade aus dem 180-Grad-Tunnel aufgetaucht und erreicht den Haltepunkt Wengwald.


Für den Gegenzug ging es schnell hinüber zum Haltepunkt, denn mehr als hier einen Frontalschuss zu versuchen, fiel mir nicht mehr ein. 


Dann ging es mit schönstem Ausblick in Richtung Abfahrt hinab ins längst im Schatten liegende Lauterbrunnental.

Jetzt war wirklich nichts mehr zu holen. Es hatte sich aber auf jeden Fall gelohnt, hier noch hinaufzufahren am späten Nachmittag. Zwar war der Fahrzeugeinsatz maximal langweilig, aber alle gezeigten Motive hatten mir bislang noch gefehlt und zwei, drei schöne waren auf jeden Fall dabei. Die Talfahrt jetzt um kurz vor acht ließ mir sogar noch die Option, die letzte Seilbahn hinauf nach Mürren um 20:30Uhr zu nehmen. Aber wozu eigentlich? Ich hatte mich schon mit dem Gedanken angefreundet, mich dort heute Abend noch aus eigener Kraft hinauf zu kämpfen.

Die Abfahrt bis Lauterbrunnen ging dann wie natürlich zu erwarten war maximal in die Bremsen. Grund anzuhalten und kurz die Hände zu entspannen gab es aber auch nicht, denn Aussicht hat es hier mitten im Wald nirgends. Ursprünglich hatte ich geplant, “hinten rum”, also über Stechelberg aufzufahren nach Mürren. Das wäre aber nur etwas gewesen, wenn ich den Abstecher nach Wengen weggelassen hätte. Denn die Strecke kannte ich bislang nicht, wusste nicht wie anspruchsvoll und fahrbar das Ganze wäre. Und das dann in die abendliche Dämmerung hinein? Wäre eine doch zu dumme Idee gewesen, sodass ich jetzt gar nicht darüber nachdachte, sondern gleich den bekannten Weg direkt aus der Ortsmitte Lauterbrunnen hinauf nach Winteregg einschlug. Am Brunnen vor dem Anstieg noch die Wasserflaschen aufgefüllt und dann ging es an den Berg.
Die Strecke ist technisch vollkommen anspruchslos. Es geht mal auf Asphalt, mal auf Asphaltresten, mal auf Schotter ein schmales Serpentinensträßchen hinauf. Steil? Teilweise ja, aber nichts im Vergleich zu dem Weg hinauf nach Wengen vorhin und durchgehend gut tretbar, ohne überpacen zu müssen. Ziehen tat es sich jetzt trotzdem, aber es war irgendwie eine angenehme Art des Kampfes, denn es gab keinen Zieldruck mehr. Ich musste einfach nur noch ankommen, hatte das Abendessen schon im Rucksack und ein Zimmer stand bereit. Langsam wanderten die letzten Sonnenstrahlen am Dreigestirn hinauf, bis die darumwabernden Wolken sich langsam lila färbten. Es war eine geniale Stimmung jetzt am späten Abend und beim bergauf fahren, kann man das richtig genießen und alle Anstrengung vergessen. Als es langsam dunkel wurde, tauchte das Sträßchen um kurz nach neun aus dem Wald auf. Bis dahin war mir in der ganzen Zeit nur ein einziges Moped entgegengekommen und nur ein Auto hatte ich vorbeigelassen. Das hielt sich die Waage mit den tierischen Besuchern, einem Fuchs in den Wiesen unterhalb Winteregg und einer auf der Strecke entlangspazierenden Gämse auf den Gleisen kurz vor Mürren.


Endlich taucht das Sträßchen um kurz nach neun zwischen Grütschalp und Winteregg aus dem Wald auf. Oben sind die Fahrleitungsmasten der BLM zu erkennen.

Der kurze Anstieg der MTB-Route hinter Winteregg über die Kuppe nach Mürren zog wirklich noch einmal die letzten Reserven, dann rollte es erschöpft, aber zufrieden in den Ort hinunter. Die letzten Meter von OSmand auf Apple Karten geswitcht, navigierte es mich ohne Umwege zur Unterkunft mitten im Ort.

Sportherberge hat den Vorteil: Es hat meist viel Platz. Denn es war natürlich niemand mehr da, den ich hätte fragen können, wo ich mit dem Rad hinsollte. Aber es gab direkt am Eingang einen großen Seminarrraum, in dem nur eine Tischtennisplatte stand. Würde wohl niemanden stören, wenn ich dort über Nacht parken würden. Schlüssel lag wie geschrieben an der Rezeption und nachdem ich nach kurzen Irrwegen auch das Zimmer gefunden hatte, war es dann um ca 22 Uhr geschafft. Zimmer war einfach, aber vollkommen ausreichend und die Gemeinschaftsduschen um diese Zeit auch eine private Angelegenheit. Noch routiniert alle technischen Geräte angesteckt und am kleinen Tischchen das Abendessen reingefahren, dann war Schicht.

Bilanz dieser zweiten Etappe: 82 km und 6:23h Fahrzeit stehen auf dem Sigma bei ca. 2100Hm. Da war jetzt im Gegensatz zu gestern auch nicht mehr viel ausbaufähig bei diesem Streckenprofil: Ich war einfach nur platt am Abend 😀

Für morgen ist das Wetter sehr durchwachsen angesagt. Auch wenn am Morgen potenziell noch bisschen Sonne sein sollte, hatte ich die Idee, vor dem Frühstück schonmal an die Strecke zu stehen, wieder fallengelassen. So sicher war das mit dem Sonnenschein auch wieder nicht und sieben, acht Stunden Schlaf wollte ich mir nach dieser Tour nun doch genehmigen. In Innertkirchen fand ich für morgen Abend ein Zimmer, denn der Plan bei recht wahrscheinlichem Nicht-Fotowetter war eine Tour über die Grosse Scheidegg zwischen Grindelwald und Innertkirchen. Wollte ich schon ewig mal fahren und nun bot sich eine gute Gelegenheit dazu.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert