Zu Besuch in Deutschlands Hauptstadt I: Unterwegs Im Revier der GT6

Anfang Juli stand für mich eine kleine Tour innerhalb von Deutschland auf dem Programm. Für acht Tage sollte es nach Berlin gehen. Der Hauptstadtbetrieb war bei mir noch ein relativ weißer Fleck auf der deutschen Straßenbahnlandkarte. Zudem liegt ganz in der Nähe mit Schöneiche-Rüdersdorf der einzige Straßenbahnbetrieb, der mir in Deutschland noch gänzlich fehlte. Kombiniert mit den Betrieben von Woltersdorf, Strausberg und Potsdam sollte sich so eine abwechslungsreiche Reise ergeben. Auch das Fahrrad war in diesem Urlaub mit von der Partie, sodass ich die drei Vorortbetriebe von Berlin mit dem Fahrrad erkunden würde.


Prolog

Was sollte angefangen werden mit dem Resturlaub des Jahres? Ab Anfang August war es aufgrund meines Studiums nicht mehr möglich, für den Rest des Jahres Urlaub zu nehmen. Somit blieb mir für Juni und Juli noch etwas über eine Woche an Urlaub übrig, die ich verplanen konnte. Ende Mai bis Anfang Juni ging es für mich, wie hier bereits zu lesen war, nach Prag und Budapest. Danach verhinderte eine Fortbildung meine Reise. Somit fiel die Wahl schnell auf den Monat Juli. Jetzt blieb nur noch die Frage, wo es hin gehen sollte. Im Ausland war ich dieses Jahr mit der Italienreise und der Prag/Budapest-Reise schon genug unterwegs gewesen und daher beschränkte ich meine Suche auf Deutschland. Schnell fiel mir Berlin ins Auge. Dort waren noch einige letzte große Lücken in meiner Deutschland-Straßenbahnkarte, die es zu füllen galt. In Berlin selbst hatte ich noch nie wirklich Bilder gemacht. Ganze drei Bilder vom Alexanderplatz aus dem Jahr 2013 waren mein trauriger Bestand des Hauptstadtbetriebes. 2013 hatten meine fotografischen Skills, die Qualität der Kamera und die Höhe meiner Bilder doch etwas zu wünschen übrig gelassen, was durchaus meinem Alter zu der Zeit zuzuschreiben war. Da wartete also noch das ein oder andere Motiv im riesigen Berliner Netz, das ich umsetzen konnte.

Aber auch die drei Vorortbetriebe von Berlin standen weit oben auf meiner Liste in Deutschland. Schöneiche-Rüdersdorf war der letzte Straßenbahnbetrieb Deutschlands, bei dem ich noch nie gewesen war. Zudem war zum Zeitpunkt der Planung meiner Reise der letzte GT6ZR noch in Betrieb gewesen, den ich mir auch nicht entgehen lassen wollte. Wie den meisten bekannt sein dürfte, wurde dieses Vorhaben durch den Unfall am 6. Mai 2024 durchkreuzt, bei dem der letzte in Betrieb stehende GT6ZR so zerstört wurde, das ein weiterer Einsatz unmöglich war. Auch der aus den beiden intakten Teilen der Wagen 46 und 48 zusammengebastelte Wagen ging erst nach meinem Besuch noch einmal kurz in Betrieb, sodass ich diese Wagen vollständig verpasste. Zumindest der noch betriebsfähige M6C-NF, der im September 2023 aus Mülheim übernommen wurde, rückte dann als Ziel ins Auge.

In Woltersdorf sollte für mich der Abschied von den Gotha T57 erfolgen, die in naher Zukunft durch die neu gelieferten Wagen von Modertrans ersetzt werden würden. Vielleicht würden sich ja auch einer der neuen Modertrans Moderus Gamma LF 10 AC BD als Testfahrt auf der Strecke zeigen. Auch in Strausberg fehlte mir noch der modernisierte KT8D5R.N2S. Bei meinem letzten Besuch waren beide Bombardier Flexity im Einsatz, sodass ich beim jetzigen Besuch auf den Einsatz des KT8 hoffte. Als letztes Ziel stand Potsdam auf dem Plan. Dort datierte mein letzter Besuch auch aus dem Jahr 2013, weshalb ich eigentlich das gesamte Netz erkunden wollte. Vor allem aber die letzten KT4D standen im Fokus.

So sollte sich eine abwechslungsreiche und vor allem unkomplizierte Reise ergeben. Ich entschied mich für die ersten zwei Juli-Wochen, da dort die Sommerferien in Berlin noch nicht begonnen hätten und dadurch der Verkehr ein wenig interessanter und dichter sein sollte. Für die Länge der Reise kamen mir acht Tage als angemessen vor. Damit hätte ich genug Zeit, um alle Betriebe ausgiebig kennen zu lernen und es würde kein Stress aufkommen. Durch die guten öffentlichen Verkehrsanbindungen in und um Berlin war es auch nicht nötig, sich vor der Reise Gedanken über die Reihenfolge der Betriebe zu machen. Ich würde einfach jeden Tag spontan gucken und nach Wetterlage und Lust entscheiden, wo es mich hintreiben sollte. Ich entschied mich dazu, mein Fahrrad mitzunehmen, sodass ich die drei Vorortbetriebe Schöneiche, Woltersdorf und Strausberg mit dem Fahrrad erkunden könnte. In Berlin selbst wollte ich mich mit den Öffis bewegen. In einer Großstadt wie Berlin sollte das kein Problem darstellen. Auch die Hotelsuche war denkbar einfach. Ein einziges Hotel für die gesamten acht Tage galt es zu finden. Strategisch günstig fand ich ein Hotel in Kaulsdorf. Dort war ich relativ weit von der Innenstadt entfernt, dafür aber sehr nah am Köpenicker Netz und den drei Vorortbetrieben. Zudem führte ganz in der Nähe die S5 entlang, mit der man innerhalb von 20 Minuten in der Innenstadt von Berlin war. Auch der aufgerufene Preis war bezahlbar und somit war die Reisevorbereitung abgeschlossen. Jetzt musste ich nur noch auf gutes Wetter hoffen.


Samstag, 6. Juli 2024: Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin

Um sechs Uhr klingelte mein Wecker. Eine Stunde war eingeplant, um startklar zu werden. Dann sollte es um sieben Uhr in Richtung Berlin losgehen. Ohne Vorfälle würde ich dadurch gegen zehn Uhr in Berlin ankommen und hätte fast noch den gesamten Tag Zeit für die ersten Bilder. Mein Fahrrad hatte ich schon am letzten Abend auf mein Auto gebaut, sodass ich mich einfach ins Auto setzen und losfahren konnte. Schnell schob ich mir etwas zum Frühstück rein und füllte mir einen Kaffee für die Fahrt ab. Danach wurde der Koffer im Auto verstaut und es ging los. Die Route war erstmal denkbar einfach. Von zuhause aus war ich schnell auf der A2 angekommen und der Tempomat wurde auf 130 km/h eingestellt. Auf den relativ leeren Straßen ging es so bis kurz vor Berlin. Da mein Hotel von Braunschweig aus gesehen auf der anderen Seite von Berlin lag, musste ich den Autobahnring um Berlin herumfahren. Dort schlich sich dann doch ein kleiner Stau in meine Route ein, sodass ich kurzfristig umplante und einen anderen Weg fuhr. So kam ich trotz des geänderten Fahrtweges relativ planmäßig am Hotel an. Dort checkte ich kurz ein und schmiss meine Sachen aufs Zimmer und dann ging es schon los. Mein Fahrrad ließ ich erstmal auf dem Dach meines Autos, da war es sowieso am sichersten untergebracht. Im Vorfeld der Reise hatte ich mir ein Deutschlandticket für den Monat Juli gekauft, sodass ich mich nicht mit dem Tarif von Berlin auseinandersetzten musste. Für heute stand erstmal das Köpenicker Netz auf dem Plan. Vom Hotel aus war das am nächsten und so musste ich nach dem etwas verspäteten Start in den Fototag zumindest keine weiten Strecken in die Innenstadt fahren. Vor dem Hotel fuhr eine Buslinie, die mich direkt zur Station Rahnsdorfer Straße der Linie 62 bringen sollte. Bis dorthin verkehrt auch die Linie 63, die an der Haltestelle ihre Endstation hat und am Wochenende nur als Verstärkerlinie in den Hauptverkehrszeiten läuft. Von der Station aus würde ich ein wenig kreuz und quer durchs Köpenicker Netz fahren. Der Samstagsfahrplan versprach ohnehin keinen sonderlich dichten Takt, sodass keinerlei Stress aufkommen sollte. Erstmal ging es aber zu Fuß ein Stück an der Strecke entlang und es wurden die ersten Bilder des Tages geschossen.


Auf der für Großstadtverhältnisse doch sehr beschaulichen Strecke der Linie 62 kam der erste GT6 in Form von 1542 angefahren. Im Köpenicker Netz sind prinzipiell zwei verschiedene Arten von GT6 zu unterscheiden. Einerseits GT6U, wie hier Wagen 1542 als Einrichtungswagen, und die GT6Zo, die als Zweirichtungswagen durch Berlin verkehren. Die gesamte Strecke der Linie 62 ist zwischen den Stationen Mahlsdorf Süd und S Mahlsdorf nur eingleisig ausgebaut. Einzig in einigen Stationen gibt es Kreuzungsmöglichkeiten für die sich begegnenden Kurse.


Über eine halbe Stunde später war es wieder Wagen 1542, der von der Endstation zurückkehrt. Hier befand ich mich bereits an der Station Bütower Straße. Der Kurs zuvor wurde mir von Autos zugefahren und der darauf folgende Kurs war bereits wieder dieser Wagen. Zwar wurde an den digitalen Anzeigen, die es an einigen Haltestellen gab, auch die Linie 63 ausgeschildert. Die Linie setzte am Wochenende allerdings erst ab 11 Uhr ein, weshalb die angezeigten Kurse der Linie 63 einfach kommentarlos entfielen. Dadurch herrschte hier draußen ein eher dünner 20-Minuten-Takt. Am Samstagmorgen war der Autoverkehr auf der Straße allerdings auch übersichtlich, sodass zumindest die Erfolgschance relativ hoch war, wenn etwas kam.

Kurz nach dem Bild kam der erste Kurs der nun einsetzenden Linie 63 von der Endstation angefahren. Da es an der Station Rahnsdorfer Straße keine Wendeschleife gibt, kann die Linie 63 nur von Zweirichtungswagen bedient werden. An der Station setzt der Wagen über eine Straßenkreuzung auf die weitere Fahrstrecke der Linie 62 und dann zurück in die Haltestelle auf das entgegengesetzte Fahrtrichtungsgleis. Von dort aus startet die Linie zurück in Richtung Stadt. Somit ging es für mich in den Wagen und bis zur Station S Köpenick. Dort stößt die Linie 68 zu den Linien 62 und 63. Allerdings befand sich die Unterführung unter der Eisenbahn in Bauarbeiten, weshalb eine Flut von Absperrbaken die Umgebung übersäte. So war die ohnehin schon nicht allzu schöne Ecke noch ein Stück hässlicher geworden. Trotzdem ließ ich mir einige Aufnahmen nicht nehmen. Ein Stück weiter befand sich zudem der Abzweig der Linien 60 und 61. Somit war hier trotz Samstagsverkehr einiges los und ich trieb mich ein wenig in der Nähe der Haltestelle S Köpenick herum.

An der Station S Köpenick hatte sich ein kleiner Straßenbahnstau gebildet. So blieb mir genug Zeit, den Wagen zu verlassen und auf die andere Straßenseite zu gehen. Dort hatte ich mich gerade an meinem Spot eingefunden, als GT6Zo 2206, der mich bis hier hin gebracht hatte, die Station verließ. So gelang mir ein erstes Bild der einzigartigen Wagen. Zwar sind mir GT6 auch von einigen anderen deutschen Straßenbahnbetrieben bekannt, in Zweirichtungsvariante gibt es die Wagen allerdings nur in Berlin.

Kurz darauf war es bereits der nächste GT6Zo in Form von 2210, der sich kurz hinter der Eisenbahnunterführung zeigte. Dort waren auch die Absperrungen zu erkennen, die hier das Fotografieren ein wenig erschwerten. Vor allem aber der Verkehr wurde dadurch gestört. Denn durch die Verengungen mussten sowohl die Straßenbahnen, als auch die Autos auf einer Spur unter der Brücke hindurch. Dies wurde mit eigenen Ampelphasen geregelt, wodurch die Durchfahrt deutlich länger dauerte.

Bei diesem Bild befand ich mich kurz hinter der Kreuzung mit den Linien 62, 63 und 68. Gerade so wurde die Strecke der Linien 60 und 61 mit Licht beschienen. Einige Häuserschatten erreichen zwar Teile des Wagens, ein Großteil von Wagen 2204 befand sich allerdings in der Sonne. Hier bewegte sich das Fahrzeug auf die Kreuzung an der Haltestelle Bahnhofstraße Seelenbinderstraße zu.

Einen wirklichen Plan hatte ich mir vor dem Start in den Tag nicht überlegt. Daher musste ich mich jetzt kurzfristig entscheiden, wie ich weiter verfahren wollte. Aufgrund der geografischen Lage entschied ich mich für die Linien 60 und 61. Diese lagen von meinem Startpunkt an der Linie 62 aus im Gegensatz zum restlichen Köpenicker Netz noch auf der nördlichen Seite der Müggelspree. Daher wollte ich erst dort das Netz abgrasen, bevor ich mich weiter südlich umschauen würde. So ging es zurück zur Station Bahnhofstraße/Seelenbinderstraße und mit dem nächsten Kurs der Linie 60 die Strecke heraus. Ich verließ den Wagen an der Station S Friedrichshagen. Einerseits befand sich dort eine relativ schöne Ecke, andererseits konnte ich so auch einen ersten Blick auf den letzten mir noch fehlenden Straßenbahnbetrieb Deutschlands werfen. Unter der Eisenbahn hindurch war ein Teil der Endschleife von Schöneiche-Rüdersdorf zu sehen, durch die sich gerade ein KTNF6 schob. Ich konzentrierte mich aber weiter auf die Berliner Straßenbahn. Erst einmal wollte ich das Bild an der Ecke umsetzen. Danach ging es für mich weiter die Linie 60 entlang. Dort verbrachte ich die nächsten 1½ Stunden damit, mich mit dem dünnen Takt herum zu schlagen und die Linie ein wenig zu erkunden.

Von links kommt hier die Linie 60, während die Linie 61 nach rechts weiter führt. Von dort kam auch gerade Wagen 2203 von der Endstation zurück. Im Hintergrund ist die Brücke der Eisenbahn zu sehen, hinter der sich die Schleife der Schöneiche-Rüdersdorfer Straßenbahn befindet. Nach dem Bild ging es direkt in den Wagen rein und drei Stationen weiter, bis sich die Linie 60 und 61 wieder trennen.

Ein weiteres Bild des Wagens 2203 gelang mir an der Station Müggelseedamm/Bölschestraße. Nach der Station trennt sich der Fahrtverlauf der Linien 60 und 61 nach drei gemeinsamen Stationen wieder auf. Für die Linie 61 und den Wagen 2203 ging es nach rechts weiter, während die Linie 60 nach links weiter verkehrt. Daher orientierte auch ich mich nach links.

Wirklich weit kam ich nicht, bis mich das nächste Motiv ansprach. Im Hintergrund ist noch immer die Kreuzung zu erkennen, auf der ich das letzte Bild geschossen hatte. Die Linie 60 wird wie die Linie 62 das letzte Stück vor der Endstation eingleisig und bot so einen ungewohnten Anblick im Großstadtbetrieb. So wartete ich im Schatten auf den nächsten Kurs der Linie 60, der nicht mehr allzu lange brauche sollte. Knapp 15 Minuten später erschien dann mit GT6U 1571 einer der wenigen Werbewagen der GT6-Serie.

Bei dem mageren 20-Minuten-Takt, den die Linie hier am Wochenende anbot, war schnell klar, dass ich mich zu Fuß entlang der Strecke bewegen müsste. Der wirklich “romantische” Teil der Linie erstreckt sich nur über die letzten drei Haltestellen. Daher ging es erstmal nur bis zur Station Bruno-Wille-Straße weiter, die sich eine Station vor der Endstation befindet. Dort kam mir Wagen 1585 von der Endstation entgegen. Glücklicherweise hatte es das Auto gerade weit genug geschafft, um mir nicht das Bild zu zerstören.

Schnell ging es weiter, denn die beiden letzten Kurse hatten an der Station Bruno-Wille-Straße gekreuzt, die dafür extra zweigleisig ausgebaut war. Da der entgegenkommende Kurs allerdings noch nicht in Sicht war, machte ich mich auf die Suche nach einem Motiv für den Kurs. Nur irgendwie ließ der lange Zeit auf sich warten. Während ich mich im Schatten versuchte vor der Hitze zu verstecken, stieg langsam aber sicher mein Unmut über den unzureichenden Takt. Erst über 40 Minuten nach dem letzten Kurs, den ich im vorletzten Bild abgelichtet hatte, kam mit Wagen 1580 wieder etwas auf der Straßenbahn angefahren. Der Wagen zeigte sich im nun schon etwas aus dem Licht gewanderten Motiv.

Trotz der großen Taktlücke zwischen den beiden Kursen machte der Fahrer von Wagen 1580 keine Anstalten, seine Pause zu verkürzen. Ganz im Gegenteil wurden die vollen 20 Minuten ausgereizt und der Wagen stand so immer noch in der Haltestelle, als der nächste Kurs kam. Darauf hatte ich spekuliert, da der nächste Kurs so auf das äußere Gleis der Haltestellenanlage fahren musste. Dadurch eröffnete sich mir die Möglichkeit, ein Bild von der Schleife zu schießen. So zeigte sich GT6U 1577 in der Schleife bei der Einfahrt in die Abfahrtshaltestelle.

Genau auf dieses Szenario hatte ich gehofft. Schon vor Ankunft des nächsten Kurses hatte ich mich vorsichtshalber in Wagen 1580 gesetzt, um die Abfahrt nicht zu verpassen. Ich wollte nun wirklich nicht noch länger als nötig an dieser Haltestelle verbringen. Als ich Wagen 1577 kommen sah, ging ich das Risiko ein und verließ kurz den Wagen, um das Bild in der Schleife zu schießen. Glücklicherweise wartete GT6U 1580 gerade lange genug, dass ich danach wieder einsteigen konnte. Kurz darauf schlossen sich die Türen und nach über einer Stunde fuhr mal wieder ein Kurs der Linie 60 von der Endhaltestelle Altes Wasserwerk ab. Eigentlich war mein Plan gewesen, nach dem Ast der Linie 60 auch den Ast der Linie 61 abzuarbeiten. Nach meiner Erfahrung an der Linie 60 und mit einem Blick auf die Karte entschied ich mich aber schnell um. Denn der Ast der Linie 61 war nochmal deutlich länger und dort sollte eigentlich an einem Werktag mehr Verkehr sein. Außerdem endet die Linie 61 ganz in der Nähe der Endstation der Linie 87, also der Woltersdorfer Straßenbahn. Somit könnte ich diese beiden Linien einfach miteinander verbinden. Ich entschied mich dazu, mich zum Zentrum des Köpenicker Netzes zu begeben. Dort verkehren so viele Linien, dass auch am Wochenende der Verkehr relativ dicht sein sollte. Das kam mir nach den Erfahrungen an der Linie 60 ganz gelegen.

So ging es im Wagen 1577 erstmal bis zur Station Bahnhofstraße/Lindenstraße. Diese befindet sich ganz in der Nähe der Haltestelle Rathaus Köpenick, die das Zentrum des Köpenicker Netzes darstellt. Allerdings knickt die Linie 60 zuvor in die falsche Richtung ab, weshalb ich an der Station Bahnhofstraße/Lindenstraße umsteigen wollte. An der Station angekommen, bog der Wagen allerdings in Richtung der Station Rathaus Köpenick ab. Trotzdem verließ ich die Bahn, um herauszufinden, was der Grund für die Linienführungsänderung war. Schnell wurde mir klar, dass der Ast, der vom Köpenicker Netz eine Verbindung zum restlichen Berliner Netz darstellt, nicht betrieben wurde. Die Linien 67 und 27, die diese Verbindung sonst auch nutzen, fuhren gar nicht, während die Linie 60 umgeleitet wurde und kurze Zeit später endete. Fürs erste störte mich das aber nicht sonderlich, da ich ohnehin in die andere Richtung weiter wollte. Daher machte ich an der Station noch ein Bild, bevor es mit dem nächsten Kurs über die Brücke bis zur Station Rathaus Köpenick ging. Die Haltestelle befindet sich in einer großen Blockumfahrung, in die von drei Seiten aus Linien hinein führen. Die nächste halbe Stunde trieb ich mich ein wenig in der Blockumfahrung herum und guckte, was so an Motiven umzusetzen war.

Was im Hintergrund wie ein historisches Gebäude aussieht, ist in Wirklichkeit ein Gebäude einer Köpenicker Schule. Normalerweise ein sehr schönes Motiv für einen entgegenkommenden Wagen auf der nach hinten verschwindenden Strecke. Leider handelt es sich dabei genau um die Strecke, die nicht betrieben wurde. Da kam es mir zu Gute, dass hier genügend GT6Zo verkehrten, von denen man auch Nachschüsse machen konnte. So präsentierte sich Wagen 2215 beim Warten vor der Kreuzung, bevor dieser nach rechts entschwand.

Das Rathaus stellt eines der schönsten Motive des Köpenicker Netzes dar. Genau neben dem riesigen Gebäude befindet sich die passende Station Rathaus Köpenick, an der sich gerade GT6U 1577 befand. Hier war der Andrang an Fahrzeugen aufgrund von gleich sechs verkehrenden Linien relativ hoch und die Anzeigetafel versprach auch am Samstag in kurzen Minutenabständen Möglichkeiten für Bilder. Zuerst gab es hier die Hochkantvariante, um den riesigen Turm des Rathauses mit ins Bild zu bekommen.

Ich bewegte mich ein Stückchen vor die Haltestelle, um ein wenig mehr von der Umgebung des Rathauses ins Bild zu bekommen. Vor allem von Kopfsteinpflaster und schönen Häuserfassaden geprägt, litt die gesamte Blockumfahrung an einer Flut von parkenden Autos, die das Fotografieren deutlich erschwerten. So zeigt sich hier GT6Zo 2223 umgeben von vielen Autos am Beginn der Blockumfahrung. Vor der Häuserfassade rechts im Hintergrund führt die andere Seite der Blockumfahrung entlang.

Auch dieses Bild zeigte das Problem der parkenden Autos auf beiden Seiten der Strecke. Dazu gesellten sich an vielen Teilen der Blockumfahrung Häuserschatten, was die möglichen Motive auf ein Minimum reduzierte. Hier gelang mir zumindest ein Nachschuss von 2234 auf der anderen Seite der Blockumfahrung. Ganz langsam arbeitete sich die Straßenbahn hier durch die unübersichtlichen Straßen.

Nun befand ich mich hinter der Haltestelle Rathaus Köpenick. Hier teilen sich die Linien in zwei Gleise auf, um danach in entgegengesetzte Richtungen zu verschwinden. Wagen 2206 sortierte sich auf dem rechten Gleis ein, um als Linie 63 dem weiteren Streckenverlauf zu folgen. Das war nur der Weiche vor dem Abzweig nicht immer ganz bewusst, weshalb die Fahrer des Öfteren die Weiche per Hand in die richtige Stellung bringen mussten.

Noch einmal zurück an der Haltestelle folgte nun auch die Perspektive im Querformat neben dem Rathaus. Dort fuhr Wagen 1527 in die Station ein. Der Wagen unterschied sich hier leicht von der üblichen Lackierungsvariante. Das Weiß beschränkte sich lediglich auf den Teil oberhalb der Dachkante, während es bei den anderen Wagen bis zu den Türen herunterreicht.

Generell verkehren durch Berlin diverse verschiedene Modernisierungsvarianten der GT6. Dabei unterscheiden sich die Wagen durch unterschiedliche Zielanzeigen und Lichter. Dazu gibt es Unterschiede beim Dachaufbau. Sowohl bei der Einrichtungsvariante, als auch bei der Zweirichtungsvariante gibt es Fahrzeuge mit hohem Dachaufbau, was einen Hinweis auf eine vorhandene Klimatisierung gibt. Auch die Lackierungen weichen hier und da, wie oben zu sehen ist, voneinander ab, dies ist aber eher die Ausnahme. Für genauere Informationen über die Unterschiede verweise ich an dieser Stelle gerne auf das Typenportrait: Die GTx-Niederflurkonstruktion in Deutschland – Augsburg, Berlin, Braunschweig, Bremen, Frankfurt Main und Frankfurt Oder von Tobias. Dort ist genau aufgeführt, welche Varianten der GT6 durch Berlin fahren.

Bei einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es inzwischen kurz nach 15 Uhr war. Also stellte sich mir die Frage, was ich mit dem Nachmittag anfangen wollte. Nach einem kurzen Blick auf OsmAnd entschied ich mich für die Waldstrecke der Linie 68 nach Alt-Schmöckwitz. Die Linie ist die mit Abstand längste Linie des Köpenicker Netzes und führt weite Strecken durch den Wald bis nach Alt-Schmöckwitz, einem kleinen Vorort von Berlin. Für diese Strecke hatte ich einiges an Zeit eingeplant und so passte es zeitlich sehr gut, den restlichen Tag an der Linie zu verbringen. Passenderweise fuhr die Linie auch am Rathaus, sodass ich mich einfach in den nächsten Kurs setzte und los fuhr. Mir war vorher allerdings nicht bewusst, dass jeder zweite Kurs der Linie 68 am S-Bahnhof Grünau endete. Ich hatte genau einen dieser Kurse erwischt und so endete meine Fahrt ungewollt an der Station S Grünau. Von dort bewegte ich mich einfach zu Fuß durch ein kleines Waldstück bis zur Station Regattatribünen. Von dieser Station ging es mit dem nächsten Kurs bis zur Station Bammelecke weiter. Dazwischen war ein langes Stück Strecke, welches zu dieser Tageszeit im Schatten lag und ohnehin nicht sonderlich interessant war. An der Station Bammelecke drehte sich die Strecke allerdings ein wenig, wovon ich mir mehr Licht auf den Gleisen versprach.

Kurz hinter der Station S Grünau verschwindet die Straßenbahn für ein kurzes Stück im Wald. Dort hatte ich mich an einem kleinen Bahnübergang aufgestellt und wartete auf den nächsten Kurs der von Alt-Schmöckwitz aus zurück in Richtung Innenstadt fuhr. Dieser kam in Form von GT6Zo 2208 auch kurze Zeit später angefahren. Bis dahin hatte ich die herrliche Ruhe genossen, die im Wald geherrscht hatte und in einer Großstadt wie Berlin sonst schwer zu finden ist.

Danach ging es weiter auf Trampelpfaden durch den Wald bis kurz vor die Station Regattatribünen. Dort bot sich mir ein weiterer Spot mit Sonne auf dem sonst relativ schattigen Waldstück. An dieser Stelle kam nur sieben Minuten nach dem letzten Bild Wagen 2220 als nächster Kurs angerauscht. Einen wirklichen Takt konnte ich auf der Linie irgendwie nicht feststellen. In unregelmäßigen Abständen kamen Fahrzeuge von der Endstation Alt-Schmöckwitz zurück. Auf dem kleinen Stück durch unbesiedeltes Gebiet wurden die Wagen mal wirklich ausgefahren und höhere Geschwindigkeiten erreicht.

Inzwischen war ich an der Station Regattatribünen angekommen. Dort wartete ich nun wieder 20 Minuten, bevor ich mein Bild umsetzen konnte. Inzwischen waren schon zwei Kurse in die andere Richtung durchgefahren, aber ich wollte mir das Bild an der Station nicht nehmen lassen. Daher gab es letztendlich das Bild mit GT6U 1584 bei Einfahrt in die Station. Mit etwas Besorgnis guckte ich derweil in den Himmel, an dem sich immer mehr Wolken sammelten.

Bei der Fahrt durch das Waldstück bis zur Station Bammelecke hatte die Sonne noch geschienen. Allerdings war die Strecke durchgängig im Schatten gewesen. Nun war ich an der Station Bammelecke angekommen, dort hatte mich aber die Sonne verlassen. Ein Blick auf die dichte Wolkenschicht, die sich dort auf mich zu schob, und ein Check des Wetterberichtes versprachen für den restlichen Tag leider auch keine Besserung. Daher musste das Bild von Wagen 2234 an dieser Ecke ohne Sonne erfolgen.

Die Wolkendecke am Himmel wurde immer dichter und brachte einen ersten kleinen Sommerregen mit sich. Zwar war es erst 16:30 Uhr, aber bei diesen Lichtverhältnissen machte es für mich keinen Sinn, weitere Bilder in dem immer dunkler werdenden Waldstück zu schießen. Zudem mischten sich unter die dunklen Wolken am Himmel immer wieder sehr grelle Wolken und kleine blaue Flecken, die das Fotografieren vollends zu einem Krampf machten. Daher brach ich das Projekt der Waldstrecke für den heutigen Tag ab. Genug Zeit sollte auch noch in den nächsten Tagen sein, um mich mit der Strecke zu befassen. Es ging zurück zur Haltestelle Bammelecke und mit dem nächsten Kurs stadteinwärts. Unterwegs beobachtete ich ein wenig das Wetter außerhalb des Wagens und überlegte, ob ich mir noch andere Strecken des Köpenicker Netzes angucken wollte. So richtig sprang mir aber nichts ins Auge und das Wetter lud auch nicht gerade zu einer weiteren Erkundung ein. Daher entschied ich mich, den Fototag heute schon relativ früh zu beenden. Der Tag hatte ja schließlich auch schon früh angefangen und viele schöne Sonnenbilder waren ebenfalls abgefallen. Warum sollte ich mich also mit schlechtem Wetter entlang einer weiteren Linie quälen.

Also ging es an der Station S Köpenick in eine Bahn der Linie 62 und wieder ganz nach draußen zur Haltestelle Rahnsdorfer Straße. Dort kam nach zehn Minuten Wartezeit auch schon der Bus, der mich bis vor die Tür des Hotels beförderte. Im Zimmer ging es erstmal unter die Dusche, bevor sich in frische Klamotten geschmissen wurde. Auf Google Maps checkte ich die Umgebung aus, um herauszufinden, was sich für Essensquellen in der Nähe befanden. Schnell war ein nahe gelegener Dönermann ausgemacht, bei dem sich etwas zum Mitnehmen geholt wurde. Mit dem Essen bewaffnet ging es zurück ins Hotel und über mein Tablet wurde das am Abend terminierte EM-Spiel verfolgt. Die zum Zeitpunkt der Reise laufenden EM bot immer eine willkommene Abendbeschäftigung. Danach wurde der Abend ausklingen gelassen und erste Pläne für den nächsten Tag erstellt. Der Sonntagsfahrplan bot nicht gerade viele Auswahlmöglichkeiten und so landete ich schnell beim Hauptnetz der BVG. Dort sollte auch an einem Sonntag zumindest angenehm häufig etwas fahren und so stand der Plan für morgen fest. Wo es mich im riesigen Netz hin verschlagen sollte, würde ich dann morgen sehen. Dazu folgen genauere Ausführungen im nächsten Teil von “Zu Besuch in Deutschlands Hauptstadt”.

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