Eine Reise mit den Harzer Schmalspurbahnen – 1.1 Wernigerode Bahnhof

Portrait des größten deutschen Schmalspurnetzes nach der Wende


Vorwort

Mit der Übernahme der Schmalspurbahnen im Harz, bestehend aus Brocken-, Harzquer- und Selketalbahn, durch die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) in den Jahren 1992-1993, begann für das in weiten Teilen mit Dampf betriebene Schmalspurnetz eine neue Zeitrechnung. Fortan musste die Schmalspurbahn als profitorientiertes Unternehmen agieren und durch neue Innovationen und Angebote die Fahrgäste auf die Schienen zwischen Wernigerode, dem Brocken, Nordhausen und Gernrode locken. Dieser Bildband illustriert die Zeit von der politischen Wende bis heute als Portrait der einzelnen Strecken der Harzer Schmalspurbahnen. Dabei sollen die aussagekräftigen Bilder zum großen Teil für sich sprechen und die Vergleiche zwischen heute und vergangenen Tagen den Wandel illustrieren, den nicht nur die Züge und Infrastruktur in den letzten 25 Jahren vollzogen haben, sondern auch die wunderschöne und sich ständig verändernde Mittelgebirgslandschaft rechts und links der Gleise. Die Faszination der Schmalspurbahnen im Harz besteht nicht nur in den historischen Fahrzeugen, sondern zu einem großen Teil in der sich über die Jahre und Jahreszeiten in völlig unterschiedlichem Antlitz präsentierenden Umgebung, vom sommerlichen Laubwald mit Badesee, zur unerbittlichen Eiswüste auf 1000 Metern Höhe. Diese faszinierende Symbiose aus Natur und Eisenbahn, soll in dieser mehrteiligen Serie bei einer vollständigen Bereisung des 140 km langen Schienennetzes lebendig werden.

Neben meinen eigenen unzähligen Besuchen im Harz seit dem Jahr 2008, finden auch zahlreiche Farbbilder aus der umfangreichen Familiensammlung aus älteren Tagen Verwendung.

Für alle Leser, die sich selbst gern zum Fotografieren an die Strecke begeben, habe ich die jeweiligen Fotostandpunkte, welche sich oftmals weit abseits der ausgetrampelten Fotostandpunkte in Straßennähe befinden, jeweils am Anfang der einzelnen Artikel in einer Karte hinterlegt, sofern es sich nicht um reine Bahnhofsaufnahmen handelt.

Damit wünsche ich viel Spaß bei einer hoffentlich unvergesslichen Reise entlang der Gleise von Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge.

Zum Inhaltsverzeichnis dieser Serie hier klicken


Teil 1 – Von Wernigerode nach Drei Annen Hohne


Der erste Abschnitt der Reise geht auf der Harzquerbahn von Wernigerode bis Drei Annen Hohne. Für eine größere Ansicht mit der rechten Maustaste auf das Bild klicken und “Grafik anzeigen” auswählen

Der erste Teil der Reise führt uns auf den Gleisen der Harzquerbahn von Wernigerode bis zum Abzweig der Brockenstrecke nach Drei Annen Hohne. Nach der Fahrt durch die gemütliche Kleinstadt am Rand des Harzes, verschwindet die Strecke zum großen Teil im Wald und überwindet, durch viele enge Kurven und den einzigen Tunnel des gesamten Netzes, die ersten 300 Meter Höhe. Besonders im Herbst genügen diese 300 Meter Höhendifferenz oftmals, um von einer bunten Herbstlandschaft in eine weiß gepudertes Winterparadies einzutauchen. Der von Wernigerode bis Drei Annen Hohne verlaufende Bahnparallelweg, ist damit vielleicht einer der schönsten Wanderwege entlang der HSB und bietet einige schöne Ausblicke auf Bahn und Landschaft.

Durch Rodungen ergeben sich auch an dieser, meist tief im Wald verlaufenden Strecke, immer wieder für einige Jahre neue Motive, bis sich die Natur den Lebensraum entlang der Strecke zurückerobert. Seit Ende der 2010er Jahre und Anfang der 2020er Jahre hat sich auch in diesem Streckenabschnitt durch das großflächige Absterben der Fichtenkulturen einiges verändert. Im Vergleich zur Brockenstrecke und weiten Teilen der Querbahn konnte dieser Abschnitt durch den hohen Laubwaldanteil rund um die Strecke, seine langjährige Charakteristik aber zumindest in Teilen bewahren.


1.1 Wernigerode Bahnhof

[Zuletzt aktualisiert am 25. April 2022]

Ihren Ausgangspunkt haben die Züge der Harzquer- und Brockenbahn am Hauptbahnhof von Wernigerode an den Gleisen 31, 33 und 34. Hier befindet sich auch die Betriebsleitzentrale und der Lokschuppen für die einsatzfähigen Fahrzeuge. Über eine Drehscheibe werden die verschiedenen Gleise des Lokschuppens erreicht.

Im April 2013 wurde der Harz noch einmal von einem Wintereinbruch heimgesucht. Ein Harzkamel und die Brockenlok 99 7238-1 warten neben der Betriebsleitzentrale auf weitere Aufgaben. Während das Harzkamel 199 872-3 für das herausziehen der Züge aus der Wagenabstellhalle vorgesehen ist, sorgt die Schwesterlok 199 874-9 mit der Schneefräse für eine freie Strecke. Die Besucherplattform am Gleis 31 ermöglicht einen erhöhten Blick auf Leitzentrale, Drehscheibe und Lokschuppen.


Am 4. April 1990 stehen die Schmalspurbahnen im Harz noch unter der Leitung der DR. 99 7239-9 bricht zur nächsten Fahrt auf, während 99 7234 auf weitere Aufgaben wartet.


22 Jahre später steht dieselbe Lok abfahrbereit am inzwischen modernisierten Bahnsteig. Die HSB feierte im Jahr 2012 das 125-jährige Bestehen der Schmalspurbahn im Harz mit diversen Veranstaltungen. Zum Bahnhoffest in Wernigerode wurde neben zwei Gasttriebwagen, auch der Rollwagenzug mit 99 6101 eingesetzt, welcher rechts neben dem Personenzug eingefahren ist. Die vollbesetzte Besucherplattform links neben dem Zug, zeugt vom großen Zulauf der Veranstaltung.


Von November 2020 bis Juni 2021 verkehrte aufgrund der Covid-19 Pandemie, abseits der Nahverkehrs Nordhausen-Ilfeld, nur ein einziger Triebwagen auf den Gleisen der Harzer Schmalspurbahnen, welcher zweimal täglich zwischen Wernigerode und Schierke pendelte. Von Himmelfahrt bis Pfingsten wurde dieser Kurs aufgrund eines erwarteten Fahrgastanstieges mit Harzkamel und Wagenzug gefahren. Als solcher pausiert 199 861-6 am 21. Mai 2021 im Bahnhof Wernigerode und wartet auf die Abfahrtszeit für die zweite Runde des Tages nach Schierke.


Für eine ihrer letzten Fahrten vor dem Traditionszug wartet 99 5906-5 am 16. April 2022 ganz am Ende des Gleis 31 auf die Abfahrt Richtung Brocken. Mitte Mai 2022 wurde die zu diesem Zeitpunkt letzte betriebsfähige Mallet im Harz abgestellt.


Am Abend des 29. Mai 2012 wird 99 5901 nach einem Einsatz vor dem Traditionszug zum Brocken für die Nacht vorbereitet.


Nachdem die Züge am Abend von ihrer letzten Fahrt zum Brocken zurückgekehrt sind, ergeben sich vor dem Lokschuppen in Wernigerode oftmals schöne Aufstellungen der Maschinen im Abendlicht. Am 1. April 2013 stehen 99 236, 99 7241-5 und 99 7247-2 vor dem Schuppen.


Während die Züge am Morgen im Normalfall von einem Harzkamel aus der Wagenhalle gezogen und im Bahnhof bereitgestellt werden, schieben die Dampfloks am Abend die Züge meist selbst in die Abstellhalle neben der Regelspurstrecke. Am 28. Mai 2012, kehrt 99 7234-0 von der Wagenhalle zurück, nachdem sie ihren Zug kurz zuvor mit den Wagen voraus über die Betriebsstrecke geschoben hat.


Wo sich heute die unterirdische Straßenkreuzung der B244 befindet und die Schmalspurstrecke hinter der Bahnhofsausfahrt unspektakulär in einer S-Kurve den Bahnhof Westerntor erreicht, kreuzte die Strecke 1991 noch niveaugleich die B244. Die Aufnahme von 99 7243-1 auf der Kreuzung mit der B244 zwischen Hauptbahnhof und Westerntor, zeigt vielleicht eine der markantesten Veränderungen der Strecke nach Drei Annen Hohne seit der Wende.


Zum Vergleich ein Bild vom 9. Juni 2012: Etwa auf Höhe des zweiten schwarzen Autos auf der B244 befand sich 1991 der Bahnübergang. Heute kreuzt die Strecke nach Westerntor, die zur unterirdischen Kreuzung abtauchende Straße, auf einer Brücke. Der soeben die Brücke passierende Brockenzug hat in der Bahnhofseinfahrt Wernigerode Westerntor sein Ziel oben links im Bild bereits vor Augen. Das Harzkamel 199 861-6 wartet derweil, bis der Planzug passiert hat und schiebt anschließend die nächste Wagenschlange für einen weiteren Brockenzug von der Stichstrecke zur Wagenhalle in den Hauptbahnhof.

Im nächsten Teil geht es dann zum Bahnhof Wernigerode Westerntor.

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