Und ewig grüßt der Hochflurer – Die Straßenbahn Braunschweig 2019

2019 war in der Löwenstadt wohl das letzte vollständige Jahr für nahezu alle Hochflurwagen im Plandienst, eine neue “Corporate Identity” wurde eingeführt und im Herbst erfolgte die größte Linienreform der vergangenen zehn Jahre. Werfen wir zum Ende des Jahres noch einmal einen Blick auf die Geschehnisse der vergangenen zwölf Monate bei der Braunschweiger Straßenbahn.


Sanierung Leonhardplatz – Helmstedter Straße abgeschlossen

Von 2017 bis 2018 wurde mit der Helmstedter Straße der letzte Abschnitt im Liniennetz grundlegend saniert, welcher noch klassisches “Straßenbahnflair” mit Haltestellen auf der Fahrbahn bot. Während die vollständige Niederflurigkeit im Wagenpark auch Ende 2019 noch auf sich warten lässt, ist die Modernisierung auf Seiten der Infrastruktur damit vollständig.
Im betroffenen Abschnitt vom Leonhardplatz bis zum Abzweig der Betriebsstrecke zum Betriebshof am Hauptgüterbahnhof, entstanden an den Haltestellen Marienstift und Ackerstraße neue, behindertengerechte Niederflurbahnsteige. Die hierfür notwendigen Baumaßnahmen waren umfangreich: Der umständliche Schwenk der Strecke an der Haltestelle Marienstift zur ehemalige Depotzufahrt zum Betriebshof “Altewiek” wurde endlich begradigt und die Haltestelle rund 100 Meter nach Süden verschoben. Der gesamte Straßenzug wurde im Rahmen der Bauarbeiten neu gestaltet. Die Änderungen an der Haltestelle “Ackerstraße” habe ich in einem Teil der Serie Picture in Time beschrieben. Während die Bauarbeiten mit all ihren Nebenerscheinungen rund um die Haltestelle Ackerstraße bereits im Sommer 2018 abgeschlossen waren, zogen sich die Restarbeiten rund um den Mareinstift noch bis Ende 2018 hin und zahlreiche Baustellenschilder nahmen die Straße noch in Beschlag. So wurden die neuen Motive rund um die Haltestelle Marienstift von mir erstmals im Februar 2019 in Angriff genommen.


Am 4. Februar 2019 erreicht GT6S 9556 die neue Haltestelle Marienstift stadtauswärts. Da die Haltestelle auch von zwei Buslinien genutzt wird, kam am Bahnsteig das “Kasseler Sonderbord” zum Einsatz. Die ungewöhnlich weit in die Fahrbahn ragenden Plattformen, haben derweil an den Enden schon für einigen Lack- und Reifenabrieb bei unaufmerksamen Wagenlenkern gesorgt. Die nur drei Kurse der Linie 4 Radeklint-Helmstedter Straße, sind oft ausschließlich mit GT6S besetzt, ansonsten kommen hier auch NGT8D zum Einsatz.


Die deutlichste Veränderung ergab sich an der fünfarmigen Kreuzung Helmstedter Straße, Georg-Westermann-Allee, Kapellenstraße, Leonhardstraße, auf der sich zuvor noch der ehemalige Abzweig zum alten Betriebshof befand. Nach Abschluss der Bauarbeiten kommt der Platz nun deutlich gefälliger daher und die enge S-Kurve bleibt den Bahnen erspart. Dazu noch ein Vergleichsbild aus 2016. Am späten Nachmittag des 18. April 2019 überquert GT6S 9551 die Kreuzung Richtung Leonharplatz. Seit 2015 wurden die GT6S nach und nach in das neue “Tramino-Design” umlackiert und strahlen seither so schön wie Lange nicht. 2019 war mit 9555 nur noch ein GT6S nicht im neuen Design unterwegs.


Drängeln im Solo-Mannheimer auf der SL 2, 4 und 5

Seit 2018 kam aufgrund von Wagenmangel immer wieder der beiwagenlose Mannheimer GT6 7752 im Liniendienst zum Einsatz. Seit der Beiwagen 7774 vor einigen Jahren abgestellt wurde, kam GT6 7752 in der Regel nur noch als Fahrschulwagen zum Einsatz und konnte daher nur mit Glück im Netz angetroffen werden. Die eher schlechte Verfügbarkeit der Traminos und die zunehmende Störanfälligkeit der GT6S, sorgte mit der letzten Abstellungswelle der Altfahrzeuge allerdings für einen recht knapp kalkulierten Wagenpark. Die Abstellung des Mannheimer-Zuges 7761+7773, sorgte Ende 2018 für eine weitere Verknappung des Wagenparks, sodass GT6 7752 seither von Montag bis Freitag mit großer Regelmäßigkeit im Netz angetroffen werden konnte. Egal wo der Wagen dabei eingesetzt wurde, stieß er bei vielen Fahrgästen allerdings auf keine große Freude, da er neben der fehlenden Barrierefreiheit auf nicht entsprechend gekennzeichneten Kursen, auch noch durch das zu geringe Fassungsvermögen für Unmut sorgte. Einen ausführlichen Artikel zu diesen Einsätzen von 2018 bis Frühjahr 2019, habe ich im vergangenen März geschrieben: Im Fahrschulwagen durch die Löwenstadt – „Mannheimer“ 7752 im Soloeinsatz.
Auch im Laufe des Jahres 2019 hat sich an diesem Umstand wenig geändert. Bis zur Fahrplanumstellung im Dezember, kam der Solofahrer meist auf der SL 5 zum Einsatz, da er aufgrund der wenigen Kurse und des Linienweges entlang des Marienstift und Hauptfriedhofes, auf der Linie 4 ebenfalls recht ungeeignet ist. Eine Besonderheit stellten 2019 die Samstagseinsätze bei Heimspielen der Braunschweiger Eintracht dar: An diesen Samstagen kam der Hochflurer den ganzen Tag regulär auf der SL 4 zum Einsatz. Einen regulären Hochflureinsatz an Samstagen abseits der Stadionverstärker, hatte es so seit Jahren nicht mehr gegeben.
Seit die Linie 5 mit der Fahrplanumstellung im Oktober nur noch im 15-Minuten-Takt verkehrt, kam der Wagen auch für diese Linie nicht mehr in Frage. Hatte man den Wagen eigentlich ab Oktober auf der neuen Verstärkerlinie 10 erwartet, kommt er seither meist auf der Linie 2 Siegfriedviertel – Heidberg zum Einsatz, wo er im 15-Minuten-Takt in den Stoßzeiten ebenfalls hoffnungslos überfüllt ist. Nur selten wird 7752 auf der 10 eingesetzt.


Im Frühjahr war GT6 7752 noch vorwiegend auf der Linie 5 Hauptbahnhof – Broitzem im Einsatz. So auch am 14. Februar 2019, als er am frühen Nachmittag auf dem Leonhardplatz beim Abbiegen Richtung Hauptbahnhof aufgenommen werden konnte.


An fast allen Samstagen mit Heimspielen der Braunschweiger Eintracht, musste GT6 7752 in diesem Jahr auf der Linie 4 Helmstedter Straße – Radeklint aushelfen, um die fassungsstärkeren Fahrzeuge in Richtung Stadion einsetzen zu können. Am 24. August konnte GT6 7752 auf dem Weg Richtung Radeklint am Hagenmarkt vor der Katharinenkirche aufgenommen werden.


Am frühen Abend gelang eine weitere Aufnahme des Solofahrers auf der Linie 4 am Hauptfriedhof. Die Reaktionen auf den Hochflureinsatz auf einer Linie, wo man dies seit Jahren nicht mehr kannte, rief bei den Fahrgästen unterschedliche Reaktionen hervor: Während sich gerade die jüngsten schon in einem Museumswagen wähnten und die älteren in Erinnerungen schwelgten, hielt sich die Begeisterung bei Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühlen verständlicherweise arg in Grenzen und sorgte nicht selten für deutlich verlängerte Haltezeiten.


Seit dem Fahrplanwechsel im Oktober wurde der GT6 7752 bei Bedarf meist auf der Linie 2 eingesetzt. Mehrere Wochen lang war er fast jeden Werktag zwischen Heidberg und dem Siegfriedviertel unterwegs und konnte am 21. Oktober in der herbstlichen Endschleife Anklamstraße im Heidberg aufgenommen werde.


NGT8D+B4 überraschend reaktiviert

Zum Anfang des Jahres feierten zwei der ausschließlich in Braunschweig verkehrenden Gespanne aus NGT8D und Düwag B4 ein unerwartetes Comeback: Die vier ausschließlich auf der Linie 1 eingesetzten Gespanne verschwanden nach der Inbetriebnahme der 18 Traminos ab 2016 mit abgelaufenen Fristen nach und nach aus dem Betrieb. Im Jahr 2018 kam schließlich kein NGT8D mehr mit Beiwagen zum Einsatz und die ungewöhnlichen Züge schienen damit nach rund sieben Jahren Einsatz Geschichte. Umso überraschender war das Auftauchen des “BBG-Zuges” NGT8D 0757 mit B4 7471 auf der Linie 1 im Februar. Später im Jahr folgte noch der Zug aus NGT8D 0758 und B4 7472. Ein ausführlicher Artikel über die längsten Züge der Braunschweiger Straßenbahn, findet sich hier: Einzigartiges Gespann in Braunschweig – NGT8D+B4 reaktiviert.
Während 0757 mit 7471 nahezu täglich im Einsatz stand, verschwand der zweite Zug für einige Monate wieder aus dem Verkehr und tauchte ab November erneut auf. Auf lange Sicht sollen laut BSVG alle verbliebenen 74er Beiwagen mit Inbetriebnahme der neuen Traminos ab 2020 ausgemustert werden.


Die langgezogene Kurve aus Stöckheim zwischen den Haltestellen Trakehnenstraße und Militschstraße, ermöglicht auch in den Wintermonaten bis in die späten Nachmittagsstunden Sonnenaufnahmen. Hier verbrachte ich den sonnigen Nachmittag des 27. Februar und konnte NGT8D 0757 mit B4 7471 im letzten Streiflicht auf dem Weg Richtung Innenstadt aufnehmen.


Am 21. August wurde dem Zug am Stadion auf dem Weg nach Stöckheim aufgelauert.


Am 20. Dezember konnten NGT8D 0757 und B4 7471 kurz vor der Haltestelle Richmondweg aufgenommen werden. Unmittelbar hinter der Haltestelle geht die B4 nahtlos in die A36 über, in deren Mitte die Strecke noch zwei Stationen bis zum Sachsendamm verläuft. Mit etwas Glück, verhindert die Fußgängerampel der Haltestellenanlage das Zufahren des Bildes mit den oftmals von der Autobahn noch viel zu schnell anrauschenden Fahrzeugen.


Am Nachmittag desselben Tages gelang eine weitere Aufnahme des Zuges zur blauen Stunde zwischen den Haltestellen Mühlenpfordstraße und Am Wendentor.


Wenige Wochen nach 0757 und 7471, tauchte auch das Gespann aus NGT8D 0758 und B4 7472 wieder im Planbetrieb auf. Am 20. März 2019 gelang in der bis 2017 grundsanierten Stobenstraße zwischen den Haltestellen Schloss und J.-F.-Kennedy-Platz eine erste Aufnahme des Zuges. Bei den Fahrgästen sorgte das Comeback der 74er Beiwagen teilweise ebenfalls für Verwunderung. So fragte ein sehr junger Fahrgast nach der Einfahrt des erwarteten Niederflurwagen beim Erklimmen des Hochflurwagen an der Hand seiner Mutter überrascht: “Warum kommt hier ein Rappelwagen”. Mit “Rappelwagen” sind die beiden Beiwagen derweil nich gänzlich falsch beschrieben, sind die mittlerweile 45 Einsatzjahr, trotz der kleinen Auffrischung ab 2007, doch alles andere als spurlos an den Wagen vorbeigegangen. So blättert nicht nur die Farbe teilweise vor sich hin und die Türen waren hin und wieder etwas zickig, auch die Einstiegsbereiche und Dachkanten weisen erhebliche Verfallserscheinungen auf.


Am 8. April konnte der Zug in der Mühlenpfordstraße festgehalten werden. In der Gegenkurve der engen S-Kurve ist der ungewöhnliche Beiwagen besonders auffällig. Über die Sommerferien 2019 wurde die S-Kurve durch die Mühlenpforstraße saniert und sorgte für einen achtwöchigen SEV in Richtung Norden. Dabei entfiel auch das einst für die RegioStadtbahn verlegte dritte Gleis und die Fahrbahn wurde in Bettonplattenbauweise erneuert. Weiterhin wurde der in der Kurve gelegene Bahnsteig erneuert. In den Sommerferien verschwanden die Beiwagen zunächst wieder und 7472 tauchte erst im November wieder auf der Linie 1 auf.


Dort konnte der Zug am 20. Dezember am späten Nachmittag vor der Okerbrücke am Wendentor aufgenommen werden.


Dem Braunschweiger Löwen wachsen Flügel – das neue “Corporate Design”

Im Sommer 2019 führte die Braunschweiger Vekehrs GmbH eine neue “Coprorate Idendity” ein. Seither tritt das Unternehmen unter dem neuen Kürzel “BSVG” auf. Auch das Außendesign wurde nach nicht einmal fünf Jahren erneut überarbeitet. Dem ursprünglichen “Tramino-Design” von 2014, wurden im Zuge des neuen Markenauftritts als BSVG, einige farbliche Akzente in violett und hellrot hinzugeklebt. Mögen die neuen farblichen Akzente durchaus Geschmacksache sein, mutet der Ersatz des Braunschweiger Löwen und der Stadtsilouetten durch einen geflügelten Venezianischen Löwen schon etwas skuril an…
Abgesehen von einigen Traminos und Bussen neueren Datums, fand das neue Design bislang auf den Fahrzeugen allerdings noch keine Verbreitung.


Tramino 1455 war eines der ersten Fahrzeuge im neuen BSVG-Design und konnte am 17. Juli als Line 1 in der Stobenstraße zwischen J.-F.-Kennedy-Platz und Schloss aufgenommen werden.


Auch 2019 noch ein Eldorado für Hochflurfans

Neben dem bereits ausführlich behandelten GT6 7752, kamen an Werktagen und im Stadionverkehr auch 2019 noch planmäßig Hochflurzüge zum Einsatz. Dies waren die vier der fünf verbliebenen Züge der LHB Lizenzbauten vom Typ Mannheim 7751+7771, 7755+7772, 7756+7776 und 7758+7775. Der Zug aus 7761+7773 kam noch bis zum Ende des Jahres 2018 zum Einsatz, bevor er abgestellt und mittlerweile weitgehend ausgeschlachtet wurde. Von den acht verbliebenen 81er LHB-Zügen “Typ Braunschweig”, kamen lediglich die Züge 8157+8175 und 8165+8471 zum Einsatz.


Ein absolutes Sommermotiv ist die schmucke Häuserzeile am Friedrich-Wilhelm-Platz von der (Party)Meile Braunschweigs am Kalenwall aus gesehen. Schon am Abend des 23. August reicht der Sonnenstand nur noch knapp für dieses Türseitenmotiv von GT6 7751 und B4 7771 auf dem Weg in die Weststadt.


Auch 2019 ist der junge Klassiker auf der Okerbrücke am Botanischen Garten noch mit Mannheimer-Zügen möglich. Dank der Hinterlegung der Hochflurkurse nicht nur in den Aushangplänen, sondern auch bei Google Maps, können die gewünschten Motive auch recht zielstrebig ohne große Wartezeiten umgesetzt werden. Am 23. August kam auch das nötige “Passantenglück” hinzu und die Aufnahme von GT6 7755 mit B4 7772 gelang ohne störendes Beiwerk.


Am Abend des selben Tages konnte der Zug aus 7755 und 7772 in der Friedrich-Wilhelm-Straße vom Bohlweg kommend aufgenommen werden. Nur wenige Minuten steht hier im August das Licht genau passend für einen der Hochflurkurse. Dazu bedarf es noch einiges an Glück, damit das Motiv nicht gleichzeitig von einer Tram oder einem Bus von hinten zugefahren wird.


An der Kleidungsfarbe der Insassen und parallel fahrenden Radfahrer ist zweifellos zu erkennen, dass der Zug aus GT6 7756 und B4 7776 am Samstag den 24. August im Stadionverkehr eingesetzt wurde. Nach dem 5:2 Heimsieg gegen die Würzburger Kickers, dürften die Insassen bester Laune gewesen sein und der ein oder andere wird sich in der Innenstadt an diesem schönen Spätsommerabend wohl noch ein pilsbierhaltiges Erfrischungsgetränk genehmigen. 


Nur wenige Wochen im Jahr rücken die Hochflurzüge genau zur Dämmerung in den Betriebshof ein und können so zum Einbruch der Dunkelheit im Magniviertel aufgenommen werden. GT6 7756 und B4 7774 waren am 22. Oktober auf einem der neu eingeführten Verstärkerkurse der Linie 3 im Einsatz und rücken gegen halb sieben aus der Weststadt kommend über Schloss, Museumsstraße, Leonhardstraße und Helmstedter Straße ins Depot ein.


Auch in Gegenrichtung ist die Okerbrücke am Botanischen Garten ein gern gesehenes Motiv. Die Sonne kommt für diese Ansicht allerdings nur in den Sommermonaten weit genug herum, wie auch am Abend des 23. August, als GT6 7758 mit B4 7775 in Richtung Weststadt unterwegs war.


Kein besonders schöner Anblick ist der 81er LHB-Zug aus GT6 8157 und B4 8175. Während der Beiwagen noch die Grundierung einer vergangenen Vollwerbung trägt, ist der Triebwagen mit diversen Kleinanzeigen zugekleister, die anmuten wie in einer kostenlosen Regionalzeitung. Die Lampenfassung, Antenne und Klingel in den Farben einer längst vergangenen, knallgrünen Speilbank-Werbung, vervollständigen das zerrupfte Erscheinungsbild des Zuges. Da kann man sich viele Gedanken über neue Außenauftritte machen, wenn gleichzeitig jahrelang Züge in solchem Erscheinungsbild die Idee einer “Corporate Idendity” ad absurdum führen…


Am 11. September gab es einen kleinen Abschiedsbilderbogen der Hochflurer auf der Linie 1 nach Stöckheim, wo diese seit dem Fahrplanwechsel nur noch in Ausnahmefällen angetroffen werden können. GT6 8157 und B4 8175 konnten am Vormittag am Großen Weghaus in Stöckheim aufgenommen werden. Beide 81er-Züge waren 2019 bis zum Fahrplanwechsel häufig auf der Linie 1 im Einsatz.


Am bereits erwähnten Nachmittag des 7. Februar, kam auch der 81er LHB-Zug aus GT6 8165 und B4 8471 auf der Linie 1 zum Einsatz. Hier ist er in der Fotokurve zwischen Militschstraße und Trakehnenstraße Richtung Stöckheim unterwegs. Neben dem “Hängebauchschwein” 0051, erhielt der LHB-Zug aus 8165 und 8471, als einziger Zug ebenfalls das mit den 95er GT6S eingeführte Design mit dünnem Akzentstreifen und hellgrau abgesetzten Türen und Fensterbändern. Der Beiwagen 8471 trägt heute als letztes Fahrzeug noch dieses Lackierung aus den 90er und frühen 2000er Jahren. Mit der Verschlimmbesserung des Astes nach Stöckheim auf einen 15-Minuten-Takt seit Oktober, kommen nur noch in Ausnahmefällen Hochflurzüge über den Hauptbahnhof hinaus Richtung Stöckheim.


Die Aufnahme zwischen Mühlenpfordstraße und Am Wendentor ist derweil auch heute noch mit Hochflurzügen der neuen Linie 10 möglich. Am 21. August kam der LHB-Zug aus GT6 8165 und B4 8471 aber noch regulär auf der Linie 1 zum Einsatz.


Fahrplanumstellung im Oktober – “Museumslinie” 10 nur an Werktagen

Mit dem Fahrplanwechsel am 3. Oktober 2019, wurde das Liniennetz von Bahnen und Bussen auf den zuvor großspurig beworbenen “Braunschweig-Takt” umgestellt. Defakto bedeutete die Umstellung auf den neuen 15-Minuten-Grundtakt, gerade im Bereich der Straßenbahn für die Fahrgäste nach Broitzem, Wenden und Stöckheim eine deutliche Verschlechterung von sechs auf vier stündliche Fahrten. Das Angebot auf der gesamten Linie 3 wurde demgegenüber von sechs auf acht stündliche Fahrten erhöht, was im Verhältnis mit den nun vom dichten Takt abgehängten Außenbereichen der Linien 1 und 5 schon etwas unausgewogen wirkt.
Abseits der Straßenbahn ist vor allem die Ausdünnung der Bus-Ringlinien 19/29 von sechs auf vier stündliche Fahrten kaum verständlich. Begründet wurde dieser Schritt mit der zusätzlichen Überlagerung mit anderen Buslinien auf einen 5-Minuten-Takt. Was dies dem Fahrgast allerdings nützt, wenn diese Buslinien stets nur einen kurzen Abschnitt des Rings befahren, sei dahingestellt. Zudem ist eine Synchronisation der extrem verspätungsanfälligen Ringlinie mit anderen Buslinien nahezu unmöglich, sodass die verschiedenen Linien meist im Pulk hintereinander herfahren und sich so auch noch gegenseitig behindern. Ein Phänomen, das jetzt auch bei der Straßenbahn vermehrt Auftritt:
Die neu eingeführte Linie 10, verdichtet den 15 Minunten Grundtakt der Linie 1 zwischen dem Hauptbahnhof und der Carl-Miele-Straße (Rühme) von vier auf acht stündliche Fahrten. Die Linien 1/10 bzw. 3, fahren dabei allerdings keinen sauberen 7,5 Minuten-Takt, sondern einen Hinketakt mit abwechselnd folgenden Abständen von 5 und 10 Minuten um sich in den entsprechenden Bereichen mit den Linien 2 bzw. 5 auf einen 5-Minuten-Takt zu synchronisieren. Das die jeweils mit fünf Minuten Abstand fahrende Bahn dabei ständig dazu neigt, auf die mit 10 Minuten Abstand fahrende Bahn aufzulaufen, sollte eigentlich jedem Fahrplaner klar sein und hat sich so auch in der Realität bestätigt. So kommen an den Endstationen der Linie 3 oftmals zwei Bahnen unmittelbar hintereinander an und können nur durch Kürzung und Streckung der Pausenzeit wieder entzerrt werden. Ähnliches ist auch häufig bei den Linien 1/10 zu beobachten. Was das für die angestrebte Synchronisation auf einen 5-Minuten-Takt mit den Linien 2 bzw 5 bedeutet, kann man sich gut vorstellen…
Schlussendlich ist die Entscheidung auch aus verkehrspolitischer Sicht fragwürdig, da gerade in den Außenbezirken die Alternative meist das Auto ist und mit einer Verschlechterung der Taktung dort ein verheerendes Signal gesendet wird. Im innerstädtischen Bereich ersetzt ein zusätzlich verdichteter Takt demgegenüber hauptsächlich Strecken zu Fuß und mit dem Rad.
Das die Beförderungsleistung mit diesen Maßnahmen gesteigert werden kann und daher aus unternehmerischer Sicht Sinn macht, ist nicht einmal ausgeschlossen, einer Veränderung des Mobilitätsverhaltens vom MIV zum ÖPNV, wird sie mit Sicherheit nicht zuträglich sein.
Ein weiteres Ärgernis des neuen Fahrplans ist die Verschlechterung des Fahrtenangebotes im Magniviertel vom Leonhardplatz bis zur Georg-Eckert-Straße. Wurden dort mit dem 10-Minuten-Takt der Linie 5 in Kombination mit der Linie 4 zuvor noch zehn stündliche Fahrten angeboten, sind es nach dem Fahrplanwechsel nur noch deren acht. Vor dem Fahrplanwechsel bestand durch die unterschiedlichen Takte die Problematik, dass häufig beide Linien direkt hintereinander herfuhren. Dies hätte nun geändert werden können und so ein sauberer 7,5-Minuten-Takt gebildet werden können, der trotz weniger Fahrten als zuvor, wohl sogar ein besseres Angebot dargestellt hätte. Stattdessen wurden die Linien 4 und 5 nicht aufeinander abgestimmt und fahren nun fast direkt hintereinander durch die Leonhardstraße.

Mit der Fahrplanumstellung geriet auch der Fahrzeugauslauf erstmal etwas durcheinander. Planmäßig kommen die Hochflurzüge seither nur noch auf den Linien 3 und 10 zum Einsatz. In den ersten Wochen fuhren die Hochflurer dabei auf der Linie 3 kurioserweise auch hin und wieder direkt hintereinander. Neben dem schon erwähnten 7752 auf der Linie 2, verirren sich teilweise auch noch Hochflurer auf die Linie 1. Aufgrund der Taktverdichtung der Linie 3, kommen hier nun auch wieder täglich die zuvor für diese Linie zu kleinen 95er GT6S zum Einsatz, während dafür die ausgedünnte Linie 5 vermehrt von den fassungsstarken Traminos bedient wird. Linie 1 fährt in der Regel ausschließlich mit Traminos und den zwei NGT8D+B4 Hängerzügen. In den chaotischen Anfangstagen des neuen Taktes, geriet allerdings sogar ein 95er GT6S auf einen Umlauf nach Stöckheim. Insgesamt hat sich der Fahrzeugauslauf nach einigen Wochen allerdings ganz gut eingependelt und Überraschungen wie noch im Oktober und November sind deutlich seltener geworden.

Die Linie 10 Hauptbahnhof-Rühme, wurde mit der Fahrplanumstellung praktisch zur neuen Museumslinie, sind doch nicht selten vier der fünf Kurse mit Hochflurwagen bestückt. Verkehren tut diese Museumslinie allerdings nur an Werktagen 😉


Am 23. Oktober verlässt der Mannheimer-Zug aus GT6 7758 und B4 7775 die Haltestelle Stadion in Richtung Hauptbahnhof. Als die Linie 10 letztmals verkehrte, endete sie noch am Stadion mit dem Ziel der Schleife Richmond am Messegelände Süd. Die Linie verkehrte stets nur wenige Tage im Jahr zur jährlichen, von 1952 bis 2008 veranstalteten Verbrauchermesse “Harz und Heide”. Mit dem Ende der jährlichen Messe wurde auch die temporäre Linie 10 überflüssig. Inzwischen ist die Endschleife Richmond am Messegelände Süd abgebaut.


Auch am 5. Dezember war der Zug auf der Linie 10 im Einsatz und konnte beim Erreichen des Hagenmarktes in Richtung Hauptbahnhof aufgenommen werden.


Am 29. November konnte der 81er LHB-Zug aus GT6 8157 und B4 8175 mit dem noch ungewohnten Liniensignal vor dem Schloss aufgenommen werden. Die Innenstadt ist bereits weihnachtlich geschmückt. Kein Wunder, wurde doch der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Braunschweiger Weihnachtsmarkt, bereit am Mittwoch den 27. November eröffnet.


Angekommen im 21. Jahrhundert – endlich auch in Braunschweig Fahrscheinautomaten

Bei dem einen oder anderen Bild eines Niederflurwagens mag es schon aufgefallen sein: Der grüne Streifen auf der Frontscheibe einiger Bahnen. Was es damit auf sich hat? Bis ins Jahr 2019 war die Braunschweiger Straßenbahn wohl der letzte größere deutsche Betrieb, ohne Fahrkartenautomaten an den Haltestellen oder in den Bahnen. Selbst die 2014er Traminos wurden noch ohne Fahrscheinautomaten ausgeliefert, der Verkauf erfolgte, wie seit der Abschaffung des Schaffnerbetriebes vor vielen Jahrzehnten, beim Fahrer und an Vorverkaufsstellen. 2018 wurden schließlich vier Traminos für eine kurze Testphase mit Fahrscheinautomaten ausgerüstet. Die Einführung einer derart revolutionären Technologie, will schließlich mit Bedacht vonstatten gehen. Nach der Testphase erfolgte 2019 schließlich der Rollout in der gesamten Niederflurflotte. Der grüne Streifen auf der Frontscheibe verkündet stolz “Ticketautomat an Bord” und nach einigen Monaten versuchten auch in Braunschweig immer weniger Fahrgäste, beim Fahrer einen Fahrschein zu erwerben. Das völlig aus der Zeit gefallene Kuriosum, wenn ein Mütterchen beim Fahrer anfängt ihr Kleingeld abzuzählen und damit den ganzen 35-Meter-Wagen an der Haltestelle aufhällt, oder gar den Fahrer während der Fahrt ablenkt, ist damit auch in Braunschweig Geschichte.
“Was lange währt, wird endlich gut”, kann man der BSVG allerdings zu Gute halten. So kommen die neuen Ticketautomaten im Innenraum recht kompakt daher, akzeptieren aber dennoch alle gängigen Zahlungsmittel über Münzen, Scheine und Kreditkarten bis hin zu NFC. Zudem verfügen selbst die dreiteiligen GT6S über jeweils zwei Fahrscheinautomaten pro Bahn, zu größeren Blockaden rund um die Automaten kommt es daher nur selten.


Tramino 1451 war einer der vier Testkandidaten aus dem Jahr 2018 und konnte am 4. Februar 2019 auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz aufgenommen werden.


Umleitungen und Baustellen


Eine größere Betriebsstörung brachte am 8. Februar die Linie 3 in Richtung Volkmarode zum Erliegen. Die Bahnen aus der Weststadt wurden kurzerhand zum Radeklint umgeleitet, bis der Betrieb nach Volkmarode nach einigen Stunden wieder aufgenommern werden konnte. So entstand das seltene Bild der Linien 4 und 3 nebeneinander in der Endschleife Inselwall mit GT6S 9559 und Tramino 1460.


Über die Sommerferien war die Strecke vom Schloss, durch die Georg-Eckert-Straße und Leonhardstraße zum Leonhardplatz, für einige Tage gesperrt. So musste die Linie 4 den Umweg über J.-F.-Kennedy-Platz, Kurt-Schumacher-Straße und Hauptbahnhof zum Leonhardplatz fahren. Dabei wurde am Hauptbahnhof der Abzweig vom Willy-Brandt-Platz kommend in die Kurt-Schumacher-Straße genutzt, der sonst nur von Ein- und Ausrückern befahren wird. NGT8D 0754 biegt am 17. Juni vor der Kulisse des BraWoPark am Hauptbahnhof in die Kurt-Schumacher-Straße ein.


Auch die Linie 5 wurde in dieser Zeit über J.-F.-Kennedy-Platz und Schuhmacherstraße zur Endstation am Hauptbahnhof umgeleitet. Da sie auf diesem Weg die reguläre Haltestelle am Schloss nicht erreichen konnte, wurde in dieser Zeit die Ersatzhaltestelle Schloss auf dem Waisenhausdamm genutzt. NGT8D 0759 erreicht vom Hauptbahnhof kommend am 17. Juni 2019 die Ersatzhaltestelle Schloss über den planmäßig nicht befahrenen Abzweig von der Stobenstraße in den Waisenhausdamm.
Auch die Fahrzeugfronten der 07er NGT8D sind, mit Ausnahme der Wagen 0751, 0757 und 0761, inzwischen alle im neuen Tramino-Design lackiert. Über viele Jahre waren teilweise alle zwölf Triebwagen mit Vollwerbungen unterwegs, umso schöner, dass die Fahrzeuge nun zum Großteil wenigstens an der Front die Farben der BSVG tragen. Bei neuen Vollwerbungen wird inzwischen grundsätzlich die Fahrzeugfront in den Hausfarben ausgespart, wie man dies beispielsweise auch seit längerem aus Bremen kennt.


Die erwähnte Baustelle in der Mühlenpfordstraße, erforderte während der achtwöchigen Sperre in den Sommerferien einen SEV Richtung Siegfriedviertel und Wenden. Die Bahnen der Linien 1 und 2 wendeten von Süden kommend daher am Radeklint. Da der Umstieg zum SEV am Rathaus eingerichtet war, schilderten die Fahrer ab dort meistens “E Radeklint” ein. Tramino 1455 konnte am 17. Juli auf dem Hagenmarkt beim Abbiegen Richtung Radeklint aufgenommen werden


Was sonst noch so abfiel im Jahr 2019


Im April kehrte GT6S 9555 nach längerer Abstellung wieder in den Liniendienst zurück. 9555 ist der letze 95er, bei dem nicht wenigstens der Fahrzeugkopf im neuen Design lackiert ist. Am 20. Februar konnte der Wagen vor dem alten Bahnhof und dem Hochhaus der Landessparkasse aufgenommen werden.

Am 18. April liefen wurden zwei der drei Kurse der Linie 4 mit werbefreien GT6S bedient. So nahm ich mir am späten Nachmittag einige bisher unfotografierte Motive vor, wie die “DAX-Bierbörse” zwischen Hagenmarkt und Alte Waage, für die das Licht nur wenige Minuten passend steht. GT6S 9557 konnte hier auf dem Weg zum Radeklint abgelichtet.


Der Einsatz des Mannheimer-Zuges GT6 7755 mit B4 7772 auf der Linie 4 am 1. November war schon eine recht große Überraschung und stellvertretend für den etwas chaotischen Fahrzeugauslauf in den ersten Wochen nach der Fahrplanumstellung. Hier verlässt der Zug die Endschleife Helmstedter Straße am Krematorium und macht sich auf den Weg zum Radeklint.


Eine lange Tradition haben inzwischen die Nikolausfahrten am ersten Samstag nach Nikolaus. Wie üblich kam am Samstag den 7. Dezember das Gespann aus dem 1962 gebauten Düwag GT6 35 und dem 1957 gebauten DWM-Beiwagen 201 zum Einsatz und drehte insgesamt drei Runden vom Friedrich-Wilhelm-Platz zum Betriebshof und zurück. Das Wetter zeigte sich dabei wie so oft typisch für den Dezember, mit Nieselregen und Temperaturen knapp über null, als das Gespann am Vormittag durch die Leonhardstraße fuhr.

Soweit der Überblick über die aktuellen Geschehnisse in der Löwenstadt im Jahr 2019. Spannend wird es auch im kommenden Jahr bleiben, wenn die letzten planmäßgien Hochflurwagen nach und nach durch die zweite Serie der Traminos abgelöst werden soll…